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Wann kann im politischen Meinungskampf die Unterlassung von Äußerungen verlangt werden?

Im Rahmen des politischen Meinungskampfes kann auch die Bezeichnung des Gegners

  • als Betrüger, Rechtsbrecher, Lügner, Halunke oder Gauner

zulässig sein, sofern es sich bei diesen Äußerungen

  • ihrem Sinn und systematischen Kontext nach um eine bewertende Stellungnahme zu einer die Öffentlichkeit bzw. eine politische Partei interessierende Frage handelt.

Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 14.01.2015 – Az. 6 U 156/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger, Mitglied einer politischen Partei, sich dagegen gewandt, in einem an die Mitglieder seiner Partei adressierten E-Mailschreiben von dem Beklagten, der früher selbst Mitglied in dieser Partei und nachdem es zu einem Parteiausschlussverfahren gekommen war, freiwillig aus der Partei ausgetreten war, als Betrüger, Rechtsbrecher, Halunke, Lügner und Gauner bezeichnet zu werden.

Vom Landgericht (LG) Baden-Baden waren dem Beklagten mit der Begründung, es handle sich hier um unzulässige Schmähkritik, die beanstandeten Äußerungen untersagt worden.

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung des Beklagten hatte Erfolg.

Der 6. Zivilsenat des OLG Karlsruhe folgte der Auffassung des LG nicht und wies darauf hin,

  • dass eine Schmähung bei einer die Öffentlichkeit interessierenden Frage nur ausnahmsweise vorliege und eher auf die Privatfehde beschränkt sei,
  • dass wesentliches Merkmal der Schmähung eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung sei und
  • davon hier keine Rede sein könne, weil die angegriffenen Äußerungen nicht isoliert betrachtet werden dürften, sondern – entgegen der Auffassung des LG – auch die in der E-Mail gesetzten Links berücksichtigt werden müssten.

Da der Beklagte, wie der Senat weiter ausführte, in den in der E-Mail gesetzten Links den Ablauf der Wahl des Klägers auf den 3. Listenplatz bei der Europawahl sowie die Durchführung des Gründungsparteitags als fehlerhaft beanstandet habe, handele es sich bei den Äußerungen daher ihrem Sinn und systematischen Zusammenhang nach um eine die kritisierten parteiinternen Vorgänge zusammenfassende, bewertende Stellungnahme.
Bei der gebotenen Abwägung spreche eine Vermutung für die Zulässigkeit der beanstandeten Äußerungen, da sonst die Meinungsfreiheit, die Voraussetzung für einen freien und offenen politischen Prozess sei, in ihrem Kern betroffen wäre.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Karlsruhe am 15.01.2015 mitgeteilt.

 

Verstoß einer Vermieterin gegen das sog. „Diskriminierungsverbot“.

Das Amtsgericht (AG) Tempelhof-Kreuzberg hat mit Urteil vom 19.12.2014 – 25 C 357/14 – zwei Mietern türkischer Herkunft eine Entschädigung von je 15.000,00 EUR wegen Verstoßes ihrer Vermieterin gegen das sog. „Diskriminierungsverbot“ zugesprochen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Beklagte, nach Erwerb der Immobilie, in der die zwei Kläger türkischer Herkunft langjährige Mieter einer Wohnung waren,  

  • zunächst bei allen Mietern des Hauses die Miete, unter Gewährung eines Sonderkündigungsrechtes, erhöht,
  • nachfolgend, nachdem viele der Mieter darauf hin gekündigt hatten, ein weiteres Mieterhöhungsverlangen lediglich an die Kläger sowie zwei weitere Mietvertragsparteien arabischer bzw. türkischer Herkunft, nicht aber die anderen verbliebenen Mieter versandt, obwohl die Wohnungen in Größe, Ausstattung etc. teilweise vergleichbar waren sowie
  • den Klägern, als diese dann kündigten, im Gegensatz zu anderen Mietvertragsparteien, eine von ihnen erbetene Räumungsfrist versagt.

Das AG sah in dem zweiten lediglich an die Kläger und zwei weitere Mietvertragsparteien arabischer bzw. türkischer Herkunft gerichteten Mieterhöhungsverlangen sowie der Verweigerung der begehrten Räumungsfrist einen Verstoß der Wohnungseigentümerin und Vermieterin gegen das Verbot der Benachteiligung wegen ethnischer Herkunft nach § 19 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), weil die Kläger dadurch wegen ihrer ethnischen Herkunft unmittelbar in unzulässiger Weise benachteiligt worden sind, d. h. wegen ihrer türkischen Herkunft eine weniger günstige Behandlung erfahren haben, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.
Die Höhe der Entschädigung bewertete das AG deshalb mit jeweils 15.000,00 EUR als angemessen, da die Kläger sich gezwungen gesehen hätten, das Mietverhältnis zu beenden und die Beklagte trotz eines schriftlichen Hinweises auf ihr diskriminierendes Verhalten dieses ohne Einsicht fortgesetzt hatte.

