Blog

Wenn dem Mieter im Mietvertrag eine Verlängerungsoption eingeräumt ist.

Die vorbehaltlose Ausübung einer Verlängerungsoption durch den Mieter führt nicht gemäß oder entsprechend § 536 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dazu, dass der Mieter für die Zukunft mit seinen Rechten aus §§ 536, 536 a BGB ausgeschlossen ist.

Das hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 05.11.2014 – XII ZR 15/12 – entschieden.

Danach findet § 536 b BGB, wonach dem Mieter die Rechte aus den §§ 536 und 536 a BGB nicht zustehen,

  • wenn er den Mangel der Mietsache bei Vertragsschluss kennt oder
  • – ohne dass der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hätte – infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt oder
  • wenn er die mangelhafte Sache trotz Mangelkenntnis annimmt, ohne sich seine Rechte bei der Annahme vorzubehalten,

deshalb keine unmittelbare Anwendung auf die Ausübung einer Verlängerungsoption, weil es sich dabei nicht um einen Vertragsschluss im Sinne dieser Vorschrift handelt.
Eine Option, die einer oder beiden Parteien das Recht einräumt, das bestehende Mietverhältnis durch einseitige Erklärung um eine bestimmte Zeit zu verlängern, ist nämlich, wie der XII. Zivilsenat ausgeführt hat, ein schon im Ausgangsvertrag eingeräumtes Gestaltungsrecht. Durch ihre Ausübung kommt kein neuer Vertrag zustande. Vielmehr wirkt sie unmittelbar auf das bestehende Mietverhältnis ein, indem sie mit ihrer Gestaltungswirkung lediglich die ursprünglich vereinbarte Vertragslaufzeit ändert und ihr einen neuen Zeitabschnitt hinzufügt. Im Übrigen wird der Mietvertrag aber – ebenso wie bei der Fortsetzung eines Mietverhältnisses aufgrund eines Verlängerungsmechanismus (BGH, Urteil vom 29.04.2002 – II ZR 330/00 –) – mit demselben Vertragsinhalt fortgesetzt und die Identität des Vertrags bleibt erhalten. Mithin bewirkt die Ausübung einer Verlängerungsoption keine Änderung der vertraglichen Beziehungen, die einen Neuabschluss des Mietvertrags darstellt (vgl. auch BGH, Urteil vom 05.02.2014 – XII ZR 65/13 –).

§ 536 b BGB entsprechend bei vorbehaltloser Ausübung einer Verlängerungsoption anzuwenden, lehnt der XII. Zivilsenat ab. Er erachtet dies in Ansehung des Gesetzeszwecks nicht für geboten, zumal die vorbehaltlose Optionsausübung des Mieters während des laufenden Mietverhältnisses von der Situation des Vertragsschlusses bzw. Vertragsbeginns verschieden ist.

Ebenfalls nicht in Betracht kommt eine analoge Anwendung des § 536 b BGB nach der Entscheidung des XII. Zivilsenats bei nachträglichen Änderungen der Miethöhe oder einer nachträglichen einvernehmlichen Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung.
Allerdings soll die Anwendung der Grundsätze des § 242 BGB im Einzelfall nicht ausgeschlossen sein. 

 

Auch wenn Verkehrszeichen fehlerhaft oder rechtswidrig sind müssen sie befolgt werden.

Von der Straßenverkehrsbehörde aufgestellte Vorschriftzeichen sind Verwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung, die wenn sie fehlerhafter sind, zwar im Verwaltungsrechtsweg anfechtbar, aber grundsätzlich bis zu ihrer Aufhebung zu befolgen sind.
Unwirksam ist ein Verwaltungsakt nur, wenn er nichtig ist (§§ 43 Abs. 3, 44 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)) und nichtig nach § 44 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nur, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist sowie darüber hinaus auch nur unter den Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 VwVfG. Ein Vorschriftszeichen wird daher in der Regel nicht nichtig sein.

Ist beispielsweise nach Beendigung einer Straßenbaustelle vergessen worden, die die Geschwindigkeit begrenzenden Verkehrsschilder zu entfernen, erfüllt dies die Voraussetzungen des § 44 VwVfG nicht, so dass auch in solchen Fällen die durch diese Vorschriftszeichen getroffenen Anordnungen weiterhin befolgt werden müssen.

