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Wenn die Begutachtung eines Verfahrensbeteiligten angeordnet ist.

Einem medizinisch oder psychologisch zu begutachtenden Beteiligten ist bei einem Untersuchungstermin bzw. Explorationsgespräch des Sachverständigen die Anwesenheit einer Begleitperson ohne Äußerungs- bzw. Beteiligungsrecht zu gestatten.  

Das hat der 14. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 03.02.2015 – 14 UF 135/14 – entschieden.

Ausschlaggebend für den Senat war bei dieser Entscheidung vor allem der Gesichtspunkt, dass ein medizinisch oder psychologisch zu begutachtender Beteiligter ansonsten keine Möglichkeit hätte, gegenüber abstrakt immer denkbaren Wahrnehmungsfehlern des Sachverständigen effektiven Rechtsschutz zu erlangen.

  • Behauptet er nach Vorliegen des Gutachtens, der dort wiedergegebene Hergang einer Untersuchung oder eines Explorationsgesprächs sei in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend, so wird sich der Sachverständige in der Regel darauf berufen, den Hergang nach seiner Überzeugung und Erinnerung richtig aufgezeichnet zu haben.
  • Wenn die Unrichtigkeit der Wiedergabe dann nicht ausnahmsweise durch objektive Anhaltspunkte gestützt wird, hat der Beteiligte keine Möglichkeit, sie zu belegen und sich damit erfolgreich gegen ein ihm nachteiliges Gutachtenergebnis zu wenden.

Die Hinzuziehung einer Begleitperson hingegen erlaubt es ihm in diesem Fall, mit Aussicht auf Erfolg einen Zeugenbeweis anzutreten.

  • Gegenüber diesem wesentlichen Verfahrensgesichtspunkt muss die Besorgnis einer etwaigen Beeinflussung des Untersuchungsganges – speziell im psychiatrischen und psychologischen Bereich – durch die bloße Anwesenheit der Begleitperson in einer angemessenen Hörweite hingenommen werden.

Falls der Sachverständige nach der Untersuchung zu der begründbaren Auffassung gelangen sollte, dass eine Beeinflussung erfolgt sei und das Untersuchungsergebnis deshalb eine geringere Aussagekraft habe als wenn es ohne Begleitperson gewonnen worden wäre, kann er dies in seinem Gutachten darlegen, ebenso wie er es tun müsste, wenn die Aussagekraft durch eine gänzliche Weigerung, sich begutachten zu lassen, oder durch sonstige fehlende Tatsachengrundlagen herabgesetzt wäre. Die Würdigung hätte dann letztlich das Gericht vorzunehmen.

  • Nicht zu gestatten ist hingegen einer mitgebrachten Begleitperson, sei es dem anwaltlichen Bevollmächtigten oder einem Privatgutachter, eine Beteiligung an dem Untersuchungsgespräch durch Fragen, Vorhalte oder sonstige Äußerungen.

Hierdurch wäre bei einer medizinischen oder psychologischen Untersuchung, anders als z. B. bei einem baurechtlichen Ortstermin, eine erhebliche Störung der Untersuchung und auch Beeinflussung ihres Ergebnisses zu befürchten, wohingegen die Rechte des zu Begutachtenden in diesem Punkt durch die Möglichkeit nachträglicher schriftlicher Stellungnahmen und/oder einer mündlichen Befragung des Sachverständigen im Gerichtstermin hinreichend gewahrt sind.

 

Die schriftliche Vorsorgevollmacht, die den Bevollmächtigten ermächtigt den Vollmachtgeber in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten.

Eine Vollmacht bezüglich der Vermögensangelegenheiten des Vollmachtgebers

  • berechtigt den Bevollmächtigten auch dann zu einer Verfügung über ein Bankkonto des Vollmachtgebers,
  • wenn für dieses keine gesonderte Bankvollmacht erteilt worden ist.

Macht eine Bank die Verfügung des Vorsorgegebebevollmächtigten über ein Bankkonto des Vollmachtgebers

  • trotz Vorliegens der Vorsorgevollmacht von unberechtigten Bedingungen abhängig,

so haftet sie dem Vollmachtgeber für den diesem hierdurch entstandenen Schaden aus §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

  • also auch für die Aufwendungen, die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstehen, weil in einem solchen Fall der für die Vollmachtgeberin handelnde Bevollmächtige die Einschaltung eines Rechtsbeistandes für notwendig und erforderlich halten kann und darf.

