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Der öffentlich getragene Schriftzug „FCK CPS“ kann eine Beleidigung sein

Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 13.04.2015

  • entschieden, dass der Aufdruck „FCK CPS“ auf einem Gegenstand, der gut sichtbar gegenüber bestimmten Polizeibeamten eingesetzt wird, eine strafbare Beleidigung nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB) darstellt und
  • eine 19-jährige Studentin, die während einer Kundgebung eine schwarze Umhängetasche, die in großen Lettern mit der Aufschrift „FCK CPS“ bedruckt war, so getragen hatte, dass der Schriftzug auch von den bei der Versammlung eingesetzten Polizeibeamten gut wahrgenommen werden konnte und die den Schriftzug auch nach dem Hinweis eines Polizeibeamten, dass dies eine Beleidigung darstelle, trotz  Androhung einer Strafanzeige nicht dauerhaft verdeckt hatte, wegen Beleidigung eines Polizeibeamten zu einer Arbeitsauflage von 32 gemeinnützigen Arbeitsstunden verurteilt.

 

Die Entscheidung begründete das AG München damit, dass

  • die Aufschrift „FCK CPS“ für den beleidigenden Ausdruck „Fuck Cops“ stehe und
  • die Studentin mit dem Tragen dieser Tasche ihre Missachtung gegenüber der Polizei habe ausdrücken wollen.

 

Die Beleidigung habe sich auch gegen die konkret eingesetzten Polizeibeamten gerichtet. Der Studentin sei dies spätestens bewusst geworden, als der Polizeibeamte sie wegen des Schriftzugs auf der Tasche angesprochen habe. Auch sei es ihr gerade darauf angekommen, die in ihrer unmittelbaren Nähe stehenden Beamten zu erreichen. Die Androhung der Strafanzeige durch einen der Polizeibeamten habe ihr deutlich vor Augen geführt, dass ihr Verhalten beleidigend und auch strafbar sei.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 17.08.2015 – 49/15 – mitgeteilt.

 

 

Einsetzung „des verwitweten Ehegatten“ als Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung

Die Erklärung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer, im Falle seines Todes solle „der verwitwete Ehegatte“ Bezugsberechtigter der Leistung aus der Lebensversicherung sein,

  • ist auch im Fall einer späteren Scheidung der Ehe und Wiederheirat des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin auszulegen,
  • dass der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung verheiratete Ehegatte bezugsberechtigt sein soll.

 

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22.07.2015 – IV ZR 437/14 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem von einem geschiedenen und nach Wiederverheiratung verstorbenen Versicherungsnehmer
  • während seiner ersten Ehe eine Lebensversicherung abgeschlossen und dabei auf einem Vordruck des Versicherers als Bezugsberechtigter nach seinem Tod „der verwitwete Ehegatte“ angekreuzt worden war.

 

Zur Begründung seiner Entscheidung, dass Bezugsberechtigte der Versicherungssumme in einem solchen Fall

  • die geschiedene erste Ehefrau ist und
  • nicht die zweite Ehefrau, mit der der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet war,

 

hat der IV. Zivilsenat des BGH ausgeführt, dass es sich bei der Bestimmung der Bezugsberechtigung durch den Versicherungsnehmer um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, die erst wirksam wird, wenn sie dem Versicherer zugeht (§ 159 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG); BGH, Urteil vom 26.06.2013 – IV ZR 243/12 –).
Wem der Versicherungsnehmer mit der Formulierung „der verwitwete Ehegatte“ im Todesfall ein Bezugsrecht einräumt, ist dabei durch Auslegung der Willenserklärung des Verfügungsberechtigten zu ermitteln, wobei sich die Auslegung auf den Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsnehmer seine Erklärung abgibt, zu beziehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 –).

Maßgeblich ist somit der bei der Festlegung des Bezugsrechts vorhandene und dem Versicherer gegenüber zum Ausdruck gebrachte Wille des Versicherungsnehmers (BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 –).
Spätere Umstände sind grundsätzlich unerheblich.
Insbesondere bleiben nachträgliche Überlegungen oder Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers außer Betracht, wenn sie dem Versicherer nicht so mitgeteilt worden sind, dass dieser nach objektivem Empfängerhorizont den Inhalt einer etwaigen Bezugsrechtsänderung erkennen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2014 – IV ZR 243/12 –).

  • Wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat, bietet der Wortlaut „Ehegatte“ keinen Anhalt dafür anzunehmen, ein Versicherungsnehmer wolle damit nicht den zum Zeitpunkt der Erklärung mit ihm verheirateten Ehegatten, sondern allgemein diejenige Person begünstigen, die zum Zeitpunkt seines Todes mit ihm verheiratet sein wird (BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 –).
  • Im Gegenteil verbindet ein Versicherungsnehmer mit dem Wort „Ehegatte“ – solange keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen – regelmäßig nur die Vorstellung, dass damit derjenige gemeint ist, mit dem der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Erklärung verheiratet ist.

 

Eine Vorstellung, dass es sich bei einer solchen Bezugsrechtsbestimmung nicht um die Bezeichnung einer ganz bestimmten, lebenden Person, sondern um eine abstrakte Bezeichnung handelt, ist dem Versicherungsnehmer fremd.
Erst recht ergibt sich ein solcher Erklärungsinhalt nicht nach der – allein maßgeblichen – Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) des Versicherers.

Aus dem Eigenschaftswort „verwitwet“ folgt nichts anderes.
Denn insoweit kommt es allein auf das Verständnis des Ehemannes zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung an, wie es sich nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) des Versicherers darstellt und

  • aus Sicht des Ehemannes ist danach typischerweise die zu diesem Zeitpunkt mit ihm verheiratete Frau im Versicherungsfall der „verwitwete Ehegatte“,
  • weil das Bezugsrecht nach der ausdrücklichen Regelung nur im Todesfall greifen soll (ebenso bereits BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 – für die Verknüpfung des Begriffs „Ehegatte“ mit dem Begriff „Todesfall“) und
  • nicht ersichtlich ist, dass sich der Versicherungsnehmer, als er die Bezugsrechtserklärung abgab, Gedanken über den Fortbestand seiner Ehe machte oder gar den Fall einer Scheidung und Wiederheirat in Betracht zog.

 

Dass die Benennung des Ehegatten des Versicherungsnehmers als Bezugsberechtigten einer Versicherungsleistung ohne Hinzutreten besonderer Anhaltspunkte nicht auflösend bedingt ist durch eine Scheidung der Ehe vor Eintritt des Versicherungsfalles, also durch eine Scheidung nicht nachträglich entfällt, hat der BGH bereits entschieden (BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 –).
Denn bei der Verwendung des Begriffs „Ehegatte“ bzw. „Ehefrau“ ist nach der Lebenserfahrung regelmäßig nicht anzunehmen, dass das Bezugsrecht nur für den Fall eingeräumt sein soll, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls noch besteht.

Fazit:
Wer will, dass in einem solchen Fall die geschiedene Ehefrau nicht bezugsberechtigt bleiben soll, muss das Bezugsrecht gegenüber dem Versicherer ändern bzw. sollte sich gegebenenfalls von einem Rechtsanwalt, am besten einem Fachanwalt für Versicherungsrecht, beraten lassen. 

 

Haftung bei Tritt gegen ein ordnungswidrig auf einem Gehweg geparktes Auto

Wer absichtlich gegen einen ordnungswidrig geparkten PKW tritt, haftet für den dadurch entstandenen Schaden, ohne dass sich der PKW-Fahrer ein Mitverschulden anrechnen lassen muss.

Das hat das Amtsgericht München mit Urteil vom 18.05.2015 – 122 C 2495/15 – in einem Fall entschieden, in dem ein Zeitungsausträger

  • aus Verärgerung darüber, dass ein Pkw dort, wo er gerade Zeitungen austrug, auf dem Gehweg geparkt und ihm dadurch mit seinem Zeitungswagen der Weg abgeschnitten war,
  • gegen die Seite des Pkw’s getreten und dabei an dem Fahrzeug einen Schaden in Höhe von 986,78 Euro verursacht hatte.

 

Nach der Entscheidung des AG München muss der Zeitungsausträger dem Eigentümer des Pkw’s den Schaden ersetzen.

Zwar habe sich, wie das AG ausführte, der PKW-Fahrer ordnungswidrig verhalten, weil er durch das Parken auf dem Gehweg gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen habe. Dennoch treffe ihn vorliegend deshalb kein Mitverschulden, weil der Schaden nicht bei dem Versuch des Zeitungsausträgers an der durch das verbotswidrige Parken geschaffenen Engstelle vorbeizukommen entstanden, sondern durch eine vorsätzliche Sachbeschädigung seitens des Zeitungsausträgers verursacht worden sei.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 13.08.2015 – 48/15 – mitgeteilt.

