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Abschluss eines Mietvertrags für längere Zeit als ein Jahr

Bei Mietverträgen über Grundstücke und Räume ist für die wirksame Vereinbarung einer Laufzeit von mehr als einem Jahr schriftliche Form erforderlich (§ 550 i.V.m. § 578 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).

Gewahrt ist die Schriftform, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere über

  • den Mietgegenstand,
  • die Miete sowie
  • die Dauer und
  • die Parteien des Mietverhältnisses,

 

aus einer

  • von den im Mietvertrag angegebenen Mietvertragsparteien unterzeichneten Urkunde

 

ergibt.

Ausgenommen von der Schriftform sind nur solche Abreden, die für den Inhalt des Vertrags, auf den die Parteien sich geeinigt haben, von nur nebensächlicher Bedeutung sind (vgl. nur Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.05.2008 – XII ZR 69/06 –).

Wenn in einem schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag einzelne Änderungen vereinbart worden sind?

  • In einem solchen Fall ist die gesetzliche Schriftform des gesamten Vertragswerks dann gewahrt, wenn eine Nachtragsurkunde auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nimmt und zum Ausdruck bringt, es solle unter Einbeziehung der Nachträge bei dem verbleiben, was früher formgültig niedergelegt worden ist (BGH, Urteil vom 23.02.2000 – XII ZR 251/97 –).

 

Von wem muss zur Wahrung der Schriftform die Urkunde unterzeichnet sein, wenn es sich bei einer der Mietvertragspartei um eine Personenmehrheit handelt?

  • Dann muss die Urkunde entweder von allen Vermietern oder Mietern unterzeichnet sein oder die auf der Urkunde vorhandenen Unterschriften müssen deutlich zum Ausdruck bringen, dass sie auch in Vertretung der nicht unterzeichnenden Vertragsparteien geleistet worden sind.
    Denn sonst lässt sich der Urkunde nicht eindeutig entnehmen, ob der Vertrag mit den vorhandenen Unterschriften, auch für die und in Vertretung der anderen genannten Vertragsparteien, zustande gekommen ist oder ob die Wirksamkeit des Vertrags so lange hinausgeschoben sein soll, bis auch die weiteren Vertragsparteien diesen unterschrieben haben.

 

Von wem muss zur Wahrung der Schriftform die Urkunde unterzeichnet sein, wenn es sich bei einer der Mietvertragspartei nicht um eine Personenmehrheit, sondern um eine Kapitalgesellschaft handelt?

  • Enthält das Rubrum des Mietvertrags in einem solchen Fall keine Angaben zur Vertretungsregelung, heißt es dort also beispielsweise bei einer Aktiengesellschaft (AG) lediglich, …. AG, vertreten durch den Vorstand, genügt die Unterschrift eines Vorstandsmitgliedes, weil dessen Unterschrift dann nur bedeuten kann, dass er die im Rubrum des Vertrags als Mieterin bzw. Vermieterin genannte Aktiengesellschaft allein vertreten wollte (vgl. BGH, Urteile vom 06.04.2005 – XII ZR 132/03 – und vom 19.09.2007 – XII ZR 121/05 – jeweils für eine GmbH sowie BGH, Urteil vom 07.05.2008 – XII ZR 69/06 –) und auch eine Unterzeichnung als Vertreter ohne Vertretungsmacht der Einhaltung der Schriftform nicht entgegenstehen würde.
    Ob der Vertrag bereits mit dieser Unterzeichnung wirksam zustande kommt oder mangels Vollmacht des Unterzeichnenden erst noch der Genehmigung der von ihm vertretenen Partei bedarf, ist nämlich keine Frage der Schriftform, sondern des Vertragsschlusses.

 

Denn das Schriftformgebot des § 550 BGB will einen späteren Erwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, lediglich über den Inhalt eines gesetzlich auf ihn übergehenden Vertrages informieren und nicht darüber, ob ein wirksamer Vertrag besteht (BGH, Urteil vom 07.05.2008 – XII ZR 69/06 –).

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 22.04.2015 – XII ZR 55/14 – hingewiesen.

 

Voraussetzung für steuerliche Absetzung von Kinderbetreuungskosten.