Darauf 

  • und dass für die Erfüllung des objektiven Tatbestands einer Verkehrsordnungswidrigkeit, den Vorsatz und die Rechtsfolgenzumessung die Frage der möglichen Rechtswidrigkeit einer durch ein Vorschriftszeichen getroffenen Anordnung ohne Bedeutung ist,

hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf mit Beschluss vom 07.11.2014 – 2 RBs 115/14 – hingewiesen.

 

Wenn es bei Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter auf die Wohnfläche der gemieteten Wohnung ankommt.

Ist für den vom Vermieter gegen den Mieter geltend gemachten Anspruch die Wohnfläche der von dem Mieter gemieteten Wohnung von Bedeutung und

  • trägt der Vermieter einen bestimmten Flächenwert vor,

hat der sodann erklärungsbelastete Mieter – soll sein Vortrag beachtlich sein –

  • auf die Behauptungen des Vermieters grundsätzlich substantiiert (d. h. mit näheren positiven Angaben) zu erwidern und
  • zu erläutern, von welchen tatsächlichen Umständen er ausgeht.

Der Mieter muss deshalb in einem solchen Fall, da er sich mit bloßem Bestreiten nur bei pauschalem Vorbringen des Vermieters begnügen darf (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.02.2008 – VIII ZR 27/07 –), substantiiert darlegen, dass die vom Vermieter angegebenen Quadratmeterzahlen unrichtig sind und seinerseits einen bestimmten Flächenwert vortragen.
Ansonsten ist das Bestreiten der Flächenwerte durch den Mieter unsubstantiiert und damit gemäß § 138 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) unbeachtlich.
Unabhängig davon, ob die Größe der gemieteten Wohnung in der Mietvertragsurkunde angegeben ist oder nicht, ist es dem Mieter in aller Regel selbst möglich, die Wohnfläche der gemieteten Wohnung zu vermessen.
Dabei wird vom Mieter nicht verlangt, dass er sich an einer bestimmten Berechnungsmethode, etwa den Vorgaben der Wohnflächenverordnung, orientiert, zumal die Berechnung etwa bei Dachgeschosswohnungen aufgrund von Schrägen und Winkeln kompliziert sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2010 – VIII ZR 285/09 –).
Um die vom Vermieter vorgetragenen Quadratmeterzahlen wirksam zu bestreiten, genügt es, wenn ihm der Mieter das Ergebnis einer laienhaften, im Rahmen seiner Möglichkeiten liegenden Vermessung entgegen hält.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 22.10.2014 – VIII ZR 41/14 – hingewiesen.

 

Reisebüro muss vor Entgegennahme des Reisepreises Insolvenzsicherung für einen Reiseveranstalter aus der EU nachweisen.

Ein Reisvermittler hat gemäß § 651k Abs. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch dann, wenn der Reiseveranstalter seinen Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union hat, das Bestehen einer für den Insolvenzfall greifenden Kundengeldabsicherung nachzuweisen, bevor er den Reisepreis entgegen nimmt.

Darauf hat der für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in zwei Urteilen vom 25.11.2014 – X ZR 106/13 – und – X ZR 105/13 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten die Kläger

  • über die Beklagte, die als Internet-Reisebüro tätig ist, bei einem niederländischen Reiseveranstalter eine viertägige Flusskreuzfahrt gebucht und
  • nach Erhalt der Rechnung und Reisebestätigung sowie Vorlage eines als Sicherungsschein bezeichneten Dokuments eines niederländischen Kundengeldabsicherers in Kopie, den auf sie entfallenden Reisepreis an die Beklagte gezahlt.

Da wegen finanzieller Schwierigkeiten des niederländischen Reiseveranstalters die Kreuzfahrt nicht stattfand, der Reiseveranstalter, der später Insolvenz anmeldete, den Reisepreis nicht zurückzahlte und der niederländische Kundengeldabsicherer eine Erstattung des Reisepreises mit der Begründung ablehnte, dass seine Haftung auf die auf dem niederländischen Markt angebotenen und abgeschlossenen Reisen beschränkt sei, wozu die Reise der Kläger nicht zähle, verlangten die Kläger von der Beklagten Rückzahlung des  Reisepreises.

Das Amtsgericht (AG) gab der Klage statt, Berufung und Revision der Beklagten blieben ohne Erfolg.

