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Deutsches Familiengericht darf ausländische Sorgerechtsentscheidung abändern.

Ein deutsches Familiengericht ist berechtigt, eine ausländische Sorgerechtsentscheidung abzuändern, wenn das Kindeswohl dies gebietet.

Das hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 15.09.2014 – 3 UF 109/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren die Eltern und ihr nichtehelicher 13-jährigen Sohn rumänische Staatsangehörige.
2006 hatte der rumänische Gerichtshof Oradea der Kindsmutter, die seit der Trennung vom Kindsvater im Jahr 2005 mit ihrem Sohn in Deutschland lebt, das Recht zur „Großerziehung und Belehrung“ des Sohnes zugesprochen und es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge belassen.
Nachdem es 2012 zu Schwierigkeiten der Mutter mit der Erziehung ihres Sohnes gekommen war, war vom Familiengericht dem Kindsvater vollständig und der Kindsmutter teilweise – u.a. hinsichtlich der Aufenthaltsbestimmung und der Gesundheitsfürsorge – die elterliche Sorge entzogen worden.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde der Kindsmutter hatte keinen Erfolg.

In seinem Beschluss stellte der 3. Senat für Familiensachen des OLG Hamm zunächst fest, dass das Familiengericht für die Entscheidung international zuständig war.

Weil die internationale Zuständigkeit sich bereits aus der Verordnung Brüssel IIa ergibt, kommt ein Rückgriff auf die deutschen Zuständigkeitsnormen des Art. 21 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) sowie des § 99 Abs.1 S.1 Nr.2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), die indes zum selben Ergebnis führen, nicht mehr in Betracht.

Ferner wies der 3. Senat für Familiensachen des OLG Hamm in seiner Entscheidung darauf hin, dass ausländische Sorgerechtsentscheidungen, die im Inland anerkennungsfähig sind (hier das Urteil eines rumänischen Gerichtshofs zur „Großerziehung und Belehrung“ des Kindes), in Deutschland am Maßstab des § 1696 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgeändert werden können, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Dies liege bereits in der Natur der Sache, denn die Fürsorge für das Kind habe stets Vorrang, so dass es notwendig sei, auf eventuelle Änderungen reagieren zu können.

Da das Vorliegen einer Gefährdung des Kindeswohls im Sinne der §§ 1666, 1666a BGB vom Familiengericht hier zutreffend festgestellt worden war, war es demzufolge auch zu einer Abänderung des Urteils des Gerichtshofes Oradea (Rumänien) berechtigt. 

 

Unzuverlässigkeit eines Waffenbesitzers bei Schusswaffengebrauch unter Alkoholeinfluss.

Macht ein Waffenbesitzer in alkoholisiertem Zustand von seiner Schusswaffe Gebrauch,

  • rechtfertigt dies die Annahme, dass er im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig ist,
  • auch wenn zum Alkoholkonsum kein weiteres Fehlverhalten hinzutritt.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 22.10.2014 – 6 C 30.14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren die einem Jäger erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz (WaffG) widerrufen worden, weil dieser eine Waffe in alkoholisiertem Zustand zu Jagdzwecken benutzt hatte. Er hatte, bevor er mit seinem Kraftfahrzeug zur Jagd gefahren war und von einem Hochsitz aus einen Rehbock mit einem Schuss erlegt hatte, daheim zwei Gläser Rotwein (0,5 l) und ein Glas Wodka (30 ml) getrunken. Als er auf der Heimfahrt von der Polizei kontrolliert wurde, ergab der Alkoholtest bei ihm einen Wert von 0,47 mg/l Atemluftalkoholkonzentration.

Die gegen den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse gerichtete Klage des Jägers hatte keinen Erfolg, weil

  • nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen und Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen und
  • wie das BVerwG ausführte, vorsichtig und sachgemäß mit Schusswaffen nur umgeht, wer sie ausschließlich in nüchternem Zustand gebraucht und sicher sein kann, keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zu erleiden, die zu Gefährdungen Dritter führen können.