Das hat die V. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Detmold mit Urteil vom 14.01.2015 – 10 S 110/14 – in einem Fall entschieden, in dem

  • die Vollmachtgeberin dem Bevollmächtigten wirksam eine Vorsorgevollmacht erteilt hatte, die den Bevollmächtigten dazu berechtigte, die Vollmachtgeberin in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten, soweit dies rechtlich möglich ist, zu vertreten,

und

  • von Mitarbeitern der Bank, bei der die Vollmachtgeberin ein Konto hatte, eine von dem Bevollmächtigten unter Vorlage der Vorsorgevollmacht erteilte Zahlungsanweisung nicht ausgeführt, sondern die Vorlage einer Bestellungsurkunde und eines Betreuerausweises verlangt worden war,
    • obwohl begründete Zweifel an der Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht weder bestanden, noch geltend gemacht worden waren und
    • das Betreuungsgericht der Bank mitgeteilt hatte, dass es von einer wirksamen Vollmachterteilung ausgehe und eine Erweiterung der Betreuung um den Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ deshalb nicht erforderlich sei.

 

Zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments das keine ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung der Kinder enthält.

Eine Pflichtteilsklausel in Kombination mit der Anordnung der Gleichbehandlung der gemeinsamen Kinder kann dafür sprechen, dass nach dem Willen der Eheleute wechselbezüglich die Kinder zu gleichen Teilen als Schlusserben bestimmt sein sollen.

Darauf hat der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München mit Beschluss vom 23.02.2015 – 31 Wx 459/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die am 14.02.2014 verstorbene Erblasserin

  • am 25.09.1984 mit ihrem am 10.12.1986 vorverstorbenen Ehemann in einem gemeinschaftlich errichteten Testament verfügt,  
    • 1. „Wir, die Eheleute … u. …, setzen uns gegenseitig als Erben auf das ganze Vermögen ein.
    • 2. Nach dem Tod des Erstversterbenden fällt das gesamte Vermögen an den verbleibenden Ehegatten. Dieser ist zur unbeschränkten Verfügung über das Vermögen berechtigt.
    • 3. Die Kinder sollen den Pflichtteilsanspruch nach dem Erstversterbenden nicht geltend machen. Sollte eines der Kinder seinen Pflichtteil dennoch verlangen, soll es auch nach dem Tode des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten.
    • 4. Die drei Kinder haben im Verhältnis unter sich die ihnen bei Lebzeiten von uns beiden und vom Letztversterbenden gemachten unentgeltlichen Zuwendungen zur Ausgleichung zu bringen. Jedes unserer Kinder soll gleich behandelt werden“,
  • sowie nachfolgend am 29.06.2013 ein handschriftliches Testament errichtet, in dem von ihr eines der Kinder zum Alleinerben eingesetzt worden war.

Die Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments vom 25.09.1984 nach den Grundsätzen im Sinne der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch den 31. Zivilsenat des OLG München ergab hier, dass,

  • auch wenn dies nicht unmittelbar ausgedrückt war,
  • nach dem Willen der Eheleute in dem Testament – wechselbezüglich – die drei Kinder zu gleichen Teilen als Schlusserben bestimmt sein sollten,

so dass sich die Erbfolge nach dem gemeinschaftlichen Testaments vom 25.09.1984 richtete, weil die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemannes nicht mehr widersprechend verfügen konnte (§ 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Dass den Kindern eine gleiche Erbenstellung eingeräumt werden sollte entnahm das Gericht der Formulierung des Testaments, insbesondere dem Satz 2 von Textziffer 4., mit der die Eheleute zum Ausdruck brachten, dass sie ihre Kinder sowohl hinsichtlich der Zuwendungen zu Lebzeiten als auch bei der Schlusserbeinsetzung gleich behandeln wollten, so dass im vorliegenden Fall davon auszugehen war, dass die drei Kinder gleichberechtigt als Erben eingesetzt werden sollten.

