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Altersdiskriminierende Kündigung ist auch im Kleinbetrieb unwirksam

Ist bei einer Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer

  • aufgrund von ihm vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen,
  • ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam.

 

Darauf hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 23.07.2015 – 6 AZR 457/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Beklagte allein das Arbeitsverhältnis mit der ältesten von insgesamt fünf bei ihr beschäftigten Arzthelferinnen „wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten“ gekündigt und in dem Kündigungsschreiben dabei angeführt, dass die Gekündigte „inzwischen pensionsberechtigt“ sei.

Auf die Klage der gekündigten Arzthelferin,

  • mit der sie sich nicht nur gegen die Wirksamkeit der Kündigung gewandt, sondern auch eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung verlangt und die sie u. a. damit begründet hatte, dass das Kündigungsschreiben eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten lasse,
  • stellte der Sechste Senat des BAG fest, dass die Kündigung gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstößt und deshalb unwirksam ist.  

 

Seine Entscheidung begründete der Senat damit, dass die Beklagte dafür, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt, kein ausreichender Beweis angeboten hatte.

Zur Entscheidung, ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zusteht, wurde die Sache vom Senat an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurückverwiesen.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 23.07.2015 – Nr. 37/15 – mitgeteilt.

 

Wenn Kinder von den Eltern oder deren Freunden zu Sportveranstaltungen gefahren werden

Werden minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren, handelt es sich grundsätzlich – auch im Verhältnis zum Sportverein – um eine reine Gefälligkeit, die sich im außerrechtlichen Bereich abspielt, sodass

  • solange keine gegenteiligen Absprachen getroffen werden,
  • Aufwendungsersatzansprüche gegen den Verein ausscheiden.

 

Das hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.07.2015 – III ZR 346/14 – in einem Fall entschieden, in dem

  • die Klägerin, als sie ihre Enkelin, die in der Mädchen-Fußballmannschaft des beklagten Vereins spielte, zu einem Auswärtsspiel gefahren hatte,
  • mit ihrem Pkw verunfallt war und den Verein auf Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch genommen hatte.

 

Der III. Zivilsenat des BGH wies die Klage der Klägerin gegen den Verein ab, weil

  • die Fahrt der Klägerin, mit der sie ihrer Enkelin die Teilnahme an dem Auswärtsspiel ihres Vereins ermöglichen wollte, dieser bzw. deren sorgeberechtigten Eltern gegenüber aus Gefälligkeit geschah und
  • wie der Senat weiter ausführte, sich an dem Charakter der Fahrt als Gefälligkeit nichts dadurch änderte, dass der Transport nicht ausschließlich im alleinigen Interesse der Enkelin und ihrer Eltern, sondern auch im Interesse der Mannschaft und damit des beklagten Sportvereins lag.

 

Denn, dass die Kinder von ihren Eltern bzw. Angehörigen oder deren Freunden privat gefahren wurden, ohne etwas für die Fahrten zu bekommen, war in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall üblich, was entscheidend dagegen sprach, den auf freiwilliger Grundlage erfolgten Transport der Kinder zu Auswärtsspielen durch Personen aus ihrem persönlichen Umfeld als auf der Grundlage eines mit wechselseitigen Rechten und Pflichten ausgestalteten Schuldverhältnisses erbracht anzusehen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 23.07.2015 – Nr. 124/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn eine objektiven Notwehrlage vorliegt

Eine in einer objektiven Notwehrlage (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 25.04.2013 – 4 StR 551/12 –) verübte Tat ist nach § 32 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) gerechtfertigt, wenn

  • die Tat zu einer sofortigen und endgültigen Abwehr des Angriffs führt und
  • es sich bei der Tat um das mildeste Abwehrmittel handelt, das dem Angegriffenen in der konkreten Situation zur Verfügung stand.

 

Ob dies der Fall ist, muss auf der Grundlage einer objektiven ex-ante-Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung beurteilt werden.
Auf weniger gefährliche Verteidigungsmittel muss der Angegriffene grundsätzlich nur dann zurückgreifen, wenn deren Abwehrwirkung unter den gegebenen Umständen unzweifelhaft ist und genügend Zeit zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht.
Angesichts der schweren Kalkulierbarkeit des Fehlschlagrisikos dürfen an die regelmäßig in einer zugespitzten Situation zu treffende Entscheidung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 02.11.2011 – 2 StR 375/11 –).

