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Ausgleichszahlungsanspruch bei mehrstündiger Änderung der Abflugzeit?

Eine mehrstündige Flugzeitänderung durch das Luftverkehrsunternehmen ist

  • eine – mit dem Angebot einer anderweitigen Beförderung verbundene – Annullierung des Fluges,

 

die einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der europäischen Fluggastrechteverordnung (VO (EG) 261/2004) begründen kann,

  • wenn der betroffene Fluggast nicht rechtzeitig gemäß Art. 5 Abs. 1i FluggastrechteVO unterrichtet worden ist.

 

Das hat das Amtsgericht (AG) Bremen mit Urteil vom 24.07.2015 – 25 C 41/15 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war der Kläger am 12.08.2014 durch sein Reisebüro informiert worden,

  • dass der Abflug seines gebuchten Fluges, der nach der Buchungsbestätigung am 18.09.2014 für 13:05 Uhr vorgesehen war,
  • erst um 18:25 Uhr stattfinden und der Flug dadurch nicht planmäßig um 17:35 Uhr, sondern erst um 22:25 Uhr ankommen wird.

 

Seine Klage, mit der er von der Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO forderte, wies das AG Bremen ab, weil der Kläger über die Flugzeitenänderung rechtzeitig nach Art. 5 Abs. 1i FluggastrechteVO informiert worden war.

  • In der Flugzeitänderung ist, so das AG, nämlich keine Umbuchung im Sinne einer Nichtbeförderung zu sehen, für die von dem Luftfahrtunternehmen nach Art. 4 Abs. 3 FluggastrechteVO eine Ausgleichsleistung gemäß Art. 7 FluggastrechteVO erbringen ist.
  • Vielmehr liegt in der Verlegung der Flugzeit eine mit dem Angebot einer anderweitigen Beförderung verbundene Annullierung des Fluges, bei der Art. 5 Abs. 1i FluggastrechteVO den Ausschluss etwaiger Ansprüche nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung im Falle rechtzeitiger Information vorsieht (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 09.06.2015, X ZR 59/14 –).

 

Die Nichtbeförderung unterscheidet sich von der Annullierung begrifflich dadurch,

  • dass im Falle der Nichtbeförderung der Flug ohne Mitnahme des Passagiers durchgeführt wird,
  • im Falle der Annullierung das Luftverkehrsunternehmen seine ursprüngliche Flugplanung endgültig aufgibt.

 

Dies ist durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteile vom 19.11.2009 – C-402/07 – und vom 13.10.2011 – C-83/10 –) geklärt, die zur Abgrenzung des Tatbestands der Annullierung vom Tatbestand der großen Verspätung entwickelt worden ist.
Im Falle der Flugzeitänderung mit mehrstündiger Verlegung wird danach die ursprüngliche Flugplanung aber vollständig aufgegeben und der Flug zu einer anderen Zeit durchgeführt. Das entspricht der Annullierung eines Fluges mit Umbuchung auf einen anderen. 

 

Privatmann, der ehemaliges Feuerwehrfahrzeug erwirbt, muss Blaulicht- und Sirenenanlage demontieren

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat mit Beschluss vom 21.07.2015 – 5 L 599/15.KO – in einem Fall, in dem einem Privatmann von der Verwaltungsbehörde der Betrieb eines von ihm erworbenen ehemaligen Feuerwehrfahrzeuges,

  • das mit entsprechender Beschriftung sowie Rundumleuchten, Signalanlage und Durchsagelautsprecher ausgestattet war und an das er gelbe reflektierende Streifen angebracht sowie die Beschriftung unter anderem in „Feierwehr“ abgeändert hatte,

 

auf öffentlichen Straßen untersagt worden war, entschieden,

  • dass die Betriebsuntersagung auf der Grundlage des § 6 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in Verbindung mit § 5 Fahrzeugzulassungsverordnung (FZVO) zu Recht erfolgt ist.

