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Wann ist eine Ausbildungsvergütung angemessen und wann nicht mehr?

Ausbildende haben Auszubildenden gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) eine angemessene Vergütung zu gewähren.
Maßgeblich für die Angemessenheit ist die Verkehrsanschauung. Wichtigster Anhaltspunkt für diese sind die einschlägigen Tarifverträge.

  • Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte um mehr als 20 vH unterschreitet.

Handelt es sich bei dem Ausbildenden um eine gemeinnützige juristische Person,

  • rechtfertigt allein der Status der Gemeinnützigkeit es nicht, bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen.
  • Eine durch Spenden Dritter finanzierte Ausbildungsvergütung, die mehr als 20 vH unter den tariflichen Sätzen liegt, ist allerdings noch nicht zwingend unangemessen.

Vielmehr kann der Ausbildende die darauf gerichtete Vermutung widerlegen, indem er darlegt, dass besondere Umstände die niedrigere Ausbildungsvergütung rechtfertigen.

Darauf hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 29.04.2015 – 9 AZR 108/14 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem der Beklagte, ein gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der Förderung der qualifizierten Berufsausbildung, der dazu Berufsausbildungsverträge abschließt, von einem Auszubildenden zum Maschinen- und Anlageführer verklagt worden war,
  • weil er während des Ausbildungsverhältnisses nur ca. 55 vH der Ausbildungsvergütung nach den Tarifverträgen für die Metall- und Elektroindustrie in Bayern erhalten hatte.

Die Klage des Auszubildenden hatte Erfolg, weil, wie der BAG entschied, die von dem Beklagten gezahlte Ausbildungsvergütung, die auch eine Entlohnung der geleisteten Arbeit darstellt, unangemessen war und besondere Umstände, die geeignet sein könnten, trotz des Unterschreitens der tariflichen Ausbildungssätze um fast 50 vH die Vermutung der Unangemessenheit der vom Beklagten gezahlten Ausbildungsvergütung zu widerlegen, weder feststellbar, noch dargetan waren.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 29.04.2015 – Nr. 28/15 – mitgeteilt.

 

Wann darf das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB anordnen?

Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 Strafgesetzbuch (StGB) ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende

  • bei der Begehung der Anlasstat(en) aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und
  • die Tatbegehung hierauf beruht.
  • Daneben muss zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades bestehen, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen; die zu erwartenden Taten müssen schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen.

Die notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstat(en) zu entwickeln. Dabei sind an die Darlegungen umso höhere Anforderungen zu stellen, je mehr es sich bei dem zu beurteilenden Sachverhalt um einen Grenzfall handelt (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 04.07.2012 – 4 StR 224/12 –).
Der Tatrichter muss die eine Unterbringung tragenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darstellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (BGH, Beschluss vom 24.10.2013 – 3 StR 349/13 –).

  • Darüber hinaus muss die Anordnung verhältnismäßig sein.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist mit Verfassungsrang ausgestattet. In § 62 StGB hat ihn der Gesetzgeber ausdrücklich nochmals einfachgesetzlich geregelt, um seine Bedeutung bei der Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung hervorzuheben. Er beherrscht auch die Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und gebietet, dass die Freiheit der Person nur beschränkt werden darf, soweit dies im öffentlichen Interesse unerlässlich ist (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 05.07.2013 – 2 BvR 789/13 –).

  • Die Unterbringung darf nicht angeordnet werden, wenn die wegen ihrer unbestimmten Dauer sehr belastende Maßnahme außer Verhältnis zu der Bedeutung der begangenen und zu erwartenden Taten stehen würde (BGH, Beschluss vom 26.06.2007 – 5 StR 215/07 –).

Bei der gebotenen Abwägung zwischen

  • den Sicherungsbelangen der Allgemeinheit und
  • dem Freiheitsanspruch des Betroffenen

ist auf die Besonderheiten des Falles einzugehen.
Zu erwägen sind nicht nur

  • der Zustand des Betroffenen und
  • die von ihm ausgehende Gefahr,

sondern auch

Darauf hat der 4. Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 26.03.2015 – 4 StR 65/15 – hingewiesen.

 

Keine Kündigung wegen Geltendmachung des Mindestlohnes.

