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Berliner Taxifahrer müssen Kreditkarten akzeptieren

Berliner Taxifahrer müssen ihren Fahrgästen die Möglichkeit der bargeldlosen Zahlung durch Debit- oder Kreditkarte einräumen.

Das hat die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin mit zwei Beschlüssen vom 24.06.2015 – VG 11 L 213.15 – sowie – VG 11 L 216.15 – entschieden und die Eilanträge von zwei Berliner Taxiunternehmer, die sich durch die seit Anfang Mai in Berlin geltende neue Taxentarifverordnung, nach der

  • in jeder Taxe eine bargeldlose Zahlungsmöglichkeit bestehen muss,
  • jeder Taxiunternehmer die Akzeptanz von mindestens drei verschiedenen, im Geschäftsverkehr üblichen Kreditkarten zu gewährleisten hat und
  • Fahrgäste nicht befördert werden dürfen, wenn vor Fahrtbeginn kein funktionsfähiges Abrechnungsgerät zur Verfügung steht,

 

in ihrer Berufsfreiheit beeinträchtigt sahen, mit der Begründung zurückgewiesen, dass die neue Taxentarifverordnung wirksam sei.

Danach ist die neue Taxentarifverordnung mit der Berufsfreiheit vereinbar, weil sie vernünftigen Gründen des Gemeinwohls diene.
Bargeldloser Zahlungsverkehr sei nämlich mittlerweile weit verbreitet und ohne die Möglichkeit bargeldlosen Zahlungsverkehrs werde insbesondere ausländischen Besuchern der Stadt Berlin, die häufig für die Fahrt vom Flughafen in die Stadt ein Taxi nehmen würden, die Beförderung erschwert.
Ferner wies die Kammer darauf hin, dass die mit der bargeldlosen Zahlungsmöglichkeit einhergehenden Kosten sich im Rahmen hielten. Entsprechende Geräte könnten nämlich monatlich schon für unter 20,- Euro zuzüglich Transaktionsgebühren von ca. 0,10 Euro gemietet und diese Kosten überdies durch einen Kreditkartenzuschlag in Höhe von 1,50 Euro kompensiert werden.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Berlin am 24.06.2015 – Nr. 22/2015 – mitgeteilt.

 

Persönlichkeitsrechtsverletzung eines Beschuldigten durch Äußerungen der Staatsanwaltschaft?

Vorverurteilende und sachlich falsche öffentliche Äußerungen der Staatsanwaltschaft über einen Beschuldigten können Schmerzensgeldansprüche wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung begründen.

Darauf hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Wiesbaden mit Urteil vom 03.06.2015 – 10 O 80/12 – hingewiesen und in dem seiner Entscheidung zugrunde liegendem Fall das Land Hessen wegen rechtswidriger öffentlicher Äußerungen der Staatsanwaltschaft über einen Beschuldigten zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 15.000,- € verurteilt.

Nach Art. 34 Grundgesetz (GG) i.V.m. §§ 839, 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG haftet der Staat (bzw. eine andere Körperschaft), wenn ein Beamter in Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt und eine sich daraus ergebende drittschützende Amtspflicht jedenfalls fahrlässig verletzt hat.
Wurde hierdurch adäquat kausal ein Schaden verursacht, besteht ein Schadensersatzanspruch.
Ein Anspruch auf Geldentschädigung setzt allerdings eine besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung voraus.
Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, ist aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also von dem Ausmaß der Verbreitung der rechtswidrig verursachten Veröffentlichung, der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- und Rufschädigung des Verletzten, ferner vom Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab.

Zur Feststellung, ob Staatsanwälte, die Beamte im staatsrechtlichen wie auch im haftungsrechtlichen Sinn sind (Art. 34 GG, § 839 BGB), durch Äußerungen gegenüber der Presse zu einem Beschuldigten und/oder über die gegen diesen eingeleiteten Ermittlungen ihre Amtspflicht verletzt haben, bedarf es, worauf die Kammer in ihrer Entscheidung hingewiesen hat, grundsätzlich einer Abwägung

  • zwischen dem Informationsrecht der Presse und der Öffentlichkeit einerseits (Art. 5 Abs. 1 GG) und
  • dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des jeweils Betroffenen andererseits (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG).