Das hat die Pressestelle des Kammergerichts Berlin am 14.01.2015 mitgeteilt.

 

Wenn Erblasser mit seiner ersten Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament errichtet hatte.

Ist von einem

  • nach Scheidung wiederverheiratetem Ehemann
  • in einem während seiner ersten Ehe errichteten Testament seine erste Ehefrau als Erbin eingesetzt worden,

kann seine im Testament nicht berücksichtigte zweite Ehefrau das Testament (sofern es nicht schon nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam sein sollte) nach dem Tode des Ehemanns regelmäßig anfechten.

Das hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 28.10.2014 – 15 W 14/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Erblasser

  • 2003, während seiner ersten Ehe, mit seiner ersten Ehefrau ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sich die Eheleute wechselseitig zum alleinigen Erben des Erstversterbenden eingesetzt hatten, wobei in einem Nachtrag dazu zwischen den Eheleuten vereinbart worden war, dass das Testament auch im Falle der Ehescheidung gelten sollte

sowie

  • 2012, nach seiner Scheidung und seiner Wiederheirat, mit seiner zweiten Ehefrau, ein notarielles Testament, das einen Widerruf seiner früheren letztwilligen Verfügung beinhaltete, der ersten Ehefrau allerdings nicht übermittelt worden war.   

Die nach dem Tod des Erblassers erklärte und damit begründete Anfechtung des Testaments aus dem Jahr 2003 durch die zweite Ehefrau, dass sie als Pflichtteilsberechtigte übergangen worden sei, hat der 15. Zivilsenat des OLG Hamm für wirksam erachtet und aufgrund dessen festgestellt, dass die erste Ehefrau nicht Erbin geworden ist.

Zwar sei, wie der Senat ausführte, das Testament aus dem Jahre 2003 nicht nach § 2077 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Scheidung unwirksam geworden. Denn die damaligen Eheleute hätten ihr gemeinschaftliches Testament ausdrücklich durch den Weitergeltungsnachtrag entsprechend der Regelung des § 2077 Abs. 3 BGB ergänzt.
Der Erblasser hätte sich deshalb von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments gemäß § 2271 Abs. 1 BGB nur durch eine Widerrufserklärung nach der für den Rücktritt von einem Erbvertrag geltenden Vorschrift des § 2296 BGB befreien können, die nach § 2296 Abs. 2 BGB der ersten Ehefrau gegenüber abzugeben gewesen wäre bzw. bei einer in ihrer Abwesenheit abgegeben Widerrufserklärung ihr hätte zugehen müssen, um wirksam zu sein (§§ 130 Abs. 1 S. 1, 132 Abs. 1 BGB).
Da der Erblasser zu seinen Lebzeiten aber versäumt hatte, seiner ersten Ehefrau den in dem notariellen Testament aus dem Jahr 2012 erklärten Widerruf zu übermitteln, war der Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments aus dem Jahr 2003 nicht wirksam.

Das gemeinschaftliche Testament aus dem Jahr 2003 Testament war aber deshalb unwirksam, weil die nach § 2080 Abs. 3, § 2079 S. 1 BGB anfechtungsberechtigte zweite Ehefrau es wirksam angefochten hatte.
Die von ihr innerhalb der mit dem Tode des Erblassers beginnenden Jahresfrist (§ 2082 BGB) formgerecht gegenüber dem Nachlassgericht (§ 2081 Abs. 1 BGB) erklärte Anfechtung führte gemäß § 142 Abs. 1 BGB dazu, dass die vom Erblasser in diesem gemeinschaftlichen Testament verfügte Erbeneinsetzung der ersten Ehefrau als von Anfang an nichtig anzusehen war.

Sachlich begründet war die Anfechtung, weil der Anfechtungsgrund nach § 2079 S. 1 BGB durchgriff. Nach dieser Vorschrift kann eine letztwillige Verfügung u.a. dann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, der erst nach der Errichtung pflichtteilsberechtigt geworden ist.
Der Tatbestand dieses Anfechtungsgrundes lag hier zweifelsfrei vor, weil die zweite Ehefrau erst dadurch pflichtteilsberechtigt geworden ist, dass sie 2012 die Ehe mit dem Erblasser geschlossen hat (§ 2303 Abs. 2 BGB).
§ 2079 S. 2 BGB begründet eine gesetzliche Vermutung dafür, dass der Erblasser bei Kenntnis der Sachlage den neu hinzugetretenen Pflichtteilsberechtigten nicht übergangen hätte, seine Unkenntnis also kausal für die getroffene Verfügung war.
Ausgeschlossen ist eine Anfechtung in einem solchen Fall nur dann, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde. Hiervon war im vorliegenden Fall nicht auszugehen.
Nach dem seinerzeit vereinbarten Nachtrag sollte das Testament des Jahres 2003 nämlich nur bei der Scheidung weitergelten. Dafür, dass es nach dem Willen des Erblassers auch im Falle seiner Wiederverheiratung weitergelten sollte, gab es keine konkreten Anhaltspunkte.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 14.01.2015 mitgeteilt.