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist unwirksam, wenn sie von dem Arbeitgeber als Reaktion auf eine Geltendmachung des gesetzlichen Mindestlohnes ausgesprochen wurde.

Das hat das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin mit Urteil vom 17.04.2015 – 28 Ca 2405/15 – in einem Fall entschieden, 

  • in dem einem als Hausmeister beschäftigten Arbeitnehmer, mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 14 Stunden bei einer Vergütung von monatlich 315,00 EUR, was einem Stundenlohn von 5,19 EUR entspricht,

gekündigt worden war,

  • nachdem er von seinem Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR gefordert und das ihm daraufhin vom Arbeitgeber gemachte Angebot auf Änderung seiner Arbeitsbedingungen, nämlich Herabsetzung der Arbeitszeit auf monatlich 32 Stunden bei einer Monatsvergütung von 325,00 (Stundenlohn 10,15 EUR), abgelehnt hatte.

Das ArbG Berlin hat diese Kündigung als eine nach § 612 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verbotene Maßregelung angesehen. Der Arbeitgeber habe das Arbeitsverhältnis gekündigt, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise den gesetzlichen Mindestlohn gefordert habe; eine derartige Kündigung sei unwirksam.

Das hat die Pressestelle des Arbeitsgerichts Berlin am 29.04.2015 – Nr. 11/15 – mitgeteilt.

 

Mietminderung wegen Lärmbelästigungen durch einen neuen Bolzplatz?

Nach Mietbeginn neu auftretende Geräuschimmissionen sind

Das hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war die Miete von dem Mieter einer Erdgeschosswohnung wegen Lärmbelästigung durch Jugendliche um 20 % gemindert worden, weil diese, wie der Mieter gegenüber dem Vermieter gerügt hatte, einen, nach Mietbeginn auf dem Nachbargrundstück, zwanzig Meter von seiner Terrasse entfernt, errichteten Bolzplatz, der nur Kindern im Alter bis zu 12 Jahren von Montag bis Freitag bis 18:00 Uhr zur Benutzung offenstehen sollte, dort auch außerhalb der genannten Zeiten zum Spielen nutzten.

Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Mieter einer Wohnung in einem solchen Fall die Miete mindern darf und wie dabei Kinderlärm zu berücksichtigen ist, hat der VIII. Zivilsenat des BGH darauf hingewiesen, dass nachteilige Einwirkungen auf die Mietsache von außen – sogenannte „Umweltmängel“ – hier Lärmbelästigungen –

  • zwar Gegenstand einer Vereinbarung über die Beschaffenheit der Mietwohnung sein können,

so dass im Laufe der Zeit eintretende nachteilige Änderungen wegen eines Zurückbleibens der vereinbarten hinter der tatsächlich bestehenden Beschaffenheit zu einem Mangel der Mietsache (§ 536 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) führen können.

Allerdings kann – entgegen einer verbreiteten Praxis –

  • bei Fehlen ausdrücklicher Vereinbarungen nicht ohne konkrete Anhaltspunkte davon ausgegangen werden,

die Mietvertragsparteien hätten gleichwohl den bei Vertragsschluss vorgefundenen Wohnstandard zumindest stillschweigend dahin festlegen wollen, dass dieser Zustand sich in Bezug auf Umwelteinflüsse über die Dauer des Mietverhältnisses hinweg nicht nachteilig verändern darf und der Vermieter seinen Fortbestand jedenfalls im Wesentlichen zu garantieren hat.

Bei

  • Fehlen einer derartigen Vereinbarung im Mietvertrag

ist die Frage, ob und in welchem Umfang der Mieter ein nachträglich verändertes Maß an Geräuschimmissionen hinzunehmen hat, ohne sich auf einen Mangel der Mietwohnung berufen zu können, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung unter Rückgriff auf die Verkehrsanschauung zu beantworten.

Entgegen einer vielfach vertretenen Auffassung hat ein Vermieter dabei aber im Rahmen seiner nach § 535 Abs. 1 BGB bestehenden Pflicht, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten,

  • nicht dafür einzustehen, dass sich ein bei Vertragsschluss hingenommenes Maß an Geräuschen vom Nachbargrundstück nicht nachträglich vergrößert,
  • wenn er diese Geräusche selbst gegenüber dem Nachbarn gemäß § 906 Abs. 1 BGB (entschädigungslos) zu dulden hätte.