Wer eine Teilzeitkraft zur Betreuung seines Kindes beschäftigt, darf dieser das Gehalt nicht in bar auszahlen, wenn er Aufwendungen für die Kindbetreuung von der Einkommenssteuer absetzen will.

Denn, wie der III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 18.12.2014 – III R 63/13 – noch zu der bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2011 geltenden Norm des § 9c Abs. 3 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) entschieden hat,

„können Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes auch bei einer im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses beschäftigten Betreuungsperson nur dann steuerrechtlich berücksichtigt werden, wenn die Zahlungen auf ein Konto der Betreuungsperson erfolgt sind“

und § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG, nach dem sich der Abzug von Kinderbetreuungskosten ab dem Veranlagungszeitraum 2012 richtet, setzt für den Abzug der Aufwendungen ebenfalls voraus, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.

Danach kann ein diesbezüglicher Zahlungsfluss nur durch Kontobelege und nicht z.B. auch durch Barzahlungsquittungen oder Zeugenaussagen nachgewiesen werden.

 

Der von der Erbfolge ausgeschlossene Pflichtteilsberechtigte

Ein Pflichtteilsberechtigter hat nach § 2303 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • einen Geldanspruch
  • in Höhe der Hälfte des Werts seines gesetzlichen Erbteils.

 

Eine bestimmte Wertberechnungsmethode für die Ermittlung des Nachlasswerts ist nicht vorgeschrieben.

§ 2311 Abs. 1 Satz 1 BGB stellt für die Bemessung des Anspruchs

  • auf den Bestand und
  • den Wert des Nachlasses

 

zur Zeit des Erbfalles ab.

 

Die Ermittlung des Verkaufswerts zum Stichtag besagt, dass die für den Verkaufswert maßgebenden Bewertungsdaten aus der Sicht des Stichtags zu ermitteln sind. Zu berücksichtigen sind daher alle naheliegenden und wirtschaftlich fassbaren zum Stichtag im Keim angelegten Entwicklungen.

Bei der Berechnung des Pflichtteils ist zu ermitteln, welchen Verkaufserlös der Nachlass am Tag des Erbfalles tatsächlich erbracht hätte; dabei ist grundsätzlich der Verkaufserlös, den die Erben inzwischen bereits erzielt haben, zu berücksichtigen (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 08.04.2015 – IV ZR 150/14 –)
Hat ein Verkauf nicht stattgefunden und fehlt es an einem gängigen Marktpreis für den Nachlassgegenstand, muss der Wert geschätzt werden (§ 2311 Abs. 2 Satz 1 BGB). Da das Gesetz keine Bewertungsmethode vorschreibt, obliegt die sachgerechte Auswahl im Streitfall dem Tatrichter.

Fragt sich, wie im Rahmen eines Pflichtteilsanspruchs der Wert eines in den Nachlass fallenden halben Miteigentumsanteils bestimmt wird?

Dazu hat der IV. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 13.05.2015 – IV ZR 138/14 – entschieden,

„dass in solchen Fällen der im Rahmen eines Pflichtteilsanspruchs zu bestimmende Wert der nachlassgegenständlichen Miteigentumshälfte jedenfalls dann dem hälftigen Wert der Immobilie insgesamt entspricht, wenn der bisherige Eigentümer der einen ideellen Hälfte mit dem Erbfall auch die andere Hälfte des Eigentums erlangt hat, also der Alleinerbe bereits Eigentümer der anderen ideellen Miteigentumshälfte ist“.

Bei Fragen im Zusammenhang mit Pflichtteilsansprüchen ist es empfehlenswert, sich von einem Rechtsanwalt, insbesondere einem Anwalt der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Erbrecht“ hat, beraten zu lassen. 

 

Geruchsbelästigung durch Tierhaltungsanlagen

Geruchsbelästigungen (vgl. § 3 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BImSchG)) werden nach den Vorgaben in der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) ermittelt. Dabei werden bei bestehenden Anlagen Riechergebnisse von Prüfern dokumentiert und bei geplanten Anlagen die zu erwarteten Geruchsbelästigungen errechnet.
Abgestellt bei dem was zumutbar ist, wird, weil der Belästigungsgrad durch landwirtschaftliche Gerüche mit steigender Häufigkeit der Geruchsbelastung zunimmt, auf die Geruchshäufigkeit in Jahresgeruchsstunden. Besteht mindestens 6 Minuten von 1 Stunde eine Geruchsbelastung, ist das eine Jahresgeruchsstunde.