 

Bundesgerichtshof setzt Grenzwert der nicht geringen Menge für einige synthetische Cannabinoide fest.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 14.01.2015 – 1 StR 302/13 –

  • in einem Fall, in dem der Angeklagte über einen Internethandel im In- und Ausland angekaufte Kräutermischungen vertrieben hatte, die synthetische Cannabinoide, namentlich die Wirkstoffe JWH-018, JWH-073, CP 47,497 und CP 47,497-C8-Homologes, enthielten,

entschieden, dass die nicht geringe Menge für synthetische Cannabinoide mit

  • den Wirkstoffen JWH-018 und CP 47,497-C8-Homologes bei einer Wirkstoffmenge von 2 g und
  • den Wirkstoffen JWH-073 und CP 47,497 bei einer Wirkstoffmenge von 6 g

beginnt.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 14.01.2014 – Nr. 5/2015 – mitgeteilt.

Hinweis:

  • Bei Cannabisprodukten beginnt die nicht geringe Menge bei 7,5 g Tetrahydrocannabinol (THC) (BGH, Beschluss vom 20.12.1995 – 3 StR 245/95 –),
  • bei Kokain beginnt sie bei 5 g Kokainhydrochlorid (BGH, Urteil vom 01.02.1985 – 2 StR 685/84 –),
  • bei Heroin beginnt sie bei 1,5 g Heroinhydrochlorid (HHC) (BGH, Beschluss vom 07.11.1983 – 1 StR 721/83 –),
  • bei Amphetamin-Zubereitungen beginnt sie bei 10 g Amphetamin-Base (BGH, Urteil vom 11.04.1985 – 1 StR 507/84 –),
  • bei LSD beginnt sie bei 6 Milligramm Lysergsäurediethylamid (BGH, Urteil vom 01.09.1987 – 1 StR 191/87 –),
  • bei den sogenannten Ecstasy-Tabletten,
    • wenn sie den Wirkstoff 3,4-Methylendioxy-N-ethylamphetamin (MDE/MDEA) enthalten beginnt sie bei 30 g MDE-Base und
    • wenn sie den Wirkstoff 3,4-Methylendioxy-N-methaamphetamin (MDMA) enthalten, bei 30 g MDMA-Base (BGH, Beschluss vom 15.03.2001 – 3 StR 21/01 –),
  • bei Metamfetamin (Crystal-Speed) beginnt sie bei 5 g Methamfetamin-Base (BGH, Urteil vom 03.12.2008 – 2 StR 86/08 –) und
  • bei Morphin beginnt sie bei 4,5 g Morphinhydrochlorid (BGH, Urteil vom 22.12.1987 – 1 StR 612/87 –).

Handelt es sich um eine nicht geringe Menge, können die Straftatbestände

erfüllt sein.

 

Schwangerschaft von Frauenärztin fehlerhaft nicht erkannt.

Ein Schadensersatzanspruch gegen eine Frauenärztin, der vorgeworfen wird, die Schwangerschaft einer Patientin fehlerhaft nicht erkannt zu haben,

  • kann nicht damit begründet werden,

die Patientin hätte bei zutreffendem Befund von der Möglichkeit einer Abtreibung nach § 218 a Abs.1 Strafgesetzbuch (StGB) Gebrauch gemacht,

  • denn diese Form der Abtreibung (sog. Fristenlösung) ist zwar straflos, bleibt aber rechtswidrig.

Darauf der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 18.11.2014 – 5 U 108/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war die beklagte Frauenärztin von der Klägerin, weil diese kein weiteres Kind mehr wollte und sich gegebenenfalls für einen Abbruch entschieden hätte, gebeten worden, das Vorliegen einer Schwangerschaft abzuklären.
Obwohl die Klägerin sich zu diesem Zeitpunkt in der sechsten Schwangerschaftswoche befunden hatte, war von der Beklagten nach Durchführung einer Ultraschalluntersuchung eine Schwangerschaft bei der Klägerin ausgeschlossen worden. Von ihrer Schwangerschaft hatte die Klägerin deshalb erst in der 15. Schwangerschaftswoche erfahren.
Mit der Begründung, durch das fehlerhafte Nichterkennen der Schwangerschaft sei ihr die damals noch bestehende Möglichkeit einer legalen Abtreibung nach § 218a Abs. 1 StGB genommen worden, verlangte die Klägerin von der Beklagten ein Schmerzensgeldes in Höhe von 25.000,- € und die Zahlung von Kindesunterhalt.

