Blog

Wenn nach einer Schwiegerelternschenkung die Ehe von Kind und Schwiegerkind scheitert.

Bei unentgeltlichen Zuwendungen von Schwiegereltern, die um der Ehe des eigenen Kindes willen erfolgen, handelt es sich nicht um unbenannte Zuwendungen, sondern um Schenkungen nach § 516 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.07.2011 – XII ZR 149/09 – zur Rechtslage bei schwiegerelterlichen Zuwendungen zur Finanzierung einer Immobilie).

Liegt eine Schwiegerelternschenkung vor und

  • erfolgte diese, für das Schwiegerkind erkennbar in der Erwartung, die eheliche Lebensgemeinschaft des von ihnen beschenkten Schwiegerkindes mit ihrem Kind werde Bestand haben und ihre Schenkung demgemäß dem eigenen Kind dauerhaft zugute kommen,

führt das Scheitern der Ehe von Kind und Schwiegerkind nicht automatisch,

  • sondern nur bei gesondert festzustellender Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Schenkung

zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung nach den Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB.
Erforderlich ist, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für den Zuwendenden zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (BGH, Beschluss vom 26.11.2014 – XII ZB 666/13 – zur Rechtslage bei Schenkungen von Schwiegereltern an ihr Schwiegerkind zur Bedienung eines Immobilienkredits).
Dabei sind neben der Ehedauer unter anderem die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Schwiegereltern und früheren Ehegatten, der Umfang der durch die Zuwendung bedingten und beim Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung, aber auch mit der Schenkung verbundene Erwartungen des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter von Bedeutung (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 07.09.2005 – XII ZR 316/02 –).

Handelt es sich bei der Schwiegerelternschenkung um einen in Natur nicht teilbaren Gegenstand wird eine aufgrund der Störung der Geschäftsgrundlage vorzunehmende Vertragsanpassung nur in seltenen Ausnahmefällen dazu führen, dass dieser zurück zu gewähren ist.
In der Regel kann nur ein Ausgleich in Geld verlangt werden, dessen Höhe sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Soweit die Ehe Bestand gehabt hat, ist der Zweck der Zuwendung nämlich jedenfalls teilweise erreicht, so dass das Zugewendete nicht voll zurückgegeben werden muss. Ausnahmen sind denkbar, wenn nur die Rückgewähr geeignet erscheint, einen untragbaren, mit Treu und Glauben unvereinbaren Zustand zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 07.09.2005 – XII ZR 316/02 –).

Zur Durchsetzung eines Anspruchs aus § 313 Abs. 1 BGB kann der Zuwendende eine von ihm formulierte Änderung des Vertrages zum Gegenstand der Klage machen oder unmittelbar auf die Leistung klagen, die sich aus der von ihm als angemessen erachteten Vertragsanpassung ergibt (BGH, Urteil vom 30.09.2011 – V ZR 17/11 –).

Darauf und

  • dass Ansprüche von Schwiegereltern aus § 313 Abs. 1 BGB auf Vertragsanpassung wegen einer Grundstücksschenkung nach § 196 BGB in zehn Jahren verjähren,  

hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 03.12.2014 – XII ZB 181/13 – hingewiesen.

 

Partei hat im Zivilprozess Anspruch auf mündliche Anhörung des Sachverständigen.

Nach ständiger Rechtsprechung hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 Zivilprozessordnung (ZPO) einen Anspruch darauf, dass sie dem gerichtlichen Sachverständigen, der ein Gutachten erstellt hat, die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (vgl. etwa Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 22.05.2001 – VI ZR 268/00 –; BGH, Beschlüsse vom 10.05.2005 – VI ZR 245/04 –; vom 05.09.2006 – VI ZR 176/05 –; vom 22.05.2007 – VI ZR 233/06 –).

Lässt das Gericht in einem solchen Fall den Antrag einer Partei, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören, unberücksichtigt, verstößt es gegen Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 28.10.2014 – VI ZR 273/13 – hingewiesen.

 

Grundloses Abbremsen kann Mithaftung begründen.