 

Demonstration gegen Mitnahmeverbot von Hunden

In einem Eilverfahren hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin mit Beschluss vom 10.08.2015 – VG 1 L 257.15 – entschieden,

  • dass die für den 11.08.2015 geplante Demonstration, bei der der Veranstalter beabsichtigte, mit ungefähr 30 Personen und mitgeführten Hunden den Schlachtensee auf dem Uferweg einmal zu umrunden, um auf diese Weise gegen das dort seit Mai 2015 vom Bezirksamt Zehlendorf-Steglitz ausgeschilderte Mitnahmeverbot von Hunden zu protestieren, durchgeführt werden darf,
  • nachdem dem Veranstalter der Demonstration zuvor vom Polizeipräsident in Berlin die Nutzung des Uferweges im Rahmen des Aufzuges untersagt worden war.

 

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die 1. Kammer des VG aus, dass sie angesichts der Kürze der Zeit und vor dem Hintergrund des noch bestehenden tatsächlichen Aufklärungsbedarfs in der Sache, die Rechtmäßigkeit des Mitnahmeverbots von Hunden nicht abschließend prüfen könne.
Bei der daher nur möglichen Abwägung des Versammlungsrechts des Antragstellers mit den öffentlichen Interessen am Verbot komme dem Versammlungsrecht im konkreten Fall Vorrang zu.
Etwaigen Gefahren durch die mitgeführten Hunde könne dadurch begegnet werden, dass diese ständig anzuleinen seien und deren Kot mit Hundekotbeuteln ordnungsgemäß entsorgt werde.
Darüber hinausgehende Belästigungen durch Hunde seien unwahrscheinlich und müssten ansonsten wegen der zeitlichen Kürze der möglichen Beeinträchtigung hingenommen werden.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Berlin am 10.08.2015 – Nr. 30/2015 – mitgeteilt.

 

Bei Vorliegen eines Regelfahrverbots nach der Bußgeldkatalogverordnung

Erfüllt ein Betroffener einen der in den Absätzen 1 bis 2 des § 4 Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) aufgeführten Tatbestände kommt in der Regel die Anordnung eines Fahrverbots in Betracht.
Liegt ein solcher Regelfall vor

  • und kann die mit der Erfüllung eines dieser Tatbestände verbundene indizielle Annahme, dass der Betroffene seine Pflichten als Kraftfahrer grob oder beharrlich verletzt hat, weder durch Tatumstände äußerer oder innerer Art entkräftet werden,
  • kommt ein Absehen von der Anordnung eines Fahrverbots nur ausnahmsweise unter angemessener Erhöhung des für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehenen Bußgeldes nach § 4 Abs. 4 BKatV dann in Betracht,
    • wenn die aus einem Fahrverbot für den Betroffenen resultierenden Folgen unverhältnismäßig wären, nämlich für den Betroffenen zu einem für ihn nicht vermeidbaren Arbeitsplatz- oder Existenzverlust führen und
    • deshalb für ihn eine außergewöhnliche und unvermeidbare Härte bedeuten würde. 

 

Entsprechende Tatsachen dafür, dass ein Fahrverbot für ihn eine solche unverhältnismäßiger Härte bedeuten würde, muss der Betroffene vortragen und hierfür Beweismittel anbieten.
Denn das Gericht ist, abgesehen von offensichtlichen Umständen, nicht dazu verpflichtet, von Amts wegen zu Gunsten des Betroffenen umfangreiche Ermittlungen anzustellen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Landstuhl mit Urteil vom 06.07.2015 – 2 OWi 4286 Js 4856/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem der Betroffene mit einem Pkw die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 70 km/h überschritten hatte.

 

Darf ein Händler unter Bezugnahme auf ein im Internet veröffentlichtes Testergebnis werben?

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 31.07.2015 – 6 U 64/15 – entschieden, dass es einem Händler gestattet ist, mit einem im Internet veröffentlichten Testergebnis zu werben.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte ein Händler in einem Bestellmagazin für einen Staubsauger geworben, diesen mit dem Testergebnis „sehr gut“ angepriesen und als Fundstelle für das Testergebnis ein Internetportal genannt.

Der 6. Zivilsenat des OLG Oldenburg erachtete eine solche Werbung unter Bezugnahme auf ein im Internet veröffentlichtes Testergebnis nicht als wettbewerbswidrig und wies die Klage eines Wettbewerbsverbands gegen den Händler auf Unterlassung der Werbung ab.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Senat aus,

dass nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) die Werbung mit einem Testergebnis zulässig sei, wenn der Verbraucher deutlich auf die Fundstelle hingewiesen werde und leicht auf das Testergebnis zugreifen könne.
Ein leichter Zugriff sei grundsätzlich auch auf ein im Internet veröffentlichtes Testergebnis möglich. Das Internet sei in weiten Bevölkerungskreisen verbreitet. Ihm komme eine immer größere gesellschaftliche Bedeutung zu. Ein Verbraucher könne sich selbst dann ohne große Mühe Zugang zum Internet verschaffen, wenn er über keinen eigenen Anschluss verfüge. Ihm werde dabei nicht mehr abverlangt, als wenn er sich ein in einer Zeitschrift veröffentlichtes Testergebnis besorgen müsste.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg am 10.08.2015 mitgeteilt.

