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Wenn ein Lebensversicherungsvertrag nach dem Tod des Versicherungsnehmers vom Versicherer wegen arglistiger Täuschung angefochten wird.

Hat ein Lebensversicherer

  • einen Versicherungsvertrag mit der Behauptung, der Versicherungsnehmer habe Gesundheitsfragen im Antragsformular bewusst falsch beantwortet, wegen arglistiger Täuschung angefochten

und

  • beruft er sich im Rechtsstreit um die Todesfallleistung zum Nachweis seiner Behauptung auf das Zeugnis des Hausarztes des mittlerweile verstorbenen Versicherungsnehmers,

ist

Ein Interesse des Verstorbenen an der Aussage des Arztes besteht dann nicht. Wurden Gesundheitsfragen wahrheitswidrig beantwortet, geht sein Interesse vielmehr gerade dahin, dies nicht im Rahmen einer Beweisaufnahme zu offenbaren.

Darauf hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Beschluss vom 03.09.2014 – 12 W 37/14 – hingewiesen.

 

Wann liegt Schmähkritik vor und wann nicht?

Auch überspitzte Kritik fällt grundsätzlich in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit.

Darauf hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) mit Beschluss vom 28.07.2014 – 1 BvR 482/13 – hingewiesen.

Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts hat das Bundesverfassungsgericht den in der Fachgerichtsbarkeit entwickelten Begriff der Schmähkritik eng definiert. Danach macht auch eine überzogene oder ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung.
Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung

  • nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache,
  • sondern die Diffamierung der Person

im Vordergrund steht.
Sie muss jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung bestehen.
Wesentliches Merkmal der Schmähung ist mithin eine

  • das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende
  • persönliche Kränkung.

Nur dann kann im Sinne einer Regelvermutung ausnahmsweise auf eine den verfassungsrechtlichen Maßstäben genügende Abwägung zwischen Meinungsfreiheit einerseits sowie Ehrenschutz andererseits, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 29.02.2012 – 1 BvR 2883/11 –) verzichtet werden.

Aus diesem Grund wird Schmähkritik

 

Außerordentliche Kündigung wegen grober Beleidigung eines Vorgesetzten im Kollegenkreis?

Trotz grober Beleidigungen eines Vorgesetzten kann eine fristlose Kündigung wegen Fehlens einer Abmahnung unverhältnismäßig sein.

Darauf hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 24.07.2014 – 5 Sa 55/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Arbeitgeber dem bei ihm als Chemikant beschäftigten Kläger fristlos gekündigt, weil er, nachdem er nach einer verbalen Auseinandersetzung im Rahmen eines geführten Konfliktgespräches von seinem Vorgesetzen aus dessen Büro verwiesen worden war, diesen am Tag darauf im Rauchercontainer, im Kreis von Arbeitskollegen, u.a. als „Psychopath“ und als „nicht richtig im Kopf“ bezeichnet sowie gedroht hatte: „Der wird sich noch wundern, ich lasse mich nicht einfach aus dem Büro werfen“, „der wird schon noch sehen, was er davon hat“.

Die außerordentliche Kündigung der Beklagten aus einem wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erachtete die 5. Kammer des LAG Rheinland-Pfalz für nicht gerechtfertigt.

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

  • Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist.
  • Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung
    • der konkreten Umstände des Falls und
    • unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile

jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 29.08.2013 – 2 AZR 273/12 –).

Einen in diesem Sinne die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund stellen u.a. grobe Beleidigungen des Vorgesetzten dar, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten.
Zwar dürfen Arbeitnehmer Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen (vgl. unter vielen: BAG, Urteil vom 27.09.2012 – 2 AZR 646/11 –). Dabei ist die strafrechtliche Beurteilung kündigungsrechtlich nicht ausschlaggebend. Auch eine einmalige Ehrverletzung ist kündigungsrelevant und umso schwerwiegender, je unverhältnismäßiger und je überlegter sie erfolgte (vgl. BAG, Urteil vom 17.02.2000 – 2 AZR 927/98 –).

Danach stellten die Äußerungen des Klägers im Rauchercontainer „an sich“ einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar, weil der Kläger seinen Vorgesetzten erheblich beleidigt und diffamiert hat und dieser verbale Ausbruch, mit dem er in grober, drastischer und damit völlig unangebrachter Weise seine Missachtung des Vorgesetzten zum Ausdruck gebracht hat, selbst im Hinblick auf den aus Sicht des Klägers maßgeblichen Ausgangspunkt – den demütigenden Rauswurf vom Vortag – völlig unverhältnismäßig und überzogen war.