 

Da allerdings anerkannt ist, dass die Staatsanwaltschaft in engen Grenzen über Ermittlungen berichten darf und muss (Verdachtsberichterstattung), um den berechtigten Informationsinteressen der Medien und der Öffentlichkeit aus Art. 5 Abs. 1 GG zu genügen, ergibt sich aus der Abwägung der entgegenstehenden Interessen, dass eine Berichterstattung der Staatsanwaltschaft dann rechtmäßig ist, wenn

  • die Berichterstattung nach Art und Bedeutung der infrage stehenden Straftat sowie der Person des Verdächtigen durch ein berechtigtes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit sowie ein Mindestbestand an Beweistatsachen gerechtfertigt ist und

 

gleichzeitig bei der Berichterstattung den berechtigten Interessen des Betroffenen dadurch Rechnung getragen wird, dass

  • Ermittlungsergebnis und ggfls. Gegenstand der Anklage zutreffend dargestellt werden (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 14.11.2014 – I-11 U 129/13 – zur presserechtlichen Beurteilung der Pressemitteilung einer Staatsanwaltschaft und mit ihr im Zusammenhang stehender Äußerungen des Pressesprechers nach den an eine Verdachtsberichterstattung zu stellenden Anforderungen) und
  • der mit der Verdachtsberichterstattung (Unschuldsvermutung) zwangsläufig verbundene Eingriff in das Persönlichkeitsrecht nicht durch Vorverurteilungen oder Indiskretionen verstärkt wird.

 

Hiernach ist die Staatsanwaltschaft bei einer Berichterstattung zu folgenden Verhaltensweisen verpflichtet:

  • Eine noch offene Verdachtslage muss distanzierend dargestellt und bei der Informationsweitergabe berücksichtigt werden, dass juristische Laien oft geneigt sind, einen Verdacht und die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Schuldnachweis gleichzusetzen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 17.03.1994 – III ZR 15/93 –).
  • Vorverurteilende Äußerungen haben zu unterbleiben ebenso wie unnötige Bloßstellungen (BGH Urteil vom 07.12.1999 – VI ZR 51/99 –).
  • Der Betroffene ist zudem rechtzeitig über den gegen ihn bestehenden Verdacht zu informieren.
  • Die Öffentlichkeit ist erst über die Anklageerhebung und Einzelheiten der Anklage zu unterrichten, wenn die Anklageschrift dem Beschuldigten zugestellt oder anderweitig bekannt gemacht worden ist.

 

Verstößt die Staatsanwaltschaft gegen diese Grundsätze, liegt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Beschuldigten vor (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2005 – I 15-U 98/03 –), wobei jedoch, wie oben bereits ausgeführt, nicht jede rechtswidrige Äußerung eines Amtsträgers, die zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung führt, zwangsläufig einen Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden begründet.
Allerdings kann, wenn es im Rahmen polizeilicher und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu einer Häufung von amtspflichtwidrigen Äußerungen kommt, die jeweils isoliert betrachtet keine Geldentschädigung erfordern, sich dies in der Gesamtbetrachtung der Persönlichkeitsrechtsverletzungen anders darstellen (LG Düsseldorf Urteil vom 30.04.2003 – 2 b O 182/02 –; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2005 – I 15-U 98/03 –).

Ebenfalls hingewiesen hat die Kammer darauf, dass auch das Unterlassen einer Äußerung grundsätzlich eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen kann.
Das ist dann der Fall, wenn eine Pflicht zur Aufklärung bzw. zur Klarstellung bestanden hätte. So obliegt es im Rahmen der Verdachtsberichterstattung der Staatsanwaltschaft auch Tatsachen zu veröffentlichen, die den Beschuldigten entlasten.

