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Hobelspäne ohne abstumpfende Wirkung sind keine geeigneten Streumittel für einen eisglatten Gehweg.

Ein für eine Verkehrsfläche Räum- und Streupflichtiger genügt seiner Pflicht dann nicht, wenn er zum Bestreuen eis- und schneeglatter Flächen Hobelspäne verwendet, die sich mit Feuchtigkeit vollsaugen, so dass sie zu einer Art Eisflocken mit Rutscheffekt werden und auf Grund dessen keine nennenswerte abstumpfende Wirkung entfalten.

Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 24.11.2014 – 6 U 92/12 – entschieden und den für die Verkehrssicherungspflicht eines Gehweges Verantwortlichen zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld an eine Fußgängerin  verurteilt,

  • die wegen Eisglätte auf dem Gehweg, auf dem flächendeckend Hobelspäne ausgestreut waren,

gestürzt war und sich den Oberarm gebrochen hatte.

Ob von ihm verwendete Hobelspäne als Streumittel geeignet sind, muss der Verkehrssicherungspflichtige nach Ansicht des Senats selbst untersuchen. Dass die Verwendung von Sägemehl pp. als Streumittel gelegentlich im Internet empfohlen wird entlastet ihn nicht.

 

An einer Linienbushaltstelle aus dem Bus aussteigender Fahrgast kollidiert auf dem rechts vorbeiführenden Radweg mit einem Radfahrer.

Kommt es

  • auf einem als solchen gekennzeichneten Radweg, der rechts an einer Linienbushaltestelle und einem für Fahrgäste reservierten Bereich von 3 m Breite vorbeiführt,

zu einer Kollision zwischen einem Fahrgast (im Folgenden Beklagter genannt), der gerade den an der Haltestelle des Linienverkehrs haltenden Bus verlassen hat und einem Radfahrer, der dadurch stürzt und sich dabei verletzt,

Darauf hat der 29. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) mit Beschluss vom 15.01.2015 – 29 U 18/14 – hingewiesen.

Zwar hat der Kläger, wie das KG ausführte, nach § 823 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten,

  • weil dieser entgegen § 25 Abs. 3 Satz 1 StVO den Radweg (bei dem es sich um eine Fahrbahn im Sinne dieser Vorschrift handelt), ohne Beachtung des Verkehrs und ohne sich zu vergewissern, ob ein Radfahrer kommt, betreten und
  • durch dieses schuldhafte Verhalten die Verletzung des Klägers verursacht hat.

Allerdings trifft den Kläger ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB,

  • weil er beim Passieren der Linienbushaltestelle § 20 Abs. 2 StVO zu beachten hatte,
  • er demzufolge rechts, wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen nur hätte vorbeifahren dürfen, wenn eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist und
  • sein Verstoß gegen diese Vorschrift ebenfalls ursächlich für seine Verletzungen war.

§ 20 Abs. 2 StVO zu beachten hatte der Kläger, weil diese Vorschrift auch dann anzuwenden ist, wenn

  • Fahrgäste beim Verlassen öffentlicher Verkehrsmittel zunächst einen Bürgersteig oder wie im obigen Fall einen an einer Bushaltestelle relativ schmalen für Fußgänger reservierten Bereich erreichen und
  • erst anschließend einen Radweg passieren.

Denn auch derartige Situation sind für Fahrgäste gefährlich und § 20 Abs. 2 StVO soll die Gefahren für ein- und aussteigende Fahrgäste verringern.

Eine dem Kläger anzurechnende Mitverschuldensquote von 80% erschien dem Senat deshalb angemessen, weil

  • dieser die Haltestelle nur hätte passieren dürfen, wenn eine Gefährdung von Fahrgästen “ausgeschlossen” ist und er mit diesem Verstoß gegen § 20 Abs. 2 StVO eine der Kardinalpflichten der StVO verletzt hatte,
  • was deutlich schwerer wiegt als die Nichtbeachtung der Vorschrift des § 25 Abs. 3 Satz 1 StVO durch den Beklagten unmittelbar nach Verlassen des Busses.