Trotz der groben Beleidigung hielt die 5. Kammer des LAG Rheinland-Pfalz die außerordentliche Kündigung nach den Umständen des vorliegenden Falls wegen des Fehlens einer Abmahnung für unverhältnismäßig.
Sie kam bei der Prüfung der Frage, ob die Kündigung als einzig mögliche und vertretbare Reaktion auf den respektlosen Ausbruch des Klägers angemessen war, zu dem Ergebnis, dass eine Abmahnung durch den Arbeitgeber hier als Reaktion genügt hätte.
Eine außerordentliche Kündigung kommt nämlich nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Als mildere Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung sind neben der ordentlichen Kündigung auch Abmahnung und Versetzung anzusehen.

  • Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – die Vermeidung künftiger Störungen – zu erreichen.

Einer Abmahnung bedarf es demnach nur dann nicht, wenn

  • bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder
  • es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (vgl. BAG, Urteil vom 27.09.2012 – 2 AZR 646/11 –).

In dem entschiedenen Fall ging die Kammer davon aus, dass

  • der Kläger darauf vertrauen durfte, dass sein verbaler Ausbruch von den Arbeitskollegen, die sich mit ihm im Rauchercontainer aufhielten, nicht nach außen getragen und der Betriebsfrieden nicht gestört bzw. das Vertrauensverhältnis der Parteien nicht beschädigt wird und
  • er, weil der allgemeine Erfahrungssatz gilt, dass anfechtbare Äußerungen über Vorgesetzte, sofern sie im Kollegenkreis erfolgen, in der sicheren Erwartung geschehen, dass sie nicht über den Kreis der Gesprächsteilnehmer hinausdringen werden, auch nicht mit einer Weitertragung seiner Äußerungen durch seine Arbeitskollegen rechnen musste (vgl. BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 534/08 –).

Hinzu kam, dass sich der Kläger zu den beleidigenden Äußerungen hatte hinreißen lassen, weil er am Vortag von seinem Vorgesetzten aus dem Büro geworfen worden war. Diesen Rauswurf hatte er als höchst demütigend empfunden. Vor diesem Hintergrund erschien seine inadäquate emotionale Reaktion, wenn auch hierdurch nicht entschuldigt, so doch in einem milderen Licht.
Unter diesen Umständen war vor Ausspruch einer auf die erhobenen Vorwürfe gestützten Kündigung eine Abmahnung des Klägers nicht entbehrlich. Denn weder gab es Anhaltspunkte für die Annahme, eine Abmahnung hätte eine Änderung im Verhalten des Klägers in der Zukunft nicht bewirken können, noch wog dessen Pflichtverletzung so schwer, dass selbst ihre einmalige Hinnahme der Beklagten objektiv unzumutbar gewesen wäre.

Nachdem sich die Kündigung bereits wegen Fehlens einer Abmahnung als unverhältnismäßig erwies, konnte offenbleiben, ob der Arbeitgeber vorrangig auch eine Versetzung des Klägers hätte in Betracht ziehen müssen.

 

Gegenstand einer Verständigung gemäß § 257c StPO müssen auch die Bewährungsauflagen sein.

Die Verhängung einer Bewährungsauflage gemäß § 56b Abs. 1 Satz 1 Strafgesetzbuch (StGB) verstößt gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und unterliegt im Beschwerdeverfahren der Aufhebung, wenn der Angeklagte vor Vereinbarung einer Verständigung gemäß § 257c Strafprozessordnung (StPO), deren Gegenstand die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe ist, nicht auf konkret in Betracht kommende Bewährungsauflagen hingewiesen worden ist.

Darauf hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 11.09.2014 – 4 StR 148/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Angeklagte gegen ein Strafurteil, dem eine Verständigung zugrunde lag und mit dem er zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt worden war, Revision und gegen den Bewährungsbeschluss nach § 268a StPO mit dem ihm 150 Sozialstunden auferlegt worden waren, gemäß § 305a StPO Beschwerde eingelegt.

Die Revision gegen das Urteil wurde als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hatte.

