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Hygienemängel im Krankenhaus

Trägt ein Krankenhauspfleger bei der Eröffnung eine Abszedierung an der Hand einer Patientin Handschuhe, mit denen er zuvor die Türklinke des Krankenzimmers berührt und die er dadurch kontaminiert hatte,

  • stellt dies zwar einen Hygienemangel dar,
  • der jedoch, weil dieser Verstoß gegen den medizinischen Standard nicht als grob zu bewerten ist, zu keiner Beweislastumkehr führt,
  • so dass ein solcher Hygienemangel nur dann eine Haftung des Krankenhauses begründet, wenn die Patientin nachweisen kann, dass ihr durch den Hygienemangel ein Gesundheitsschaden entstanden ist.

 

Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 17.08.2015 – 3 U 28/15 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem ein Krankenhauspfleger beim Eröffnen der Abszedierung an der Hand der Klägerin Handschuhe getragen hatte, die infolge des Anfassens der Türklinke bereits als kontaminiert anzusehen waren,
  • die Klage der Klägerin auf Schadensersatz und Zahlung eines Schmerzensgeldes von 25.000 Euro abgewiesen, weil die Klägerin nicht hatte nachweisen können, dass (erst) beim Eröffnen der Abszedierung Erreger in ihren Körper gelangt seien, die dann zu einer Entzündungsreaktion und in deren Folge zu der Spondylodiszitis geführt haben.

 

In seiner Entscheidung hat der sachverständig beratene 3. Zivilsenat des OLG Hamm darauf hingewiesen,   

  • dass nicht jeder Verstoß gegen den medizinischen Hygienestandard einen groben Behandlungsfehler darstellt,
  • dass ein Hygieneverstoß umso schwerer wiegt und umso unverständlicher ist, je höher das Infektionsrisiko und je gravierender die Folgen einer möglichen Infektion sein könnten,
  • dass aus klinischer Sicht hinsichtlich der einzuhaltenden hygienischen Anforderungen in 4 Risikogruppen unterteilt sowie dementsprechend danach differenziert wird, in welche Risikogruppe die Tätigkeit fällt, die unter Verletzung des hygienischen Standards vorgenommen worden ist,
  • die Tätigkeit in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall deswegen der untersten Risikogruppe zuzuordnen ist, weil es sowohl unwahrscheinlich ist, dass gegen den bei der Eröffnung eines Abszesses ausströmenden Eiter etwas in die Wunde gelangt, als auch, dass es gravierende Folgen nach sich zieht, wenn die – von vornherein nur bakterienarmen, nicht sterilen – Handschuhe durch das Berühren der Türklinke zusätzlich kontaminiert worden sind

 

und bei dieser Sachlage der festgestellte Hygienemangel somit keinen groben Verstoß gegen medizinische Standards darstellt.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 29.09.2015 mitgeteilt.

 

Störende Bäume auf dem Nachbargrundstück

Der Entzug von Luft und Licht durch Anpflanzungen auf dem Nachbargrundstück stellt keine Einwirkung im Sinne von § 906 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar.

Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 229/14 – hingewiesen und die Klage eines Grundstückseigentümers abgewiesen,

  • der von seinem Nachbarn, auf dessen Grundstück, ca. 9 m bzw. 10,30 m von der Grundstücksgrenze entfernt, zwei ca. 25 m hohe Eschen standen,
  • deren Beseitigung nach §§ 1004, 906 BGB mit der Begründung verlangt hatte, sein Garten werde den Bäumen vollständig verschattet.

 

Begründet hat der V. Zivilsenat des BGH seine klageabweisende Entscheidung damit, dass der Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB

 

Da nach der Wertung des § 903 BGB eine Benutzung des Grundstücks in dessen räumlichen Grenzen im Zweifel von dem Eigentumsinhalt gedeckt ist, könne eine negative Einwirkung nur dann als Eigentumsbeeinträchtigung anzusehen sein, wenn die betreffende Grundstücksbenutzung gegen eine Rechtsnorm verstößt,

  • die den Inhalt des Eigentumsrechts im Interesse des Nachbarn beschränkt und
  • damit zugleich dessen Eigentumssphäre entsprechend erweitert.
  • Solche Rechtsnormen enthalten die Regelungen der Landesnachbargesetze über den bei Anpflanzungen einzuhaltenden Abstand.