 

Buchungsgebühren bei der Führung privater Girokonten.

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingen (AGB) von Banken,

  • die bei der Führung privater Girokonten alle Buchungen bepreist,
  • nach der Banken also auch für Buchungen bei der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags ein Entgelt verlangen können,

ist unwirksam.

Das hat der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.01.2015 – XI ZR 174/13 – entschieden

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der klagende Verbraucherschutzverband die beklagte Bank auf Unterlassung der Verwendung folgender, die Kontoführung von Privatgirokonten betreffender Klausel gegenüber Verbrauchern in Anspruch genommen, die eine Klausel zu einem vierteljährlich fälligen Grundpreis für die Kontoführung ergänzte:

  • „Preis pro Buchungsposten 0,35 EUR“.

Nach der Entscheidung des XI. Zivilsenats des BGH ist die beanstandete und nach § 307 Abs. 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kontrollfähige Klausel deshalb unwirksam, weil

  • die Klausel so auszulegen ist, dass sie alle Buchungen bepreist, also auch Buchungen bei der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags,
  • die Klausel damit entgegen § 675e Abs. 1 BGB zum Nachteil der Kunden von der Vorschrift des § 675y Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB abweicht,
    • nach der die Bank als Zahlungsdienstleister keinen Anspruch auf ein Entgelt hat, wenn ein Zahlungsauftrag fehlerhaft ausgeführt wird sowie
    • die Bank darüber hinaus, indem sie (auch) für solche von ihr unentgeltlich vorzunehmende Berichtigungsbuchungen ein Entgelt verlangt, den Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten auf ihre Kunden abwälzt und

Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Nachteil von Kunden gegen (halb-) zwingendes Recht verstoßen, Kunden unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 27.01.2015 – Nr. 12/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn im Strafverfahren Aussage gegen Aussage steht.

In einem Fall,

  • in dem „Aussage gegen Aussage“ steht und
  • außer der Aussage des einzigen Belastungszeugen keine weiteren belastenden Indizien vorliegen,

muss sich der Tatrichter bewusst sein,

  • dass die Aussage dieses Zeugen einer besonderen Glaubwürdigkeitsprüfung zu unterziehen ist.

Die Urteilsgründe müssen in einem solchen Fall

  • in dem nur die Angaben eines einzigen Tatzeugen zur Verfügung stehen, mithin die Entscheidung allein davon abhängt, ob diesem einen Zeugen zu folgen ist,

erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (st. Rspr.; vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 06.02.2014 – 1 StR 700/13 –; Beschluss vom 12.09.2012 – 5 StR 401/12 –; Beschluss vom 19.08.2008 – 5 StR 259/08 –).

Wird bzw. ist die Aussage des einzigen Belastungszeugen

  • hinsichtlich einzelner Taten und Tatmodalitäten in einem wesentlichen Detail widerlegt und ist sie diesbezüglich als bewusst falsch anzusehen,

so ist damit seine Glaubwürdigkeit in schwerwiegender Weise in Frage gestellt.

  • In einem solchen Fall kann allein auf seine Aussage eine Verurteilung nur gestützt, seinen übrigen Angaben also nur dann gefolgt werden, wenn außerhalb der Aussage Gründe von Gewicht für ihre Glaubhaftigkeit vorliegen.

Zeigt das Tatgericht im Falle einer Verurteilung solche außerhalb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe, die es ihm ermöglichen der Zeugenaussage im Übrigen dennoch zu glauben, nicht auf, ist seine Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft und hat eine Revision mit der Sachrüge Erfolg.

Darauf hat der 4. Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 19.11.2014 – 4 StR 427/14 – hingewiesen.

 

Verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie

  • durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist.

Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine

  • vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und
  • in der Regel schuldhaft verletzt hat und
  • eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht.

Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden.
Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (z.B. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteile vom 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 –; vom 21.06.2012 – 2 AZR 153/11 – und vom 09.06.2011 – 2 AZR 284/10 –).

  • Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG, Urteil vom 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 –).
  • Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn
    • bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder
    • es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist.

Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch für die Zukunft belastend auswirken (st. Rspr. BAG, z.B. Urteil vom 23.06.2009 – 2 AZR 283/08 –).

  • Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (BAG, Urteil vom 13.12.2007 – 2 AZR 818/06 –).

Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine vorausgegangene einschlägige Abmahnung voraus.
Diese dient der Objektivierung der negativen Prognose.

  • Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen.

Außerdem ist die Abmahnung als milderes Mittel in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer Kündigung vorzuziehen, wenn durch ihren Ausspruch das Ziel – ordnungsgemäße Vertragserfüllung – erreicht werden kann.

Dabei ist nicht erforderlich, dass es sich um identische Pflichtverletzungen handelt. Es reicht aus, dass die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen und somit Abmahnungs- und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (BAG, Urteil vom 13.12.2007 – AZR 818/06 –).
Entscheidend ist letztlich, ob der Arbeitnehmer aufgrund der Abmahnung erkennen konnte, der Arbeitgeber werde weiteres Fehlverhalten nicht hinnehmen, sondern ggf. mit einer Kündigung reagieren (BAG, Urteil vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10 –).

Darauf hat die 7. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Köln mit Urteil vom 19.11.2014 – 7 Ca 2114/14 – hingewiesen.

 

Wenn der Reparaturaufwand für ein bei einem Verkehrsunfall beschädigtes Fahrzeug den Wiederbeschaffungswert für ein (gleichwertiges) Ersatzfahrzeug übersteigt.

Ein Geschädigter kann gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen.
Für die Berechnung von Kraftfahrzeugschäden stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung stehen:

Verursacht allerdings bei mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2009 – VI ZR 312/08 –).

Übersteigen die voraussichtlichen Reparaturkosten einschließlich eines nach der Reparatur verbleibenden merkantilen Minderwerts

  • den Wiederbeschaffungswert für ein (gleichwertiges) Ersatzfahrzeug,
  • halten sie sich aber innerhalb der sog. 130 %-Grenze,

kann ein Geschädigter die Kosten für die tatsächliche Instandsetzung des Kraftfahrzeugs dann verlangen, wenn

  • das Fahrzeug nachweisbar fachgerecht und in einem Umfang repariert worden ist, der dem vom Sachverständigen in seinem Gutachten geschätzten Reparaturaufwand entspricht und
  • das Fahrzeug nach dem Unfall in der Regel sechs Monate weiter genutzt wird (vgl. BGH, Urteile vom 13.11.2007 – VI ZR 89/07 – und vom 27.11.2007 – VI ZR 56/07 –).

Im Rahmen der danach gebotenen Vergleichsberechnung ist

  • dem Wiederbeschaffungswert für ein (gleichwertiges) Ersatzfahrzeug
  • die Summe aus
    • den von dem Sachverständigen ermittelten voraussichtlichen Instandsetzungskosten und
    • einem bei Durchführung der Reparatur verbleibenden Minderwert

gegenüberzustellen.
Dabei ist jedenfalls dann auf die Bruttoreparaturkosten abzustellen, wenn der Geschädigte nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist (vgl. BGH, Urteile vom 03.03.2009 – VI ZR 100/08 -; vom 23.11.2010 – VI ZR 35/10 –).

Beispielsfall:
Betragen nach einem Schadensfall

  • der Wiederbeschaffungswert für ein (gleichwertiges) Ersatzfahrzeug 14.550,00 €,
  • die nach einer Reparatur verbleibende Wertminderung 1.000,00 € sowie
  • die vom Sachverständigen ermittelten voraussichtlichen Reparaturkosten (brutto) 17.186,21 €,

darf ein Geschädigter auf Reparaturkostenbasis abrechnen, weil

  • die voraussichtlichen Reparaturkosten in Höhe von brutto 17.186,21 € zzgl. 1.000,00 € Wertminderung
  • sich auf rund 125 % des Wiederbeschaffungswertes in Höhe von 14.550,00 € belaufen.