Die Beschwerde gegen den Bewährungsbeschluss erachte der 4. Strafsenat des BGH für überwiegend begründet und entschied, dass die Anordnung 150 Sozialstunden zu leisten deshalb wegen Gesetzeswidrigkeit im Sinne des § 305a Abs. 1 Satz 2 StPO entfällt, weil das Gericht den Angeklagten im Rahmen der Verständigungsgespräche nicht konkret auf die in Betracht kommende Bewährungsauflage hingewiesen hatte.
Danach ergibt sich aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG), Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)), dass ein Angeklagter vor Vereinbarung einer Verständigung gemäß § 257c StPO, deren Gegenstand die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe ist, konkret auf in Betracht kommende Bewährungsauflagen hingewiesen werden muss, die nach § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen und deren Erteilung Voraussetzung für die in Aussicht gestellte Strafaussetzung ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29.01.2014 – 4 StR 254/13 –).
Die Verständigung im Strafverfahren ist nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn durch eine vorherige Belehrung sichergestellt ist, dass der Angeklagte vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung informiert ist.
Nur in diesem Fall ist gewährleistet, dass er autonom darüber entscheiden kann, ob er von seiner Freiheit, die Aussage zu verweigern, Gebrauch macht oder sich auf eine Verständigung einlässt.
Diese Grundsätze erfordern es, dass das Gericht vor Vereinbarung einer Verständigung offenlegt, dass es die Verhängung einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe allein nicht für ausreichend hält, sondern zur Verwirklichung der Genugtuungsfunktion des Strafverfahrens Bewährungsauflagen in Betracht zieht. Denn nur wenn der Angeklagte über den gesamten Umfang der Rechtsfolgenerwartung bei der Verständigung informiert ist, kann er autonom eine Entscheidung über seine Mitwirkung treffen (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 04.10.2013 – 1 Ws 106/13 –).
Bewährungsauflagen sind Bestandteil dieser Rechtsfolgenerwartung. Sie dienen gemäß § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB der Genugtuung für das begangene Unrecht und stellen damit eine strafähnliche Sanktion dar.
Ebenso wie Geldauflagen können Arbeitsauflagen eine erhebliche Belastung für den Angeklagten darstellen, zumal diese in Zahlungsauflagen umgewandelt werden können. Erst die Kenntnis des Umstandes, dass ihm neben der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe weitere Maßnahmen mit Vergeltungscharakter drohen, versetzt den Angeklagten in die Lage, von seiner Entscheidungsfreiheit, ob er auf das Angebot des Gerichts eingehen möchte, auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage Gebrauch zu machen. 

 

Sind international (und nicht nur national) tätige Fußballschiedsrichter gewerbesteuerpflichtig?

Ein Fußballschiedsrichter übt selbst dann, wenn er international (und nicht nur national) tätig ist, keine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit aus.

Das hat das Finanzgericht (FG) Neustadt mit Urteil vom 29.09.2014 – 1 K 2552/11 – entschieden.

Danach unterliegt ein Fußballschiedsrichter mit seinen Einkünften nicht der Gewerbesteuer, weil sich nicht – wie nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erforderlich – am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt.

  • Er wird nicht „am Markt“ tätig, da ein „Markt“ für Fußballschiedsrichter nicht existiert.

Fußballschiedsrichter werden vielmehr in den einzelnen Wettbewerben (Bundesliga, Welt- und Europameisterschaften, usw.) durch die jeweils ausschließlich zuständigen – nationalen (DFB) und internationalen (FIFA, UEFA) – Verbände für die Leitung von Spielen nominiert. Die Möglichkeit, seine Leistung einem anderen Abnehmer anzubieten, besteht für einen Fußballschiedsrichter von vornherein nicht.
Es fehlt damit unbeschadet der Tatsache, dass für die Leitung eines Fußballspiels eine Vielzahl von Schiedsrichtern in Betracht kommt, an einem weiteren wesentlichen Merkmal eines „Marktes“, nämlich der Existenz mehrerer (potentieller) Abnehmer für die angebotene Leistung.
Auch soweit ein Schiedsrichter international für mehrere Abnehmer (Verbände) tätig  geworden ist, kommt darin keine Teilhabe an einem Marktgeschehen zum Ausdruck. Diese Fußballverbände sind ebenfalls keine Marktteilnehmer, denn sie treten nicht zueinander in Wettbewerb.