Zur Frage, wann die Einleitung eines (weiteren) Ermittlungsverfahrens eine Persönlichkeitsverletzung des davon Betroffenen darstellen kann, hat die Kammer ausgeführt, dass die Amtspflicht zur ordnungsgemäßen Führung ihres Amtes der Staatsanwaltschaft auch einem Beschuldigten gegenüber obliegt (BGH Urteil vom 08.03.1956 – III ZR 113/54 –). Aufgrund der intensiven Beeinträchtigungen, die ein Ermittlungsverfahren für den Beschuldigten mit sich bringt, kommt § 152 Strafprozessordnung (StPO) drittschützende Wirkung zu, so dass ein Verstoß zu einer Staatshaftung führen kann.
Allerdings kommt der Staatsanwaltschaft bei der Frage, wann sie ein Ermittlungsverfahren einleiten darf bzw. muss, ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, so dass die Entscheidung der Staatsanwaltschaft lediglich auf ihre Vertretbarkeit, nicht aber auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden kann.
Die Vertretbarkeit darf nur dann verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege die Einleitung der Ermittlungen gegen den Beschuldigten nicht mehr verständlich wäre (BGH Urteil vom 15.05.1997 – III ZR 46/96 –) oder wenn die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Beschuldigten bei kundigen Dritten mit gleichem Kenntnisstand gewissermaßen ein Kopfschütteln hervorriefe (OLG Düsseldorf, Urteil 27.04.2005 – I-15 U 98/03 –).
Bei der Prüfung, ob gemäß § 152 Abs. 2 StPO zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Einleitung eines Ermittlungsverfahren vorlagen, ist zu beachten, dass die Staatsanwaltschaft bereits dann zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens verpflichtet ist, wenn nach kriminalistischer Erfahrung die Möglichkeit besteht, dass eine verfolgbaren Straftat vorliegt (sog. Anfangsverdacht; BGH, Urteil vom 24.02.1994 – III ZR 76/92 –).

 

Einseitige Kniegelenksarthose kann Berufskrankheit sein

Arbeitet ein Handwerker jahrelang einseitig kniend in der sog. Fechterstellung, kann eine einseitige Kniegelenksarthose als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anerkannt und entschädigt werden.

Das hat das Sozialgericht (SG) Dortmund mit Urteil vom 22.05.2015 – S 18 U 113/10 – im Falle eines Gas- und Wasserinstallateurs (im Folgenden Kläger genannt) entschieden, der mehr als 13000 Stunden kniebelastende Tätigkeiten mit einer Mindesteinwirkungsdauer von einer Stunde pro Schicht geleistet hat.

Begründet hat das SG Dortmund seine Entscheidung, nach der die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG) die Kniegelenksarthrose rechts als Folge der BK nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV anerkennen und dem Kläger eine Verletztenrente zahlen muss, damit,

„dass die einseitig ausgeprägte Kniegelenkserkrankung seiner jahrelangen kniebelastenden Arbeitshaltung in der Fechterstellung entspreche.
Der Kläger habe die einseitige Belastung mit dem überwiegenden Knien auf dem händigen, rechten Knie und Beugestellung im linken Knie plausibel dargelegt. Der altersvorauseilende Befund im rechten Kniegelenk, der erst nach Aufgabe der Tätigkeit festgestellt worden sei, spreche für die berufliche Verursachung.
Der BK-typischen Körperveränderung stehe die Einseitigkeit der arthrotischen Veränderung in den Knien nicht entgegen, sondern spreche hier für einen hinreichenden kausalen Zusammenhang.
Lediglich bei einer symmetrischen Belastung der Knie sei auch eine symmetrische Verteilung der Umbauschäden zu erwarten.
Schließlich stehe das Übergewicht des Klägers als konkurrierende Ursache der BK-Anerkennung nicht entgegen, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK und ein geeignetes Krankheitsbild vorlägen“.

Das hat die Pressestelle des Sozialgerichts Dortmund am 23.06.2015 mitgeteilt.

 

Missbrauch des Mahnverfahrens zur Verjährungshemmung untauglich

Auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids kann sich nicht berufen, wer im Mahnverfahren bewusst falsche Angaben macht.

Das hat der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.06.2015 – XI ZR 536/14 – in einem Fall entschieden, in dem der Kläger wegen einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung beim Erwerb von Wohneigentum mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids in der Hauptsache Zahlung von „großem“ Schadensersatz geltend gemacht und dabei in dem Antrag auf Erlass des Mahnbescheids erklärt hatte, dass der Anspruch von einer Gegenleistung nicht abhängt, obwohl der für ihn handelnde Prozessbevollmächtigte wusste, dass die Beklagte „großen“ Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Übertragung des Wohnungseigentums schuldete.

Nach der Entscheidung des XI. Zivilsenat des BGH ist,

  • wenn die Verjährungsfrist in einem solchen Fall ohne Zustellung des Mahnbescheids abgelaufen wäre und der Beklagte die Einrede der Verjährung erhebt,
  • es dem Kläger verwehrt, sich nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darauf zu berufen, dass durch die Zustellung des Mahnbescheids die Verjährung gehemmt worden ist,

 

mit der Folge, dass der Kläger sich so behandeln lassen muss, als sei sein Anspruch verjährt.