 

Auf § 906 BGB könne, wie der Senat weiter ausgeführt hat, der Beseitigungsanspruch deshalb nicht gestützt werden, weil der Entzug von Luft und Licht durch Anpflanzungen als sogenannte negative Einwirkung nicht zu den Einwirkungen im Sinne von § 906 BGB zählt (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2003 – V ZR 199/02 –).
Ähnliche Einwirkungen im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB könnten nämlich nur solche sein, die mit den in der Norm ausdrücklich genannten Phänomenen vergleichbar sind und hierzu gehörten nur positiv die Grundstücksgrenze überschreitende, sinnlich wahrnehmbare Wirkungen.

Da auch die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herzuleitendem Beseitigungsanspruch in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall nicht gegeben waren, beurteilte sich, ob wegen des Entzugs von Luft und Licht durch Anpflanzungen Beseitigungsansprüche bestehen, daher nach den Regelungen der Landesnachbargesetze über den bei Anpflanzungen einzuhaltenden Abstand und ein Verstoß dagegen lag nicht vor.

 

Fahren ohne Fahrschein mit Aufschrift „Ich fahre schwarz“ auf der Mütze

Wegen Beförderungserschleichung nach § 265 a Strafgesetzbuch (StGB), d.h. wegen Erschleichens der Beförderung durch ein Verkehrsmittel in der Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten, macht sich ein Fahrgast auch dann strafbar, wenn er an seiner Mütze einen Zettel mit der sicht- und lesbaren Aufschrift „Ich fahre schwarz“ angebracht hat.

Das hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln – III-1 RVs 118/15 – in einem Fall entschieden, in dem der Angeklagte,

  • ohne über eine Fahrkarte zu verfügen, einen ICE bestiegen,
  • zuvor einen Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ in seine umgeklappte Wollmütze gesteckt,
  • sich im Zug keinem Mitarbeiter der Deutschen Bundesbahn präsentiert hatte und
  • erst bei einer routinemäßigen Fahrscheinkontrolle aufgefallen war.

 

Seine Entscheidung begründet hat der 1. Strafsenat des OLG Köln damit, dass, wer in einen abfahrbereiten Zug einsteigt, sich anschließend einen Sitzplatz sucht und dem Zugbegleiter erst bei routinemäßiger Kontrolle auffällt, sich mit diesem Verhalten, ungeachtet des an seiner Mütze angebrachten Zettels, den Anschein gibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen der Bahn erforderlichen Voraussetzungen für die Beförderung.
Nach den Beförderungsbedingungen sei es, wie der Senat weiter ausgeführt hat, nämlich noch möglich gewesen, im Zug einen Fahrschein zu lösen, so dass das Verhalten des Angeklagten zunächst regelkonform erschien.
Unerheblich sei, dass andere Fahrgäste vor Fahrtantritt oder während der Fahrt die Aufschrift wahrgenommen hätten. Denn dafür, ob ein Fahrgast über eine Fahrkarte verfügt, interessierten sich andere Fahrgäste nicht und es sei auch nicht Sache anderer Fahrgäste, den Fahrpreisanspruch der Deutschen Bahn AG durchzusetzen oder einen Fahrgast ohne Fahrschein an der Beförderung zu hindern.
Zur Erschütterung des Eindrucks, die nach den Geschäftsbedingungen der Bahn erforderlichen Voraussetzungen für die Beförderung zu erfüllen, genüge somit ein Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ nicht. Erforderlich hierzu wäre es vielmehr gewesen, offen und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, den Fahrpreis nicht entrichten zu wollen.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Köln am 28.09.2015 mitgeteilt.

 

Herrenlos herumrollender Einkaufswagen kollidiert mit Auto

Ein Ladenbesitzer muss auch nach Geschäftsschluss dafür Sorge tragen, dass seine Einkaufswagen sicher abgestellt sind, d.h., so gesichert sind, dass sie

  • weder selbständig wegrollen,
  • noch von Unbefugten jedenfalls ohne weiteres benutzt werden können.

 

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 18.08.2015 – 9 U 169/14 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem der Kläger nachts mit seinem Fahrzeug beim Vorbeifahren an einem Lebensmittelmarkt mit einem unvermittelt auf die Straße rollenden Einkaufswagen kollidiert war,
  • den beklagten Betreiber des Lebensmittelmarktes verurteilt, unter Berücksichtigung der mit 20 % veranschlagten Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs, dem Kläger 80 % seines Schadens, das waren ca. 4.300 Euro, zu ersetzen.