Die Schlusserbeinsetzung der drei Kinder zu gleichen Teilen war auch wechselbezüglich i. S. v. § 2270 BGB.

  • Denn wenn angeordnet ist, dass die Kinder gleich behandelt werden sollen, ergibt sich die ersichtlich gewollte Absicherung dieser Verfügung nur aus dem Umstand, dass diese nur im Benehmen beider Ehegatten abänderbar sein sollte.

Dagegen spricht nicht, dass in Textziffer 2. des gemeinschaftlichen Testaments angeordnet ist, dass der überlebende Ehegatte „zur unbeschränkten Verfügung über das Vermögen berechtigt“ sei. Daraus ergibt sich lediglich, dass die Eheleute davon ausgingen, dass der überlebende Ehegatte bis zum Eintritt des Schlusserbfalls frei über das gemeinschaftliche Vermögen verfügen können sollte. Dazu galt allerdings nach Ziffer 4. die Einschränkung, dass die Kinder untereinander etwa überschießende unentgeltliche Zuwendungen des Überlebenden zum Ausgleich bringen sollten und außerdem – im Schlusserbfall – gleich zu behandeln seien.
Die Eheleute gingen also davon aus, dass der Überlebende von ihnen

  • einerseits zu Lebzeiten frei verfügen können sollte,
  • andererseits im Erbfall dahin gebunden sein würde, dass die gemeinsamen Kinder zu gleichen Teilen erben sollten.

 

Zahlungserleichterungen nach § 42 StGB bei Verurteilung zu einer Geldstrafe.

Gemäß § 42 S. 1 Strafgesetzbuch (StGB) ist einem Angeklagten zu gestatten, eine Geldstrafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen,

Angesichts des zwingenden Charakters der Regelung kann von einer Entscheidung nach § 42 StGB, soweit Anlass zu ihr besteht,

Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der sofortigen Zahlung ist auch zu berücksichtigen, dass es zur Vollstreckung der Geldstrafe erfahrungsgemäß erst geraume Zeit nach Rechtskraft der Entscheidung kommt, da es wegen der Nachbearbeitung bei Gericht (z.B. Kosten) etwas Zeit in Anspruch nimmt, bis die Akten an die Vollstreckungsbehörde zurückgelangen, von der dann erst die Vollstreckung eingeleitet werden kann. Insoweit kann berücksichtigt werden, ob ein Angeklagter – wenn er Kenntnis von seiner (rechtskräftigen) Zahlungsverpflichtung erhält – die Möglichkeit hat, die Geldstrafensumme bis zur voraussichtlichen Vollstreckung anzusparen. Hat er diese Möglichkeit, so ist ihm die Zahlung der Gesamtsumme zumutbar (OLG Hamm, Beschluss vom 05.06.2014 – 1 RVs 48/14 –).

Darauf hat der 1. Strafsenat des OLG Hamm mit Urteil vom 06.01.2015 – 1 RVs 112/14 – hingewiesen.

 

Wenn ein Wohnungseigentümer den in seiner Wohnung vorhandenen Teppichboden durch Parkett ersetzt.

Ersetzt ein Wohnungseigentümer den in seiner Wohnung vorhandenen Teppichboden durch Parkett

  • sind grundsätzlich die Schallschutzwerte einzuhalten, die sich aus der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109 ergeben.

Ein höheres Schallschutzniveau kann sich

  • nur aus der Gemeinschaftsordnung ergeben,
  • nicht aber aus einem sogenannten besonderen Gepräge der Wohnanlage.

Das hat der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.02.2015 – V ZR 73/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall

  • hatten die Beklagten in einem Anfang der Siebzigerjahre errichteten Hochhaus 2006 eine Eigentumswohnung erworben und
  • den vorhandenen Teppichboden entfernen und Parkett einbauen lassen.

Die Klage des Eigentümers der darunter liegenden Wohnung,

  • von dem mit der Begründung, der Trittschall habe sich durch den Wechsel des Bodenbelags erhöht,
  • beantragt worden war, die Beklagten zu verurteilen, in ihrer Wohnung anstelle des Parketts Teppichboden oder einen in der Trittschalldämmung gleichwertigen Bodenbelag zu verlegen,

wies der V. Zivilsenat des BGH ab, weil

Denn die vom Kläger einzuhaltenden Schallschutzwerte,

  • die sich aus der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109 ergaben

waren gewahrt und in der Gemeinschaftsordnung,

  • aus der sich allein ein höheres Schallschutzniveau hätte ergeben können,

waren keine solchen Vorgaben enthalten.