Bei der vom Kläger konsumierten Alkoholmenge waren nach Auffassung des BVerwG solche Ausfallerscheinungen jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen. Diese war vielmehr geeignet, die Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Wahrnehmungsfähigkeit zu mindern und enthemmend zu wirken.
Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang bei dem Kläger im konkreten Fall alkoholbedingte Ausfallerscheinungen aufgetreten sind, war nach Ansicht des BVerwG unerheblich.
Unvorsichtig und unsachgemäß ist der Gebrauch von Schusswaffen nämlich bereits dann, wenn ein Waffenbesitzer hierbei das Risiko solcher Ausfallerscheinungen eingegangen ist. Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit setzt die Fähigkeit und die Bereitschaft voraus, Risiken mit dem Potential der Schädigung Dritter strikt zu vermeiden, zumal wenn dies problemlos möglich ist.
Dass der Kläger sich trotz dieser offenkundigen Risiken vom Schusswaffengebrauch nicht hatte abhalten lassen, rechtfertigte die Prognose, dass er auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen wird.
Wer das Risiko alkoholbedingt geminderter Reaktionsgeschwindigkeit und Wahrnehmungsfähigkeit oder alkoholbedingter Enthemmung auch nur in einem Fall des Schusswaffengebrauchs in Kauf genommen hat, verdient das Vertrauen nicht länger, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 22.10.2014 – Nr. 62/2014 – mitgeteilt.

 

Hartz IV: Zur Erstausstattung einer Wohnung gehört auch im Ein-Personen-Haushalt eine Waschmaschine.

Auch Alleinstehende haben einen Anspruch nach dem SGB II („Hartz IV“) auf eine Erstausstattung ihrer Wohnung mit einer Waschmaschine.

Das hat das Sozialgericht Dresden mit Beschluss vom 10.10.2014 – S 20 AS 5639/14 ER – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall waren dem arbeitslosen Antragsteller, nachdem er nach Obdachlosigkeit eine unmöblierte Ein-Raum-Wohnung bezogen hatte, vom Jobcenter zunächst im Wesentlichen gebrauchte Möbel als Sachleistung für deren Erstausstattung sowie für nicht gebraucht verfügbare Gegenstände insgesamt 548 Euro bewilligt worden. Weitere Geldleistungen, insbesondere für eine Waschmaschine hatte das Jobcenter mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller seine Wäsche in dem in der Nähe befindlichen Waschsalon waschen könne.

Dem dagegen gerichteten Antrag des Antragstellers gab das Sozialgericht Dresden im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes statt.

Danach steht dem Antragsteller eine Geldleistung für eine Waschmaschine zu, weil der Anspruch auf Erstausstattung einer Wohnung auch im Ein-Personen-Haushalt eine Waschmaschine umfasst. Auf die Nutzung eines Waschsalons müsse sich der Antragsteller nicht verweisen lassen, denn die dabei entstehenden Mehrkosten seien von der Regelleistung von 391 Euro nicht umfasst.

Das hat die Pressestelle des Sozialgerichts Dresden am 17.10.2014 mitgeteilt.

 

Überholverbot verbietet auch die Fortsetzung des Überholvorgangs.

Die Vorschriftzeichen 276 “Überholverbot für Kraftfahrzeuge aller Art“ und 277 “Überholverbot für Kraftfahrzeuge über 3,5 t“ der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verbieten

  • nicht nur den Beginn,
  • sondern grundsätzlich auch die Fortsetzung und die Beendigung eines bereits zuvor begonnenen Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone.

Das hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 07.10.2014 – 1 RBs 162/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Betroffene mit einem Lkw auf der Autobahn im Bereich eines zunächst durch Vorschriftzeichen 277 der StVO und sodann durch das Vorschriftzeichen 276 der StVO mit dem Zusatzzeichen 1049-13 (Geltung nur für Lkw, Busse und Pkw mit Anhänger) angeordneten Überholverbots mehrere auf dem rechten Fahrstreifen fahrende Fahrzeuge überholt und war deshalb wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Überholverbot vom Amtsgericht (AG) zu einer Geldbuße von 70 Euro verurteilt worden.
Seine Rechtsbeschwerde gegen dieses Urteil, die der Betroffene u. a. damit begründete, dass er den Überholvorgang vor Beginn der Überholverbotszone begonnen und danach, mangels ausreichender Lücke zwischen den überholten Fahrzeugen, nicht eher nach rechts habe einscheren können, hatte keinen Erfolg.