Denn Unmögliches hätte der Mieter, wenn die Vertragsparteien das Ansteigen der Geräuschkulisse bei Vertragsschluss bedacht hätten, vom Vermieter redlicherweise nicht beanspruchen können.
Er hätte vielmehr nur verlangen können,

  • dass der Vermieter einen von ihm nicht mehr zu duldenden Geräuschanstieg gegenüber dem Dritten abwehrt oder ihm eine Minderung zubilligt,
  • wenn auch er selbst von dem Dritten für eine wesentliche, aber als ortüblich zu duldende Störung einen Ausgleich (vgl. § 906 Abs. 2 BGB) verlangen kann.

Demzufolge kann in den im obigen Fall neu aufgetretenen Lärmbelästigungen jedenfalls dann kein Mangel der Mietsache gesehen werden,

  • wenn auch der Vermieter selbst die Belästigungen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten – etwa mit Rücksicht auf das bei Kinderlärm bestehende Toleranzgebot des § 22 Abs. 1a BImSchG – als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen müsste.

Da der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif war, sondern noch Feststellungen zu treffen waren – insbesondere zu der Frage, ob die von den Beklagten geltend gemachten Lärmbelästigungen von Kindern oder von (nicht unter die Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG fallenden) Jugendlichen oder jungen Erwachsenen verursacht werden – hat der VIII. Zivilsenat des BGH die Sache an das Landgericht (LG) zurück verwiesen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 29.04.2015 – Nr. 72/2015 – mitgeteilt.

 

Anforderungen an eine formularmäßige Verkürzung der Verjährungsfrist im Gebrauchtwagenhandel.

Eine Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist in den einem Vertrag über den Verkauf eines Gebrauchtwagens zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) unwirksam, wenn

  • die Regelung widersprüchlich ist,
  • also beispielsweise ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Käufer der Regelung nicht entnehmen kann, ob er Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung bereits nach einem Jahr oder aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren nicht mehr geltend machen kann.

Das hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 104/14 – in einem Fall entschieden,

  • in dem die Klägerin von dem beklagten Autohändler, bei dem sie einen gebrauchten Pkw gekauft hatte, wegen aufgrund von Produktionsfehlern aufgetretener Korrosionsschäden, 15 Monate nach Übergabe des Fahrzeugs die Kosten für eine Beseitigung dieser Schäden verlangt und
  • der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hatte,
  • unter Bezugnahme auf die dem Kaufvertrag zugrundeliegenden AGB, die der „Unverbindlichen Empfehlung des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK)“ mit Stand 3/2008 entsprachen und auszugsweise wie folgt lauteten:
    • VI. Sachmangel1. Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden. […]

      5. Abschnitt VI Sachmangel gilt nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt VII Haftung.

      VII. Haftung

      1. Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt:
      Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, etwa solcher, die der Kaufvertrag dem Verkäufer nach seinem Inhalt und Zweck gerade auferlegen will oder deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Käufer regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Diese Haftung ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt. […]

      5. Die Haftungsbegrenzungen dieses Abschnitts gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.“

Seine Entscheidung,

  • dass die Verjährungsverkürzung gemäß Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der obigen AGB wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam und
  • der Beklagte deshalb wegen Verletzung seiner Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) zur Zahlung des von der Klägerin begehrten Schadensersatzes verpflichtet ist,

hat der VIII. Zivilsenat des BGH damit begründet, dass ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Kunde den – widersprüchlichen – Regelungen in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 und VI Nr. 5, VII nicht entnehmen könne,

  • ob er Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung bereits nach einem Jahr oder aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren nicht mehr geltend machen kann.

Denn einerseits sollen nach Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der AGB Ansprüche wegen Sachmängeln nach einem Jahr verjähren.

  • Danach darf der Verkäufer nach Ablauf dieser Zeit die Nacherfüllung wegen eines Sachmangels verweigern, so dass auch für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht kein Raum mehr wäre.

Andererseits ergibt sich aus den Regelungen des Abschnitts VI Nr. 5 und VII, dass für sämtliche Schadensersatzansprüche die Verjährungsfrist nicht verkürzt ist und die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren gilt.