Mit drei Urteilen vom 01.06.2015 – 8 A 1760/13 –, – 8 A 1487/14 – und – 8 A 1577/14 – hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen die Klagen jetzt entschieden,  

  • dass Geruchsbelastungen von 15% Jahresgeruchsstunden, also 15% im Jahr im Außenbereich grundsätzlich zumutbar sind,
  • je nach den Gesamtumständen im Einzelfall bei landwirtschaftlichen Gerüchen (aus Tierhaltungsanlagen) allerdings auch Werte bis zu 25 % zumutbar sein können, wobei es für die Frage, in welchem Umfang Geruchsimmissionen über 15 % der Jahresgeruchsstunden hinzunehmen sind, maßgeblich auf die Ortsüblichkeit derartiger Gerüche, auf die Siedlungsstruktur und die historische Entwicklung ankommt,
  • Werte von über 25 % der Jahresgeruchsstunden nur in seltenen, ganz besonders gelagerten Fällen, beispielsweise wenn das neue Vorhaben – z. B. durch Ersetzung eines alten Stalls – zu einer Verbesserung der Gesamtgeruchsbelastung führt, noch zumutbar sind und
  • dass bei der Ermittlung von Geruchsbelastungen Gerüche, die von eigener Tierhaltung von sich beeinträchtigt fühlenden Anwohner ausgehen, unberücksichtigt zu lassen sind, da diese anderenfalls durch eigene Tierhaltung Vorhaben in der Nachbarschaft mit Verweis auf selbstverursachte Gerüche verhindern könnten.

 

In den den Entscheidungen des 8. Senats des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen zugrunde liegenden Fällen,

  • hatten Anwohner, die selbst Landwirte waren oder noch sind, gegen die den Betreibern von drei gewerblichen Geflügelmastanlagen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen geklagt,

 

waren mit ihren Klagen allerdings gescheitert,

  • weil sich prognostischen Geruchshäufigkeiten von maximal 25 % ergeben hatten und diese zu erwartenden Geruchsbelästigungen nach Auffassung des Senats von den Klägern deshalb hinzunehmen waren, da die Umgebung von einer Vielzahl tierhaltender Betriebe geprägt war.

 

Das hat die Pressestelle des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen am 01.06.2015 mitgeteilt.

Fazit:
Wenn es stinkt, zunächst Rat von einem Rechtsanwalt holen.

 

Wird Leistungsbonus in die Berechnung des Mindestlohns einbezogen?

Leistungsboni sind in die Berechnung des Mindestlohns einzubeziehen, weil es sich wegen ihres unmittelbaren Bezugs zur Arbeitsleistung, um „Lohn im eigentlichen Sinn“ handelt.

Das hat das Arbeitsgericht (ArbG) Düsseldorf mit Urteil vom 20.04.2015 – 5 Ca 1675/15 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war der Klägerin von der beklagten Arbeitgeberin

  • zunächst eine Grundvergütung von 8,10 EUR pro Stunde sowie daneben ein „freiwilliger Brutto/Leistungsbonus von max. 1,00 EUR gemäß der jeweilig gültigen Bonusregelung“ gezahlt und
  • anlässlich der Einführung des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG) mitgeteilt worden, dass die Grundvergütung weiter 8,10 EUR brutto pro Stunde sowie der Brutto/Leistungsbonus max. 1,00 EUR pro Stunde betrage, davon allerdings 0,4 EUR pro Stunde fix gezahlt würden.

 

Die Auffassung der Klägerin, von der geltend gemacht worden war,

  • dass der Leistungsbonus in die Berechnung des Mindestlohns nicht einfließen dürfe, sondern zusätzlich zu der Grundvergütung in Höhe von 8,50 EUR pro Stunde zu zahlen sei,

 

teilte das ArbG Düsseldorf nicht.