Nach der Entscheidung des 1. Senats für Bußgeldsachen des OLG Hamm verbieten die Überholverbotszeichen der StVO nicht nur den Beginn, sondern auch die Fortsetzung und die Beendigung des Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone.

  • Ein bereits vor Beginn der Überholverbotszone eingeleiteter Überholvorgang muss deshalb noch vor dem Verbotsschild abgebrochen werden.
  • Wer sich bei Beginn der Überholverbotszone mit seinem Fahrzeug bereits schräg vor dem zu überholenden Fahrzeug befindet, zu diesem aber noch keinen hinreichenden Sicherheitsabstand gewonnen hat, um vor dem überholten Fahrzeug einscheren zu können, muss das Überholmanöver ebenfalls abbrechen.
    Er muss sein Fahrzeug gegebenenfalls verlangsamen und sich zurückfallen lassen.

Der Betroffene hätte deshalb, wenn er tatsächlich den Überholvorgang noch vor Beginn der Überholverbotsstrecke begonnen haben sollte, beim Ansichtigwerden des ersten Überholverbotsschildes den Überholvorgang rechtzeitig abbrechen müssen.

Ob dies auch dann gilt, wenn ein solcher Abbruch des Überholvorgangs nicht gefahrlos möglich ist, hat der Senat nicht entschieden.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 21.10.2014 mitgeteilt.

 

Wenn Pkws mit einer Rückfahrkamera ausgestattet sind.

Weil sich der Eigentümer eines Pkws beim Rückwärtseinparken in einem Parkhaus auf das Bild der Rückwärtskamera verlies, in dem kein Hindernis angezeigt wurde, fuhr er gegen eine in den Parkraum ragende Metallstrebe, die Teil der Befestigung eines Lüftungsschachtes war und von den Rückfahrsensoren des Fahrzeugs nicht erfasst werden konnte.

Seine Klage auf Ersatz des dabei am Kofferraum seines Fahrzeugs entstanden Schadens in Höhe von 2027,51 € gegen den Parkhausbetreiber wies das Amtsgericht (AG) Hannover mit Urteil vom 27.05.2014 – 438 C 1632/14 – ab.

Denn die Gefahrenquelle war mit einem rot-weißen Klebeband gekennzeichnet, was nach Ansicht des Gerichts als Hinweis auf die Gefahr ausreichte, so dass keine Verkehrssicherungspflichtverletzung vorlag.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts Hannover mitgeteilt.

 

Die fahrlässige Tötung (§ 222 StGB).

Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, macht sich schuldig der fahrlässigen Tötung und wird nach § 222 Strafgesetzbuch (StGB) mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Fahrlässig handelt,

  • wer eine objektive Pflichtwidrigkeit begeht,
  • sofern
    • er diese nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten vermeiden konnte und
    • die Pflichtwidrigkeit objektiv und subjektiv vorhersehbar den Erfolg herbeigeführt hat

(Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 10.05.2001 – 3 StR 45/01 –; Urteile vom 26.05.2004 – 2 StR 505/03 –; vom 20.11.2008 – 4 StR 328/08 –).

Pflichtwidrig handelt bzw. verhält sich,

  • wer objektiv gegen eine Sorgfaltspflicht verstößt,
  • die gerade dem Schutz des beeinträchtigten Rechtsguts dient.

Dabei bestimmen sich Art und Maß der anzuwendenden Sorgfalt nach den Anforderungen, die bei objektiver Betrachtung der Gefahrenlage ex ante an einen besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage und sozialen Rolle des Handelnden zu stellen sind (BGH, Urteil vom 01.02.2005 – 1 StR 422/04 –).
Nicht entscheidend ist dagegen, ob die Pflichtwidrigkeit

  • durch ein aktives Tun begangen wurde oder
  • in einem Unterlassen begründet ist

(BGH, Urteile vom 01.02.2005 – 1 StR 422/04 –; vom 14.03.2003 – 2 StR 239/02 –).