Begründet hat der Senat dies damit,

„dass nach § 688 Abs. 2 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) das Mahnverfahren nicht stattfindet, wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängt.
Deshalb muss auch, wer den Erlass eines Mahnbescheids beantragt, nach § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO erklären, dass der Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhängt oder dass die Gegenleistung erbracht ist.
Gibt ein Antragsteller im Mahnverfahren in Kenntnis der Rechtslage bewusst eine sachlich unrichtige Erklärung ab, weil er „großen“ Schadensersatz nur Zug um Zug gegen einen im Zusammenhang mit der Schädigung erlangten Vorteil – hier die Eigentumswohnung – verlangen kann, im Antrag aber behauptet, der Anspruch sei von einer Gegenleistung nicht abhängig, wird die Verjährung zwar nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt.
Die Geltendmachung des „großen“ Schadensersatzes stellt in diesem Fall aber einen Missbrauch des Mahnverfahrens dar. Dieser Missbrauch verwehrt es dem Antragsteller nach § 242 BGB grundsätzlich, sich auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids zu berufen.
Unter diesen Umständen ist es ihm im Regelfall auch versagt, sich wenigstens auf eine Hemmung der Verjährung in Höhe des „kleinen“ Schadensersatzes zu berufen“.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 23.06.2015 – Nr. 105/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn mit dem Architekten vereinbarte Baukostenobergrenze überschritten wird

Hat der Bauherr eines Einfamilienhauses mit dem mit der Planung und Überwachung des Bauvorhabens beauftragten Architekten eine verbindliche Baukostenobergrenze vereinbart, die, wegen mangelhafter Kostenermittlung und Kostenkontrolle des Architekten überschritten worden ist, kann der Bauherr seinen Schaden auf der Grundlage der Pflichtverletzung des Architekten geltend machen, während der Bauausführungsphase nicht rechtzeitig auf die drohende Überschreitung der Baukostenobergrenze hingewiesen zu haben.
Dabei kann der Schaden zwar in den überschießenden Baukosten bestehen.
Allerdings erleidet der Bauherr insoweit keinen Schaden, als der zu seinen Lasten gehende Mehraufwand zu einer Wertsteigerung des Objekts geführt hat (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 11.11.2004 – VII ZR 128/03 –).

Um den Schaden des Bauherrn festzustellen, sind auf der Grundlage der Pflichtverletzung des Architekten zwei Vermögenslagen miteinander zu vergleichen,

  • nämlich die Vermögenslage einschließlich des Grundstückswerts ohne Pflichtverletzung einerseits,
  • mit der Vermögenslage einschließlich des Grundstückswerts mit Pflichtverletzung andererseits (BGH, Beschluss vom 07.02.2013 – VII ZR 3/12 –).

 

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schadensberechnung ist, wie auch sonst bei der Ermittlung eines Schadens, bei einem Rechtsstreit der Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung.

Um einen entsprechenden Vergleich vornehmen zu können, bedarf es der Feststellung, welche Gewerke der Bauherr kostengünstiger gestaltet oder nicht durchgeführt hätte, um auf diesem Hintergrund durch einen Sachverständigen den Grundstückswert zu ermitteln.

  • Sache des Architekten ist es dabei vorzutragen, inwieweit aus technischer Sicht kosteneinsparende Gestaltungen möglich oder nicht möglich gewesen wären und
  • Sache des Bauherrn ist es darzulegen, welche Gewerke er kostengünstiger gestaltet oder gar nicht durchgeführt hätte.

 

Führen diese Maßstäbe zur Schadensberechnung unter Berücksichtigung etwaiger Vorteile im Einzelfall zu einem Ergebnis, das dem Zweck des Ersatzanspruchs zuwiderläuft, das heißt, dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist und den Schädiger unangemessen entlastet, ist ein Vorteilsausgleich, dessen Grundsätze aus Treu und Glauben entwickelt wurden, zu begrenzen (BGH, Urteil vom 07.11.1996 – VII ZR 23/95 –).

Darauf hat der VII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 21.05.2015 – VII ZR 190/14 – hingewiesen.