 

Begründet hat das VG Koblenz die Entscheidung u.a. damit, dass

das Fahrzeug in seinem derzeitigen Zustand nicht vorschriftsmäßig im Sinne der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) sei.
Aus den §§ 52 Abs. 3, 55 Abs. 3 StVZO ergebe sich, dass unter anderem die Ausrüstung eines Fahrzeugs mit Blaulicht, Einsatzhorn und reflektierenden Streifen bestimmten Institutionen, insbesondere den Einsatz- und Kommandofahrzeugen den Feuerwehren, vorbehalten sei.
Da das Fahrzeug in seiner Gesamtschau feuerwehrtypische Ausstattungsteile, Schriftzüge und Gestaltungselemente aufweise, werde es als Einsatzfahrzeug der Feuerwehr wahrgenommen.
Damit entstehe der Anschein, dieses Fahrzeug könne Sonderrechte im Sinne des § 35 Straßenverkehrs- Ordnung (StVO) in Anspruch nehmen. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 52 Abs. 3 StVZO komme es daher nicht in Betracht, dass ein Privatfahrzeug in dieser Weise ausgestattet sei (vgl. hierzu auch VG München, Urteil vom 16.05.2001 – M 31 K 01.1060 –).

Voraussetzung für den weiteren Betrieb sei deshalb, dass die Blaulicht- und Sirenenanlage demontiert sowie die gelben Streifen und Schriftzüge wie z.B. „Feierwehr“ entfernt werden (vgl. Mitteilung der Pressestelle des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 27.07.2015 – Nr. 25/2015 –).

 

Fahrtenbuch auch nach Verkehrsverstoß durch Beifahrer zulässig

Einem Fahrzeughalter kann die Führung eines Fahrtenbuchs auch dann auferlegt werden, wenn der Verkehrsverstoß von dem Beifahrer seines Fahrzeugs begangen wurde.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Mainz mit Urteil vom 15.07.2015 – 3 K 757/14.MZ – in einem Fall entschieden,

  • in dem der beklagte Landkreis gegenüber der klagenden Halterin eines Transporters für die Dauer von 12 Monaten die Führung eines Fahrtenbuches angeordnet hatte,
  • weil aus dem Beifahrerfenster des Transporters bei einem Überholvorgang eine klare Flüssigkeit auf den Fahrer eines Motorrollers geschüttet worden war und der Täter nicht festgestellt werden konnte.

 

Begründet hat das VG Mainz seine Entscheidung damit, dass nach Sinn und Zweck des Gesetzes mit einer Fahrtenbuchauflage sichergestellt werden soll, dass bei künftigen Verstößen im Straßenverkehr deren Ahndung ohne Schwierigkeiten möglich sei. Deshalb sei es unerheblich, ob die Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften bei der Tat, die nur den Anlass für die Auferlegung des Fahrtenbuchs darstelle, auf den Fahrzeugführer oder einen anderen Fahrzeuginsassen zurückgehe.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Mainz am 27.07.2015 – 13/2015 – mitgeteilt.

 

Dienstentfernung eines Lehrer wegen sexuellen Missbrauchs einer Schülerin

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Trier hat mit Urteil vom 23.06.2015 – 3 K 1893/14.TR – einen Lehrer, der an einem Gymnasium unterrichtet hat, aus dem Dienst entfernt,

  • weil dieser sexuelle Handlungen an einer seinerzeit minderjährigen Schülerin vorgenommen hatte und
  • deswegen, nach Einräumung des Missbrauch im Strafverfahren, zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt worden war.  

 

Begründet hat die Kammer ihre Entscheidung u.a. damit,

dass sexuelle Verfehlungen von Lehrern an ihnen anvertrauten Schülern stets den Kernbereich ihrer beruflichen Pflichten betreffen und den Beamten regelmäßig untragbar machen.
Ein Lehrer beeinträchtige damit nicht nur das Ansehen des Berufsbeamtentums, sondern zeige damit in der Regel auch seine Nichteignung für den Lehrerberuf und sei aus dem Dienst zu entfernen.
Schüler, Eltern, Dienstherr und Öffentlichkeit müssten sich darauf verlassen können, dass sexuelle Verfehlungen von Lehrern gegenüber Schülern innerhalb und außerhalb des schulischen Umfelds unterbleiben.
Ein Lehrer sei dazu verpflichtet, sich in sexueller Hinsicht uneingeschränkt korrekt zu verhalten und habe insbesondere körperliche Distanz zu wahren, selbst wenn Schüler/innen mit der Aufgabe der Distanz vordergründig einverstanden seien, um einem Missbrauch des Autoritätsgefälles vorzubeugen.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Trier am 27.07.2015 – Nr. 22/2015 – mitgeteilt.