Eine Einschränkung erfährt das Notwehrrecht jedoch dann, wenn der Verteidiger gegenüber dem Angreifer ein pflichtwidriges Vorverhalten an den Tag gelegt hat, das bei vernünftiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalles den folgenden Angriff als eine adäquate und voraussehbare Folge der Pflichtverletzung des Angegriffenen erscheinen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 25.06.2009 – 5 StR 141/09 –),

  • wenn mithin zwischen dem sozialethisch zu missbilligenden Vorverhalten und dem rechtswidrigen Angriff ein enger zeitlicher und räumlicher Ursachenzusammenhang besteht und
  • es nach Kenntnis des Täters auch geeignet ist, einen Angriff zu provozieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10.11.2010 – 2 StR 483/10 – sowie vom 02.11.2005 – 2 StR 237/05 –).

 

Wer durch ein solchermaßen sozialethisch zu beanstandendes Vorverhalten einen Angriff auf sich schuldhaft provoziert hat, darf nicht bedenkenlos von seinem Notwehrrecht Gebrauch machen und sofort ein lebensgefährliches Mittel einsetzen, auch wenn er den Angriff nicht in Rechnung gestellt haben sollte oder gar beabsichtigt hat.
Er muss vielmehr dem Angriff nach Möglichkeit ausweichen und darf zur Trutzwehr mit einer lebensgefährdenden Waffe erst übergehen, nachdem er alle Möglichkeiten der Schutzwehr ausgenutzt hat; nur wenn sich ihm diese Möglichkeit verschließt, ist er zu entsprechend weitreichender Verteidigung befugt (BGH, Urteil vom 25.03.2014 – 1 StR 630/13 –).

Überschreitet ein Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft (vgl. § 33 StGB), wobei § 33 StGB nicht schon dann entfällt,

  • wenn der Täter den Angriff aus rechtlichen Gründen provoziert hat oder
  • wenn er sich dem Angriff hätte entziehen können.

 

Für die Anwendung dieser Vorschrift ist vielmehr grundsätzlich auch dann Raum,

  • wenn infolge der von dem Angegriffenen schuldhaft mitverursachten Notwehrlage ein nur eingeschränktes Notwehrrecht nach § 32 StGB besteht,
  • sofern der Täter die Grenzen der (eingeschränkten) Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschreitet.

 

Die Überschreitung der Grenzen der Notwehr aus Furcht ist nach § 33 StGB entschuldigt, wenn bei dem Täter ein durch das Gefühl des Bedrohtseins verursachter psychischer Ausnahmezustand mit einem solchen Störungsgrad vorliegt, dass er das Geschehen nur noch in erheblich reduziertem Maße verarbeiten kann.

Darauf hat der 2. Strafsenat des BGH mit Urteil vom 03.06.2015 – 2 StR 473/14 – hingewiesen.

 

Irreführendes Blinken eines Vorfahrtsberechtigten

Kollidiert ein Autofahrer beim Abbiegen nach links in eine bevorrechtigte Straße mit einem von links kommenden, auf der bevorrechtigen Straße fahrenden Pkw,

  • der (irreführend) rechts geblinkt, aber weder seine Geschwindigkeit verringert, noch bereits zum Abbiegen angesetzt hatte,
  • ist eine Haftungsverteilung 70 zu 30 zu Lasten des Wartepflichtigen angemessen.

 

Das hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 03.07.2015 – 13 S 64/15 – entschieden (ebenso Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 06.09.2013 – 10 U 2336/13 –)

Für die Folgen des Unfallgeschehens haften in einem solchen Fall die Halter der beiden an dem Unfall beteiligten Fahrzeuge gem. § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG),

  • weil der Unfallschaden bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden,
  • der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und
  • für keinen der Unfallbeteiligten ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG dargestellt hat, auch nicht für den auf der bevorrechtigten Straße Fahrenden und zwar unabhängig davon, ob er noch rechtzeitig hätte bremsen oder ausweichen können, denn er hatte den Fahrtrichtungsanzeiger in irreführender Weise gesetzt und damit den Anforderungen an einen „Idealfahrer“ nicht genügt.