 

Das Sichtfahrgebot bei Dunkelheit

Bei Dunkelheit darf ein Kraftfahrer nur so schnell fahren, dass

  • er innerhalb der überschaubaren, also der durch das Fahrzeuglicht und die sonstige Beleuchtung ausgeleuchteten Strecke halten kann (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sowie Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 22.02.2000 – VI ZR 92/99 –; Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 04.03.2011 – 10 U 4408/10 –; allg. M.) und
  • sein Anhalteweg im Sichtbereich liegt, d.h. in dem Bereich, in dem nach den konkreten Umständen (Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Witterungsverhältnisse, technische Einrichtungen der Fahrzeuge, persönliche Fähigkeiten des Fahrers) Hindernisse erkennbar werden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVO).

 

Unter „Sichtweite“ versteht man die Strecke, auf welche der Fahrzeuglenker bei einer Nachtfahrt im Licht seines eigenen Scheinwerfers ein Sichtobjekt gerade noch erkennen kann.
Sie hängt zwar mit der Reichweite, die ein Fahrzeugscheinwerfer unter Berücksichtigung seiner Bauform ausleuchten kann zusammen, wird jedoch wesentlich durch die Eigenschaften des zu erkennenden Objektes bestimmt.

  • Das Sichtfahrgebot gilt auch gegenüber einem bei Dunkelheit auf der rechten Fahrbahnseite gehenden volltrunkenen Fußgänger (OLG Naumburg, Beschluss vom 05.07.2007 – 10 U 5758/06 –).

 

Es soll nämlich nicht nur vor Kollisionen mit Entgegenkommenden, sondern auch davor schützen, auf Hindernisse aufzufahren.

  • Mit Fahrbahnhindernissen, wie schlecht oder gar nicht beleuchteten Fahrzeugen oder Radfahrern muss ein Kraftfahrer stets rechnen, und zwar innerorts auch ohne Schreckzeit.
  • Ein Fahrzeugführer muss daher (auch) vor unvermuteten Hindernissen auf der Fahrbahn anhalten können.

 

Deshalb darf er auch nur, wie von § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO gefordert, auf Sicht Fahren.

Durch den Vertrauensgrundsatz begrenzt wird das Sichtfahrgebot für solche Hindernisse, mit denen der Kraftfahrer unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt rechnen muss, etwa

  • mit unvermittelt von der Seite zwischen parkenden Fahrzeugen hervortretenden Fußgängern oder
  • mit einem plötzlich vom Müllfahrzeug abspringenden Müllwerker oder
  • mit auf der Fahrbahn befindlichen Gegenständen, deren Erkennbarkeit in atypischer Weise besonders erschwert ist (OLG München, Urteil vom 04.03.2011 – 10 U 4408/10 –).

 

In ihrer Beschaffenheit sind diese durch fehlenden Kontrast und hohe Lichtabsorption gekennzeichnet.
So muss ein Kraftfahrer beispielsweise nicht damit rechnen,

  • dass ein Baumstamm 3 Meter nach hinten aus dem unbeleuchteten Anhänger herausragt,
  • dass sich ein nicht kenntlich gemachter und nicht beleuchteter Splithaufen auf der Fahrbahn befindet oder
  • dass eine verkehrswidrig abgelegte Absperrstange eines Weidezaunes spitzwinklig entgegen der Fahrtrichtung frei in den Luftraum über der Verkehrsfläche hineinragt (vgl. insgesamt hierzu BGH, Urteil vom 15.05.1984 – VI ZR 161/82 –).

 

Ein dunkel gekleideter, auf der Fahrbahn gehender Fußgänger gehört nicht zu derartigen Hindernissen (anders AG Emmendingen, Urteil vom 24.04.2007 – 5 Cs 500 Js 33724/06 – für – in Selbsttötungsabsicht – flach auf der Fahrbahn liegende Person]; Thüringer OLG, Beschluss vom 20.03.2009 – 4 U 155/08 – zur Haftungsverteilung bei Kollision mit einer auf der Fahrbahn angebrachten Sperrbake bei Dunkelheit; BGH, Urteil vom 23.06.1987 – VI ZR 188/86 – dazu, dass ein Kraftfahrer seine Fahrweise so einzurichten muss, dass er auch in der Dunkelheit vor auf der Straße liegengebliebenen Kraftfahrzeugen, mögen sie auch unbeleuchtet und zudem – wie ein Panzer – mit einem Tarnanstrich versehen sein, rechtzeitig anhalten kann; Thüringer OLG, Urteil vom 02.07.2002 – 8 U 1247/01 – dazu, dass das Gebot des Fahrens auf Sicht auch bezüglich einer ganz und gar schwarzen Kuh besteht, die auf der Fahrbahn ein schwer sichtbares Hindernis darstellt).