Die subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts erfordert nicht, dass der Täter die Folgen seines Nicht-Handelns in allen Einzelheiten voraussehen konnte; vielmehr genügt, dass sie in ihrem Gewicht im Wesentlichen voraussehbar waren (BGH, Urteil vom 26.05.2004 – 2 StR 505/03 –; Beschluss vom 10.05.2001 – 3 StR 45/01 –; Urteil vom 20.11.2008 – 4 StR 328/08 –).

  • Tritt der Erfolg durch das Zusammenwirken mehrerer Umstände ein, müssen dem Täter alle – jedoch ebenfalls nicht in allen Einzelheiten – erkennbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2008 – 3 StR 463/07 –).
  • Zwar kann insbesondere eine gänzlich vernunftwidrige Handlungsweise eines Getöteten die Vorhersehbarkeit des Erfolgs entfallen lassen (vgl. BGH, Urteile vom 02.10.1952 – 3 StR 389/52 –; vom 23.04.1953 – 3 StR 894/52 – und vom 10.07.1958 – 4 StR 180/58 –).
  • Allerdings entfällt in solchen Fällen die Vorhersehbarkeit nur dann, wenn der Getötete zu einer freien Entscheidung fähig war, er mithin insbesondere beispielsweise nicht stark betrunken war (vgl. BGH, Urteile vom 10.01.2008 – 3 StR 463/07 – und vom 21.12.2011 – 2 StR 295/11 –).

Erforderlich für die Tatbestandsverwirklichung einer fahrlässigen Tötung ist letztlich auch, dass das tatbestandsrelevante Verhalten den Erfolg verursacht hat, also der Erfolg auf der Fahrlässigkeit beruht (BGH, Urteil vom 12.01.2010 – 1 StR 272/09 –).

  • Eine Ursache im Rechtssinne verliert dabei ihre Bedeutung nicht, wenn außer ihr noch andere Ursachen zur Herbeiführung des Erfolges beitragen (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2008 – 3 StR 463/07 –).
  • Allerdings ist ein Ursachenzusammenhang dann zu verneinen, wenn

Dies kann der Fall sein, wenn eine Selbstgefährdung oder ein selbstschädigendes Verhalten vorliegt (BGH, Urteil vom 20.11.2008 – 4 StR 328/08 –).

  • Auch macht sich nach der Rechtsprechung des BGH, sofern er nicht kraft überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfasst als der sich selbst Tötende oder Verletzende, grundsätzlich nicht strafbar,
  • Straffrei ist ein solches Handeln regelmäßig auch dann,
    • wenn es nicht auf die Selbsttötung oder -verletzung gerichtet war,
    • sich aber ein entsprechendes, vom Opfer bewusst eingegangenes Risiko realisiert hat.

Darauf hat der 4.Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 04.09.2014 – 4 StR 473/13 – hingewiesen.

 

Wann muss die Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums auf Antrag eines einzelnen Wohnungseigentümers erfolgen?

Ein einzelner Wohnungseigentümer kann die Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen,

  • sofern diese zwingend erforderlich ist und
  • sofort erfolgen muss.

Das hat der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 9/14 – in einem Fall entschieden, in dem infolge von Baumängeln, die das gemeinschaftliche Eigentum betrafen, Feuchtigkeitsschäden in einer der Eigentumswohnungen aufgetreten waren und diese schließlich unbewohnbar gemacht hatten.

Danach kann der betroffene Wohnungseigentümer in einem solchen Fall von den übrigen Wohnungseigentümern sowohl die Zustimmung zu der anteiligen Kostentragung als auch zur Bildung einer Sonderumlage für die Sanierung verlangen.
Zwar haben die Wohnungseigentümer, wenn es um die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums geht, insoweit grundsätzlich einen Gestaltungsspielraum; sie müssen das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und im Grundsatz auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen.

  • Deshalb sind sie berechtigt, Kosten und Nutzen einer Maßnahme gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen ggf. zurückzustellen.
  • Anders liegt es aber dann, wenn die sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich ist, weil – wie im vorliegenden Fall – infolge sanierungsbedürftiger Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum eine Wohnung unbewohnbar ist.