 

Bei der gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG gebotenen Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- und –verschuldensanteile hat die 13. Zivilkammer des LG Saarbrücken berücksichtigt,

  • zu Lasten des auf der bevorrechtigten Straße Fahrenden, den Verkehrsverstoß gegen § 1 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), weil er den Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hatte, obwohl er nicht rechts abbiegen wollte und ein solches irreführendes Blinken vorliegend einen schweren Verkehrsverstoß darstellte sowie
  • zu Lasten des Abbiegenden, die Verletzung der Vorfahrt nach § 8 StVO, weil der auf der bevorrechtigen Straße Fahrende seine Vorfahrt durch das Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers nicht verloren hatte.

 

Denn das Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers durch einen Vorfahrtsberechtigten kann dessen Vorfahrtsrecht generell nicht aufheben,

  • sondern allenfalls ein Vertrauen des Wartepflichtigen begründen, das im Rahmen der konkreten Abwägung der Mitverursachungs- und -verschuldensanteile zu berücksichtigen ist und
  • ein solches Vertrauen auf das Abbiegen eines rechts blinkenden, vorfahrtsberechtigten Fahrzeugs setzt voraus, dass sich das Abbiegen in der Gesamtschau der Fahrsituation – sei es durch eindeutige Herabsetzung der Geschwindigkeit, sei es durch den Beginn des Abbiegens selber – zweifelsfrei manifestiert hat (vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 11.03.2008 – 4 U 228/07 –; a.A. OLG München, Urteil vom 18.09.1998 – 10 U 6463/97 – sowie Kammergericht (KG), Urteil vom 25.09.1989 – 12 U 4646/88 –, wonach der nach § 8 StVO Wartepflichtige auf ein angekündigtes Abbiegen des Vorfahrtsberechtigten bereits dann vertrauen dürfen soll, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte die Abbiegeabsicht in Zweifel ziehen).

 

Den nach § 8 StVO Wartepflichtigen trifft nämlich eine gesteigerte Sorgfaltspflicht mit der Folge, dass sich der Wartepflichtige nur eingeschränkt auf den Vertrauensgrundsatz. Er darf zwar in der Regel auf das Unterbleiben atypischer, grober Verkehrsverstöße des Vorfahrtsberechtigten vertrauen, muss jedoch die Möglichkeit sonstiger Verkehrsverstöße des Vorfahrtsberechtigten in Betracht ziehen.
Ein Vertrauen des Wartepflichtigen ist danach erst begründet, wenn die Abbiegeabsicht zweifelsfrei feststeht und da hier der auf der bevorrechtigten Straße Fahrende weder seine Geschwindigkeit verringert, noch (bereits) zum Abbiegen angesetzt hatte, durfte der Wartepflichtige auch nicht auf ein Abbiegen des Vorfahrtsberechtigten vertrauen. 

 

Arbeitsunfall wenn Taxifahrer niedergeschossen wird?

Der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) hat in einem Fall,

  • in dem ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) kraft Gesetzes versicherter Taxifahrer Personen, die sich lautstark dem Taxistand näherten, zur Ruhe aufgefordert hatte und daraufhin von einer dieser Personen niedergeschossen sowie schwer verletzt worden war,

 

entschieden (Az.: L 9 U 41/13),

  • dass dies jedenfalls dann von der gesetzlichen Unfallversicherung als Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII anzuerkennen ist, wenn
    • kein privates Überfallmotiv vorlag und
    • der Taxifahrer aus betriebsbezogenen Gründen gehandelt hat, was hier der Fall war, weil der Senat davon ausging, dass der Taxifahrer einen störungsfreien Taxibetrieb sicherstellen sowie verhindern wollte, dass potentielle Kunden durch den Lärm abgeschreckt werden.

 

Das hat die Pressestelle des Hessischen Landessozialgerichts am 21.07.2015 – 13/15 – mitgeteilt.

 

Geldentschädigung wegen Diskriminierung bei wiederholter Kündigung einer schwangeren Frau?

Die wiederholte Kündigung einer schwangeren Frau ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde kann einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen Diskriminierung auslösen.