Nach der Entscheidung des X. Zivilsenats des BGH hat ein Reisevermittler wie die Beklagte gemäß § 651k Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 BGB auch hinsichtlich eines im EU-Ausland ansässigen Reiseveranstalter das Bestehen einer für den Insolvenzfall greifenden Kundengeldabsicherung nachzuweisen, bevor er den Reisepreis entgegen nimmt.
Zwar muss der Reisevermittler in diesem Fall keinen Sicherungsschein vorlegen, wie er von inländischen Reiseveranstaltern gefordert wird.
Gleichwohl muss sich der Nachweis für einen im EU-Ausland ansässigen Reiseveranstalter aber auf die konkreten Reisenden und die von ihnen gebuchten Reise beziehen. Die Wiedergabe einer dahingehenden Erklärung des Reiseveranstalters reicht dafür nicht aus.
Diese Anforderungen hatte die Beklagte im Streitfall nicht erfüllt.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 25.11.2014 – Nr. 174/2014 – mitgeteilt.

 

Vermieter kann Betriebskosten nach „Personenmonaten“ abrechnen.

Eine Betriebskostenabrechnung ist nicht deshalb unwirksam, weil eine – nicht näher erläuterte – Umlage nach „Personenmonaten“ erfolgt. Ebenso wenig bedarf es der Angabe, für welchen Zeitraum wie viele Personen pro Wohnung berücksichtigt worden sind.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22.10.2014 – VIII ZR 97/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Vermieter von den Mietern einer Wohnung für den Zeitraum vom 01.03. bis 31.10. Nachzahlung von Betriebskosten gemäß § 556 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verlangt und in der Nebenkostenabrechnung angegeben,

  • bei der Position „Müllbeseitigung“: „32,20 Personenmonate x 4,3470004 € je Personenmonat = 139,98 €“,
  • bei der Position „Frisch- und Abwasser“: „32,20 Personenmonate x 23,4394746 € je Personenmonat = 754,75 €“ sowie
  • unter der Überschrift „Berechnung und Verteilung Betriebskosten“ bei der Position „Müllbeseitigung“: „244,91 € : 56,34 Personenmonate = 4,3470004 € je Personenmonat“, und
  • bei der Position „Frisch- und Abwasser“: „1.320,58 € : 56,34 Personenmonate = 23,4394746 € je Personenmonat“.

Wie der BGH entschieden hat, ist diese Betriebskostenabrechnung formell ordnungsgemäß und nicht wegen formeller Mängel unwirksam.

Formell ordnungsgemäß ist danach eine Betriebskostenabrechnung, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Ob die Betriebskostenabrechnung die Voraussetzungen erfüllt, die an ihre Wirksamkeit zu stellen sind, richtet sich danach, ob der Mieter in der Lage ist, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und anhand des ihm mitgeteilten Verteilerschlüssels den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten nachzuprüfen (st. Rspr.; z.B. BGH, Urteile vom 09.10.2013 – VIII ZR 22/13 – und vom 23.06.2010 – VIII ZR 227/09 –).
Hiernach sind bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben in die Abrechnung aufzunehmen:

  • Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten,
  • die Angabe und – soweit erforderlich – Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel,
  • die Berechnung des Anteils des Mieters und
  • der Abzug seiner Vorauszahlungen.

An die Anforderungen in formeller Hinsicht sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen (BGH, Urteile vom 15.02.2012 – VIII ZR 197/11 – und vom 02.04.2014 – VIII ZR 201/13 –). Die Anforderungen an die Wirksamkeit einer Abrechnung haben sich am Zweck der Abrechnung zu orientieren. Die Abrechnung soll den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Erforderlich ist dafür, dass der Mieter erkennen kann, in welchen Rechenschritten die Umlage der Betriebskosten erfolgt ist (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 15.02.2012 – VIII ZR 197/11 –).

Diesen Anforderungen wird die Abrechnung des Vermieters hinsichtlich der Abrechnung nach Personenmonaten gerecht.

  • Sie ermöglicht es dem Mieter, gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen, wie (in welchen Rechenschritten) die Umlage der Betriebskosten erfolgt und
  • sie enthält
    • sowohl die zu verteilenden Gesamtkosten
    • als auch die Gesamtzahl der der Verteilung zugrunde liegenden Einheiten (56,34 Personenmonate) und
    • die auf die Mieter entfallenden Einheiten (32,20 Personenmonate) sowie
    • das daraus folgende rechnerische Ergebnis.