 

Die die Haftung begründende Verkehrssicherungspflichtverletzung des beklagten Betreibers des Lebensmittelmarktes sah der 9. Zivilsenat des OLG Hamm darin, dass in dem seiner Entscheidung zugrunde liegendem Fall

  • die Einkaufswagen lediglich mittels einer durch sie geführten, unverschlossenen Kette verbunden und
  • damit seiner Ansicht nach, weil es auch ein die Wagen verbindendes Pfandsystem nicht gab und sie hierdurch für Dritte leicht zugänglich waren, ungenügend gesichert waren.

 

Nach Auffassung des Senats ist der Betreiber eines Lebensmittelmarktes verpflichtet, auch nach Geschäftsschluss für das sichere Abstellen der Einkaufswagen vor seinem Geschäft Sorge zu tragen und damit  

  • der unbefugten Benutzung durch Dritte oder
  • dem selbstständigen Wegrollen der Einkaufswagen entgegen zu wirken.

 

Um zu verhindern, dass, was immer wieder vorkomme, leicht zugängliche Einkaufswagen nach Geschäftsschluss, durch Trunkenheit oder Übermut begünstigt, zweckwidrig verwendet und anschließend auch andernorts zurückgelassen werden, könnten, wie der Senat weiter ausführte, die Einkaufswagen z.B. mit einer abschließbaren Kette verbunden werden. Das erfordere keinen spürbaren wirtschaftlichen Aufwand und die Beachtung derartiger Sicherungsmaßnahmen sei dem Betreiber eines Lebensmittelmarktes möglich und zumutbar.
Unterlasse ein Betreiber eines Lebensmittelmarktes solche Sicherungsmaßnahmen hafte er.

Ob der Betreiber eines Lebensmittelmarktes durch die Ausstattung der Einkaufswagen mit einem Pfandsystem seinen Sicherungspflichten genügt, hat der Senat, weil dies nicht entscheidungserheblich war, offen gelassen.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 28.09.2015 mitgeteilt.

 

Wenn ein Gläubiger gegen den Schuldner einen Titel zur Auskunftserteilung erwirkt hat

Erfüllt ein Schuldner seine Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann, so ist, wenn die Handlung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt, gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)

  • auf Antrag vom Prozessgericht des ersten Rechtszugs zu erkennen,
  • dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten ist.

 

Bei einer titulierten Verpflichtung des Schuldners, Auskunft zu erteilen, handelt es sich um die Verpflichtung zu einer Handlung, die im Sinne von § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann und ausschließlich vom Willen der Schuldner abhängt, da die Auskunft nur aufgrund des persönlichen Wissens der Schuldner erteilt werden kann (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 03.07.2008 –  I ZB 87/06 –).

Der Schuldner ist daher auf Antrag des Gläubigers durch Zwangsmittel zur Erteilung der Auskunft anzuhalten, wenn

  • der Schuldner seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht bereits erfüllt hat (zur Berücksichtigung des Erfüllungseinwands im Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888 ZPO vgl. BGH, Beschluss vom 06.06.2013 – I ZB 56/12 –).

 

Nicht erfüllt ist die Verpflichtung zur Auskunftserteilung, wenn eine erteilte Auskunft

  • nicht ernst gemeint ist oder
  • unvollständig ist, weil die von dem Schuldner erteilte Auskunft in ihrem Umfang hinter der titulierten Verpflichtung zurück geblieben oder
  • von vornherein unglaubhaft ist (vgl. BGH, Urteil vom 17.05.2001 – I ZR 291/98 –).

 

Bei der Beurteilung, ob eine vom Schuldnern erteilte Auskunft unvollständig ist, hat das Vollstreckungsgericht durch Auslegung des Vollstreckungstitels, der eine Auskunftspflicht tituliert,

 

Darauf hat der I. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 05.03.2015 – I ZB 74/14 – in einem Zwangsvollstreckungsverfahren hingewiesen, in dem von einem Gläubiger beantragt worden war,

  • gegen den Schuldner, gegen den er eine einstweilige Verfügung auf Erteilung einer bestimmten Auskunft erwirkt hatte,
  • zur Erzwingung einer vollständigen Auskunft ein Zwangsgeld festzusetzen.

 

Unwahre Behauptung einer Mieterin über Vermieter kann fristlose Kündigung rechtfertigen

Die unwahre Behauptung einer Mieterin gegenüber Mitmietern, der Vermieter sei geldgierig und habe sie sexuell belästigt, rechtfertigt eine fristlose Kündigung.

Das hat das Amtsgericht (AG) mit Urteil vom 19.03.2015 – 412 C 29251/14 – entschieden.