  • Danach kann der Käufer einen Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr mit Erfolg geltend machen.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geben somit – aus der maßgeblichen Sicht des Kunden – keine eindeutige Antwort darauf,

  • binnen welcher Frist er vom Verkäufer Schadensersatz wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht verlangen kann.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 29.04.2015 – Nr. 71/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn die Fahrerlaubnis vom Strafrichter wegen Trunkenheit im Verkehr entzogen wurde.

Nach § 20 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung die Vorschriften für die Ersterteilung.

Geeignet in diesem Sinne ist nach § 2 Abs. 4 StVG, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV erfüllt ein Bewerber diese Anforderungen insbesondere dann nicht, wenn

  • ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 der Fahrerlaubnisverordnung vorliegt,
  • der die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt.

Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ist die Eignung ausgeschlossen

  • im Falle von Alkoholmissbrauch,

wenn also

  • das Führen von Fahrzeugen und
  • ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum

nicht hinreichend sicher getrennt werden kann.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis

Ein Begehren auf Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis kann daher nur Erfolg haben, wenn sich die Eignung zweifelsfrei positiv feststellen lässt.

Gemäß § 2 Abs. 7 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde zu ermitteln,

  • ob der Fahrerlaubnisbewerber u.a. geeignet ist.

Die diesbezüglichen Ermittlungsmaßnahmen werden in § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. §§ 11 ff. FeV bezeichnet.
Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 lit. d FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung einer Fahrerlaubnis an,

  • dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist,
  • wenn die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c der Vorschrift genannten Gründen entzogen worden ist.

Die Vorschrift des § 13 Satz 1 Nr. 1 lit. a, 2. Var. FeV regelt u.a. eine Pflicht der Behörde zur Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen.
Folglich ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten vor der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis anzuordnen, wenn dem Bewerber zuvor die Fahrerlaubnis wegen Alkoholmissbrauchs entzogen worden ist (Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim, Urteil vom 18.06.2012 – 10 S 452/10 – sowie Beschluss vom 15.01.2014 – 10 S 1748/13 –).
Dies schließt strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehungen ein, weil

Der Grund für die Fahrerlaubnisentziehung ist mithin jeweils, dass deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen wurde. Das führt in dem durch § 13 Satz 1 lit. a bis c FeV gezogenen Rahmen zu fortbestehenden Eignungszweifeln und daher nach lit. d der Vorschrift zur Anforderung eines Fahreignungsgutachtens (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 24.06.2013 – BVerwG 3 B 71.12 –).

Darauf hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin mit Beschluss vom 22.12.2014 – 4 L 298.14 – hingewiesen.

 

Schadensschätzung oder Abweisung der Schadensersatzklage?

Steht ein geltend gemachter Anspruch auf Schadenersatz dem Grunde nach fest und bedarf es lediglich der Ausfüllung zur Höhe, darf die Klage grundsätzlich nicht vollständig abgewiesen werden, sondern der Tatrichter muss im Rahmen des Möglichen den Schaden nach § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) schätzen.

Zwar ist es Sache des Anspruchstellers,

  • diejenigen Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen,
  • die seine Vorstellungen zur Schadenshöhe rechtfertigen sollen.

Enthält der diesbezügliche Vortrag

  • Lücken oder Unklarheiten,
  • so ist es in der Regel jedoch nicht gerechtfertigt, dem jedenfalls in irgendeiner Höhe Geschädigten jeden Ersatz zu versagen.

Der Tatrichter muss vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen,

Darauf hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München mit Urteil vom 16.04.2015 – 23 U 3528/14 – in einem Fall hingewiesen, in dem die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen entgangenen Gewinns aufgrund von vom Beklagten begangener Wettbewerbsverstöße geltend gemacht hatte.

 

Wie beweist man seiner Versicherung dass ein Einbruchsdiebstahl stattgefunden hat?

Dem Versicherungsnehmer einer Sachversicherung werden von der Rechtsprechung aus dem Leistungsversprechen des Versicherers abgeleitete

  • Erleichterungen für den Beweis eines bedingungsgemäßen Diebstahls versicherter Sachen zugebilligt.