Nicht erforderlich ist es hingegen, die in der Abrechnung für den Umlagemaßstab gewählte Bezeichnung „Personenmonate“ zu erläutern.
Denn der Verteilerschlüssel „Personenmonate“ ist weder unverständlich noch intransparent. Schon aus seiner Bezeichnung ergibt sich, wie er sich zusammensetzt.
Es ist für den – insofern maßgeblichen durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten (BGH, Urteil vom 08.12.2010 – VIII ZR 27/10 – sowie Beschluss vom 18.01.2011 – VIII ZR 89/10 –) – Mieter ohne weitere Erläuterung ersichtlich, dass sich bei diesem Schlüssel (nicht anders als bei der Verwendung des Umlagemaßstabs „Personen“) sein Anteil an den Betriebskosten nach dem Verhältnis der in seiner Wohnung lebenden Personen zu dem in dem abgerechneten Gebäude insgesamt wohnenden Personen bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 15.09.2010 – VIII ZR 181/09 –).
Bei dem Verteilerschlüssel „Personenmonate“ wird lediglich unter Einbeziehung eines Zeitelements die Anzahl der im Gebäude wohnenden Personen in ein Verhältnis zur Dauer ihres Aufenthalts im Abrechnungszeitraum gesetzt.
Wie der BGH bereits entschieden hat, wird die Nachvollziehbarkeit einer Betriebskostenabrechnung, die nach Personen oder Personenbruchteilen abrechnet, nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich aus ihr nicht ergibt, wie der Vermieter die Gesamtpersonenzahl im Einzelnen ermittelt hat (BGH, Urteil vom 15.09.2010 – VIII ZR 181/09 –). Dasselbe gilt für die Abrechnung nach Personenmonaten. Bei der Ermittlung der Personenzahl muss der Vermieter einen weiteren Schritt oder eine gewisse „Gewichtung“ vornehmen, weil die Zahl der in einem Mietobjekt wohnenden Personen nur entweder „tag- genau“ oder zu einzelnen (gröberen) Stichtagen ermittelt werden kann. Die Angabe derartiger Details ist für die formelle Wirksamkeit der Abrechnung jedoch nicht erforderlich. Der Mieter könnte die Ermittlung der Gesamtpersonenzahl nämlich nur dann im Einzelnen überprüfen, wenn ihm eine Belegungsliste für das Mietobjekt im Abrechnungszeitraum zur Verfügung gestellt würde; damit würde die Betriebskostenabrechnung jedoch überfrachtet (BGH, Urteil vom 15.09.2010 – VIII ZR 181/09 –). 

 

Falscher Sachvortrag kann zum Widerruf der bewilligten Prozesskostenhilfe führen.

Das Gericht kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die begünstigte Partei die für die Bewilligung maßgeblichen Voraussetzungen durch eine unrichtige Sachverhaltsdarstellung – wie z.B. die wahrheitswidrige Schilderung eines unfreiwilligen Unfallereignisses – vorgetäuscht hat.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 14.11.2014 – 9 U 165/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war dem Kläger für ein erstinstanzliches Klageverfahren vor dem Landgericht (LG) und ein Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Mit der Klage hatte er Schadensersatz für einen vermeintlichen Auffahrunfall begehrt, der jedoch, wie Beweisaufnahme im Berufungsverfahren ergab, vom Kläger provoziert worden war, so dass ihm, weil er damit in die Beschädigung seines Fahrzeugs durch den Beklagten eingewilligt hatte, kein Schadensersatzanspruch zustand.

Nachdem die Schadensersatzklage deshalb vom 9. Zivilsenat des OLG Hamm rechtskräftig abgewiesen worden war, ist vom Senat auch die dem Kläger für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren jeweils bewilligte Prozesskostenhilfe widerrufen worden.

  • Nach dieser Entscheidung ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Partei zwar nicht stets dann aufzuheben, wenn die im Rechtsstreit durchgeführte Beweisaufnahme zu Ungunsten dieser Partei verlaufen ist.
  • Ergibt sich aus der Beweisaufnahme aber,
    • dass eine Partei falsch vorgetragen hat und
    • wäre ihr Prozesskostenhilfe ohne diesen falschen Vortrag nicht gewährt worden,

kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachträglich aufgehoben werden.