Darauf hat das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin mit Urteil vom 08.05.2015 – 28 Ca 18485/14 – hingewiesen und einen Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 1.500,00 EUR verurteilt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der beklagte Arbeitgeber der bei ihm beschäftigten Klägerin,

  • nachdem er ihr bereits während der Probezeit gekündigt hatte und diese Kündigung vom Arbeitsgericht in einem vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren nach § 9 des Gesetzes zum Schutz erwerbstätiger Mütter (MuSchG) für unwirksam erklärt worden war, weil die Klägerin ihrem Arbeitgeber gleich nach der Kündigung unter Vorlage des Mutterpasses mitgeteilt hatte, dass sie schwanger sei und der Arbeitgeber keine Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde zur Kündigung eingeholt hatte,  
  • einige Monate später erneut ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde gekündigt.

 

Mit der Begründung, dass der Arbeitgeber aufgrund des ersten Kündigungsschutzverfahrens und der Kenntnis des Mutterpasses mit dem Fortbestand der Schwangerschaft habe rechnen müssen, wurde vom ArbG Berlin auch diese erneute Kündigung für unwirksam erklärt und der Arbeitgeber zur Zahlung einer Geldentschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verurteilt.

Das hat die Pressestelle des Arbeitsgerichts Berlin am 21.07.2015 – Nr. 23/15 – mitgeteilt.

 

Wenn ein Auftraggeber Ersatz der von ihm aufgewendeten Mängelbeseitigungskosten verlangt

Weist ein vom Auftragnehmer erstelltes Werk, beispielsweise eine Gebäude, von ihm zu vertretende Mängel auf und hat er die Beseitigung der Mängel ernsthaft und endgültig abgelehnt oder die Mängel nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist beseitigt,

  • muss der Auftraggeber, wenn er in einem solchen Fall als zu ersetzenden Schaden den Ersatz der von ihm aufgewendeten Mängelbeseitigungskosten verlangt,
  • die Erforderlichkeit der Mängelbeseitigung und deren Kosten darlegen und gegebenenfalls beweisen, wobei an die Darlegung grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind.

 

Zum Vortrag gehört eine nachvollziehbare Abrechnung der Mängelbeseitigungsaufwendungen. Der Auftragnehmer muss in die Lage versetzt werden, die abgerechneten Arbeiten daraufhin zu überprüfen, ob sie zur Ersatzvornahme erforderlich waren.

  • Der Auftraggeber hat nämlich nur Anspruch auf Erstattung derjenigen Kosten, die für die Mängelbeseitigung erforderlich gewesen sind und erforderlich sind nur diejenigen Aufwendungen, welche der Auftraggeber als vernünftiger und wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für angemessen halten durfte, wobei es sich um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln muss (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 119/10 –).
  • Nicht erstattungsfähig sind hingegen Aufwendungen für sonstige, weitergehende Baumaßnahmen, die nicht der Mängelbeseitigung dienten.

 

Es besteht auch

  • weder eine Vermutung, dass stets sämtliche von einem Drittunternehmer im Zuge einer Mängelbeseitigungsmaßnahme durchgeführten Arbeiten ausschließlich der Mängelbeseitigung dienten,
  • noch ein im Verhältnis zum Auftragnehmer schützenswertes Vertrauen des Auftraggebers, der Drittunternehmer werde nur Arbeiten zur Mängelbeseitigung durchführen.

 

Ob die von einem Drittunternehmer verlangten Preise als erforderliche Aufwendungen erstattungsfähig sind, hängt vom Einzelfall ab.
Der Auftraggeber darf nicht beliebig Kosten produzieren.
Die Kosten sind überhöht, wenn eine preiswertere Sanierung, die den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführt, erkennbar möglich und zumutbar war.
Bei der Würdigung, welche Maßnahme zu welchen Preisen möglich und zumutbar war, ist zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber nicht gehalten ist, im Interesse des säumigen und nachbesserungsunwilligen Auftragnehmers besondere Anstrengungen zu unternehmen, um den preisgünstigsten Drittunternehmer zu finden. Er darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Preis des von ihm beauftragten Drittunternehmers angemessen ist. Einen überhöhten Preis kann er auch dann akzeptieren, wenn ihm keine andere Wahl bleibt, etwa weil die Sache dringend ist.
Hat der Auftraggeber sich sachverständig beraten lassen, so kann er Ersatz seiner Aufwendungen auch dann verlangen, wenn sich später herausstellt, dass die von ihm durchgeführte Sanierung zu aufwändig war und eine preiswertere Möglichkeit bestand (vgl. BGH, Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 119/10 –).

Darauf hat der VII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 25.06.2015 – VII ZR 220/14 – hingewiesen.