Der Geschädigte kann in einem solchen Fall

  • wenn er das Fahrzeug in einer Fachwerkstatt sach- und fachgerecht reparieren lässt und
  • er es nach dem Unfall sechs Monate lang weiter nutzt,

neben den Reparaturkosten 

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 09.01.2015 – 13 S 166/14 – hingewiesen.

 

Wann liegt ein Mietvertrag über Geschäftsräume, wann ein Immobilienleasingvertrag vor?

Das Immobilienleasing stellt eine besondere Form des Finanzierungsleasings dar, um den Erwerb von Grundstücken oder die Errichtung baulicher Anlagen zu finanzieren.

Auch für einen Immobilienleasingvertrag ist daher kennzeichnend,

  • dass der Leasinggeber dem Leasingnehmer eine Sache oder eine Sachgesamtheit gegen ein in Raten gezahltes Entgelt zum Gebrauch für eine fest vereinbarte – und beim Immobilienleasing regelmäßig lange – Vertragslaufzeit überlässt,
  • wobei die Gefahr und Haftung für Instandhaltung, Sachmängel, Untergang und Beschädigung der Sache allein den Leasingnehmer trifft (vgl. Bundesgerichtshof (BGH) Urteil vom 04.02.2004 – XII ZR 301/01 –).

Der Leasingnehmer deckt mit den während der Vertragslaufzeit entrichteten Leasingraten die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten des Leasinggebers, beim Immobilienleasing möglicherweise noch durch ein zusätzlich zu gewährendes Mieterdarlehen, vollständig ab.

Ob es sich bei einem Vertrag um einen Immobilienleasing- oder einen Mietvertrag handelt ist nach seinem gesamten Vertragsinhalt, also den von den Parteien getroffenen Regelungen zu bestimmen. Aus der von den Vertragsparteien gewählten Bezeichnung des Vertrags kann nicht zwingend auf dessen Rechtsnatur geschlossen werden. Allerdings stellt die gewählte Bezeichnung ein Indiz dafür dar, welchen Zweck die Parteien mit dem Vertrag verfolgen wollten.
Entscheidend für die rechtliche Qualifizierung ist jedoch,

  • dass bestimmende Kriterien des Mietvertrags die Gebrauchsüberlassung einer Sache gegen Zahlung eines regelmäßig nach Zeitabschnitten bemessenen Mietzinses sind,

während beim Leasingvertrag zu diesen auch für ihn wesentlichen Merkmalen regelmäßig hinzutritt,

  • dass der Leasinggeber zum Zwecke der Befriedigung eines Investitionsbedarfs des Leasingnehmers das zum Gebrauch zu überlassende Leasinggut beschafft und vorfinanziert.

Ob dem Mieter in dem Vertrag ein Ankaufsrecht eingeräumt ist oder nicht ist unerheblich, weil die Vereinbarung eines Ankaufsrechts des Leasingnehmers oder eines Andienungsrechts des Leasinggebers für einen Leasingvertrag nicht begriffsnotwendig ist (BGH, Urteil vom 04.02.2004 – XII ZR 301/01 –).

Liegt ein Immobilienleasingvertrag vor, wird der Leasingnehmer durch eine darin in vorformulierten Vertragsbedingungen enthaltene Regelung, mit der ihm die Instandhaltungspflicht für das von ihm genutzte Gebäude übertragen wird, nicht unangemessen benachteiligt.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 26.11.2014 – XII ZR 120/13 – hingewiesen.

 

Unfreundliches Verhalten eines Arbeitnehmers gegenüber Kunden rechtfertigt Abmahnung.