Dass die im Zuge der Errichtung des Hochhauses

  • erstellte Baubeschreibung und
  • der ursprüngliche Verkaufsprospekt

eine Ausstattung der Appartements mit Teppichböden vorsahen, erachtete der Senat als unerheblich.
Seine Entscheidung beruhte auf der Überlegung, dass die Auswahl des Bodenbelags die Gestaltung des Sondereigentums betrifft und im Belieben des Sondereigentümers steht und der Schallschutz in erster Linie durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden muss.
Welcher Bodenbelag bei der Errichtung des Gebäudes vorhanden gewesen, ob dieser durch den Bauträger oder durch die Ersterwerber bestimmt worden und ob er in allen Wohnungen einheitlich gewesen sei oder nicht, seien keine geeigneten Kriterien für das über die gesamte Nutzungszeit des Gebäudes einzuhaltende Schallschutzniveau.
Dies ergebe sich schon daraus, dass solche Umstände späteren Erwerbern in aller Regel unbekannt seien. Außerdem spreche gegen ein dauerhaftes Gepräge der Anlage, dass sich die geschmacklichen Vorlieben für bestimmte Bodenbeläge im Laufe der Zeit verändern.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 27.02.2015 – Nr. 26/2015 – mitgeteilt.

 

Fußballverein kann ein Jahreskarten-Abo jederzeit ordentlich kündigen.

Ein Jahreskarten-Abo kann vom Fußballverein jederzeit ordentlich gekündigt werden.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 18.12.2014 – 122 C 16918/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall

  • war der Kläger, Mitglied eines großen Münchner Fußballvereins, seit 1994 Inhaber einer Dauerkarte für Heimspiele des Vereins

und

  • hatte der Verein sein Jahreskarten-Abo am 12.05.2014 ohne jede Vorwarnung gekündigt.

Seine darauf hin erhobene Klage gegen den Verein auf Erteilung einer Jahreskarte für die Heimspiele in der Bundesliga-Saison 2014/2015 wurde abgewiesen, weil dem Verein nach § 2 der Verkaufsbedingungen für das Jahreskarten-Abo ein ordentliches Kündigungsrecht zustand und da ein ordentliches Kündigungsrecht bei jedem Dauerschuldverhältnis, das auf unbestimmte Zeit läuft, zulässig ist, keine Bedenken gegen diese vertragliche Regelung bestanden.

Wie das AG ausführte, sei das Kündigungsrecht Ausdruck der Vertragsfreiheit des Vereins. Dieses Recht des Vereins, selbst zu bestimmen, mit wem er vertragliche Beziehungen eingeht, sei auch nicht eingeschränkt.
Der Verein habe keine marktbeherrschende Stellung für den Profifußball in Bayern, so dass kein Kontrahierungszwang bestehe.
In München gebe es einen weiteren Profifußballclub in der zweiten Bundesliga und es gäbe einen weiteren südbayerischen Verein in der ersten Bundesliga. Zudem stehe es dem Kläger offen, über den freien Verkauf Bundesligaspiele oder Champions-League-Spiele des Vereins zu besuchen.
Es gebe kein Recht auf eine bestimmte Leistung im Zivilrecht. Es sei Teil der Vereinspolitik und der Vereinsfreiheit des Fußballclubs, welchen Fans Sonderkonditionen eingeräumt werden sollen, solange dabei keine Vorschriften zum Schutz gegen Diskriminierung verletzt werden.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 27.02.2015 – 11/15 – mitgeteilt.

 

Untersuchungshaft, wie lange darf sie andauern, ohne dass ein Urteil ergangen ist?