Die nachträgliche Aufhebung der Prozesskostenhilfe hat für den Kläger in dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall zur Folge, dass er die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen muss; das sind ca. 12.000 € angefallene Sachverständigenkosten, ca. 1.700 Euro Gerichtskosten und ca. 7.100 Euro Rechtsanwaltskosten.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 24.11.2014 mitgeteilt.

 

Wer haftet bei einem Wasserrohrbruch in der Außenwand eines Gebäudes für den Schaden?

Bei einem Wasserrohrbruch in der Außenwand eines Gebäudes ist die Haftung des Wasserversorgungsunternehmens nach dem Haftpflichtgesetz (HPflG) ausgeschlossen, da der Schaden „innerhalb eines Gebäudes“ im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 HPflG entstanden ist.

Das hat das Landgericht (LG) Mannheim mit Urteil vom 14.11.2014 – 1 S 33/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger Schadensersatzansprüche nach dem Haftpflichtgesetz gegen die Beklagte geltend gemacht, die das klägerische Anwesen mit Wasser versorgt, weil die Wasserleitung in der Außenmauer des Hauses undicht geworden und es zu einem Wassereintritt in den Keller gekommen war.

Das LG Mannheim hat die Klage abgewiesen und dies damit begründet, dass die Haftung der Beklagten vorliegend nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 HPflG ausgeschlossen sei.
Diese Vorschrift, nach der die Ersatzpflicht nach § 2 Abs. 1 HPflG des Betreibers der Rohrleitungsanlage ausgeschlossen ist, wenn

  • der Schaden innerhalb eines Gebäudes entstanden und
  • auf eine darin befindliche Anlage zurückzuführen ist,

ist nach Ansicht des LG Mannheim dahingehend auszulegen,

  • dass der Haftungsschluss auch einen Schaden im Außenmauerwerk eines Gebäudes umfasst,

weil auch eine das Gebäude abschließende Außenwand,

  • da sie Teil des Gebäudes ist und dieses zum Außenbereich abgrenzt,

noch dem Bereich „innerhalb“ des Gebäudes zugerechnet werden muss.

Zur Begründung seiner Auffassung verweist das LG Mannheim auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25.03.1998 – IV ZR 137/97 –, dem ein Versicherungsfall zugrunde lag und in dem der BGH ausgeführt hat, dass der Begriff

  • „innerhalb“ des Gebäudes nach dem allgemeinem Sprachgebrauch den räumlichen Bereich beschreibt, der durch Wände, Dach und Boden
  • vom Bereich „außerhalb“ des Gebäudes abgegrenzt wird

und demgemäß der Versicherungsnehmer Rohre, die in den Wänden oder dem Boden des Gebäudes selbst verlaufen, noch dem Bereich innerhalb des Gebäudes zuordnen wird (BGH, Urteil vom 25.03.1998 – IV ZR 137/97 –).
Ausreichende Gründe, dies im Haftpflichtbereich anders zu beurteilen, sind nach Ansicht des LG Mannheim nicht ersichtlich.
Auch sei, wie das LG Mannheim weiter ausführte, anders als in der Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart (Urteil vom 11.09.2002 – 4 U 69/02 –), bei der ein Rohrbruch unter der Bodenplatte des Hauses streitgegenständlich war, der Schaden im vorliegenden Fall nicht außerhalb des beherrschbaren Risikobereichs des Klägers eingetreten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11.09.2014 – III ZR 490/13 –). Das Mauerwerk des Gebäudes gehöre vielmehr noch zu dem Bereich, auf den der Kläger unmittelbaren Zugriff habe und bei dem er mögliche Schäden selbst wahrnehmen könne.

Gerade aufgrund der durch den BGH im Versicherungsrecht vorgenommenen Abgrenzung sei es, worauf das LG Mannheim hingewiesen hat, dem Grundstückseigentümer auch möglich, sich gegen im Mauerwerk entstandene Schäden zu versichern, indem er eine Wohngebäudeversicherung und eine Hausratversicherung abschließt. Es bestehe daher auch keine Schutzlücke, die den Hauseigentümer vor nicht schuldhaft verursachten Wasserschäden nicht ausreichend schützen würde.

 

Wenn ein verletzter oder kranker Schwan aufgefunden wird.

Wer in Rheinland-Pfalz einen kranken oder verletzten Schwan auffindet, darf diesen

  • zwar vorübergehend aufnehmen,
  • aber nicht länger in Gewahrsam nehmen, um ihn gesund zu pflegen.

Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz mit Urteil vom 06.11.2014 – 8 A 10469/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war dem Kläger und Vorsitzenden eines Vereins, der eine Versorgungsstation für hilfsbedürftige Schwäne in Trier betrieb, und kranke, verletzte oder sonst aus seiner Sicht hilfsbedürftige Schwäne unter anderem im Gebiet des beklagten Landkreises Trier-Saarburg einfing und in die „Schwanenstation“ des Vereins brachte, um sie gesund zu pflegen, das Einfangen und Aneignen wild lebender Schwäne im Gebiet des Landkreises mit der Begründung untersagt worden,

  • er habe nicht nur in einer Vielzahl von Fällen gegen das Landesjagdgesetz verstoßen, weil er Schwäne in Besitz genommen habe, ohne sie bei den im Gesetz vorgesehenen Personen abzugeben,
  • sondern auch in der „Schwanenstation“ gegen das naturschutzrechtliche Gebot der unverzüglichen Auswilderung gesund gepflegter wild lebender Tiere.

Die gegen diese Untersagung erhobene Klage des Klägers wies das OVG Koblenz ab.

Nach dieser Entscheidung war das angefochtene Verbot rechtmäßig, weil hinreichender Anlass für die Annahme bestanden habe, dass die vom Kläger geübte Praxis des Einfangens und der Inbesitznahme von Schwänen gegen das Naturschutz- und Jagdrecht verstoßen habe und mit weiteren Verstößen zu rechnen gewesen sei.

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sei es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten, zu denen auch der Schwan – genauer: der Höckerschwan (cygnus olor) – gehöre, nachzustellen und sie zu fangen. Zwar sei es als Ausnahme von diesem Verbot nach § 45 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG grundsätzlich zulässig, verletzte oder kranke Tiere aufzunehmen, um sie gesund zu pflegen.
Diese naturschutzrechtliche Ausnahmebestimmung stehe jedoch unter dem ausdrücklichen Vorbehalt abweichender jagdrechtlicher Vorschriften.
Eine solche abweichende Regelung enthalte das Landesjagdgesetz (LJG) Rheinland-Pfalz in § 34 Abs. 3, wonach derjenige, der krankes oder verletztes Wild auffinde, berechtigt sei, dieses aufzunehmen und an die jagdausübungsberechtigte Person, eine Auffangstation für Wild oder einen in Rheinland-Pfalz zugelassenen Tierarzt zur Pflege zu übergeben.
Da es sich bei dem Höckerschwan um eine dem Jagdrecht unterliegende Tierart (vgl. Anlage Nr. 2 zu § 6 Abs. 1 LJG Rheinland-Pfalz) und damit um Wild im Sinne des Gesetzes handele, greife diese jagdrechtliche Regelung hier ein.

  • Danach sei zwar die vorübergehende Aufnahme eines kranken oder verletzten Schwanes, nicht aber die längere Ingewahrsamnahme zur „Gesundpflege“ erlaubt.
  • Vielmehr sei eine strikte Übergabepflicht an die genannten Stellen bzw. Personen vorgeschrieben, damit diese die erforderliche Pflege durchführten.

Diesen Anforderungen habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt genügt. Insbesondere habe es sich bei der von ihm verantwortlich geleiteten „Schwanenstation“ in Trier nicht um eine Auffangstation für Wild im Sinne des Gesetzes gehandelt. Hierfür kämen nur solche Einrichtungen in Betracht, die bestimmte Mindestanforderungen an die Gewährleistung einer art- und tierschutzgerechten Pflege erfüllten sowie eine unverzügliche Auswilderung der Tiere nach Wiedererlangung ihrer Fähigkeit zur selbständigen Erhaltung in der Natur erwarten ließen. Dies sei bei der „Schwanenstation“ nicht der Fall gewesen.

Das hat die Pressestelle des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz am 20.11.2014 – 36/2014 – mitgeteilt.

 

Wenn sich ein Unternehmer beim Äpfelschütteln auf einem neben dem Firmengelände befindlichen Grünstreifen verletzt.