Der 5. Zivilsenat des OLG Oldenburg wies die Klage ab.

Nach dieser Entscheidung kann die auf einem ärztlichen Fehler beruhende Vereitelung eines Schwangerschaftsabbruchs kann nur dann Grundlage eines Anspruchs auf Ersatz des Unterhaltsschadens für ein ungewolltes Kind sein, wenn der Abbruch rechtmäßig gewesen wäre, also der Rechtsordnung entsprochen hätte.

  • § 218a StGB lässt einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich nur bei Vorliegen einer medizinischen oder kriminologischen Indikation (§ 218a Abs. 2 und 3 StGB) zu.
  • Ein allein auf der Beratungslösung (§ 218a Abs. 1 StGB) beruhender Schwangerschaftsabbruch ist hingegen nicht rechtmäßig.

§ 218a Abs. 1 StGB klammert zwar den Schwangerschaftsabbruch unter den dort genannten Voraussetzungen aus dem Tatbestand des § 218 StGB aus.
Dies bedeutet aber nur, dass er nicht mit Strafe bedroht ist. Ein Rechtfertigungsgrund ist damit nicht gegeben. Die Beratungsregelung hat lediglich zur Folge, dass die Frau, die ihre Schwangerschaft nach einer Beratung abbricht, straflos eine von der Rechtsordnung nicht erlaubte Handlung vornimmt (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs (BGH), vgl. nur Urteile vom 19.02.2002 – VI ZR 190/01 – und vom 31.01.2006 – VI ZR 135/04 –).

Finanzielle Nachteile, deren Vermeidung das Gesetz nicht für gerechtfertigt erklärt, müssen nicht kompensiert werden. Sie sind Folge einer Entwicklung, deren Hinnahme der Gesetzgeber der betroffenen Person zumutet.
Aus demselben Grund stehen der Klägerin auch keine Schmerzensgeldansprüche gegen die Beklagte zu (vgl. dazu auch OLG Koblenz, Beschluss vom 20.03.2006 – 5 U 255/06 –).

Unberücksichtigt bei der Entscheidung, weil nach § 531 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht zugelassen, blieb das Vorbringen der Klägerin,

  • dass bei ihr (auch) die Voraussetzungen einer medizinisch indizierten Abtreibung nach § 218 a Abs.2 StGB vorgelegen hätten und
  • sie von dieser Möglichkeit bei zutreffendem Befund durch den Frauenarzt Gebrauch gemacht hätte,

da sie dies nicht schon in erster Instanz, sondern erstmals im zweiten Rechtszug geltend gemacht hatte. 

 

Wenn ein Angeklagter in der Hauptverhandlung beim Eintreten des Gerichts in den Sitzungssaal nicht aufsteht sondern sitzenbleibt.

Erhebt sich ein Angeklagter nach einer Sitzungspause beim Wiedereintritt des Gerichtes nicht, stellt dies in der Regel keine Ungebühr nach § 178 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) dar.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Beschluss vom 05.01.2015 – 2 W 448/14 – entschieden und

  • das von einem Amtsgericht gegen einen Angeklagten, der sich nach einer kurzen Verhandlungspause beim erneuten Eintreten der Richterin nicht erhoben hatte, auf Grund dessen wegen Ungebühr nach § 178 Abs. 1 GVG verhängte Ordnungsgeld aufgehoben.

Nach dieser Entscheidung kann das Sitzenbleiben eines Angeklagten zwar grundsätzlich eine Ungebühr im Sinne des § 178 GVG Abs. 1 darstellen. Jedoch gilt dies nicht uneingeschränkt.

In Nr. 124 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) ist vorgesehen, dass sich sämtliche Anwesenden (lediglich) beim

  • Eintritt des Gerichts zu Beginn der Sitzung,
  • bei der Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen und
  • bei der Verkündung der Urteilsformel

von ihren Plätzen erheben.
Diese verwaltungsrechtlichen Vorgaben, an die die Gerichte nicht gebunden sind, wurden von der Rechtsprechung letztlich übernommen (OLG Koblenz, Beschluss vom 02.12.1983 – 2 Ws 647/83 – [erstes Eintreten des Gerichts]; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.01.1969 – 2 Ws 209/68 – 2 Ws 210/68 – [Urteilsverkündung]; OLG Hamm, Beschluss vom 04.02.1975 – 5 Ws 14/75 – [Urteilsverkündung]; OLG Celle, Beschluss vom 17.01.2012 – 1 Ws 504/11 – [Urteilsverkündung]; OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.06.2013 – 2 Ws 12/13 – [Urteilsverkündung]).

Demgegenüber stellt das (bloße) Sitzenbleiben beim Eintreten des Gerichts

  • nach vorangegangener Sitzungspause

nur dann eine Ungebühr im Sinne des § 178 Abs. 1 GVG dar,

  • wenn weitere objektive Umstände hinzutreten, die die Annahme rechtfertigen, dass dies in der Absicht geschieht, das Gericht zu provozieren oder herabzusetzen (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28.02.2007 – 1 W 33/07 –).