  • Insofern unterscheidet sich die Tätigkeit des Fußballschiedsrichters grundlegend z.B. von derjenigen des international tätigen Tennisschiedsrichters, der nicht von einem Verband, sondern von den jeweiligen – als Marktteilnehmer untereinander konkurrierenden – Turnierveranstaltern beauftragt wird.

Die Tätigkeit eines Fußballschiedsrichters entspricht, wie das FG Neustadt weiter ausgeführt hat, auch im Übrigen nicht dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme.

  • So muss ein Fußballschiedsrichter seine Vergütung nicht – wie im Verhältnis zwischen Unternehmer und Auftraggeber üblich – mit den jeweiligen Verbänden im Einzelnen aushandeln, sondern erhält für die Leitung von Spielen feste Aufwandsentschädigungen (z.B. für die Leitung eines Spiels der 1. Bundesliga derzeit 3.800 Euro vom DFB).

Ferner sind die Bedingungen, unter denen er tätig wird, durch die Statuten des jeweiligen Verbands im Einzelnen verbindlich geregelt. Des Weiteren werden sportliche Vergehen der Schiedsrichter im Zuständigkeitsbereich des DFB z.B. nicht durch die ordentlichen Gerichte, sondern von den Rechtsorganen des DFB geahndet, was ebenfalls zeigt, dass Schiedsrichter nicht in markttypischer Weise, sondern in einem „streng reglementierten und nach außen geschlossenen System“ tätig werden.
Anders als die meisten „normalen“ Gewerbetreibenden benötigt ein Fußballschiedsrichter auch kein eigenes Personal und keinen eingerichteten Geschäftsbetrieb, um seiner Tätigkeit nachgehen zu können. Darüber hinaus kann er den Erfolg seiner Tätigkeit nicht durch marktübliche Aktivitäten (Werbung, Preisnachlässe u.ä.) beeinflussen.

Die Finanzverwaltung, die im Gegensatz dazu die Auffassung vertritt, dass Schiedsrichter, die nicht nur national, sondern auch international für die UEFA oder die FIFA oder in anderen ausländischen Ligen eingesetzt werden, aus ihrer gesamten Schiedsrichtertätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG erzielen, hat gegen das Urteil des FG Neustadt Rechtsmittel beim BFH eingelegt (X B 123/14).
Letztlich darüber entscheiden, ob international tätige Fußballschiedsrichter gewerbesteuerpflichtig sind oder nicht, wird somit der Bundesfinanzhof (BFH – X B 123/14 -).

Das hat die Pressestelle des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz am 29.09.2014 mitgeteilt.

 

Wann ist der Tatbestand des Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels erfüllt?

Ordnungswidrig nach § 24a Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) handelt, wer

  • vorsätzlich oder fahrlässig (vgl. Abs. 3)
  • unter der Wirkung eines in der Anlage zu § 24a Abs. 2 StVG genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt,
    • wobei eine solche Wirkung vorliegt, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird.

Für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes dieser Vorschrift ist der Nachweis der berauschenden Substanz in einer Konzentration erforderlich, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zumindest als möglich erscheinen lässt und damit die in dieser Bestimmung aufgestellte gesetzliche Vermutung rechtfertigt.
Das ist nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft jedenfalls dann der Fall, wenn zumindest der in der Empfehlung der Grenzwertkommission vom 20. November 2002 angegebene Nachweisgrenzwert erreicht ist. Dieser beträgt

Schuldhaftes, also vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln i. S. d. § 24a Abs. 2 und Abs. 3 StVG liegt vor, wenn der Betroffene  

  • neben der Kenntnis von dem Drogenkonsum selbst
  • die Möglichkeit fortdauernder Wirkung des berauschenden Mittels im Tatzeitpunkt
    • entweder erkannt hat oder
    • diese zumindest hätte erkennen können.