Sie beruhen auf der Überlegung, dass es

  • wegen des für eine Entwendung typischen Bemühens des Täters, seine Tat unbeobachtet und unter Zurücklassung möglichst weniger Tatspuren zu begehen,

oft nicht möglich ist, im Nachhinein den Tatverlauf konkret festzustellen.
Da sich der Versicherungsnehmer gerade auch für solche Fälle mangelnder Aufklärung schützen will, kann nicht angenommen werden, der Versicherungsschutz solle schon dann nicht eintreten, wenn der Versicherungsnehmer nicht in der Lage ist, den Ablauf der Entwendung in Einzelheiten darzulegen und zu beweisen.

Der Versicherungsnehmer genügt deshalb seiner Beweislast bereits dann, wenn er

  • das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist,
  • also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen.

Zu dem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls ausmachen, gehört

Ist dem Versicherungsnehmer dieser Beweis gelungen,

  • so ist es Sache des Versicherers, seinerseits zu beweisen,
  • dass der Versicherungsfall nur vorgetäuscht war.

Dabei kommen allerdings auch dem Versicherer Beweiserleichterungen zu.
Für diesen Gegenbeweis erforderlich ist

  • lediglich der Nachweis konkreter Tatsachen,
  • die allerdings nicht nur mit hinreichender, sondern mit höherer, nämlich erheblicher Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht ist (BGH, Urteil vom 14.02.1996 – IV ZR 334/94 –).

Beachtet werden muss in diesem Zusammenhang, dass

  • die Anforderungen an die Darlegung und den vom Versicherungsnehmer zu erbringenden Nachweis des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls

nicht voraussetzen,

  • dass die vorgefundenen Spuren „stimmig“ in dem Sinne sind,
  • dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen.

Insbesondere müssen

  • nicht sämtliche, typischerweise auftretenden Spuren vorhanden sein,

da der Sinn der Beweiserleichterung gerade darin liegt, dem Versicherungsnehmer, der in aller Regel keine Zeugen oder sonstigen Beweismittel für den Diebstahl beibringen kann, die Versicherungsleistung auch dann zuzuerkennen, wenn sich nach den festgestellten Umständen nur das äußere Bild eines Diebstahls darbietet, auch wenn von einem typischen Geschehensablauf nicht gesprochen werden kann.

  • Nur wenn ein Einbruch auf dem Wege, wie er nach dem äußeren Spurenbild vorzuliegen scheint, aus anderen Gründen völlig auszuschließen ist, kann es trotz Vorhandenseins an sich genügender Spuren am Nachweis der erforderlichen Mindesttatsachen fehlen (vgl. BGH, Urteile vom 20.12.2006 – IV ZR 233/05 – und vom 18.10.2006 – IV ZR 130/05 –).

Allerdings muss in Fällen,

  • in denen das Fehlen von bestimmten weiteren Spuren bei einem Einbruch unwahrscheinlich ist,

geprüft werden, ob dieses Fehlen von (weiteren) Spuren

  • für sich allein oder
  • im Zusammenhang mit anderen Indizien,

für die insoweit der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig wäre (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2006 – IV ZR 233/05 –),

  • ausreichend ist, um eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung eines Versicherungsfalles zu begründen.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 08.04.2015 – IV ZR 171/13 – in einem Fall hingewiesen, in dem der Kläger Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Firmen-Inhaltsversicherung für einen behaupteten Einbruchdiebstahl in seine Geschäftsräume begehrt hatte.

 

Verkehrsberuhigte Bereiche, welche Aufgaben und Funktionen erfüllen sie?

Das Verbot nach Nr. 4 des Zeichens 325.1 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO),

  • dass in einem verkehrsberuhigten Bereich nicht außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen geparkt werden darf,

dient nicht der Sicherstellung ausreichenden Raums für den durchfahrenden Kraftfahrzeugverkehr.

Darauf hat das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 01.04.2015 – 13 S 165/14 – in einem Fall hingewiesen, in dem

  • die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend gemacht hatte, weil der Beklagte in einer als verkehrsberuhigter Bereich ausgestalteten Straße beim Einscheren mit seinem Lkw gegen ihren, außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen geparkten Pkw gestoßen war

und

Das LG Saarbrücken teilte diese Auffassung des Beklagten nicht und führte zur Begründung aus, dass die Klägerin,

  • da in einem verkehrsberuhigten Bereich grundsätzlich nicht außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen geparkt werden darf,

zwar gegen § 42 Abs. 2 StVO i.V.m. Zeichen 325.1 der StVO verstoßen habe, dieser Verstoß aber deshalb nicht zu einer Mithaftung führe,

  • weil durch dieses Parkverbot nicht der Fahrzeugverkehr, zu dem der Beklagte gehört habe, geschützt werde.