Auch wird das Verhalten eines Angeklagten nicht dadurch ungebührlich, dass er nach einer vorausgegangenen Sitzungspause beim Eintreten des Gerichts der Aufforderung des Vorsitzenden, sich von seinem Platz zu erheben, nicht nachkommt.
Denn hierzu ist er nicht verpflichtet, mag es auch verbreitet üblich sein. Anders als zu Beginn der Sitzung stellt deren Fortsetzung nach einer Pause nämlich keinen besonderen Verfahrensabschnitt dar, der einer Verdeutlichung durch die äußere Form des Aufstehens der im Sitzungssaal Anwesenden bedarf.

 

Wenn dem Betreiber einer Autobahnrastanlage infolge einer unfallbedingten Sperrung der Autobahn Einnahmeausfälle entstanden sind.

Dem Betreiber einer Autobahnrastanlage, dem

  • wegen des vorübergehenden Wegfalls des Durchgangsverkehrs infolge einer unfallbedingten Sperrung der Autobahn und des Ausbleibens von Kunden während der Zeit der Sperrung,

Einnahmeausfälle entstehen,

  • stehen keine Ansprüche auf Ersatz der Einnahmeausfälle gegen den Fahrer oder Halter des Fahrzeugs zu, das den Unfall und damit auch die Sperrung der Autobahn verursacht hat.

Das hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 09.12.2014 – VI ZR 155/14 – in einem Fall entschieden,

  • in dem der Fahrer eines Sattelzuges durch eine überdimensionierte Ladung eine Autobahnbrücke so stark beschädigt hatte, dass Einsturzgefahr bestand, das betroffene Teilstück der Autobahn deshalb für mehrere Tage gesperrt und im Rundfunk empfohlen wurde, den gesperrten Bereich großräumig zu umfahren, von dem wenige Kilometer entfernt, aber außerhalb des gesperrten Bereichs, sich die vom Kläger betriebene Rastanlage befand.

Danach scheiden Ansprüche des Rastanlagenbetreibers aus §§ 7, 18 Straßenverkehrsgesetz (StVG) schon deshalb aus, weil

  • es an einer „Beschädigung“ der in seinem berechtigten unmittelbaren Besitz stehenden Anlage oder deren Einrichtungen fehlt.

„Beschädigt“ ist eine Sache dann im Sinne des § 7 StVG,

  • wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder
  • wenn ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich ein Eingriff in die Sachsubstanz vorliegt (BGH, Urteil vom 06.11.2007 – VI ZR 220/06 –).

Daran fehlt es hier. Durch die von dem Fahrzeug verursachte Sperrung der Autobahn ist die Rastanlage nämlich weder in ihrer Substanz verletzt, noch ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung beeinträchtigt worden.
Denn die Funktionsfähigkeit der Rastanlage und ihrer Einrichtungen selbst wurde durch die Sperrung nicht betroffen. Die Anlage und ihre Einrichtungen konnten auch während der Sperrung der Autobahn in jeder Hinsicht bestimmungsgemäß in Gebrauch genommen werden. Dass infolge der Sperrung und der damit zusammenhängenden Empfehlung, den Bereich weiträumig zu umfahren, Durchgangsverkehr und damit nennenswerter Kundenzustrom nicht zu erwarten war, ändert daran nichts. Denn die Brauchbarkeit einer Sache für ihre zweckentsprechende Verwendung hängt nicht davon ab, ob und in welchem Umfang auch ein tatsächlicher Bedarf für die entsprechende Verwendung der Sache besteht.
Zudem umfasst der von § 7 StVG gewährleistete Schutz des Integritätsinteresses nicht die Garantie, mit einer Sache ungehindert Gewinne erzielen zu können.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Verbindung mit der Verletzung eines Schutzgesetzes steht dem Rastanlagenbetreiber, wie der VI. Zivilsenat des BGH weiter ausgeführt hat, deshalb nicht zu, weil ein solcher Anspruch voraussetzt,

  • dass es sich bei der Vorschrift, die verletzt wurde, um eine Rechtsnorm handelt, die zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen (z.B. BGH, Urteil vom 14.06.2005 – VI ZR 185/04 –),
    • was der Fall ist, wenn der eingetretene Schaden in den sachlichen Schutzbereich der verletzten Norm fällt sowie
    • der konkret Geschädigte zum Kreis derjenigen Personen gehört, dessen Schutz die verletzte Norm bezweckt,
  • und hier weder Fahrer noch Halter des Sattelzuges ein Gesetz verletzt haben, das dem Schutz des Betreibers einer Autobahnrastanlage vor Gewinneinbußen zu dienen bestimmt ist.