Fahrlässig handelt danach jedenfalls, wer

Unabhängig vom Zeitpunkt des Drogenkonsums muss sich ein Kraftfahrzeugführer daher hinreichend über die mögliche Wirkdauer der Droge erkundigen. Nur wer sich der Gefahrlosigkeit der Fahrt gewiss sein kann, darf sich in den Straßenverkehr begeben; ansonsten handelt er fahrlässig.
So wie ein Kraftfahrzeugführer, der legale Medikamente einnimmt, verpflichtet ist, die Gebrauchsanleitung des Medikaments zu beachten und – wenn er über keine verfügt – Erkundigungen einholen muss, so kann und muss sich ein Kraftfahrzeugführer, der verbotenerweise Drogen konsumiert hat, Kenntnis darüber verschaffen, wie lange deren Wirkung andauert. Denn noch weniger als beim Alkohol kann der Wirkverlauf von Drogen von dem Betroffenen selbst eingeschätzt werden.
Ergibt sich aus einer entsprechenden durch Indizien gestützten Einlassung eines Betroffenen,

  • dass er bei einer solchen Fallgestaltung zuverlässige Erkundigungen eingeholt und
  • sich an die erteilten Empfehlungen gehalten hat,

ist der Tatrichter daher gehalten, sich angesichts der entgegenstehenden Messwerte mit der Möglichkeit eines solchen Tatverlaufs auseinanderzusetzen.
Fehlt es jedoch diesbezüglich an realen Anhaltspunkten, so ist er dagegen nicht gehalten, einen solchen Sachverhalt zu Gunsten eines Betroffenen zu unterstellen.

Darauf hat der 2. Strafsenat – Senat für Bußgeldsachen – des OLG Koblenz mit Beschluss vom 13.06.2014 – 2 SsBs 30/14 – hingewiesen.

 

Wenn das Auto beim Durchfahren eines auf der Straße vorhandenen Schlagloches beschädigt wird.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz hat mit Urteil vom 05.05.2014 – 12 U 13/12 – einem Kläger,

  • dessen Auto beim Durchfahren eines bereits über einen längeren Zeitraum bestehenden Schlagloches mit den Ausmaßen 1 m Länge, 30 cm Breite und 10 cm Tiefe beschädigt worden war,

gemäß § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Art. 34 Grundgesetz (GG) einen Schadensersatzanspruch zuerkannt,

  • weil das beklagte Land dadurch, dass es vor diesem Schlagloch, das sich auf einer Staatstraße innerhalb einer Ortsdurchfahrt befand, weder gewarnt noch es hat ausbessern lassen, gegen seine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verstoßen hatte.

Danach ist der Verkehrssicherungspflichtige einer Straße verpflichtet, den Verkehr auf der Straße,

  • soweit dies mit zumutbaren Mitteln geschehen kann, möglichst gefahrlos zu gestalten,

insbesondere die Verkehrsteilnehmer

  • gegen sich aus der Beschaffenheit der Straße ergebende und
  • nicht ohne weiteres erkennbare Gefahrenquellen
    • zu sichern oder
    • zumindest vor diesen zu warnen.

Dabei wird der Umfang der Verkehrssicherungspflicht maßgebend durch

  • Art und Häufigkeit der Benutzung der Straße und
  • ihre Verkehrsbedeutung

bestimmt.
Allerdings muss der Verkehrssicherungspflichtige nur diejenigen Gefahren ausräumen oder vor ihnen warnen, die für einen Benutzer der Straße, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. OLG Celle, Urteil vom 08.02.2007 – 8 U 199/06 –).

Da das Schlagloch in dem vom 12. Zivilsenat des OLG Koblenz entschiedenen Fall,

  • das wegen seiner beachtlichen Ausmaße, insbesondere der nur schwer erkennbaren Tiefe, für den Verkehr gerade in einer Ortsdurchfahrt als gefährlich angesehen werden musste,
  • schon über einen längeren Zeitraum, nämlich über ein Wartungsintervall des Beklagten hinaus bestanden hatte, und

das beklagte Land

  • weder ein Warnschild,
  • noch eine Geschwindigkeitsreduzierung,
  • noch eine Reparatur des Lochs veranlasst hatte,

hatte es seine Verkehrssicherungspflicht nach den obigen Kriterien verletzt.

Wegen der von seinem Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr hat der Senat den Schadensersatzanspruch allerdings um 25 % gekürzt.
Denn insbesondere wegen des den Fahrer eines Fahrzeugs treffenden Sichtfahrgebots gemäß § 3 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), ist grundsätzlich die Betriebsgefahr, die von einem Kraftfahrzeug ausgeht, zu berücksichtigen (vgl. Thüringer OLG, Urteil vom 10.06.2009 – 4 U 67/09 –).
Vorliegend war nicht auszuschließen, dass ein besonders sorgfältig fahrender Idealfahrer auch zum Unfallzeitpunkt am Abend, bei Dunkelkeit und bei einer teilweise von Schnee geräumten Fahrbahn so langsam und aufmerksam gefahren wäre, dass er das Schlagloch noch rechtzeitig bemerkt hätte.