Mit Urteil vom 21.11.2014 – S 6 U 1056/14 – hat das Sozialgericht (SG) Heilbronn entschieden, dass die Verletzung eines Unternehmers beim Äpfelschütteln auf einem dem Firmengelände angrenzenden Grünstreifen nicht als Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)) anzuerkennen ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte sich der 61-jährige Geschäftsführer G. eines mittelständischen Unternehmens, als er versuchte von den auf dem Grünstreifen zwischen dem abgezäuntem Firmengelände und der angrenzender Straße stehenden Apfelbäumen die Äpfel mit einer Hakenstange herunterzuschütteln, einen Bänderriss in der Schulter zugezogen, der operiert werden musste und ihm weiterhin Beschwerden versacht.

Die Berufsgenossenschaft (BG) des G. lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab und auch seine dagegen erhobene Klage,

  • die er damit begründete, dass der dafür zuständige Landkreis sich nie um die Pflege des Grünstreifens gekümmert habe, seine Mitarbeiter, damit das Betriebsgelände einen ordentlichen Eindruck mache, deshalb regelmäßig die Wiese hätten mähen und er die Äpfel hätte abernten müssen (die er anschließend verkauft habe),

hatte keinen Erfolg.

Denn nach Ansicht des SG Heilbronn diente das Äpfelschütteln nicht der Pflege des äußeren Erscheinungsbildes des Grünstreifens und demnach auch nicht der Außenwahrnehmung des Betriebsgeländes.
Ein angrenzendes gemähtes Grundstück würde von Firmenkunden nämlich auch dann als gepflegt wahrgenommen, wenn Äpfel auf der Wiese lägen. Auch dass von G. die geernteten Äpfel privat verkauft wurden, unterstrich nach Auffassung des SG Heilbronn, dass die Apfelernte der unversicherten Freizeit des G. zuzuordnen war.

Das hat die Pressestelle des Sozialgerichts Heilbronn am 21.11.2014 mitgeteilt.

 

Wenn technische Probleme die Ursache für eine Flugverspätung sind.

Flugreisende haben auch dann Anspruch auf Entschädigung wegen Verspätung, wenn ein Zusammenstoß von Flugzeug und Treppenfahrzeug auf dem Flughafen die Ursache für die Verspätung ist.

Das hat die Fünfte Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom 14.11.2014 – C-394/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten die drei Klägerinnen bei dem Luftfahrtunternehmen Condor einen Flug von Antalya (Türkei) nach Frankfurt (Deutschland) gebucht, bei dem es zu einer Ankunftsverspätung von mehr als sechs Stunden gekommen war, weil am Vorabend auf dem Stuttgarter Flughafen ein Treppenfahrzeug gegen das Flugzeug gefahren war und es dabei derart beschädigt hatte, dass es ersetzt werden musste.

Der Gerichtshof hat dieses Vorkommnis nicht als „außergewöhnlichen Umstand“ qualifiziert, das das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung nach Art. 5 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO) befreit, den Fluggästen

  • bei Annullierung eines Fluges oder
  • einer Verspätung von mehr als drei Stunden

nach Art. 7 FluggastrechteVO eine Ausgleichszahlung zu leisten (vgl. auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 07.05.2013 – X ZR 127/11 – und vom 12.06.2014 – X ZR 121/13 –).
Befreit von seiner Ausgleichsverpflichtung ist das Luftfahrtunternehmen gemäß Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO, wenn es nachweisen kann,

  • dass die Annullierung oder Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Wie der Gerichtshof in seiner Entscheidung ausgeführt hat, können technische Probleme als außergewöhnliche Umstände angesehen werden, wenn sie ein Vorkommnis betreffen,

  • das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens ist und
  • aufgrund seiner Natur oder Ursache von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist.

Da Treppenfahrzeuge oder Gangways bei der Beförderung von Fluggästen im Luftverkehr notwendigerweise eingesetzt werden (um es diesen zu ermöglichen, aus dem Flugzeug ein- und auszusteigen) und die Luftfahrtunternehmen daher regelmäßig mit Situationen konfrontiert sind, die sich aus dem Einsatz solcher Geräte ergeben,

  • ist die Kollision eines Flugzeugs mit einem Treppenfahrzeug als ein Vorkommnis anzusehen, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens ist und
  • demzufolge nicht als „außergewöhnlicher Umstand“, der das Luftfahrtunternehmen von seiner bei großer Verspätung eines mit diesem Flugzeug durchgeführten Fluges bestehenden Ausgleichspflicht gegenüber den Fluggästen befreien kann.

Das hat die Pressestelle des Gerichtshof der Europäischen Union am 21.11.2014 – Nr. 157/14 – mitgeteilt.