 

Bei Urheberrechtsverletzung über Internetanschluss

Ist über einen bestimmten Internetanschluss in einer Dateitauschbörse widerrechtlich, unter Verletzung des Urheberrechts, ein Werk öffentlich zugänglich gemacht worden, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht gegeben, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten bzw. wenn dies vom Anschlussinhaber vorgetragen ist.
Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.
Der Anschlussinhaber trägt dazu eine sekundäre Darlegungslast (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 –).
Dieser genügt der Anschlussinhaber dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.
In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet.
Eine wie auch immer geartete Beweislastumkehr zu Lasten des Anschlussinhabers ist damit allerdings nicht verbunden.
Die sekundäre Darlegungslast dient der Bewältigung von Informationsdefiziten bei der Sachverhaltsaufklärung; sie ändert jedoch nichts an dem Grundsatz, dass keine Partei verpflichtet ist, dem Gegner die für den Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

  • Der Anschlussinhaber erfüllt daher die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast, wenn er die Personen, die selbständig und eigenverantwortlich Zugriff auf den Internetanschluss haben, ermittelt und namentlich unter Angabe einer bekannten Anschrift benennt.
  • Seiner Nachforschungspflicht im Rahmen der sekundären Darlegungslast genügt er, wenn er die möglichen Personen, die eine Zugriffsmöglichkeit hatten, hierzu befragt und das Ergebnis der Befragung mitteilt.
  • Zu weiteren Nachforschungen ist er im Regelfall nicht verpflichtet (a.A. wohl Landgericht (LG) München, Urteil vom 05.09.2014 – 21 S 24208/13 –).

 

Genügt der Anschlussinhaber der sekundären Darlegungslast, besteht also nach seinem Vortrag die Möglichkeit, dass andere die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnten, auch wenn diese es gegenüber dem Anschlussinhaber abgestritten haben, ist es wiederum Sache des Rechteinhabers entweder zu beweisen,

  • dass keine anderen Anschlussnutzer als Täter in Betracht kommen, oder
  • dass der Anschlussinhaber aus dem Kreis der in Betracht kommenden Personen tatsächlich der Täter ist.

 

Als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann ein Anschlussinhaber, wenn er – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen hat.
Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte.
Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des BGH die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus.
Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGH, Urteile vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 –; vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – und vom 16.05.2013 – I ZR 216/11 –).

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Hamburg mit Urteil vom 03.07.2015 – 36a C 134/14 – hingewiesen.

 

Wenn streitig ist, ob (Eigen-)Bedarfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war

Ein der Vermieter ist im Falle der Vortäuschung von Eigenbedarf – wie auch sonst bei einer schuldhaften (materiell) unberechtigten Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses (st. Rspr.; vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 28.11.2001 – XII ZR 197/99 – [zur Gewerberaummiete]; vom 22.04.2010 – I ZR 31/08 – [zum Frachtvertrag]; vgl. auch BGH, Urteil vom 16.01.2009 – V ZR 133/08 – [zum Grundstückskaufvertrag]), wie hier des Wohnraummietverhältnisses – dem Mieter gemäß § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. BGH, Urteile vom 08.04.2009 – VIII ZR 231/07 –; vom 13.06.2012 – VIII ZR 356/11 –; BGH, Beschluss vom 07.09.2011 – VIII ZR 343/10 –), wenn zwischen der behaupteten Pflichtverletzung (vorgetäuschter Eigenbedarf) und dem geltend gemachten Schaden ein Kausalzusammenhang besteht.