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) nicht im Ganzen ein Gesetz zum Schutz des Vermögens ist. Sie ist Teil des Straßenverkehrsrechts, durch das die Teilnahme am Straßenverkehr geregelt und insbesondere dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden soll. Dieses dient als sachlich begrenztes Ordnungsrecht der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen (BGH, Urteile vom 14.06.2005 – VI ZR 185/04 –; vom 18.11.2003 – VI ZR 385/02 –).
Einzelne Vorschriften der StVO können allerdings zugleich dem Schutz von Individualinteressen dienen, namentlich der Gesundheit, der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums (BGH, Urteile vom 28.03.2006 – VI ZR 50/05 –; vom 14.06.2005 – VI ZR 185/04 –; vom 18.11.2003 – VI ZR 385/02 –).
Als verletzte Gesetze kommen vorliegend die Vorschriften des § 18 Abs. 1 Satz 2 StVO, des § 22 Abs. 2 Satz 1 StVO, des § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO, des § 29 Abs. 3 Satz 1 StVO sowie des § 1 Abs. 2 StVO in Betracht und diese Vorschriften dienen,

  • soweit durch sie kein anderer unmittelbar in seinen Rechtsgütern verletzt ist,
  • sondern sie nach ihrem Sinn und Zweck den Straßenverkehr selbst vor Störungen schützen wollen,

allein dem öffentlichen Interesse und

  • nicht auch den Vermögensinteressen derjenigen, die von einer Verkehrsstörung und der daraus folgenden Beschränkung der Nutzbarkeit einer Straße besonders betroffen sind bzw. mittelbar Gewinneinbußen erlitten haben.

Aus diesen Vorwürfen kann der Rastanlagenbetreiber in Bezug auf § 823 Abs. 2 BGB folglich nichts für sich herleiten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich bei der Rastanlage um einen Nebenbetrieb an einer Bundesautobahn im Sinne von § 15 und § 1 Abs. 4 Nr. 5 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) handelt.
Denn weder dieser Umstand noch die angeblich existenzgefährdende Wirkung der behaupteten Einnahmeausfälle ändern etwas daran, dass es vorliegend allein um die von den genannten Vorschriften gerade nicht geschützten individuellen (Vermögens-)Interessen geht, die ein privater Gewerbetreibender am störungsfreien Betrieb einer Straße hat.

Letztlich lassen sich auch Ansprüche des Rastanlagebetreibers nicht aus § 823 Abs. 1 BGB herleiten, weil

  • es bereits an einem haftungsrelevanten Eingriff in ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut fehlt.

Bei dem dem Rastanlagebetreiber entgangenen Gewinn handelt es sich um einen nach dieser Vorschrift nicht ersatzfähigen reinen Vermögensschaden.
Und der von § 823 Abs. 1 BGB (ebenfalls) geschützte berechtigte Besitz an der Rastanlage als verletztes Rechtsgut setzt, wie bei der Eigentumsverletzung zwar nicht zwingend einen Eingriff in die Sachsubstanz voraus, sondern kann auch durch eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der betreffenden Sache erfolgen (BGH, Urteile vom 11.01.2005 – VI ZR 34/04 -; vom 18.11.2003 – VI ZR 385/02 –).
Allerdings muss die Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache

  • ihren Grund in einer unmittelbaren Einwirkung auf die Sache selbst haben,

wobei diese Einwirkung

  • tatsächlicher oder – wie im Falle eines Nutzungsverbots – rechtlicher Natur sein kann.

Das war nicht der Fall, da die wenige Kilometer von der Rastanlage entfernte Sperrung, die die unmittelbare Zufahrt zur Anlage selbst – anders als in dem dem Urteil vom 15.11.1982 – II ZR 206/81 – zugrunde liegenden Fall – sogar unbeeinträchtigt ließ, nicht unmittelbar auf die Rastanlage und ihre Einrichtungen einwirkte.
Die Auswirkungen der Sperrung auf die Rastanlage beschränkten sich vielmehr auf den Wegfall des Durchgangsverkehrs für die Zeit der Sperrung, das deshalb zu erwartende Ausbleiben von Kunden und die sich daraus ergebende vorübergehende Einengung der wirtschaftlichen Nutzung der Anlage.
Dies berührt allein das Vermögen des Rastanlagebetreibers, nicht aber seine Rechtsposition als berechtigter Besitzer der Rastanlage (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1982 – II ZR 206/81 –). Dass es sich bei der Rastanlage um einen Nebenbetrieb an einer Bundesautobahn im Sinne von § 15 und § 1 Abs. 4 Nr. 5 FStrG handelt, spielt auch insoweit keine Rolle.