Verkehrsverstöße beim Abstellen eines Fahrzeugs spielen für die Haftungsquote nämlich dann keine Rolle, wenn der Schutz von vorbeifahrenden Fahrzeugen nicht zu ihrem Schutzbereich gehört.
Die Schädigung ist in diesem Fall nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will.

Verkehrsberuhigte Bereiche erfüllen neben Erschließungsaufgaben vor allem eine Aufenthaltsfunktion.
So dürfen in verkehrsberuhigten Bereichen

  • die Fußgänger die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen;
  • Kinderspiele sind überall erlaubt.
  • Der Fahrzeugverkehr muss Schrittgeschwindigkeit einhalten,
  • Fußgänger dürfen weder gefährdet noch behindert werden;
  • Fahrzeugführer müssen, wenn nötig, warten.
  • Fußgänger dürfen ihrerseits den Fahrzeugverkehr nicht unnötig behindern.

Der Fahrzeugverkehr wird mithin

  • im Interesse des Fußgängerverkehrs und
  • zugunsten spielender Kinder

zurückgedrängt und

  • die gesamte Straße als Bewegungs- und Kommunikationsraum zur Verfügung gestellt.

Der Verwirklichung und Unterstützung dieser Funktion dient

  • das generelle Parkverbot in verkehrsberuhigten Bereichen außerhalb gekennzeichneter Flächen.

Es schafft die notwendigen Freiflächen, um den verkehrsberuhigten Bereich als Spiel-, Kommunikations-, Verweil- und Bewegungsraum nutzen zu können. Rechtswidrig abgestellte Fahrzeuge beeinträchtigen und behindern diesen Zweck. Darüber hinaus führt die Nutzungskonkurrenz von Fußgänger- und Fahrzeugverkehr auf einer durch verkehrswidrig abgestellte Fahrzeuge reduzierten Fläche zu zusätzlichen Gefahren für Fußgänger und spielende Kinder.
Solche Gefahren sind umso größer, je beengter die Freiflächen sind; parkende Autos verdecken zudem die Sicht von Fahrzeugführern auf spielende Kinder ebenso wie die Sicht von Kindern auf herannahende Fahrzeuge.
Das Parkverbot des Zeichens 325.1 Nr. 4 dient mithin – anders als etwa das Halteverbot an engen Straßenstellen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO – nicht der Sicherstellung ausreichenden Raums für den durchfahrenden Kraftfahrzeugverkehr.

 

Wenn in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bausparvertrages eine „Darlehensgebühr“ vorgesehen ist.

Sehen die einem Bausparvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bausparkasse vor, dass

  • „mit Beginn der Darlehensauszahlung eine Darlehensgebühr in Höhe von … % des Bauspardarlehens fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen wird (Darlehensschuld)“,

kann eine solche „Darlehensgebühr“,

  • wenn sie darlehenslaufzeitunabhängig verlangt wird und
  • es sich dabei um ein Teilentgelt für die Überlassung des Bauspardarlehens handelt,

von Bauspardarlehensnehmern, deren Konten damit belastet werden, gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zurückgefordert werden,

  • sofern der Anspruch auf Rückzahlung, der der 3-jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB unterliegt, noch nicht verjährt ist.

Das hat das Amtsgericht (AG) Ludwigsburg mit Urteil vom 17.4.2015 – 10 C 133/15 – entschieden und damit begründet, dass es sich in einem solchen Fall bei der „Darlehensgebühr“,

  • um eine Preisnebenabrede handelt,
  • die, weil die allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB sind, der Inhaltskontrolle des § 307 BGB unterliegt und
  • wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders, unwirksam ist.

Getroffen hat das LG Ludwigsburg seine Entscheidung

wobei es berücksichtigt hat, dass diese Entscheidungen des BGH nicht direkt anwendbar sind, weil

  • Bearbeitungsgebühr und Darlehensgebühr nicht identisch sind.