 

Bearbeitungsgebühr in Darlehensvertrag?

Das Amtsgericht (AG) Stuttgart hat mit Urteil vom 24.06.2015 – 1 C 1137/15 – entschieden,

  • dass eine Klausel, durch welche in einem Darlehensvertrag im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen eine „Bearbeitungsgebühr“ ausbedungen wird,
  • auch bei Verwendung gegenüber einem Unternehmer eine gem. § 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unzulässige und damit unwirksame Preisnebenabrede darstellt und
  • deshalb in einem Fall, in dem der Kläger als Unternehmer ein Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs eines Kraftfahrzeugs über EUR 9.990,00 aufgenommen hatte,

 

den beklagten Darlehensgeber gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB zur Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr in Höhe von insgesamt EUR 299,70 verurteilt, die von diesem aufgrund einer formularmäßig vereinbarte Klausel ratierlich zusammen mit den 48 monatlichen Darlehensraten erhoben worden war.

Wie das AG ausgeführt hat, handelt es sich bei der formularmäßig vereinbarten Klausel über die Erhebung des streitgegenständlichen Bearbeitungsentgelts um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede, weil

  • die Klausel im Ergebnis dahingehend auszulegen ist, dass mit der Bearbeitungsgebühr der im Rahmen des Abschlusses des Darlehensvertrags entstehende Bearbeitungs- und Verwaltungsaufwand des Darlehensgebers abgegolten wird (vergl. ausführlich zur Auslegung derartiger Klauseln Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.05.2014 – XI ZR 405/12 –).

 

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) hält die Klausel nicht Stand, weil,

  • nachdem sich der Darlehensgeber mit der Gebühr überwiegend im eigenen Interesse erbrachte Tätigkeiten im Rahmen des Vertragsschlusses vergüten lässt und diese Vergütung laufzeitunabhängig erfolgt, ist die Vereinbarung in zweifacher Hinsicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar und benachteiligt die betroffenen Kunden entgegen des Gebots von Treu und Glauben dadurch unangemessen.
  • Zum einen widerspricht die Klausel dem allgemeinen gesetzlichen Leitbild, wonach jeder Rechtsunterworfene vorwiegend im eigenen Interesse erfolgende Tätigkeiten zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können und ein Anspruch hierauf nur dann besteht, wenn dies im Gesetz ausnahmsweise besonders vorgesehen ist.
  • Zum anderen verstößt die Klausel gegen das gesetzliche Leitbild des Darlehensrechts, wonach das Entgelt für die Gewährung der Möglichkeit zur Kapitalnutzung laufzeitabhängig ausgestaltet ist.

 

Die formularmäßige Vereinbarung der Bearbeitungsgebühr ist auch im unternehmerischen Verkehr unwirksam, weil

  • für eine Leitbildabweichung oder sonstige für die Vertragsgestaltung sprechende sachliche Gründe, welche die Klausel bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung gleichwohl als angemessen erscheinen lassen könnten, nicht aus den Besonderheiten des unternehmerischen Rechtsverkehrs folgen und
  • insbesondere auch nicht erkennbar ist, dass jedenfalls Kleinunternehmer und mittelständische Betriebe gegenüber Banken eine größere Markt- und damit Verhandlungsmacht aufweisen würden, welche auf eine im Vergleich zu einem Verbraucher entscheidend geringere Schutzwürdigkeit schließen lassen würden.

 

Darlehensgebühr für Bauspardarlehensvertrag und Kontogebühr für Bauspardarlehenskonto in den AGB der Bausparkasse?

Das Amtsgericht (AG) Stuttgart hat mit Urteil vom 30.06.2015 – 1 C 714/15 – entschieden, dass Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bausparvertrages jedenfalls dann eine gem. § 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unzulässige und damit unwirksame Preisnebenabrede darstellen, wenn durch sie

 

und Bausparer in solchen Fällen deshalb die bezahlte Darlehensgebühr sowie die geleisteten Kontogebühren, soweit die Ansprüche noch nicht verjährt sind, gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB von der Bausparkasse zurückverlangen können.