Solche gegenüber Mitmietern aufgestellte unwahre Anschuldigungen der Mieterin sind nach der Entscheidung des AG geeignet die Ehre des Vermieters nachhaltig zu beschädigen und derart massiv, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann, zumal dann, wenn der Vermieter die Mieterin weder provoziert, noch sich ihr gegenüber falsch verhalten hat.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 25.09.2015 – 60/15 – mitgeteilt.

 

Beweisantrag oder nur Beweisanregung?

Beantragt in einem Bußgeldverfahren ein Betroffener, dem ein Rotlichtverstoß vorgeworfen wird, zu seiner Entlastung ein Sachverständigen zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass er „begründeten Anlass zur Annahme“ gehabt habe, „dass der ‚Hintermann’ auf sein KFZ auffahren würde, handelt es sich dabei

  • um keinen nach § 77 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) bzw. § 244 Abs. 3 Strafprozessordnung (StPO) iVm § 46 Abs. 1 OWiG gestellten und zu verbescheidenden Beweisantrag,
  • sondern um eine nach § 77 Abs. 1 OWiG bzw. § 244 Abs. 2 StPO iVm § 46 Abs. 1 OWiG zu behandelnde Beweisanregung.

 

Ein ordnungsgemäßer Beweisantrag liegt deshalb nicht vor, weil damit von dem Betroffenen keine dem Beweis zugängliche, hinreichend konkrete Tatsache unter Beweis gestellt worden ist.
Ein Beweisantrag muss nämlich eine bestimmte Beweistatsache bezeichnen und das ist bei der Behauptung, der Betroffene habe „begründeten Anlass zur Annahme“ gehabt, „dass der ‚Hintermann’ auf sein KFZ auffahren würde“, nicht der Fall.
Denn ob ein Betroffener eine derartige Befürchtung haben musste, ist Gegenstand einer – im Hinblick auf in der konkreten Situation zuzubilligende Reaktionszeiten gegebenenfalls sogar rechtlichen – Bewertung, welche die Ermittlung von im Antrag nicht bezeichneten Anknüpfungstatsachen erfordert.
Über einen solchen Antrag ist allein unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht nach § 77 Abs. 1 OWiG zu befinden.

Darauf hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts (KG) Berlin mit Beschluss vom 02.09.2015 – 3 Ws (B) 447/15 – hingewiesen.

 

Wenn Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich Kreditaufnahme beschließt

Mit Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 244/14 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen,

  • dass auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann,
  • dass, ob dies der Fall ist, allerdings nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen bestimmt werden kann.

 

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war von einer aus 201 Einheiten bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft in einer Eigentümerversammlung mehrheitlich beschlossen worden,

  • eine Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung durchzuführen und
  • zur Finanzierung der mit ca. 2.000.000 € veranschlagten Kosten einen KfW-Förderkredit, dessen Zinssatz sich zum damaligen Zeitpunkt auf 0% belief, in Höhe von ca. 1.320.000 € mit einer Laufzeit von 10 Jahren aufzunehmen sowie den restlichen Betrag von ca. 900.000 € aus der Instandhaltungsrücklage zu zahlen.

 

In einem solchen Fall sind, angesichts des Haftungsrisikos, für die Beurteilung, ob die Kreditaufnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, nach der Entscheidung des V. Zivilsenats des BGH insbesondere von Bedeutung,

  • der Zweck des Darlehens und wie dringlich eine Instandhaltungs- bzw. Modernisierungsmaßnahme ist,
  • die Möglichkeit, die notwendigen Mittel durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage und Erhebung einer Sonderumlage aufzubringen, wobei in diesem Zusammenhang den mit einer Darlehensaufnahme einhergehenden Belastungen und Risiken die Vor- und Nachteile einer Finanzierung der Maßnahme mittels Sonderumlage gegenüber zu stellen sind, d.h., eine Darlehensfinanzierung wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Erhebung einer Sonderumlage die einzelnen Wohnungseigentümer finanziell stark belastet oder gar die Leistungsfähigkeit einkommensschwächerer Wohnungseigentümer überfordert,  
  • ob im Beschluss über die Aufnahme eines Darlehens Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten sowie die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist und
  • ob vor der Beschlussfassung, wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht in der Wohnungseigentümerversammlung erörtert und dies in dem Protokoll der Eigentümerversammlung dokumentiert worden ist.