 

Verwendung von sog. „Himmelslaternen“ kann teuer werden

Weil durch bei einer Hochzeitsfeier entzündete Himmelslaternen zwei, Luftlinie ca. 100 Meter entfernte Häuser in Brand gesetzt worden waren, müssen der Bräutigam und dessen Mutter, als Veranstalter der Feier, für den entstandenen Schaden aufkommen.
Der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 24.07.2015 – 24 U 108/14 – entschieden, dass sie von der Versicherung der geschädigten Gebäudeeigentümer, die diesen den durch den Brand entstandenen Schaden ersetzt hat, auf Regress in Anspruch genommen werden können.
Wie der Senat ausführte, sind sie als Veranstalter der Feier deshalb für den Brand und den daraus entstandenen Schaden an den Gebäuden verantwortlich, weil ihnen eine Verkehrssicherungspflichtverletzung anzulasten sei.

  • Der Mutter des Bräutigams sei vorzuwerfen, die Himmelslaternen erworben sowie zur Hochzeitsfeier mitgebracht zu haben und
  • dem Bräutigam, dass er es als Mitorganisator des Festes unterlassen habe, das Aufsteigenlassen der Laternen zu unterbinden.

 

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am 24.07.2015 mitgeteilt

 

Kündigung wegen Eigenbedarfs bei Mischmietvertrag

Bei einem einheitlichen Mischmietverhältnis, das wegen überwiegender Wohnnutzung als Wohnraummietverhältnis anzusehen ist, braucht sich ein vom Vermieter geltend gemachter Eigenbedarf nur auf die Wohnräume zu beziehen.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 01.07.2015 – VIII ZR 14/15 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem die Beklagten vom Kläger ein ehemals landwirtschaftliches Anwesen, bestehend aus einem geräumigen Bauernhaus mit Nebenräumen gemietet, sie dieses vertragsgemäß teils zu Wohnzwecken sowie teils gewerblich für ein Ladengeschäft zur Raumausstattung genutzt hatten und
  • dieses Mietverhältnis vom Kläger wegen Eigenbedarfs gekündigt worden war, weil er seiner 28-jährigen Tochter und der 7-jährigen Enkelin, die beide noch in seinem Haushalt lebten, eine eigene Wohnung zur Verfügung stellen wollte.

 

Nach der Entscheidung des VIII. Zivilsenats des BGH war die Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB begründet und hat somit das Mietverhältnis zwischen den Parteien beendet, weil

  • ein Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung eines Mietverhältnisses hat, wenn er die Räume als Wohnung für sich oder einen Angehörigen benötigt, diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn der Wunsch des Vermieters, die Wohnung einem Angehörigen zur Verfügung zu stellen, auf vernünftigen, nachvollziehbaren Gründen beruht (BGH, Urteil vom 04.03.2015 – VIII ZR 166/14 –), der Wunsch des Klägers, die von den Beklagten bewohnten Räume seiner bisher noch im Haus der Eltern untergebrachten Tochter und deren Kind zwecks Begründung eines eigenen Hausstandes zur Verfügung zu stellen, diese Voraussetzung erfüllt und
  • es unerheblich ist, dass die Tochter des Klägers lediglich die Wohnräume nutzen will und keinen Bedarf an einer Nutzung der übrigen, von den Beklagten für ihr Ladengeschäft benutzten Räume hat.