Gehört es zur arbeitsvertraglichen Pflicht des Arbeitnehmers Kunden zu informieren und zu beraten, so stellt ein wiederholt unfreundliches Verhalten gegenüber Dritten eine Pflichtverletzung dar, die der Arbeitgeber abmahnen darf.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein mit Urteil vom 20.05.2014 – 2 Sa 17/14 – in einem Fall entschieden, in dem von einem Arbeitgeber, seinem als Ausbildungsberater eingesetzten Arbeitnehmer eine Abmahnung erteilt worden war, weil dieser gegenüber einem Auszubildenden, auf dessen Anfrage per E-Mail nach Informationen zu einer Ergänzungsprüfung, zurück geschrieben hatte,

  • „Hallo Herr ..,
    es dürfte eigentlich selbstverständlich sein, dass man sich dort anmeldet wo man sich auch zur schriftlichen Prüfung angemeldet hat. Das Anmeldungen nicht auf Zuruf erfolgen können, sollte ebenfalls klar sein. Es wird eine mündliche Ergänzungsprüfung sein in der Sie die gleichen Hilfsmittel wie bei der schriftlichen Prüfung benutzen dürfen.
    Mit freundlichen Grüßen“

und nachdem von dem Auszubildenden diese Antwort als unfreundlich beanstandet worden war, er diesem daraufhin erwidert hatte,

  • „Hallo Herr …,
    vielleicht sollten Sie sich einmal hier an meinen Platz setzen und die nervigen Anrufe der angehenden Meister beantworten. Selbst wenn die I… den Hinweis auf den Formularen verwenden würden, die meisten von Ihnen lesen es ja leider nicht einmal. Das trifft auch immer auf die Anmeldeformulare zu, Sie können sich nicht vorstellen, wie viele falsch ausgefüllte Formulare hier ankommen, weil sie niemand gelesen hat. Nach heute mittlerweile ca. 20 Anrufen von angehenden Meistern bleibt die Freundlichkeit einfach aus.
    Mit freundlichen Grüßen“

Die Klage des Arbeitnehmers gegen die erteilte Abmahnung hatte keinen Erfolg, weil, wie das LAG in der Entscheidung ausführte,

  • grundsätzlich jede Pflichtverletzung einer Arbeitsvertragspartei, egal ob sie einen Leistungsmangel oder ein sonstiges Fehlverhalten am Arbeitsplatz betrifft, abgemahnt werden kann, durch die Abmahnung das arbeitsvertragswidrige Verhalten nicht bestraft, sondern der Arbeitnehmer als Schuldner auf seine vertraglichen Pflichten hingewiesen sowie auf die Verletzung seiner Pflichten aufmerksam gemacht, damit der Verstoß gerügt sowie dokumentiert, der Arbeitnehmer außerdem für die Zukunft zu vertragstreuem Verhalten aufgefordert und für den Fall der Wiederholung eine Kündigung angedroht, also eine Warnung ausgesprochen wird,
  • Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Entfernung einer erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte nur verlangen können, wenn
    • diese entweder inhaltlich unbestimmt ist,
    • unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält,
    • auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht,
    • den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder
    • bei einer zu Recht erteilten Abmahnung ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnungen in der Personalakte nicht mehr besteht (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 19.07.2012 – 2 AZR 782/11 –) und
  • hier keine dieser Voraussetzungen gegeben war.

Insbesondere erachtete das LAG die Abmahnung nicht für unverhältnismäßig. Denn wird das Verhalten eines Arbeitnehmers zu dessen arbeitsvertraglichen Pflichten es gehört Kunden zu informieren und zu beraten von Außenstehenden als unfreundlich empfunden, wirkt sich das nicht nur auf das Ergebnis seiner eigenen Arbeit aus, sondern beeinflusst auch das Ansehen des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit.
Nachdem der klagende Arbeitnehmer auch nicht lediglich mit dem Kunden telefoniert oder direkt gesprochen, sondern sich im Rahmen einer E-Mail-Korrespondenz unhöflich verhalten hatte, er also nicht spontan reagieren musste, sondern sogar noch Zeit hatte, sich eine Antwort zu überlegen, gegebenenfalls die Formulierungen zu überprüfen und zu berichtigen, konnte er sich auch nicht darauf berufen, dass Fehler bei der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Aufgaben, wie sie auch im Rahmen der Kommunikation eines Arbeitnehmers mit Kunden vorkommen können, nicht immer zu vermeiden sind und es sich um einen spontanen „Ausrutscher“ gehandelt hat.

 

Schüler erleidet während des Chemieunterrichts bei einem Experiment Brandverletzungen.