  • Das Nichterkennen eines Fahrbahnhindernisses ist nur dann nicht vorwerfbar, wenn es sich um ein ungewöhnlich schwer sichtbares – weil kleines oder kontrastarmes – Hindernis handelt, auf das nichts hindeutet; wie z.B. ein Eisenteil oder eine Stange auf der Autobahn (vgl. hierzu auch OLG Nürnberg, Urteil vom 08.02.1995 – 4 U 3697/94 –).

 

Darauf hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München mit Urteil vom 12.06.2015 – 10 U 3981/14 – hingewiesen.

 

Soll unser Kind geimpft werden „ja“ oder „nein“?

Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich.

In Angelegenheiten des täglichen Lebens hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung dagegen der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält (vgl. § 1687 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

  • Die Entscheidung, Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Masern und Pneumokokken vorzunehmen, ist, da es sich um allgemein empfohlene Schutzimpfungen handelt, welche von der weitüberwiegenden Mehrheit der Bevölkerung vorgenommen werden, eine sogenannte Entscheidung in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens im Sinne des 1687 Abs. 1 S. 2 BGB (sog. Alltagssorge, vgl. auch Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/M., Beschluss vom 07.06.2010 – 2 WF 117/10 –), die derjenige sorgeberechtigte Elternteil trifft, bei welchem die Kinder sich gewöhnlich aufhalten.
  • Die Entscheidung Kinder nicht zu impfen, ist dagegen nicht mehr „alltäglich“ im Sinne des § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB, weil die Folgen des Nichtimpfens gegebenenfalls derart gravierend sind, dass die Angelegenheit erhebliche Bedeutung erlangen kann.

 

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Darmstadt mit Beschluss vom 11.06.2015 – 50 F 39/15 SO – hingewiesen.

 

Beschlussverfahren nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO

Gemäß § 411 Abs. 1 Satz 3 Strafprozessordnung (StPO) kann das Gericht, wenn ein Angeklagter gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt und diesen auf die Höhe der Tagessätze einer festgesetzten Geldstrafe beschränkt hat, ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden, sofern der Angeklagte, der Verteidiger und die Staatsanwaltschaft einer Entscheidung durch Beschluss zustimmen.

Dieses Beschlussverfahren nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO ist entgegen dem Wortlaut der Vorschrift nicht auf die Entscheidung über die Höhe der Tagessätze beschränkt.
Vielmehr kann auch dann, wenn der Einspruch eines Angeklagter gegen den Strafbefehl nur auf die Gewährung einer Zahlungserleichterung, in der Regel Ratenzahlung, nach § 42 Strafgesetzbuch (StGB) gerichtet ist, gemäß § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entschieden werden, sofern die notwendigen Zustimmungen des Angeklagten, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft dafür vorliegen.

Das hat Amtsgericht (AG) Kehl mit Beschluss vom 17.06.2015 – 3 Cs 208 Js 18057/14 – entschieden.

Danach ist § 411 Absatz 1 Satz 3 StPO dahingehend auszulegen, dass das Beschlussverfahren auch dann Anwendung findet, wenn der Einspruch nur zum Zweck der Erreichung einer Zahlungserleichterung nach § 42 StGB oder einer Änderung einer solchen Zahlungserleichterung zu Gunsten des Angeklagten eingelegt wird.
Denn mit dem Beschlussverfahren soll eine – gerade auch im Interesse des Angeklagten liegende – Verfahrensvereinfachung erzielt werden, wenn es lediglich um die Anpassung der Rechtsfolgen an die tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten geht.
Wenn damit schon eine Anpassung der Höhe der Tagessätze ohne Hauptverhandlung ermöglicht wird, muss dies erst recht für die alleinige Entscheidung über die Gewährung einer Zahlungserleichterung nach § 42 StGB gelten.

Anmerkung:
Wer lediglich erreichen will eine mit Strafbefehl gegen ihn verhängte Geldstrafe in Raten oder in niedrigeren Raten als festgesetzt, zahlen zu dürfen, muss nicht Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen. Er kann stattdessen auch, nach Rechtskraft des Strafbefehls, bei der Staatsanwaltschaft nach § 459a StPO, unter Angabe seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, beantragen, ihm Ratenzahlung bzw. niedrigere Raten zu bewilligen. Formulare für solche Anträge findet man im Internet auf den Seiten der Staatsanwaltschaften.