Bremst ein Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr sein Fahrzeug ohne zwingende Grund ab und trägt er durch dieses Verhalten zu einem (Auffahr)Unfall bei, gefährdet er andere Verkehrsteilnehmer im Sinne von § 1 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und haftet für einen daraus entstandenen Schaden mit 30 Prozent.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 19.02.2014 – 345 C 22960/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall

  • hatte eine Pkw-Fahrerin in München, ihren Pkw Mercedes Benz auf Höhe einer Einmündung stark sowie unvermittelt abgebremst, weil sie glaubte, sich aufgrund einer geänderten Baustellenführung verfahren zu haben und
  • war der hinter ihr fahrende Pkw-Fahrer, der nicht mehr bremsen konnte, mit seinem Pkw VW Golf auf den Pkw Mercedes Benz aufgefahren.

Zwar spreche, wie das AG ausführte, der Anscheinsbeweis dafür, dass grundsätzlich derjenige, der mit seinem PKW auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auffährt (hier also der Fahrer des Pkw VW Golf)

  • entweder nicht den nötigen Sicherheitsabstand eingehalten hat oder
  • mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren ist oder
  • falsch reagiert hat.

Stehe jedoch fest, dass das vorausfahrende Fahrzeug ohne jeden verkehrsbedingten Grund und somit vollkommen grundlos abgebremst worden ist, liege eine Abweichung vom typischen Fall vor und führe dies zu einer Mithaftung des Abbremsenden (hier der Fahrerin des Pkw Mercedes Benz).  

  • Ein (unaufmerksamer) Verkehrsteilnehmer, der ohne zwingenden Grund bremse und durch dieses Verhalten zu einer Kollision mit beitrage, gefährde nämlich andere Verkehrsteilnehmer im Sinne von § 1 Abs. 2 StVO und
  • diese Gefährdung begründe eine Mithaftung für den daraus entstandenen Schaden in Höhe von 30 Prozent.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 30.01.2015 – 05/15 – mitgeteilt.

 

Wenn das Betreuungsgericht für einen Betroffenen eine Betreuung ablehnt oder anordnet.

Nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) steht das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung des Betreuungsgerichts, also die Anordnung oder Ablehnung einer Betreuung, im Interesse des Betroffenen zu

Für die Beschwerdebefugnis der Angehörigen eines Betroffenen aus dem privilegierten Personenkreis des § 303 Abs. 2 FamFG kommt es nach dieser Vorschrift somit entscheidend darauf an, ob der betreffende Angehörige tatsächlich im ersten Rechtszug beteiligt worden ist.

  • Dabei kann die Hinzuziehung eines Beteiligten auch konkludent erfolgen, etwa durch das Übersenden von Schriftstücken oder die Ladung zu Terminen. Einer solchen tatsächlichen Hinzuziehung zum Verfahren im Sinne des § 7 FamFG steht die Nichterwähnung im Rubrum nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 09.04.2014 – XII ZB 595/13 –).
  • Noch nicht die Beteiligtenstellung begründet allerdings die bloße Anregung zur Einleitung des Betreuungsverfahrens.

Werden Angehörigen eines Betroffenen aus dem privilegierten Personenkreis des § 303 Abs. 2 FamFG nicht von Amts wegen zu dem Verfahren hinzugezogen (§ 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG), müssen sie

  • durch die Stellung eines entsprechenden Antrags gemäß § 7 Abs. 3 FamFG während des ersten Rechtszugs vorgreiflich auf ihre Verfahrensbeteiligung hinwirken und,

sollte der Antrag abgelehnt werden,

  • das hierfür vorgesehene Rechtsmittel einlegen.

Erst wenn auf diesem Weg die Verfahrensbeteiligung erreicht wurde, erhält der Angehörige die Beschwerdebefugnis nach § 303 Abs. 2 FamFG gegen die betreuungsrechtliche Entscheidung (BGH, Beschluss vom 30.03.2011 – XII ZB 692/10 –).