Für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten (oder des Alters) einzelner Wohnungseigentümer ist in solchen Fallkonstellationen kein Raum. Dies liefe der notwendigen Erhaltung von Wohnungseigentumsanlagen zuwider.
Zudem müsste der betroffene Eigentümer die Lasten des Wohnungseigentums tragen, obwohl er es dauerhaft nicht nutzen könnte.
Die Wohnungseigentümer müssen deshalb anteilig für die Kosten der Sanierung aufkommen, selbst wenn sie in erster Linie nur der betroffenen Wohnung zugutekommt.

Zur Entscheidung über die Schadensersatzansprüche die von dem betroffenen Wohnungseigentümer wegen der verzögerten Renovierung geltend gemacht worden waren, hat der V. Zivilsenat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen und zwar unter Hinweis darauf, dass

  • eine Ersatzpflicht der Wohnungseigentümer für solche Schäden an dem Sondereigentum in Betracht kommt, die dadurch entstehen, dass die gebotene Beschlussfassung über die Vornahme zwingend erforderlicher Maßnahmen unterbleibt und
  • eine Haftung diejenigen Wohnungseigentümer treffen kann, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 17.10.2014 – Nr. 146/2014 – mitgeteilt.

 

Als Kapitalanlage dienende leer stehende Wohnung ist zweitwohnungssteuerfrei.

Die Zweitwohnungsteuer für eine leer stehende Wohnung darf nicht erhoben werden, wenn

  • sie ausschließlich als Kapitalanlage und
  • nicht auch für eigene Wohnzwecke bzw. als Wohnung für Angehörige

vorgehalten wird.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in zwei Verfahren mit Beschlüssen vom 15.10.2014 – 9 C 5.13 – und – 9 C 6.13 – entschieden.

In den den beiden Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen waren die Kläger für ihre seit Jahren leer stehenden und nachweislich nicht genutzten Zweitwohnungen, die sie nach ihren Angaben lediglich zur Kapitalanlage hielten, ohne sie jedoch zu vermieten („Betongeld“), von den beklagten Gemeinden zur Zweitwohnungsteuer herangezogen worden.

Ihre dagegen gerichtete Klagen hatten Erfolg.

Nach den Entscheidungen des BVerwG darf eine Gemeinde zwar zunächst von der Vermutung ausgehen, dass eine Zweitwohnung auch bei zeitweiligem Leerstand der persönlichen Lebensführung diene und daher zweitwohnungssteuerpflichtig sei.
Diese Vermutung werde aber erschüttert, wenn der Inhaber seinen subjektiven Entschluss, die Wohnung ausschließlich zur Kapitalanlage zu nutzen, auch wenn er sie nicht vermiete, durch objektive Umstände erhärten könne.
In den entschiedenen Fällen lag eine Mehrzahl solcher Umstände vor; u. a. war in den betreffenden Wohnungen jahrelang kein Strom bzw. Wasser verbraucht worden.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 15.10.2014 – Nr. 59/2014 – mitgeteilt.

 

Wenn es um die Frage der Einstellung lebenserhaltener Maßnahmen geht.

Was man wissen muss, wenn von einem Betreuer oder einem Vorsorgebevollmächtigten beantragt wird, bei einem Betroffenen, der beispielsweise eine Gehirnblutung mit der Folge eines apallischen Syndroms im Sinne eines Wachkomas erlitten hat und mit dem eine Kontaktaufnahme nicht möglich ist, die (weitere) künstliche Ernährung über eine PEG-Magensonde abzubrechen, weil der Betroffene eine künstliche Ernährung nicht gewollt habe.

Nach § 1904 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedarf

  • die Nichteinwilligung oder
  • der Widerruf der Einwilligung

des Betreuers in eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn

  • die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und
  • die begründete Gefahr besteht, dass der Betroffene auf Grund
    • des Unterbleibens bzw.
    • des Abbruchs der lebenserhaltenden Maßnahme

stirbt.

Nicht erforderlich ist eine solche betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB jedoch dann, wenn der Betroffene

  • einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB niedergelegt hat und
  • diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft.