In dem der Entscheidung des AG Stuttgart zugrunde liegendem Fall waren auf Grund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des zwischen den Parteien geschlossenen Bausparvertrages

  • bei der Auszahlung oder ersten Teilauszahlung des Darlehens eine das Darlehen (Darlehensschuld) entsprechend erhöhende Darlehensgebühr in Höhe von 3 v. H. des Bauspardarlehens erhoben sowie
  • für das Konto des Bausparers von der Bausparkasse jeweils bei Jahresbeginn – im ersten Vertragsjahr anteilig bei Vertragsbeginn – eine Kontogebühr von jährlich 12,00 DM. (. . .) berechnet worden.

 

Weil Trockendecke bei Neubau eines Gymnasiums mangelhaft angebracht wurde

Weil bei dem Neubau eines Gymnasiums

  • die Gipskartondecken an der Betondecke so mangelhaft angebracht worden waren, dass die Gefahr bestand, dass Teile der Decke herabfallen könnten und die Schule deshalb vorsichtshalber die Trockenbaudecken im gesamten Schulgebäude – insgesamt immerhin 10.000 qm – hatte ersetzen lassen,
  • müssen die Trockenbaufirma und der Architekt, von denen eine Mängelbeseitigung abgelehnt worden war, dem Zweckverband des Gymnasiums – und damit letztlich dem Steuerzahler – die durch den Ersatz der Trockenbaudecken entstandenen Kosten von über 1 Mio. Euro erstatten.

 

Das hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München mit Urteil vom 31.07.2015 – 13 U 1818/13 Bau – entschieden.

Begründet hat der Senat seine Entscheidung u.a. damit,

  • dass die Trockenbaudecken grob mangelhaft ausgeführt worden seien und
  • der Architekt dies nur deshalb nicht bemerkt habe, weil er die Bauarbeiten nicht ordnungsgemäß überwacht habe.

 

Da somit nicht nur die Baufirma ihre Pflichten aus dem Bauvertrag, sondern auch der Architekt seine Pflichten aus dem Architektenvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt habe, haften er und die mangelhaft arbeitende Baufirma gemeinsam.

Auch wenn der Architekt im Auftrag des Bauherrn, also des Zweckverbandes, gehandelt habe, müsse sich der Zweckverband die Fehler des Architekten nicht zurechnen lassen.

  • Der Zweckverband habe den Architekten nämlich gerade zur Überwachung und Kontrolle der beteiligten Baufirmen beauftragt und ein Bauherr müsse weder klüger sein als sein Architekt, noch einen „Kontrolleur des Kontrolleurs“ beauftragen.
  • Vielmehr dürfe sich ein Bauherr grundsätzlich darauf verlassen, dass der Architekt seine Arbeit ordnungsgemäß erledigt und die am Bau beteiligten Firmen überwacht.

 

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts München am 31.07.2015 – Zivilsachen 5/15 – mitgeteilt.

 

Tourist fällt vom Kamel

Ein Reiseveranstalter haftet nicht, wenn während eines Kamelausritts das Tier scheut und der Tourist deshalb vom Kamel stürzt.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 24.06.2015 – 111 C 30051/14 – in einem Fall entschieden,

  • in dem der Kläger, der bei der beklagten Reiseveranstalterin eine Ägyptenreise zum Preis von 589 Euro gebucht hatte,
  • bei der Teilnahme an einem Ausflug inklusive Kamelausritt, als das von einem Kameltreiber geführte Tier stolperte und scheute, vom Kamel gestürzt war.

 

Seine Klage,

  • mit der der Kläger von der Reiseveranstalterin 3378 Euro Schmerzensgeld sowie Schadensersatz verlangt und die er damit begründet hatte, dass der Kameltreiber keine Anstalten gemacht habe, seinen Sturz zu verhindern und die Reiseveranstalterin für dieses Verhalten des Kameltreibers einstehen müsse, 

 

wies das AG München ab,

  • weil vom Kläger nicht vorgetragen war, dass der Kamelführer in irgendeiner Weise aktiv zum Sturz des Klägers beigetragen hätte.

 

Vielmehr war, da das Kamel nach dem klägerischen Vortrag plötzlich sowie unvorhersehbar gestolpert war, nicht ersichtlich, was der Kamelführer unterlassen haben könnte oder tun hätte können, um den Sturz des Klägers zu vermeiden, so dass das AG davon ausging, dass sich allein die Gefahr verwirklicht hatte, die von einem Tier ausgeht, ohne dass dies dem Kamelführer oder der Reiseveranstalterin zuzurechnen ist.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 07.08.2015 – 46/15 – mitgeteilt.