Die Fälle, in denen die obergerichtliche Rechtsprechung wegen eines Mitverschuldens eine höhere Mithaftung oder sogar eine Alleinhaftung des Kraftfahrers angenommen hat, betrafen Fälle, in denen Warnschilder aufgestellt waren (OLG Celle, Urteil vom 08.02.2007 – 8 U 199/06 –) oder die Schlaglöcher am helllichten Tag  als nicht kontrastarme Hindernisse für die Fahrer zu erkennen gewesen sein mussten (Thüringer OLG, Urteile vom 10.06.2009 – 4 U 67/09 – und vom 10.05.2010 – 4 U 884/10 –).
So lag der Sachverhalt hier nicht. 

 

Wann muss vor der Erhebung einer Klage vor dem Amtsgericht erst ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden?

Der Freistaat Bayern hat von der Öffnungsklausel in § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (EGZPO) Gebrauch gemacht und das Bayerische Schlichtungsgesetz (BaySchlG) erlassen.

Damit kann bei Verfahren,

  • die in den Anwendungsbereich von Art. 1 BaySchlG fallen, mit Ausnahme der in § 15a Abs. 2 EGZPO genannten Streitigkeiten,
  • Klage vor den Amtsgerichten erst erhoben werden, wenn die Parteien einen Versuch unternommen haben, die Streitigkeit vor einem Schlichter oder einer Schlichtungsstelle gütlich beizulegen.

Dies ist eine von Amts wegen zu prüfende besondere Prozessvoraussetzung, die bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung vorliegen muss (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 30.04.2013 – VI ZR 151/12 –) und betrifft Streitigkeiten über Ansprüche

Dem Erlass eines Anerkenntnisurteils nach § 307 Zivilprozessordnung (ZPO) steht die fehlende Durchführung des obligatorischen Schlichtungsverfahrens vor der Klageerhebung allerdings nicht entgegen.
Denn aus der Dispositionsmaxime der Parteien folgt, dass – soweit diese reicht – in jeder Lage des Verfahrens die Möglichkeit bestehen muss, dieses durch Anerkenntnisurteil unmittelbar zu beenden (BGH, Beschluss vom 18.07.2013 – IX ZB 41/12 –). Auch liefe es dem Ziel des § 307 ZPO zuwider, wenn ein Gericht bei einem wirksam erklärten Anerkenntnis den Beklagten nicht durch ein Anerkenntnisurteil verurteilen könnte, sondern stattdessen die Klage durch ein streitiges Urteil als derzeit unzulässig abweisen und die Parteien auf ein zunächst erforderliches Streitschlichtungsverfahren verweisen müsste.

Darauf hat der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 18.07.2014 – V ZR 287/13 – hingewiesen.

 

Testbereich NEWSLETTER

Dies ist ein Testbereich für den Newsletter. Er ist noch nicht zur öffentlichen Verwendung vorgesehen.

Wenn der Bevollmächtigte eines im Krankenhaus liegenden Patienten ein Besuchsverbot erteilt.

Grundsätzlich kann und darf jeder Mensch selbst bestimmen, welche Personen er als Besucher duldet und zwar auch dann, wenn er sich nicht in seinem geschützten Eigentum aufhält, sondern etwa in einem Krankenhaus.
Dieses Recht folgt aus dem aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht, welches durch die Verfassung zwar zunächst nur gegenüber staatlichen Eingriffen geschützt ist, über die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte von den Gerichten aber auch bei der Auslegung zivilrechtlicher Normen, etwa § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), berücksichtigt werden muss.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als „sonstiges Recht“ i. S. d. 823 Abs. 1 BGB anerkannt.
Gegenstand des allgemeinen Persönlichkeitsrechts muss auch die Befugnis sein, Personen aus dem unmittelbaren Nähebereich, insbesondere der Intimsphäre, fernzuhalten.
Auch wenn es sich bei Krankenhäusern grundsätzlich um öffentliche Einrichtungen handelt, die im Rahmen der Hausordnung frei zugänglich sind, muss der Patient aufgrund seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch das Recht haben, Personen den Zutritt zu seinem Zimmer zu versagen, die nach den allgemeinen Regeln in dem Krankenhaus grundsätzlich zutrittsberechtigt gewesen wären.
Gerade ein Krankenzimmer ist als besonders intimer Bereich anzusehen.
Im Rahmen des Krankenhausvertrags ist die Einrichtung auch verpflichtet, diesen Vorstellungen des Patienten Geltung zu verschaffen,