Da es, wie das Gericht ausführte, Zweck des MiLoG ist, einem Vollzeitbeschäftigten durch eigenes Einkommen die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts zu ermöglichen und es dabei – unabhängig von der Bezeichnung einzelner Leistungen – allein auf das Verhältnis zwischen dem tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlten Lohn und dessen geleisteter Arbeitszeit ankommt, seien mindestlohnwirksam alle Zahlungen, die, wie auch ein Leistungsbonus, als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung mit Entgeltcharakter gezahlt werden.

 

Das hat die Pressestelle des Arbeitsgerichts Düsseldorf am 02.06.2015 – 38/15 – mitgeteilt.

 

Wie der obige Fall zeigt, ist es bei Fragen im Zusammenhang mit dem MiLoG empfehlenswert, den Rat eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Anwalts, der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ hat, einzuholen.

 

Rechtsfachwirtin für Rechtsanwälte in Nürnberg

Unsere Rechtsanwaltsfachangestellte Salina Hofmann hat die Fortbildung zur geprüften Rechtsfachwirtin bestanden. Sie wird zukünftig mit ihrer zusätzlichen Qualifikation die Anwälte in Nürnberg, vor allem Rechtsanwältin Daniela Kühnlein und Rechtsanwalt Nino Herding unterstützen. Wir gratulieren ihr ganz herzlich

Kinder- und Seniorenbetreuung nur mit entsprechender Qualifikation

Hat ein Empfänger von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) keine entsprechende berufliche Vorbildung oder sonstigen ausreichenden Vorkenntnisse, die ihn zur selbständigen Kinder- und Seniorenbetreuung befähigen, darf ihm eine Arbeitsgelegenheit, die ihn zu einer solchen Tätigkeit verpflichtet, nicht zugewiesen werden.
 

Darauf hat der 3. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Mainz mit Beschluss vom 28.04.2015 – L 3 AS 99/15 B ER – in einem Fall hingewiesen, in dem der Antragsteller,

  • der früher als Bankkaufmann tätig war, derzeit eine selbständige Nebentätigkeit als Versicherungsmakler ausübt sowie daneben mit seiner Familie seit mehreren Jahre Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bezieht,

 

vom zuständigen Jobcenter, nach dem Scheitern einer Eingliederungsvereinbarung, durch einen Verwaltungsakt verpflichtet worden war,

  • im Rahmen einer sogenannten Arbeitsgelegenheit für eine GmbH und in über diese vermittelten Kooperationsbetrieben (Hausmeistertätigkeiten, Betreuungstätigkeiten von Senioren, Betreuungstätigkeiten von Kindern und/oder Jugendlichen, Betreuungstätigkeiten von behinderten Menschen, Hauswirtschaftshelfertätigkeiten, Botendienste) tätig zu werden.

 

Der vom Antragsteller, vertreten durch einen Rechtsanwalt, gestellte Antrag auf gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung des erhobenen Widerspruchs gegen diese Arbeitsverpflichtung hatte Erfolg, weil nach Auffassung des Senats Arbeitsgelegenheiten auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten sein müssen und die Betreuung von Kindern, behinderten Menschen und Senioren wegen der hohen fachlichen Anforderungen nicht für Personen, wie den Antragsteller, ohne berufliche Erfahrung oder sonstige Vorkenntnisse geeignet ist.

 

Das hat die Pressestelle des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz am 01.06.2015 – 9/2015 – mitgeteilt.

 

Bei Fragen, wie man auf die Zuweisung einer Arbeitsgelegenheit reagieren sollte, ist es empfehlenswert sich von einem Rechtsanwalt, insbesondere einem Anwalt der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Sozialrecht“ hat, beraten zu lassen.

 

Wenn ein bei einem Verkehrsunfall Geschädigter den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt

Begehrt ein Geschädigter, dessen Auto bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden ist, Ersatz der fiktiver Reparaturkosten, kann er, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich die Erstattung der üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.
Dieser Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten besteht in der Regel unabhängig davon, ob der Geschädigte sein Fahrzeug tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 29.04.2003 – VI ZR 398/02 –; vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 –; vom 22.06.2010 – VI ZR 302/08 – und – VI ZR 337/09 – sowie vom 15.07.2014 – VI ZR 313/13 –).