 

Zwar ist, wie der Senat ausgeführt hat, ein insgesamt als Wohnraummietverhältnis einzustufendes Mischmietverhältnis nur in seiner Gesamtheit nach den Kündigungsvorschriften für Wohnraum kündbar (BGH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 251/10 –). Das besagt aber nicht, dass ein nach § 573 Abs. 1 BGB für die Kündigung erforderliches berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses, insbesondere ein Eigenbedarf im Sinne von Absatz 2, sich auch auf die gewerblich genutzten Räumlichkeiten beziehen muss. Denn der mit dieser Vorschrift auf den Mieter von Wohnraum zugeschnittene Schutz schließt eine in das Mietverhältnis mit aufgenommene gewerbliche Nutzung der Mietsache nicht ein. Bei gewerblich oder geschäftlich genutzten Räumen hängt die Befugnis des Vermieters zur ordentlichen Kündigung gerade nicht vom Vorliegen eines berechtigten Interesses (§ 573 Abs. 1 BGB) ab.
Müsste sich der Eigenbedarf des Vermieters auch auf untergeordnete gewerblich genutzte Räume erstrecken, würde dies dazu führen, dass der Vermieter zwar berechtigterweise Eigenbedarf an den zu Wohnzwecken vermieteten Räumlichkeiten geltend machen könnte, damit aber gleichwohl regelmäßig scheitern müsste, weil er oder der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genannte Personenkreis für sich keine Möglichkeiten zu einer (sinnvollen) gewerblichen Nachnutzung sieht und damit keinen entsprechenden gewerblichen Nutzungsbedarf geltend machen kann.
Es besteht kein Anlass, das für Wohnraum zu Gunsten des Mieters eingerichtete hohe Schutzniveau wertungswidrig auf die nicht vergleichbar schutzwürdigen Teile des Mietverhältnisses in gewerblicher Nutzung zu erstrecken und damit für Mischmietverhältnisse eine Eigenbedarfskündigung im praktischen Ergebnis weitgehend auszuschließen. 

 

Das Nacherfüllungsverlangen bei Mängeln der Kaufsache

Die Obliegenheit eines Käufers, bei Mängeln der Kaufsache, vor der Geltendmachung der in § 437 Nr. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufgeführten Rechte ein Nacherfüllungsverlangen an den Verkäufer zu richten,

  • beschränkt sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Nacherfüllung,
  • sondern umfasst auch die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen.

 

Deshalb stellt eine an den Verkäufer gerichtete Aufforderung, innerhalb einer gesetzten Frist dem Grunde nach die Bereitschaft zur Nachbesserung zu erklären, kein ordnungsgemäßes Nacherfüllungsverlangen dar.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 01.07.2015 – VIII ZR 226/14 – hingewiesen und den Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB, mangels wirksamer Fristsetzung zur Nacherfüllung, in einem Fall für unwirksam erachtet,

  • in dem von dem Kläger wegen eines, nach dem Kauf eines Pkws aufgetretenen und von ihm als Sachmangel eingestuften Motorschadens, der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt worden war,
  • nachdem er den beklagten Verkäufer unter Fristsetzung aufgefordert hatte, „dem Grund nach zu erklären, dass er eine Nachbesserung vornehmen werde“ und von diesem darauf hin das Vorhandensein der gerügten Mängel zum Zeitpunkt der Übergabe in Abrede worden war.

 

Begründet hat der VIII. Zivilsenat des BGH seine Entscheidung damit, dass der Verkäufer nicht verpflichtet ist, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm nicht Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat.
Erst aufgrund einer solchen Untersuchung kann er beurteilen, ob die gerügten Mängel bestehen und bei Gefahrübergang vorgelegen haben.
Daher ist er auch nur unter diesen Voraussetzungen überhaupt zur Nacherfüllung verpflichtet (BGH, Urteil vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08 –).
Eine Aufforderung, sich dem Grunde nach zur Nachbesserung bereit zu erklären, genügt diesen Anforderungen nicht, weil der Käufer damit, ohne dem Verkäufer – wie erforderlich – Gelegenheit zur Untersuchung des Fahrzeugs im Hinblick auf den gerügten Mangel gegeben zu haben, schon vor einer Überprüfung des Fahrzeugs dessen (verbindliche) Zustimmung zu einer Nachbesserung verlangt. Darauf braucht sich der Verkäufer nicht einzulassen.