Nach der Legaldefinition des § 1901 a Abs. 1 BGB ist eine Patientenverfügung eine schriftliche Willensbekundung eines einwilligungsfähigen Volljährigen, mit der er Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen für den Fall der späteren Einwilligungsunfähigkeit trifft.
Unmittelbare Bindungswirkung entfaltet eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können.
Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung dürfen aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Maßgeblich ist nicht, dass der Betroffene seine eigene Biografie als Patient vorausahnt und die zukünftigen Fortschritte in der Medizin vorwegnehmend berücksichtigt. Insbesondere kann nicht ein gleiches Maß an Präzision verlangt werden, wie es bei der Willenserklärung eines einwilligungsfähigen Kranken in die Vornahme einer ihm angebotenen Behandlungsmaßnahme erreicht werden kann. Andernfalls wären nahezu sämtliche Patientenverfügungen unverbindlich, weil sie den Anforderungen an die Bestimmtheit nicht genügten.
In § 1901 a Abs. 3 BGB ist klargestellt, dass es für die Verbindlichkeit des tatsächlichen oder mutmaßlichen Willens eines aktuell einwilligungsunfähigen Betroffenen nicht auf die Art und das Stadium der Erkrankung ankommt. Auch wenn die Grunderkrankung noch keinen unmittelbar zum Tod führenden Verlauf genommen hat, d.h. der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt hat, ist das verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen zu achten, gegen dessen Willen eine ärztliche Behandlung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden darf.
Der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme ist bei entsprechendem Willen des Betroffenen als Ausdruck der allgemeinen Entscheidungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) grundsätzlich zulässig. Der Betroffene darf eine Heilbehandlung auch dann ablehnen, wenn sie seine ohne Behandlung zum Tod führende Krankheit besiegen oder den Eintritt des Todes weit hinausschieben könnte.

  • Enthält die schriftliche Patientenverfügung eine Entscheidung über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte ärztliche Maßnahmen, die auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft, ist eine Einwilligung des Betreuers, die dem betreuungsgerichtlichen Genehmigungserfordernis unterfällt, in die Maßnahme nicht erforderlich, da der Betroffene diese Entscheidung selbst in einer alle Beteiligten bindenden Weise getroffen hat (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 17.03.2003 – XII ZB 2/03 –)
  • Dem Betreuer obliegt es in diesem Fall nur noch, dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen des Betroffenen Ausdruck und Geltung zu verschaffen (§ 1901 a Abs. 1 Satz 2 BGB).

Liegt keine wirksame, auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutreffende Patientenverfügung vor, hat, da in diesem Fall der Willensbekundung des Betroffenen keine unmittelbare Bindungswirkung zukommt, der Betreuer nach § 1901 a Abs. 2 BGB die Entscheidung über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in eine anstehende ärztliche Maßnahme zu treffen, wobei er den Behandlungswünschen oder dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen Geltung zu verschaffen, also

  • die Behandlungswünsche oder
  • den mutmaßlichen Willen des Betreuten

festzustellen hat.

Die hierauf beruhende Entscheidung des Betreuers bedarf dann nach § 1904 Abs. 4 BGB nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn

  • zwischen ihm und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht,

dass

Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers sichergestellt sein, dass eine gerichtliche Genehmigung nur in Konfliktfällen erforderlich ist. Liegt kein Verdacht auf einen Missbrauch vor, soll die Umsetzung des Patientenwillens nicht durch ein sich gegebenenfalls durch mehrere Instanzen hinziehendes betreuungsgerichtliches Verfahren belastet werden. Die Durchsetzung des Patientenwillens würde erheblich verzögert oder unmöglich gemacht, da für die Dauer des Verfahrens die in Rede stehenden ärztlichen Maßnahmen in der Regel fortgeführt werden müssten und damit gegebenenfalls massiv in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen eingegriffen wird.

  • Dem Schutz des Patienten vor einem etwaigen Missbrauch der Betreuerbefugnisse wird zum einen dadurch Rechnung getragen, dass eine wechselseitige Kontrolle zwischen Arzt und Betreuer bei der Entscheidungsfindung stattfindet.
  • Zum anderen kann jeder Dritte, insbesondere der Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte oder Vertrauenspersonen des Betreuten, aufgrund des Amtsermittlungsprinzips im Betreuungsverfahren jederzeit eine betreuungsgerichtliche Kontrolle der Betreuerentscheidung in Gang setzen.