Ein Schüler, der während des Chemieunterrichts aufgrund einer fahrlässigen Handlungsweise der Lehrkraft Brandverletzungen erleidet, hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld.

Darauf hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Osnabrück mit Urteil vom 16.01.2015 – 5 O 596/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte sich ein Oberschüler einer sechsten Klasse im Chemieunterricht bei einem Experiment, das unter Aufsicht der Lehrerin durchgeführt worden war, Verbrennungen 2. Grades im Gesicht und am Oberkörper zugezogen, als sich beim Nachfüllen eines vermeintlich leeren Porzellanschälchens aus einer Spiritus-Flasche durch die Lehrkraft, das Spiritus in der Flasche entzündet hatte und die Flasche mit einer Stichflamme durch den Raum geflogen war.

Die Klage des verletzten Schülers gegen den Träger der Schule auf Zahlung von 10.000 Euro Schmerzensgeld wies das LG Osnabrück ab, weil

  • Schüler gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 b Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen gesetzlich unfallversichert sind,
  • für die Folgen des obigen Schulunfalls somit die zuständige Unfallversicherung eintrittspflichtig ist,
  • in einem solchen Fall der verletzte Schüler nach der Vorschrift des auf den Schulbetrieb anwendbaren §§ 105 Abs. 1 S. 1, 106 Abs. 1 SGB VII nur dann einen Anspruch auf Ersatz seines Personenschadens gegen andere Unfallbeteiligte, wie hier die Lehrerin und damit auch gegen den Schulträger, hat, wenn diese den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt haben (vgl. hierzu auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 30. 03. 2004 – VI ZR 163/03 –; Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, Urteil vom 03.12.2012 – 12 U 1473/11 – und OLG Hamm, Urteil vom 08.11.2013 – 26 U 31/13 –),
  • der Lehrerin vorsätzliches Handeln nicht anzulasten war und
  • deshalb, nachdem nur eine fahrlässige Handlungsweise vorgelegen hat, Ansprüche gegen die Lehrerin und damit auch gegen den Schulträger gesetzlich ausgeschlossen sind.

Das hat die Pressestelle des Landgerichts Osnabrück am 16.01.2015 – 5/15 – mitgeteilt.

Hinweis:
Die gesetzliche Unfallversicherung, über die die Unfallfolgen zu regulieren sind, übernimmt nur materielle Schäden, wie z.B. Behandlungskosten, Fahrtkosten zu Ärzten oder Sachschäden.
Schmerzensgeldansprüche gegen die Unfallversicherung sind ausgeschlossen. 

 

Schwimmbadbetreiber muss kleine Sitzbänke in den Umkleidekabinen nicht fest mit Wand oder Boden verschrauben.

Kleine, als Sitzgelegenheiten in den Umkleidekabinen eines Schwimmbades aufgestellte, nicht mit Boden oder der Wand befestigte, sondern lediglich auf vier Metallfüßen stehende Holzbänke stellen bei sachgerechter Nutzung keine Gefahrenstelle dar.
Da auch eine allgemeine Verpflichtung zur Verschraubung solcher Bänke für Betreiber von Schwimmbädern nicht besteht,

  • wies das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 24.04.2014 – 191 C 21259/13 – die Klage einer Frau ab,
  • die Schadensersatz sowie Schmerzensgeld von einem Schwimmbadbetreiber wegen einer Fußverletzung wollte, die sie sich zugezogen hatte, weil eine solche Bank, als sie ihren vier Jahre alten Sohn zum Anziehen auf die Bank stellte, umgekippt und ihr auf ihren Vorderfuß gefallen war.

Das bloße Aufstellen einer kleinen Bank als Sitzgelegenheit in den Umkleidekabinen eines Schwimmbades stellt nach dieser Entscheidung keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar, zumal, wenn für jeden Besucher, wie es vorliegend der Fall war, erkennbar ist, dass die Bank weder an der Wand noch am Boden fest verschraubt ist und umfallen kann.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 23.01.2015 – 4/15 – mitgeteilt.