Eine Fristsetzung war, wie der Senat weiter ausgeführt hat, in dem obigen Fall auch nicht gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich.
Denn in dem bloßen Bestreiten von Mängeln kann noch nicht ohne Weiteres eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 281 Abs. 2 Halbsatz 1 BGB gesehen werden, die eine Fristsetzung entbehrlich macht.
Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Verkäufers im Sinne dieser Vorschriften liegt vielmehr nur vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen.
Dementsprechend müssen zu dem bloßen Bestreiten von Mängeln weitere Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner über das Bestreiten der Mängel hinaus bewusst und endgültig die Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer (ordnungsgemäßen) Nacherfüllungsaufforderung werde umstimmen lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 –; vom 13.07.2011 – VIII ZR 215/10 –; vom 29.06.2011 – VIII ZR 202/10 – und vom 21.12.2005 – VIII ZR 49/05 –).

 

Eine Mietkaution, wie muss der Vermieter sie angelegen?

Der Vermieter muss eine ihm überlassene Kaution

  • nicht nur von seinem Vermögen getrennt,
  • sondern auch nach außen erkennbar als treuhänderisch verwaltetes Vermögen auf einem entsprechend gekennzeichneten Konto anlegen.

 

Kommt der Vermieter dem Anspruch auf eine getrennte und entsprechend gekennzeichnete Anlage der Kaution nicht nach, steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an den Mieten in Höhe der Kaution zu.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 09.06.2015 – VIII ZR 324/14 – hingewiesen.

Danach soll die Regelung des § 551 Abs. 3 Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), nach der der Vermieter eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen bei einem Kreditinstitut anzulegen hat, sicherstellen, dass die Kaution vor dem Zugriff der Gläubiger des Vermieters gesichert ist.
In den Gesetzesmaterialien dazu wird zur Begründung der Anlagepflicht des Vermieters insoweit ausgeführt, dass die Kaution wie ein Treuhandvermögen oder Mündelgeld zu behandeln sei, um sie im Falle der Insolvenz des Vermieters zu schützen und das Pfandrecht der Banken an dem Kautionskonto auszuschließen (BT-Drucks. 9/2079, S. 11; vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2010 – VIII ZR 98/10 –).
Diesem Anliegen wird nur eine Anlage gerecht, die den Treuhandcharakter eindeutig für jeden Gläubiger des Vermieters erkennen lässt.
Dementsprechend wird einhellig verlangt, dass die Kaution auf einem offen ausgewiesenen Sonderkonto („Mietkautionskonto“) angelegt wird.
Andernfalls unterfiele die Kaution – der ausdrücklich erklärten Absicht des Gesetzgebers zuwiderlaufend – dem banküblichen Pfandrecht des Kreditinstituts für Forderungen gegen den Vermieter als Kontoinhaber (Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken bzw. Nr. 21 Abs. 1 AGB-Sparkassen). Denn dieses erstreckt sich auch auf verdeckt treuhänderisch geführte Konten und Sparbücher und wird auch nicht aufgehoben, wenn der Treuhandcharakter der Einlage nachträglich offengelegt wird. Ausgeschlossen ist das Pfandrecht des Geldinstituts an dem Sparguthaben nur, wenn der Treuhandcharakter von Anfang an offen gelegt wird.

Dass die gesetzlichen Anforderungen an die Anlage der Mietsicherheit erfüllt werden, kann, wie der Senat weiter ausgeführt hat, von einem Mieter auch nach dem Ende des Mietverhältnisses bis zur endgültigen Abrechnung über die Kaution noch verlangt werden.
Die Mietkaution dient – soweit nicht ausnahmsweise etwas anderes vereinbart ist – ausschließlich der Sicherung von Forderungen des Vermieters aus dem konkreten Mietverhältnis. Die darin liegende Zweckbindung endet nicht schon dann, wenn die Kaution am Ende des Mietverhältnisses nicht mehr für Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis benötigt wird, sondern erst mit der Rückgewähr der Kaution an den Mieter (BGH, Urteil vom 11.97.2012 – VIII ZR 36/12 –). Dementsprechend enden sowohl das Sicherungsbedürfnis des Mieters, dem § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB Rechnung trägt, als auch die treuhänderische Bindung nicht bereits mit dem Ende des Mietverhältnisses, sondern erst mit der Rückgewähr der Kaution.