 

Internetauktion auf der Plattform von eBay

Bei einer Internetauktion auf der Plattform von eBay kommt der Vertrag in Anwendung der §§ 145 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch ein Angebot und dessen Annahme zustande (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 07.11.2001 – VIII ZR 13/01 – und vom 03.11.2004 – VIII ZR 375/03 –).
Das Einstellen einer Ware auf der Plattform von eBay ist dabei als ein verbindliches Verkaufsangebot an denjenigen auszulegen, der bis zum Abschluss der Auktion das höchste Gebot abgibt (BGH, Urteile vom 03.11.2004 – VIII ZR 375/03 – und vom 08.06.2011 – VIII ZR 305/10 –). Dabei erklärt der Anbieter mit der Freischaltung des Angebotes die vorweggenommene Annahme des höchsten wirksamen Gebotes zum Ende der Angebotsdauer.

Wird bei einer eBay-Auktion von einem Bieter ein sog. Maximalgebot abgegeben, ist dies die Weisung an das elektronische Bietsystem, als Erklärungsbote bis zu der vorgegebenen Maximalgrenze denjenigen Betrag zu bieten, der erforderlich ist, um Höchstbietender zu werden oder zu bleiben.
Das automatische Bietsystem der Handelsplattform erhöht dann jeweils aktuelle Konkurrenzangebote schrittweise um denjenigen Betrag, der erforderlich ist, um wieder Höchstbietender zu sein und zwar solange bis das Maximalangebot von einem anderen Bieter überboten wird.
Dabei stellt jedes neue Höchstgebot eine eigenständige Willenserklärung dar, die das automatische Bietsystem des Plattformbetreibers als „virtueller Erklärungsbote“ nach Maßgabe der Berechnungsschritte übermittelt, d.h. öffentlich anzeigt, womit sie dem Anbieter im Sinne von § 130 Absatz 1 Satz 1 BGB zugegangen ist.

Jedes neue Höchstangebot führt zum Erlöschen des jeweils vorangegangenen Höchstangebotes.

Gibt ein Anbieter unter Verwendung eines weiteren Mitgliedskontos auf seine eigenen Waren selbst Gebote ab, sind diese Gebote keine wirksamen Angebote im Sinne der §§ 145 ff. BGB, weil der Anbieter mit sich selbst nicht kontrahieren kann. Ein Antrag zur Schließung eines Vertrages im Sinne von § 145 BGB liegt nämlich nach dem Wortlaut der Vorschrift nur vor, wenn es an einen anderen gerichtet ist. Mithin liegt bei Geboten eines Anbieters schon tatbestandsmäßig keine Willenserklärung vor.
Allerdings führt der Umstand, dass ein Anbieter mit seinen eigenen Geboten keine wirksame Willenserklärung abgegeben hat, nicht dazu, dass solche Gebote völlig unbeachtlich wären.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von eBay sehen nämlich nicht vor, dass Gebote auf eigene Artikel als nichtig anzusehen sind. Zwar dürfen Mitglieder den Verlauf einer Auktion nicht durch die Abgabe von Geboten unter Verwendung eines weiteren Mitgliedskontos manipulieren, insbesondere ist es ihnen untersagt, selbst Gebote auf ihre eingestellten Angebote abzugeben (§ 3 Nr. 3 eBay-AGB).
Als Sanktion für den Verstoß gegen diese Bedingungen ist jedoch nicht vorgesehen, dass die Gebote unwirksam sind. Vielmehr behält sich der Plattformbetreiber in solchen Fällen vor, aus einem Katalog eine angemessene Sanktion zu verhängen (z.B. eine Verwarnung, eine Benutzungsbeschränkung oder eine Sperrung des Kontos, vgl. § 4 eBay-AGB).

Deshalb genügt grundsätzlich auch die bloße Tatsache der Abgabe eines eigenen Angebots durch den Anbieter, um die Gebundenheit an das vorhergehende Gebot aufzuheben, d.h., das vorangegangene Höchstangebot zum Erlöschen zu bringen und dieses vorangegangene Höchstangebot lebt auch nach Feststellung der Unwirksamkeit des Angebots nicht wieder auf.
Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn das Übergebot des Anbieters offensichtlich unwirksam ist oder es sofort zurückgewiesen wird.