Streiten die Parteien in einem vom Vermieter erhobenen Räumungsklageprozess und daneben in einem vom Mieter erhobenen Schadensersatzprozess darüber, ob eine (Eigen-)Bedarfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war und haben sie in dem Räumungsklageprozess einen Räumungsvergleich geschlossen, ist die Frage, ob dieser Räumungsvergleich den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung der (Eigen-)Bedarfssituation und dem weiter vom Mieter geltend gemachten Schaden unterbricht, im Wege der Auslegung des Vergleichs und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls danach zu beurteilen, ob die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die (Eigen-)Bedarfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war.
Nur dann, wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, fehlt es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang (vgl. auch BGH, Beschluss vom 07.09.2011 – VIII ZR 343/10 –).
An das Vorliegen des Willens des Mieters, auf etwaige Ansprüche gegen den Vermieter wegen eines nur vorgetäuschten (Eigen-)Bedarfs zu verzichten, sind strenge Anforderungen zu stellen; der Verzichtswille muss – auch unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände – unmissverständlich sein (Anschluss an und Fortführung von BGH, Urteile vom 21.11.2006 – VI ZR 76/06 –; vom 26.10.2009 – II ZR 222/08 –; vom 18.09.2012 – II ZR 178/10 –; vom 22.04.2015 – IV ZR 504/14 –).
Für einen stillschweigenden Verzicht des Mieters auf die vorgenannten Ansprüche bedarf es regelmäßig bedeutsamer Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen (Fortführung von BGH, Urteile vom 11.10.2000 – VIII ZR 276/99 –; vom 20.09.2006 – VIII ZR 100/05 –; Beschluss vom 19.09.2006 – X ZR 49/05 –). Derartige Umstände können bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung – wie etwa einer namhaften Abstandszahlung – verpflichtet.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 10.06.2015 – VIII ZR 99/14 – hingewiesen.

 

Die Tarifbedingung „Hilfsmittel gleicher Art“ in der privaten Krankenversicherung

Sehen Tarifbedingungen einer privaten Krankheitskostenversicherung vor, dass Leistungen für „Hilfsmittel gleicher Art“ (nur) einmal innerhalb von drei Jahren erstattungsfähig sind, ist damit der konkrete Verwendungszweck des Hilfsmittels, insbesondere bezogen auf das jeweils geschädigte Körperteil gemeint.

Das hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 24.06.2015 – IV ZR 181/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall,

  • in dem es in den Tarifbedingungen eines privaten Krankenversicherers hieß, dass Kosten für technische Mittel, die körperliche Behinderungen unmittelbar mildern oder ausgleichen sollen, wie beispielsweise Sehhilfen, Arm- und Beinprothesen erstattungsfähig sind, Leistungen für Hilfsmittel gleicher Art aber nur einmal innerhalb von drei Kalenderjahren erstattungsfähig sind,
  • hatte ein Versicherungsnehmer, der nach einer Oberschenkelamputation im Jahr 2011 mit einer Kniegelenksprothese im Anschaffungswert von circa 44.000 € versorgt worden war, mit der Begründung, diese Prothese eigne sich wegen der darin befindlichen elektronischen Bauteile nicht für den Einsatz in Situationen, in denen sie – wie etwa beim Duschen, im Schwimmbad oder am Strand – der Gefahr von Spritzwasser ausgesetzt sei, die Erstattung von 8.397,56 € für eine 2012 erworbene Badeprothese verlangt.

 

In dieser Entscheidung hat der IV. Zivilsenat des BGH darauf hingewiesen, dass die Klausel, wonach „Hilfsmittel gleicher Art“ nur einmal innerhalb von drei Jahren erstattungsfähig sind, einer Kostenerstattung für die Badeprothese nicht entgegensteht.

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnismöglichkeiten es bei der Auslegung der genannten Tarifklausel ankommt, wird die Formulierung „Hilfsmittel gleicher Art“ nämlich nicht dahin verstehen, dass damit die bloße Einordnung in die Begriffe des voranstehenden Hilfsmittelkataloges angesprochen wäre mit der Folge, dass binnen drei Jahren lediglich Anspruch auf Kostenerstattung für eine Bein- oder Armprothese, ein Hörgerät usw. bestünde.
Stattdessen wird er annehmen, dass mit „gleicher Art“ der konkrete Verwendungszweck des betreffenden Hilfsmittels, insbesondere bezogen auf das jeweils geschädigte Körperteil gemeint ist, so dass die Klausel im Ergebnis lediglich auf eine Begrenzung so genannter Zweitversorgung oder auf Ersatzbeschaffung zielt.

Das bedeutet, sollte sich die Hauptprothese des Klägers nicht ausreichend vor Spritzwasser schützen lassen und deshalb keine Verwendung in Bereichen mit Wasserkontamination ermöglichen, würde die Badeprothese gerade dem Zweck dienen, dort eingesetzt zu werden, wo sich die Hauptprothese als ungeeignet erweist, die Mobilität des Klägers zu gewährleisten.
Sie wäre dann – verglichen mit der Hauptprothese – kein Hilfsmittel gleicher Art und unterfiele damit nicht der Dreijahresbegrenzung.