Ein Anspruch des Rastanlagebetreibers aus Verletzung seines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ist nicht gegeben, weil

  • ein solcher Anspruch nur in Betracht kommt, wenn die Beeinträchtigung unmittelbar in den Bereich des Gewerbebetriebs eingreift, also betriebsbezogen ist und nicht von diesem ohne weiteres ablösbare Rechte betrifft (z.B. BGH, Urteile vom 11.01.2005 – VI ZR 34/04 –; vom 18.11.2003 – VI ZR 385/02 –).

Ein derartiger Eingriff liegt hier nicht vor. Der Unfall stand in keiner unmittelbaren Beziehung zum eingerichteten und ausgeübten Betrieb des Rastanlagebetreibers. Die angeordnete Sperrung der Autobahn und die Empfehlung, den gesperrten Bereich großräumig zu umfahren, waren vielmehr allgemeine Folgen eines Schadensereignisses, die den Rastanlagebetreiber rein zufällig trafen.

 

Wenn ein für eine bestimmte Laufzeit abgeschlossener Mobilfunkvertrag vom Mobilfunkanbieter wegen Nichtzahlung offener Rechnungen vorzeitig gekündigt wird.

Kündigt ein Mobilfunkanbieter einen für eine bestimmte Laufzeit zu einem bestimmten Pauschaltarif abgeschlossenen Mobilfunkvertrag vorzeitig außerordentlich wegen Nichtzahlung offener Rechnungen kann er

  • nicht nur aus dem abgeschlossenen Telefonvertrag in Verbindung mit § 611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die noch offenen Rechnungsbeträgen für die Vergangenheit verlangen,
  • sondern auch Schadensersatz nach §§ 628 Abs.2, 314 BGB für die fiktive Restlaufzeit, wenn der Kunde durch die Nichtzahlung die Kündigung schuldhaft verursacht hat.

Im Wege des Schadensersatzes hat der Kunde in einem solchen Fall dem Mobilfunkanbieter gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB so zu stellen, als sei der Vertrag ordnungsgemäß bis zum Ende der Mindestlaufzeit durchgeführt worden und dem Mobilfunkanbieter als Erfüllungsinteresse insbesondere nach § 252 BGB den entgangenen Gewinn zu ersetzen.
Dieser berechnet sich

  • aus dem festen monatlichen Entgelt
  • abzüglich der ersparten Aufwendungen.

Denn bei der Berechnung des entgangenen Gewinns muss sich der Unternehmer, der seine Leistungen nicht mehr erbringen kann, auf den Vertragspreis grundsätzlich die besonderen Aufwendungen, die sog. Spezialunkosten, anrechnen lassen, die die Durchführung des Vertrags verursacht hätte (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 01.03.2001 – III ZR 361/99 –; Amtsgericht (AG) Bad Urach, Urteil vom 29.11.2013 – 1 C 440/13 –).

Zur schlüssigen Darlegung seines mit Wahrscheinlichkeit entgangenen Gewinns muss der Anbieter bei einem Mobilfunkvertrag („Flatrate“) seine Kalkulation offen legen und die ersparten Spezialunkosten nachvollziehbar benennen (vgl. hierzu AG Stuttgart, Urteil vom 03.07.2014 – 1 C 1490/14 –).

Kommt der Anbieter dem nicht oder nur unzureichend nach, ist von dem gesamten Nettobasisbetrag für die fiktive Restlaufzeit im Wege richterlicher Schätzung gemäß § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) ein Abzug von 50 % u.a. wegen der ersparten Terminierungsentgelte vorzunehmen, die sich ein Anbieter beim gekündigten Mobilfunkvertrag zum Pauschaltarif auf die Schadensersatzforderung anrechnen lassen muss (AG Bad Urach, Urteil vom 29.11.2013 – 1 C 440/13 –; a.A. AG Stuttgart, Urteil vom 03.07.2014 – 1 C 1490/14 –, das die Grundlage für die Schätzung eines Mindestschadens dann nicht als gegeben sieht, wenn der Mobilfunkanbieter den entgangenen Gewinn auch auf richterlichen Hinweis nicht schlüssig darlegt).

Darauf hat das AG Tempelhof-Kreuzberg mit Urteil vom 20.11.2014 – 23 C 120/14 – hingewiesen.

 

Wenn Legionellen in der Wasserversorgungsanlage einer Mietwohnung festgestellt werden.

Legionellen sind im Süßwasser vorkommende stäbchenförmige Bakterien, die in der natürliche Umwelt lediglich in nicht gesundheitsgefährdenden Mengen vorkommen, in erwärmtem Wasser bei Temperaturen zwischen 30 °C und 45 °C jedoch optimale Vermehrungsbedingungen finden, wodurch sie zum Gesundheitsrisiko werden. Die Infektion erfolgt durch Einatmen von zerstäubtem, legionellenhaltigem Wasser (Aerosole) oder Eindringen vor erregerhaltigem Trinkwasser in die Luftröhre oder Lunge (vgl. Landgericht (LG) Saarbrücken, Urteil vom 11.12.2009 – 10 S 26/08 –; Amtsgericht (AG) Dresden, Urteil vom 11.11.2013 – 148 C 5353/13 –; Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V., Arbeitsblatt W 551 April 2004, S. 4).