 

Kann der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) auf eine günstigere, technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen?

 

Ja, wenn

  • die „freie Fachwerkstatt“ für den Geschädigten mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist,
  • der Schädiger darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und
  • der Schädiger gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.

 

Wann ist eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ für den Geschädigten unzumutbar?

 

Unzumutbar ist eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ für den Geschädigten im Allgemeinen dann,

  • wenn das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war oder
  • wenn der Geschädigte sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen (vgl. BGH, Urteile vom 13.07.2010 – VI ZR 259/09 – und vom 22.06.2010 – VI ZR 302/08 –) oder
  • wenn eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen, wobei allein der Umstand, dass die fragliche „freie Fachwerkstatt“ mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, eine Verweisung auf sie allerdings nicht unzumutbar erscheinen lässt.
    Können der Schädiger oder sein Haftpflichtversicherer darlegen und beweisen, dass die von ihnen benannte „freie Fachwerkstatt“ für die Reparaturen am Kraftfahrzeug des Geschädigten ihre (markt-)- üblichen, das heißt allen Kunden zugänglichen Preise zugrunde legt, hindert eine Vereinbarung von Sonderkonditionen für Versicherungsnehmer des Haftpflichtversicherers die Verweisung nicht.

 

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 28.04.2015 – VI ZR 267/14 – hingewiesen.

Da die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang sowohl für den Schädiger als auch den Geschädigten stellen, nicht immer einfach zu beantworten sind, kann es empfehlenswert sein, die Beratung eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Anwalts der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen.

 

Wenn ein Arzt Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres bescheinigt hat

Hat ein Arzt in einer der Krankenkasse vorzulegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

  • ohne Angabe eines Endzeitpunktes Arbeitsunfähigkeit „bis auf weiteres“ bescheinigt,
  • gleichzeitig aber einen Wiedervorstellungstermin genannt,

 

kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zu dem Wiedervorstellungstermin beschränkt sein soll und

  • deshalb die zuständige Krankenkasse auch über den Wiedervorstellungstermin hinaus zur Zahlung von Krankengeld verpflichtet sein.
     

Darauf hat der 5. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Mainz mit Urteil vom 16.04.2015 – L 5 KR 254/14 – hingewiesen und in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall die Krankenkasse,

  • die Krankengeldzahlung über den Wiedervorstellungstermin hinaus u.a. mit der Begründung, dass die notwendige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht vorgelegen habe, abgelehnt hatte,

 

für den Zeitraum, in dem Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 44 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestand, zur Krankengeldzahlung verurteilt.
 

Dieser Fall zeigt, wie empfehlenswert es sein kann, sich als Betroffener ggf. von einem Rechtsanwalt, insbesondere einem Anwalt der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Sozialrecht“ hat, beraten zu lassen. 

 

Wenn beim „Tag der offenen Tür der Feuerwehr“ Besucher verletzt wird

In einem Fall, in dem bei einer Vorführung zur Brandverhütung und Bekämpfung bei einem „Tag der offenen Tür der Feuerwehr“ aufgrund fahrlässigen Verhaltens der Feuerwehrleute ein Kind durch eine Stichflamme erheblich verletzt worden war, hatte der von den Eltern beauftragte und für das Kind handelnde Rechtsanwalt die Feuerwehrleute, die die Vorführung durchgeführt hatten, auf Schadensersatz verklagt.

Das waren aber, worauf der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Beschluss vom 16.09.2014 – 7 U 112/14 – hinwies, vorliegend die falschen Beklagten.
Denn die Schadensersatzklage des Kindes hätte in diesem Fall nicht gegen die Feuerwehrleute, sondern gemäß § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Art. 34 Grundgesetz (GG) gegen die Stadt bzw. die Gemeinde gerichtet werden müssen.
Begründet wurde dies vom Senat damit, dass der „Tag der offenen Tür“ eine Maßnahme der Brandverhütung und Brandschutzaufklärung sei, somit ein hoheitliches Handeln der Feuerwehrleute vorgelegen habe und sie demzufolge nicht persönlich haften.
Quelle: Pressestelle des Oberlandesgerichts Karlsruhe.