Eine nachträgliche Erlangung der Beschwerdebefugnis durch Hinzuziehung von Angehörigen nach Abschluss des ersten Rechtszugs – sei es in einem Zwischenverfahren, sei es im Rahmen des Abhilfeverfahrens – ist (mehr) nicht möglich.
Nach dem Wortlaut des § 303 Abs. 2 FamFG kommt es auf die tatsächliche Beteiligung der Angehörigen im ersten Rechtszug an.
Dieser endet jedoch mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses durch das Amtsgericht. Das sich auf eine Beschwerde anschließende Abhilfeverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG gehört nicht mehr zum ersten Rechtszug, sondern schließt an diesen an. Bereits aus der systematischen Stellung des § 68 Abs. 1 FamFG ergibt sich, dass das Abhilfeverfahren zum Gang des Beschwerdeverfahrens gehört.

  • Dadurch wird allerdings nicht ausgeschlossen, dass ein Angehöriger mangels materieller Rechtskraft der Entscheidung des Betreuungsgerichts
    • unter Darstellung seines bislang nicht berücksichtigten Vorbringens
    • mit einem neuen Antrag eine Änderung der Entscheidung anregt und
    • zur Vorbereitung dieser Entscheidung nunmehr seine Hinzuziehung als Verfahrensbeteiligter beantragt.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 20.11.2014 – XII ZB 86/14 – hingewiesen.

 

Blindflug eines Radladers auf Recyclinghof.

Fährt ein Mitarbeiter eines Recyclinghofs während der Öffnungszeiten

  • mit einem Radlader gegen einen auf dem Hof stehenden Pkw eines Besuchers,
  • den er aufgrund der erhobenen und gefüllten Ladeschaufel nicht sehen konnte,

haftet der Betreiber des Recyclinghofes für den Schaden

  • auch dann, wenn an der Einfahrt des Recyclinghofes ein Schild angebracht ist, dass Beladetechnik Vorfahrt hat.

Das hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg mit Urteil vom 27.11.2014 – 10 O 241/14 – entschieden.

Ungeachtet des Schildes verstößt der Fahrer eines Radladers danach gegen das Rücksichtnahmegebot des § 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), wenn er über das Gelände fährt, obwohl er weiß, dass er aufgrund der erhobenen beladenen Schaufel überhaupt nicht sehen kann, wohin er fährt. Fahren quasi im „Blindflug“, ohne auf den Weg zu achten, ist nämlich auch bei Ladetätigkeiten auf einem Betriebsgelände nicht erlaubt. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen ist, da der Recyclinghof geöffnet ist.

In dem vom LG entschiedenen Fall musste der Betreiber des Recyclinghofes dem Eigentümer des Pkws rund 3.500 € Schadensersatz zahlen.

Das hat die Pressestelle des Landgerichts Magdeburg am 19.01.2015 – Nr. 5/2015 – mitgeteilt.

 

Hobelspäne ohne abstumpfende Wirkung sind keine geeigneten Streumittel für einen eisglatten Gehweg.

Ein für eine Verkehrsfläche Räum- und Streupflichtiger genügt seiner Pflicht dann nicht, wenn er zum Bestreuen eis- und schneeglatter Flächen Hobelspäne verwendet, die sich mit Feuchtigkeit vollsaugen, so dass sie zu einer Art Eisflocken mit Rutscheffekt werden und auf Grund dessen keine nennenswerte abstumpfende Wirkung entfalten.

Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 24.11.2014 – 6 U 92/12 – entschieden und den für die Verkehrssicherungspflicht eines Gehweges Verantwortlichen zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld an eine Fußgängerin  verurteilt,

  • die wegen Eisglätte auf dem Gehweg, auf dem flächendeckend Hobelspäne ausgestreut waren,

gestürzt war und sich den Oberarm gebrochen hatte.

Ob von ihm verwendete Hobelspäne als Streumittel geeignet sind, muss der Verkehrssicherungspflichtige nach Ansicht des Senats selbst untersuchen. Dass die Verwendung von Sägemehl pp. als Streumittel gelegentlich im Internet empfohlen wird entlastet ihn nicht.