  • zum einen, weil sich der Patient mit Abschluss des Krankenhausvertrags in die Obhut der Einrichtung begibt, wo er sich oft in einer mehr oder weniger hilflosen Lage befindet, sich nicht ohne Weiteres entfernen kann, andererseits aber auch kein Hausrecht hat, und
  • zum anderen, weil ungebetene Besucher sich oft auch nachteilig auf das Wohlbefinden des Patienten und damit den Heilungserfolg auswirken können.

Deshalb hat das Krankenhaus den diesbezüglichen Patientenwillen in der Regel zu beachten und ihm, soweit der Patient dazu nicht selbst in der Lage ist, auch durchzusetzen bzw. den Patienten bei der Durchsetzung zu unterstützen.

Hat ein Patient, der nicht in der Lage ist, einen Willen dahingehend kundzutun, wer ihn in dem Krankenhaus besuchen können soll, einem Dritten eine General- oder Vorsorgevollmacht erteilt, ist der Bevollmächtigte,

  • sofern seine Vollmacht auch die Vertretung des Patienten im Hinblick auf Besuchsrechte umfasst,

grundsätzlich auch berechtigt, für ihn insoweit zu handeln.

Eine solche Vertretungsmacht hat ihre Grenzen allerdings

  • in dem tatsächlich geäußerten oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers sowie
  • in der Sittenordnung (§ 138 BGB) und
  • den zivilrechtlichen Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Die einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung durch die eine erteilte Vertretungsmacht begründet. Als solche ist sie nach § 133 BGB auslegungsfähig.

Besteht Streit darüber, ob der Bevollmächtigte berechtigt ist, ein solches Besuchs- und Informationsverbot zu erteilen, ist deshalb

  • durch Auslegung der die Vollmacht begründende Willenserklärung (§ 133 BGB) zu erforschen, was der Vollmachtgeber bei Erteilung der Vollmacht im Sinn hatte und ob der Bevollmächtigte von seiner rechtsgeschäftlichen Vollmacht nur im Interesse des Vollmachtgebers, nur im Rahmen der guten Sitten und nach dem Gebot von Treu und Glauben (§§ 138, 242 BGB)

Gebrauch gemacht hat oder,

  • was rechtsmissbräuchlich wäre, zur Durchsetzung persönlicher Interessen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Ellwangen mit Beschluss vom 16.05.2014 – 2 C 221/14 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem die Mutter eines volljährigen Sohnes, die über eine ihr erteilte notarielle General- und Vorsorgevollmacht verfügte, das Krankenhaus, auf dessen Intensivstation der entscheidungsunfähige Sohn behandelt wurde, unter Gebrauch der Vollmacht angewiesen hatte, dem Vater den Besuch zu untersagen

und entschieden,

  • dass der Vater, wenn die Erforschung des Willens des Sohnes ergibt, dass die Bevollmächtigte von ihrer rechtsgeschäftlichen Vollmacht nicht im Interesse ihres Sohnes Gebrauch gemacht hat, das Besuchsrecht durch einstweilige Verfügung gegen die Bevollmächtigte durchsetzen kann.

Hinweis:
Macht ein Bevollmächtigter von einer ihm erteilten Vorsorgevollmacht rechtsmissbräuchlich Gebrauch macht, kann aber auch beim Betreuungsgericht angeregt werden, für den Vollmachtgeber, wenn dieser nicht mehr in der Lage ist, seinen diesbezüglichen Willen kundzutun, einen Betreuer zu bestellen. Eine Vorsorgevollmacht steht in solchen Fällen der Bestellung eines Betreuers nicht entgegen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH) Beschlüsse vom 28.03.2012 – XII ZB 629/11 –; vom 13.02.2013 – XII ZB 647/12 – und vom 26.02.2014 – XII ZB 301/13 –).