Kommt der Vermieter dem Anspruch auf eine getrennte und entsprechend gekennzeichnete Anlage der Kaution nicht nach, steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an den Mieten in Höhe der Kaution gemäß §§ 273, 274 BGB zu (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2007 – IX ZR 132/06 –).
Der fortdauernden treuhänderischen Bindung entsprechend gilt dies auch über das Ende des Mietverhältnisses hinaus. 

 

Altersdiskriminierende Kündigung ist auch im Kleinbetrieb unwirksam

Ist bei einer Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer

  • aufgrund von ihm vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen,
  • ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam.

 

Darauf hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 23.07.2015 – 6 AZR 457/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Beklagte allein das Arbeitsverhältnis mit der ältesten von insgesamt fünf bei ihr beschäftigten Arzthelferinnen „wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten“ gekündigt und in dem Kündigungsschreiben dabei angeführt, dass die Gekündigte „inzwischen pensionsberechtigt“ sei.

Auf die Klage der gekündigten Arzthelferin,

  • mit der sie sich nicht nur gegen die Wirksamkeit der Kündigung gewandt, sondern auch eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung verlangt und die sie u. a. damit begründet hatte, dass das Kündigungsschreiben eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten lasse,
  • stellte der Sechste Senat des BAG fest, dass die Kündigung gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstößt und deshalb unwirksam ist.  

 

Seine Entscheidung begründete der Senat damit, dass die Beklagte dafür, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt, kein ausreichender Beweis angeboten hatte.

Zur Entscheidung, ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zusteht, wurde die Sache vom Senat an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurückverwiesen.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 23.07.2015 – Nr. 37/15 – mitgeteilt.

 

Wenn Kinder von den Eltern oder deren Freunden zu Sportveranstaltungen gefahren werden

Werden minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren, handelt es sich grundsätzlich – auch im Verhältnis zum Sportverein – um eine reine Gefälligkeit, die sich im außerrechtlichen Bereich abspielt, sodass

  • solange keine gegenteiligen Absprachen getroffen werden,
  • Aufwendungsersatzansprüche gegen den Verein ausscheiden.

 

Das hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.07.2015 – III ZR 346/14 – in einem Fall entschieden, in dem

  • die Klägerin, als sie ihre Enkelin, die in der Mädchen-Fußballmannschaft des beklagten Vereins spielte, zu einem Auswärtsspiel gefahren hatte,
  • mit ihrem Pkw verunfallt war und den Verein auf Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch genommen hatte.

 

Der III. Zivilsenat des BGH wies die Klage der Klägerin gegen den Verein ab, weil

  • die Fahrt der Klägerin, mit der sie ihrer Enkelin die Teilnahme an dem Auswärtsspiel ihres Vereins ermöglichen wollte, dieser bzw. deren sorgeberechtigten Eltern gegenüber aus Gefälligkeit geschah und
  • wie der Senat weiter ausführte, sich an dem Charakter der Fahrt als Gefälligkeit nichts dadurch änderte, dass der Transport nicht ausschließlich im alleinigen Interesse der Enkelin und ihrer Eltern, sondern auch im Interesse der Mannschaft und damit des beklagten Sportvereins lag.

 

Denn, dass die Kinder von ihren Eltern bzw. Angehörigen oder deren Freunden privat gefahren wurden, ohne etwas für die Fahrten zu bekommen, war in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall üblich, was entscheidend dagegen sprach, den auf freiwilliger Grundlage erfolgten Transport der Kinder zu Auswärtsspielen durch Personen aus ihrem persönlichen Umfeld als auf der Grundlage eines mit wechselseitigen Rechten und Pflichten ausgestalteten Schuldverhältnisses erbracht anzusehen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 23.07.2015 – Nr. 124/2015 – mitgeteilt.