Der Vollzug von Untersuchungshaft aufgrund eines bestehenden Haftbefehls (§ 114 Strafprozessordnung (StPO)) darf,

  • solange kein Urteil ergangen ist,
  • über 6 Monate hinaus nur dann aufrechterhalten werden (vgl. § 121 Abs. 1 StPO),

wenn

  • der Beschuldigte nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Haftprüfungsentscheidung, der ihm im Haftbefehl vorgeworfenen Tat(en) dringend verdächtig ist,
  • ein Haftgrund nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO (Fluchtgefahr), nach § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO (Verdunkelungsgefahr), nach § 112 Abs. 3 StPO oder nach § 112a StPO besteht, wobei der Vollzug der Haft, wenn sie auf den Haftgrund des § 112a gestützt wird, nicht länger als 1 Jahr aufrechterhalten werden darf (§ 122a StPO),
  • das Verfahren bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden ist, aber die besondere Schwierigkeit und der Umfang des Verfahrens ein Urteil bislang noch nicht zugelassen haben und
  • der weitere Vollzug der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe steht.

Liegen diese Voraussetzungen vor, wird die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Ansonsten ist der Haftbefehl aufzuheben.

Darauf hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 22.01.2015 – AK 34/14 – hingewiesen.

Die besondere Haftprüfung, ob Untersuchungshaft über 6 Monate hinaus fortdauert, erfolgt nach § 122 Abs. 3 und 4 StPO durch das Oberlandesgericht (OLG) oder im Fall des § 122 Abs. 7 StPO durch den Bundesgerichtshof (BGH) und muss, sofern die Fortdauer angeordnet wird, nachfolgend alle 3 Monate wiederholt werden bis ein Urteil ergeht.

 

Wenn eine hilflose Heimbewohnerin abgängig ist und sich die Feuerwehr an der Suche beteiligt.

Wird eine aus einem Alten- und Pflegeheime im Land Hessen abgängige demenzkranke, orientierungslose und verwirrte Heimbewohnerin gesucht,

  • weil ihr der Erfrierungstod droht und
  • und beteiligt sich auf Aufforderung der Polizei auch die (Freiwillige) Feuerwehr an der Suche,

muss der Heimbetreiber nicht die Kosten für den Feuerwehreinsatz erstatten.

Das hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Gießen mit Urteil vom 25.02.2015 – 4 K 409/14.GI – in einem Fall entschieden, in dem

  • der Gemeindevorstand der Gemeinde (als Träger der Freiwilligen Feuerwehr) dem Land Hessen (als Träger der Polizei) für den aufwendigen, letztlich aber erfolgreichen Sucheinsatz nach der Seniorin ca. 2.800.- Euro berechnet und
  • das Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung in Wiesbaden – eine Behörde der Polizeiverwaltung – sodann gegenüber dem Heimbetreiber einen Kostenbescheid in Höhe von 2.806,49 Euro erlassen hatte.

Die 4. Kammer des VG Gießen hat den Kostenbescheid aufgehoben, weil nach ihrer Auffassung die Feuerwehr keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Auslagen hatte, so dass das Land Hessen auch nicht berechtigt war, diese Kosten vom Heimträger im Wege des Kostenbescheides zu erheben.
Denn habe der Einsatz der Feuerwehr wie hier in vollem Umfang der Rettung eines Menschen aus akuter Lebensgefahr gedient, dürfen nach § 61 Abs. 6 des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz (HBKG) hierfür weder Gebühren noch der Ersatz von Auslagen gefordert werden.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Gießen am 25.02.2015 – Nr. 05/2015 – mitgeteilt.

 

Ist durch eine gerichtliche Umgangsregelung der Umgang positiv geregelt, hat ein Kontakt zum Kind außerhalb der festgelegten Zeiten zu unterbleiben.

Eine gerichtliche Umgangsregelung,

  • durch die der Umgang positiv geregelt wird,

enthält stets das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten,

Darauf hat der Senat für Familiensachen des Kammergerichts (KG) Berlin mit Beschluss vom 12.02.2015 – 13 WF 203/14 – hingewiesen.

Der gerichtlich geregelte Umgang dient, wie der Senat ausgeführt hat,

Damit ist im Umkehrschluss zugleich klargestellt, dass außerhalb der festgelegten Zeiten der Umgang gegen den Willen des anderen, umgangsverpflichteten Elternteils zu unterbleiben hat.