 

An einer Linienbushaltstelle aus dem Bus aussteigender Fahrgast kollidiert auf dem rechts vorbeiführenden Radweg mit einem Radfahrer.

Kommt es

  • auf einem als solchen gekennzeichneten Radweg, der rechts an einer Linienbushaltestelle und einem für Fahrgäste reservierten Bereich von 3 m Breite vorbeiführt,

zu einer Kollision zwischen einem Fahrgast (im Folgenden Beklagter genannt), der gerade den an der Haltestelle des Linienverkehrs haltenden Bus verlassen hat und einem Radfahrer, der dadurch stürzt und sich dabei verletzt,

Darauf hat der 29. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) mit Beschluss vom 15.01.2015 – 29 U 18/14 – hingewiesen.

Zwar hat der Kläger, wie das KG ausführte, nach § 823 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten,

  • weil dieser entgegen § 25 Abs. 3 Satz 1 StVO den Radweg (bei dem es sich um eine Fahrbahn im Sinne dieser Vorschrift handelt), ohne Beachtung des Verkehrs und ohne sich zu vergewissern, ob ein Radfahrer kommt, betreten und
  • durch dieses schuldhafte Verhalten die Verletzung des Klägers verursacht hat.

Allerdings trifft den Kläger ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB,

  • weil er beim Passieren der Linienbushaltestelle § 20 Abs. 2 StVO zu beachten hatte,
  • er demzufolge rechts, wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen nur hätte vorbeifahren dürfen, wenn eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist und
  • sein Verstoß gegen diese Vorschrift ebenfalls ursächlich für seine Verletzungen war.

§ 20 Abs. 2 StVO zu beachten hatte der Kläger, weil diese Vorschrift auch dann anzuwenden ist, wenn

  • Fahrgäste beim Verlassen öffentlicher Verkehrsmittel zunächst einen Bürgersteig oder wie im obigen Fall einen an einer Bushaltestelle relativ schmalen für Fußgänger reservierten Bereich erreichen und
  • erst anschließend einen Radweg passieren.

Denn auch derartige Situation sind für Fahrgäste gefährlich und § 20 Abs. 2 StVO soll die Gefahren für ein- und aussteigende Fahrgäste verringern.

Eine dem Kläger anzurechnende Mitverschuldensquote von 80% erschien dem Senat deshalb angemessen, weil

  • dieser die Haltestelle nur hätte passieren dürfen, wenn eine Gefährdung von Fahrgästen “ausgeschlossen” ist und er mit diesem Verstoß gegen § 20 Abs. 2 StVO eine der Kardinalpflichten der StVO verletzt hatte,
  • was deutlich schwerer wiegt als die Nichtbeachtung der Vorschrift des § 25 Abs. 3 Satz 1 StVO durch den Beklagten unmittelbar nach Verlassen des Busses.

 

Buchungsgebühren bei der Führung privater Girokonten.

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingen (AGB) von Banken,

  • die bei der Führung privater Girokonten alle Buchungen bepreist,
  • nach der Banken also auch für Buchungen bei der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags ein Entgelt verlangen können,

ist unwirksam.

Das hat der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.01.2015 – XI ZR 174/13 – entschieden

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der klagende Verbraucherschutzverband die beklagte Bank auf Unterlassung der Verwendung folgender, die Kontoführung von Privatgirokonten betreffender Klausel gegenüber Verbrauchern in Anspruch genommen, die eine Klausel zu einem vierteljährlich fälligen Grundpreis für die Kontoführung ergänzte:

  • „Preis pro Buchungsposten 0,35 EUR“.