Angesichts des schwerwiegenden Eingriffs ist allerdings die Schwelle für ein gerichtliches Einschreiten nicht zu hoch anzusetzen. Das Betreuungsgericht muss das Genehmigungsverfahren nach § 1904 Abs. 2 BGB immer dann durchführen, wenn einer der Handelnden Zweifel daran hat, ob das geplante Vorgehen dem Willen des Betroffenen entspricht.
Das Verfahren bietet einen justizförmigen Rahmen, innerhalb dessen die rechtlichen Grenzen des Betreuerhandelns geklärt und der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Betroffenen – im Rahmen des Möglichen – ermittelt werden kann. Dies vermittelt der Entscheidung des Betreuers damit eine Legitimität, die geeignet ist, den Betreuer subjektiv zu entlasten sowie seine Entscheidung objektiv anderen Beteiligten zu vermitteln, und die ihn vor dem Risiko einer abweichenden strafrechtlichen ex-post-Beurteilung schützen kann.
Daher ist die Prüfungskompetenz des Betreuungsgerichts auch dann eröffnet, wenn zwar ein Einvernehmen zwischen Betreuer und behandelndem Arzt besteht, aber gleichwohl ein Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung gestellt wird.
Stellt das Gericht dieses Einvernehmen im Sinne von § 1904 Abs. 4 BGB fest, hat es den Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung ohne weitere gerichtliche Ermittlungen abzulehnen und ein sogenanntes Negativattest zu erteilen, aus dem sich ergibt, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist (Landgericht (LG) Kleve, Beschluss vom 31.05.2010 – 4 T 77/10 –; Amtsgericht (AG) Nordenham, Beschluss vom 20.03.2011 – 9 XVII 8/00 –; vgl. auch LG Oldenburg, Beschluss vom 11.03.2010 – 8 T 180/10 –).
Gleiches gilt, wenn das Gericht trotz Einvernehmens zunächst einen Anlass für die Ermittlung des Patientenwillens mit den ihm zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten sieht, aber nach der Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a BGB festgestellten Willen entspricht.
Bei unterschiedlichen Auffassungen oder bei Zweifeln des behandelnden Arztes und des Betreuers über den Behandlungswillen des Betreuten muss das Betreuungsgericht hingegen nach der Kontrolle, ob die Entscheidung des Betreuers über die Nichteinwilligung oder den Widerruf der Einwilligung tatsächlich dem ermittelten Patientenwillen entspricht, eine Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB erteilen oder versagen.

In den verbleibenden Fällen, in denen eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist diese gemäß § 1904 Abs. 3 BGB vom Betreuungsgericht zu erteilen, wenn

  • die Nichteinwilligung oder
  • der Widerruf der Einwilligung

dem Willen des Betroffenen entspricht.

Gerichtlicher Überprüfungsmaßstab ist der individuelle Patientenwille, wobei für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens die in § 1901 a Abs. 2 BGB genannten Anhaltspunkte heranzuziehen sind. Dabei differenziert § 1901 a Abs. 2 Satz 1 BGB

  • zwischen den Behandlungswünschen einerseits und
  • dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits.

Behandlungswünsche im Sinne des § 1901 a Abs. 2 BGB können etwa alle Äußerungen eines Betroffenen sein, die Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation enthalten, aber den Anforderungen an eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nicht genügen, etwa weil sie nicht schriftlich abgefasst wurden, keine antizipierenden Entscheidungen treffen oder von einem minderjährigen Betroffenen verfasst wurden.
Auch eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB, die jedoch nicht sicher auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Betroffenen passt und deshalb keine unmittelbare Wirkung entfaltet, kann als Behandlungswunsch Berücksichtigung finden. Behandlungswünsche sind insbesondere dann aussagekräftig, wenn sie in Ansehung der Erkrankung zeitnah geäußert worden sind, konkrete Bezüge zur aktuellen Behandlungssituation aufweisen und die Zielvorstellungen des Patienten erkennen lassen.

Auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen ist demgegenüber abzustellen,

  • wenn sich ein auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation bezogener Wille des Betroffenen nicht feststellen lässt.