  • Denn eine gerichtliche Umgangsregelung, mit der der Umgang positiv geregelt wird, enthält stets das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes zum Kind zu enthalten; diese Verpflichtung ist mit Ordnungsmitteln durchsetzbar.

Die Wohlverhaltensklausel (§ 1684 Abs. 2 BGB), nach der Eltern alles zu unterlassen haben, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert, richtet sich nämlich nicht nur an den umgangsverpflichteten Elternteil, sondern selbstverständlich auch an den umgangsberechtigten Elternteil.

Vorbehaltlich einer anderweitigen, einvernehmlichen Absprache der Eltern soll das Kind davor bewahrt werden,

  • sich – mehr oder weniger jederzeit – mit dem umgangsberechtigten Elternteil auseinandersetzen zu müssen oder
  • mit ihm unerwartet konfrontiert zu werden.

Davor ist das Kind, das in vielen Fällen unter dem Elternkonflikt in besonderer Weise leidet, zu schützen.

  • Dem Kind soll durch die Vorgabe klarer (Besuchs- bzw. Umgangs-) Zeiten ermöglicht werden, sich innerlich auf den anderen Elternteil einzustellen.
  • Weiter soll der obhutgewährende Elternteil durch feste Zeiten in die Lage versetzt werden, der ihm obliegenden Pflicht gerecht zu werden und das Kind auf den Umgang mit dem anderen Elternteil vorzubereiten, eventuelle Widerstände des Kindes in Bezug auf den Umgang abzubauen und bei ihm eine positive Einstellung zum Umgang zu fördern.

Denn ohne eine klare Regelung, wann der Umgang erfolgt und – quasi spiegelbildlich dazu – der inhärenten Feststellung, dass außerhalb der festgelegten Zeiten ein Umgang nicht stattfindet, kann der Obhutselternteil seinen Obliegenheiten nach § 1684 Abs. 2 BGB nicht gerecht werden.

Liegt ein Verstoß gegen die Umgangsregelung vor, wird nach dem Gesetz ein Verschulden vermutet (§ 89 Abs. 4 FamFG). Der gegen die Umgangsregelung verstoßen hat, hat danach substantiiert die Gründe darzulegen, weshalb der Verstoß gegen die Umgangsverpflichtung ihm nicht angelastet werden kann und die Festsetzung eines Ordnungsmittels zu unterbleiben hat. 

 

Tonaufzeichnungen aufgrund einer Telekommunikationsüberwachung als Beweisstücke im Strafprozess.

Bei Tonaufzeichnungen aufgrund einer Telekommunikationsüberwachung handelt es sich um Augenscheinobjekte, die als Beweisstücke nach § 147 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO)) von Verteidigern und Angeklagten grundsätzlich nur am Ort ihrer amtlichen Verwahrung besichtigt bzw. bei Tonaufzeichnungen angehört werden können.

Darauf hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mit Beschluss vom 11.02.2015 – 2 Ws 8/15 – hingewiesen (so auch Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 11.02.2014 – 1 StR 355/13 –).

Die Aufzeichnung von Telefongesprächen führt, wie der 2. Strafsenat des OLG Nürnberg ausgeführt hat, zu einem Eingriff in das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) Dritter.

  • Deshalb können derartige Maßnahmen nach der Abwägung des Grundrechtseingriffs mit dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse durch den Gesetzgeber
  • Betroffene Personen sind von der Maßnahme zu unterrichten,
    • allerdings erst, wenn dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der persönlichen Freiheit einer Person und von bedeutenden Vermögenswerten möglich ist (§ 101 Abs. 5 Satz 1 StPO).
  • Wenn die Daten nicht mehr erforderlich sind, sind sie zu löschen, was aktenkundig zu machen ist (§ 101 Abs. 8 Satz 1, 2 StPO).

Ausfluss der zum Schutz der Rechte der betroffenen Dritten vorhandenen Regelungen ist,

  • dass die gewonnenen Daten stets der vollen staatlichen Kontrolle unterliegen und
  • eine vollständige Vernichtung der Daten nach Abschluss des Verfahrens gewährleistet wird.

Dies ist nur möglich, wenn eine Herausgabe der Daten an Verteidiger oder Angeklagte ausgeschlossen ist.