Nach der Entscheidung des XI. Zivilsenats des BGH ist die beanstandete und nach § 307 Abs. 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kontrollfähige Klausel deshalb unwirksam, weil

  • die Klausel so auszulegen ist, dass sie alle Buchungen bepreist, also auch Buchungen bei der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags,
  • die Klausel damit entgegen § 675e Abs. 1 BGB zum Nachteil der Kunden von der Vorschrift des § 675y Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB abweicht,
    • nach der die Bank als Zahlungsdienstleister keinen Anspruch auf ein Entgelt hat, wenn ein Zahlungsauftrag fehlerhaft ausgeführt wird sowie
    • die Bank darüber hinaus, indem sie (auch) für solche von ihr unentgeltlich vorzunehmende Berichtigungsbuchungen ein Entgelt verlangt, den Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten auf ihre Kunden abwälzt und

Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Nachteil von Kunden gegen (halb-) zwingendes Recht verstoßen, Kunden unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 27.01.2015 – Nr. 12/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn im Strafverfahren Aussage gegen Aussage steht.

In einem Fall,

  • in dem „Aussage gegen Aussage“ steht und
  • außer der Aussage des einzigen Belastungszeugen keine weiteren belastenden Indizien vorliegen,

muss sich der Tatrichter bewusst sein,

  • dass die Aussage dieses Zeugen einer besonderen Glaubwürdigkeitsprüfung zu unterziehen ist.

Die Urteilsgründe müssen in einem solchen Fall

  • in dem nur die Angaben eines einzigen Tatzeugen zur Verfügung stehen, mithin die Entscheidung allein davon abhängt, ob diesem einen Zeugen zu folgen ist,

erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (st. Rspr.; vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 06.02.2014 – 1 StR 700/13 –; Beschluss vom 12.09.2012 – 5 StR 401/12 –; Beschluss vom 19.08.2008 – 5 StR 259/08 –).

Wird bzw. ist die Aussage des einzigen Belastungszeugen

  • hinsichtlich einzelner Taten und Tatmodalitäten in einem wesentlichen Detail widerlegt und ist sie diesbezüglich als bewusst falsch anzusehen,

so ist damit seine Glaubwürdigkeit in schwerwiegender Weise in Frage gestellt.

  • In einem solchen Fall kann allein auf seine Aussage eine Verurteilung nur gestützt, seinen übrigen Angaben also nur dann gefolgt werden, wenn außerhalb der Aussage Gründe von Gewicht für ihre Glaubhaftigkeit vorliegen.

Zeigt das Tatgericht im Falle einer Verurteilung solche außerhalb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe, die es ihm ermöglichen der Zeugenaussage im Übrigen dennoch zu glauben, nicht auf, ist seine Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft und hat eine Revision mit der Sachrüge Erfolg.

Darauf hat der 4. Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 19.11.2014 – 4 StR 427/14 – hingewiesen.

 

Verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie

  • durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist.

Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine

  • vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und
  • in der Regel schuldhaft verletzt hat und
  • eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht.

Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden.
Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (z.B. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteile vom 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 –; vom 21.06.2012 – 2 AZR 153/11 – und vom 09.06.2011 – 2 AZR 284/10 –).

  • Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG, Urteil vom 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 –).
  • Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn
    • bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder
    • es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist.

Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch für die Zukunft belastend auswirken (st. Rspr. BAG, z.B. Urteil vom 23.06.2009 – 2 AZR 283/08 –).

  • Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (BAG, Urteil vom 13.12.2007 – 2 AZR 818/06 –).

Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine vorausgegangene einschlägige Abmahnung voraus.
Diese dient der Objektivierung der negativen Prognose.

  • Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen.

Außerdem ist die Abmahnung als milderes Mittel in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer Kündigung vorzuziehen, wenn durch ihren Ausspruch das Ziel – ordnungsgemäße Vertragserfüllung – erreicht werden kann.

Dabei ist nicht erforderlich, dass es sich um identische Pflichtverletzungen handelt. Es reicht aus, dass die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen und somit Abmahnungs- und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (BAG, Urteil vom 13.12.2007 – AZR 818/06 –).
Entscheidend ist letztlich, ob der Arbeitnehmer aufgrund der Abmahnung erkennen konnte, der Arbeitgeber werde weiteres Fehlverhalten nicht hinnehmen, sondern ggf. mit einer Kündigung reagieren (BAG, Urteil vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10 –).

Darauf hat die 7. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Köln mit Urteil vom 19.11.2014 – 7 Ca 2114/14 – hingewiesen.