Ist von einem Anbieter am Ende der Angebotsdauer selbst das Höchstangebot abgegeben und damit vereitelt worden, dass die Bedingung – ein Höchstgebot des Bieters zum Ablauf der Auktion – eintritt, ist der zuletzt überbotene Bieter gemäß § 162 Absatz 1 BGB so zu stellen, als sei mit dem Inhalt seines letzten Höchstgebotes ein Kaufvertrag zustande gekommen.
Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, nämlich wider Treu und Glauben verhindert, so gilt nach dieser Bestimmung die Bedingung als eingetreten.

Hat der Anbieter durch sein Mitsteigern den Preis in die Höhe getrieben und so verhindert, dass der Bieter die Ware zu einem niedrigeren Preis kaufen konnte, ist er gemäß § 241 Absatz 2, § 311 Absatz i.V.m. § 280 Absatz 1 BGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der in der Differenz des Verkehrswertes zum (fiktiven) Kaufpreis des Artikels besteht. Voraussetzung ist aber, dass sich feststellen lässt, dass es dem Bieter ohne die Manipulation des Anbieters gelungen wäre, die Sache unterhalb des Verkehrswertes zu ersteigern; ansonsten fehlt es an einem Schaden.

Darauf hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart mit Urteil vom 14.4.2015 – 12 U 153/14 – hingewiesen.

 

Gebäudeschäden durch holzzerstörenden Schwammbefall

Ein Gebäudeversicherer hat dem Gebäudeeigentümer für den gesamten Schwammbefall des versicherten Gebäudes und nicht nur hinsichtlich der innerhalb der Vertragslaufzeit konkret nachgewiesenen Befallstellen Versicherungsschutz zu gewähren.

Darauf hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Urteil vom 04.06.2015 – 16 U 3/15 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Klägerin, die Eigentümerin eines mehrgeschossigen Mietobjekts war, für das bei dem beklagten Versicherer eine gleitende Neuwertversicherung bestand, die Schutz gewährte gegen Schäden, die durch holzzerstörende Pilze (Schwamm), nämlich den echten Hausschwamm, den Kellerschwamm, den Porenschwamm, den Blättling und den Hausbockkäfer verursacht werden,

  • nach Kündigung der Versicherung, aber einen Monat vor Vertragsablauf einen erheblichen Befall mit einer versicherten Schwammart an dem Gebäude entdeckt und dies der Versicherung gemeldet,
  • die zwar für die Sanierung dieser festgestellten Schadstellen einstehen wollte, jedoch nicht für die Sanierung der Stellen an denen erst nach Ablauf der Versicherung weiterer Schwammbefall festgestellt worden war.   

 

Da sich den dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen,

  • in denen es hieß, „dass der Versicherungsfall beginnt, sobald der Versicherungsnehmer von dem Schadensereignis (Befall) Kenntnis erlangt, spätestens mit der Feststellung des Schadens durch den Versicherer“,

 

nach Auffassung des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen OLG eine Beschränkung auf nur diejenigen Schäden, die bis zum Ende der Vertragslaufzeit positiv festgestellt und der Versicherung konkret angezeigt wurden, nicht entnehmen lies, entschied der Senat, dass der Versicherer der Gebäudeeigentümerin hinsichtlich des gesamten Schwammbefalls an dem versicherten Gebäude Versicherungsschutz zu gewähren hat.

Nach den Versicherungsbedingungen könne ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nämlich, wie der Senat ausführte, davon ausgehen, dass mit der Wahrnehmung, dass das Gebäude von einem Pilz befallen ist, der Versicherungsbefall eingetreten ist und dann sämtlicher festgestellter weiterer Schwamm vollständig beseitigt wird.
Dies sei auch der typische Fall eines Schadens durch Schwamm.
In aller Regel wird zunächst eine einzelne Stelle auffällig werden und dadurch dem Versicherungsnehmer zur Kenntnis gelangen. Dessen Meldung zieht dann weitere Untersuchungsmaßnahmen nach sich, die regelmäßig einen weiteren Befall zu Tage fördern werden, dessen Sanierung insgesamt Inhalt des Versprechens des Versicherers ist.
Wäre es anders, könnte der Versicherer den Umfang seiner Leistungspflicht allein dadurch reduzieren, dass er die nach der ersten Schadensmeldung vorgesehenen eigenen Feststellungen unterlässt oder verzögert.

Das hat die Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts am 18.06.2015 – 7/2015 – mitgeteilt.