Als einen eine Mietminderung nach § 536 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) rechtfertigenden Mangel sind Legionellen in der Wasserversorgungsanlage allerdings erst dann zu qualifizieren, wenn der Grenzwert für eine Gesundheitsgefährdung erreicht wird.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 25.06.2014 – 452 C 2212/14 – entschieden und eine Mietminderung

  • in einem Fall, in dem einem Mieter von der Hausverwaltung mitgeteilt worden war, dass bei der Untersuchung von Wasserproben eine mittlere, den zulässigen Grenzwert überschreitende Legionellen-Kontamination festgestellt worden sei,

deshalb für unberechtigt erachtet, weil

  • zu keinem Zeitpunkt an keiner der Entnahmestellen eine Legionellen-Konzentration über dem Grenzwert von 10000KBE (= Kolonienbildende Einheiten)/100ml, ab der von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen und direkte Gefahrenabwehr notwendig ist (vgl. DGVW-Arbeitsblatt W 551), gemessen worden war und
  • nur einmal, an einer Entnahmestelle und nicht in der Wohnung des Mieters, ein etwas stärker erhöhter Legionellen-Befall von 1700KBE/100ml.

Aufgrund dessen ging das AG davon aus, dass eine, über das normale Lebensrisiko hinausgehende, konkrete Gesundheitsgefahr für den Mieter nicht vorgelegen habe.

Dass von einer Gesundheitsgefährdung und damit einem Mangel der Wohnung nicht schon – so wie vom Mieter behauptet – bei einer Überschreitung des technischen Maßnahme Wertes von 100kbE/100ml (Anlage 3, Teil II der Trinkwasserverordnung) auszugehen ist, ergibt sich nach Auffassung des AG  

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 09.01.2015 – 02/15 – mitgeteilt.

 

Den Betreiber einer Kart-Bahn, welche Verkehrssicherungspflichten treffen ihn?

Der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 30.10.2014 – 14 U 37/14 –  

  • in einem Fall, in dem sich der von der Klägerin getragene Baumwollschal während ihrer Fahrt mit einem Kart auf der vom Beklagten betriebenen Bahn gelöst, um die Hinterachse des Fahrzeugs gewickelt und der Klägerin hierdurch Strangulationsverletzungen zugefügt hatte,

festgestellt, dass der beklagte Betreiber der Kart-Bahn wegen dieses Strangulationsunfalls zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet ist.

Nach Auffassung des 14. Zivilsenats des OLG Oldenburg lag hier eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten vor, weil die Klägerin nicht hinreichend über die besonderen mit dem Tragen eines Schals oder anderer lockerer Kleidungsstücke während der Fahrt mit einem Kart verbundenen Gefahren, insbesondere das Strangulationsrisiko mit unmittelbarer Lebensgefahr aufgeklärt worden war.
Da zur Vermeidung solcher Gefahren für die Kart-Fahrer keine Verpflichtung bestand Rennoveralls zu tragen, sondern der Beklagte Rennoveralls nur zur freiwilligen Benutzung bereit gestellt hatte, wäre er verpflichtet gewesen mit deutlichen Hinweisen auf die besonderen Gefahren aufmerksam zu machen, die sich aus losen Kleidungsstücken ergeben können.
Die von dem Betreiber verwendeten, etwa DIN A-3-großen Schilder, mit dem dort an dritter Stelle aufgeführten Hinweis „Enganliegende Kleidung ist Vorschrift“ hielt der Senat nicht für ausreichend, weil damit nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit auf die bestehenden Gefahren hingewiesen wurde.
Auch die von dem Beklagten vorgenommene Einweisung der jeweils fahrende Gruppe erachte der Senat nicht für genügend, da nicht feststand, dass die Einweisung auch jeden Nutzer der Kart-Bahn erreicht und die Klägerin, wie die Beweisaufnahme ergab, das Kart fahren konnte, ohne zuvor an der Einweisung teilgenommen zu haben.

Ein Mitverschulden der Klägerin sah der Senat nicht. Auch wenn sie bereits einmal mit einem Kart gefahren sei, habe die Klägerin, nach Ansicht des Senats, von den Gefahren des Tragens eines Schals während der Fahrt keine Kenntnis haben müssen.
Das von dem Beklagten verwendete Schild mit der Aufschrift „Haftungsansprüche der Fahrer gegen den Eigentümer … sind ausgeschlossen“ schließe, so der Senat, die Haftung nicht aus. Es sei als Allgemeine Geschäftsbedingung kein wirksamer Bestandteil des Vertrages geworden.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg am 08.01.2015 mitgeteilt.