Der mutmaßliche Wille ist anhand konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln, insbesondere anhand früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen (die jedoch keinen Bezug zur aktuellen Lebens- und Behandlungssituation aufweisen), ethischer oder religiöser Überzeugungen und sonstiger persönlicher Wertvorstellungen des Betroffenen (§ 1901 a Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB).
Der Betreuer stellt letztlich eine These auf, wie sich der Betroffene selbst in der konkreten Situation entschieden hätte, wenn er noch über sich selbst bestimmen könnte.

  • Allerdings kommt die Berücksichtigung eines solchen mutmaßlichen Willen des Betroffenen nur hilfsweise in Betracht, wenn und soweit der wirkliche vor Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit geäußerte Wille des Betroffenen nicht zu ermitteln ist.

Liegt eine Willensbekundung des Betroffenen vor, bindet sie als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechts den Betreuer.
Der Wille des Patienten muss stets beachtet werden, unabhängig von der Form, in der er geäußert wird.
Die Willensbekundung für oder gegen bestimmte medizinische Maßnahmen darf vom Betreuer nicht durch einen „Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen“ des Betroffenen korrigiert werden.

Für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens gelten strenge Beweismaßstäbe, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter,

  • dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen einerseits und
  • dem Schutz des Lebens andererseits,

Rechnung zu tragen haben.

Die bei der Ermittlung und der Annahme

  • eines Behandlungswunsches oder
  • des mutmaßlichen Willens

zu stellenden strengen Anforderungen gelten nach § 1901 a Abs. 3 BGB unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht.
Das Vorliegen einer Grunderkrankung mit einem „irreversibel tödlichen Verlauf“ ist nicht Voraussetzung für den zulässigen Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen. 

Darauf hat der u.a. für Betreuungssachen zuständige XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 17.09.2014 – XII ZB 202/13 – hingewiesen.

 

Kommunale Kampfhundesteuer darf nicht so hoch sein, dass sie faktisch einem Verbot der Kampfhundehaltung gleichkommt.

Eine kommunale Kampfhundesteuer in Höhe von 2000 € pro Jahr ist unzulässig, da sie einem Kampfhundeverbot in der Gemeinde gleichkommt.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 15.10.2014 – 9 C 8.13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Kommune für „normale“ Hunde eine Hundesteuer von jährlich 75 € und für so genannte Kampfhunde – vorliegend handelte es sich um einen durch Verordnung des Freistaates Bayern gelisteten Rottweiler – eine Jahressteuer von 2000 € erhoben.

Die Klage eines Kampfhundehalters gegen die festgesetzte Jahressteuer von 2000 € war erfolgreich.
Das BVerwG erachtet die Regelung über die Kampfhundesteuer für ungültig.

Zwar dürfen – wie das BVerwG ausführte – die Gemeinden gemäß Art. 105 Abs. 2 a Grundgesetz (GG) örtliche Aufwandsteuern, wozu traditionell die Hundesteuer gehört, erheben und auch eine erhöhte Hundesteuer für sogenannte Kampfhunde, selbst wenn ein Negativattest die individuelle Ungefährlichkeit des konkreten Hundes bescheinigt.
Denn eine Gemeinde darf bei ihrer Steuererhebung neben fiskalischen Zwecken auch den Lenkungszweck verfolgen, Kampfhunde der gelisteten Rassen aus dem Gemeindegebiet zurückzudrängen.
Allerdings darf die Steuer nicht so hoch festgesetzt werden, dass ihr eine „erdrosselnde Wirkung“ zukommt, sie also faktisch in ein Verbot der Kampfhundehaltung umschlägt. Für eine solche Regelung fehlt der Gemeinde die Rechtsetzungskompetenz.

Dass der streitgegenständlichen Kampfhundesteuer faktisch Verbotswirkung zukam ergab sich nach Ansicht der Richter nicht nur daraus, dass sich der auf 2000 € festgesetzte Steuersatz für einen Kampfhund auf das 26-fache des Hundesteuersatzes für einen normalen Hund belief.
Entscheidend für sie war darüber hinaus, dass allein die Jahressteuer für einen Kampfhund den durchschnittlichen sonstigen Aufwand für das Halten eines solchen Hundes überstieg.  

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 15.10.2014 – Nr. 60/2014 – mitgeteilt.