 

Da der obige, von einer Miteigentümerin angefochtene Kreditaufnahmebeschluss diesen Kriterien nicht in allen Punkten entsprach, insbesondere dem Protokoll der Eigentümerversammlung sich nicht entnehmen ließ, dass eine Unterrichtung über das Risiko einer Nachschusspflicht erfolgt war, wurde der Beschluss für ungültig erklärt.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 25.09.2015 – Nr. 164/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn beamteneigener Polizeihund außerhalb des Dienstes zubeißt

Beißt ein Diensthund der Polizei, der im Dienst als Rauschgiftspürhund eingesetzt wird (sog. beamteneigener Diensthund),

  • außerhalb der Dienstzeit, beim Ausführen durch seinen Eigentümer, der als Diensthundeführer bei der bayerischen Polizei beschäftigt ist,
  • unvorhersehbar einen Radfahrer,

 

muss der Radfahrer Ansprüche auf Schadensersatz sowie Schmerzensgeld gegen den Freistaat Bayern geltend machen,

  • wenn nach den vereinbarten Richtlinien für staatseigene Diensthunde der Eigentümer des Hundes, ohne eigenen Nutzen aus der Existenz des Hundes im Sinne eines Eigeninteresses zu ziehen, diesen zu pflegen sowie zu halten und der Freistaat Bayern für den Unterhalt des Hundes sämtliche Kosten (Futter, Pflege, tierärztliche Behandlungen etc.) zu tragen hatte.

 

Darauf hat das Landgericht (LG) Ansbach in einem Urteil (Az.: 3 O 81/15) hingewiesen, mit dem es die Klage eines Radfahrers wegen eines erlittenen Hundebisses gegen den Eigentümer des Polizeihundes, einem Diensthundeführer, abgewiesen hat.

Seine Auffassung, dass in dem von ihm entschiedenen Fall nicht der von dem Radfahrer verklagte Eigentümer des Polizeihundes und Diensthundeführer, sondern der Freistaat Bayern für den beißenden Hund verantwortlich sei, begründete das LG damit,

  • dass nach § 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) schadensersatzpflichtig der Hundehalter ist,
  • sich, wer Hundehalter ist, danach bestimmt, wer die Entscheidungsgewalt, also das Bestimmungsrecht, wie der Hund verwendet wird, innehat und wer den Nutzen aus der Existenz des Hundes im Sinne eines Eigeninteresses zieht und
  • nach diesen Kriterien nicht der Eigentümer des Hundes Hundehalter war, der aufgrund der mit seinem Dienstherrn getroffenen Vereinbarung selbst keinen Nutzen außerhalb des Polizeidienstes aus der Existenz des Hundes ziehen durfte, sondern der Freistaat Bayern als alleiniger Nutzer und Verfügungsberechtigter.

 

Auch wegen einer eventuellen Sorgfaltspflichtverletzung beim Ausführen des Hundes komme, wie das Gericht weiter ausführte, nur ein Anspruch gegen den Freistaat Bayern als Dienstherren des Polizeibeamten in Betracht.
Denn auch wenn der Hundeführer zur Vorfallszeit nicht im Dienst gewesen sei, sei das Ausführen sowie die Beaufsichtigung des Hundes, weil dienstlich veranlasst, seiner dienstlichen Tätigkeit zuzurechnen.

Das, und dass der Radfahrer seine Ansprüche nun in einer neuen Klage gegen den Freistaat Bayern weiter verfolgt, hat die Pressestelle des Landgerichts Ansbach am 24.09.2015 – 12/15 – mitgeteilt.

 

Unterhalspflicht für ein aus einer Samenspende stammendes nichteheliches Kind

Den gemeinsam mit der Mutter in die heterologe Insemination mit Spendersamen einwilligenden Mann trifft für das daraus hervorgegangene Kind eine vertragliche Unterhaltspflicht,

  • auch wenn er nicht mit der Mutter verheiratet ist und
  • das Kind nicht anerkannt hat.

 

Das hat der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.09.2015 – XII ZR 99/14 – in einem Fall entschieden,

  • in dem mit Zustimmung des zeugungsunfähigen Beklagten und auf Wunsch der Kindsmutter, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt und eine intime Beziehung unterhalten hatte,
  • eine heterologe Insemination durchgeführt und von dem Beklagten erklärt worden war, dass er für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen und die Verantwortung übernehmen werde.

 

Nach der Entscheidung des Senats enthält eine Vereinbarung,

  • mit welcher ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen,
  • regelmäßig zugleich einen berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes (§ 328 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), woraus sich für den Mann gegenüber dem Kind die Pflicht ergibt, wie ein rechtlicher Vater für dessen Unterhalt zu sorgen.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 23.09.2015 – Nr. 163/2015 – mitgeteilt.