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Beifahrer muss nicht auf Verkehrszeichen achten.

Einen bloßen Bei- und Mitfahrer in einem Kraftfahrzeug trifft

  • während der Fahrt grundsätzlich keine Pflicht auf Verkehrszeichen zu achten und
  • auch nach einem Fahrerwechsel im Regelfall keine Erkundigungspflicht hinsichtlich etwaiger geltender durch Beschilderung gesetzter Geschwindigkeitsbeschränkungen oder Überholverbote.

 

Das hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 18.06.2014 – 1 RBs 89/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war ein Betroffener, der als Führer eines Pkw im Bereich eines durch Zeichen 276 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) angeordneten Überholverbotes einen Pkw überholt hatte, vom Amtsgericht wegen fahrlässiger Nichtbeachtung des Überholverbots zu einer Geldbuße verurteilt worden.

Das OLG Hamm hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, weil das Fahrzeug zunächst von der Ehefrau des Betroffenen geführt worden war, der Betroffene erst nach Beginn des durch Zeichen 276 der StVO angeordneten Überholverbotes, im Anschluss an einem Halt auf einem Parkplatz das Steuer von seiner Ehefrau übernommen hatte und vor dem späteren „Tatort“ kein erneutes Überholverbotszeichen aufgestellt war.

Nach Auffassung des 1. Senats für Bußgeldsachen des OLG Hamm kann in einem solchen Fall eine Verurteilung nur erfolgen, wenn dem Betroffenen nachgewiesen werden kann, dass

  • er vor dem Fahrerwechsel, als er noch Beifahrer war, die das Überholverbot anordnende Beschilderung (Zeichen 276) tatsächlich zur Kenntnis genommen hatte oder
  • ihm das bestehende Überholverbot, weil er die Strecke aus beruflichen und/oder privaten Gründen schon häufiger zuvor befahren hat oder gar regelmäßig befährt, bekannt war oder er es deshalb hätte kennen müssen oder
  • es möglicherweise die Verkehrsgegebenheiten als solche (beispielsweise eine enge Fahrbahn oder ein unübersichtlicher kurvenreicher Fahrbahnverlauf) nahe legten, dass im fraglichen Streckenabschnitt ein Überholverbot angeordnet ist.

 

Dagegen kann einem Betroffenen in einem solchen Fall nicht vorgeworfen werden, dass er sich, als er das Steuer übernahm, bei dem bisherigen Fahrzeugführer über die geltende Beschilderung hätte informieren müssen. Denn eine derartige Erkundigungspflicht besteht bei der gegebenen Fallkonstellation nicht.

 

Wie groß dürfen Schlaglöcher sein?

Öffentliche Verkehrsflächen müssen sich (nur) in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befinden, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulässt.
Verkehrsteilnehmer haben danach im Grundsatz die gegebenen Verhältnisse so hinzunehmen und sich ihnen anzupassen, wie sie sich ihnen erkennbar darbieten, und mit typischen Gefahrenquellen, wie etwa Unebenheiten, zu rechnen.
Ein Tätigwerden des Verkehrssicherungspflichtigen ist allerdings dann geboten, wenn die nahe liegende Möglichkeit einer Rechtsgutsverletzung anderer besteht (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 13.01.2006 – 9 U 143/05 –).
Dies ist der Fall, wenn Gefahren bestehen, die auch für einen durchschnittlichen Benutzer bei Beachtung der von ihm zu erwartenden Eigensorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. dazu OLG Hamm, Urteil vom 03.02.2009 – 9 U 101/07 –).

Was die Beherrschbarkeit von Schlaglöchern für den Kraftfahrzeugverkehr angeht, wird von dem überwiegenden Teil der Rechtsprechung eine Verkehrssicherungspflicht

  • nur für auf verkehrswichtigen Straßen gelegene Schlaglöcher mit einer Tiefe von mindestens 15 cm angenommen und
  • lediglich auf Autobahnen bereits Schlaglöcher ab einer Tiefe von 10 cm als eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle angesehen.

 

Für den Radfahrverkehr werden demgegenüber strengere Maßstäbe angelegt.
Danach sind Unebenheiten von bis zu 4 cm in aller Regel noch von dem Radfahrverkehr als beherrschbar hinzunehmen, wobei allerdings auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls (Art und Lage der Vertiefung, Verkehrsbedeutung der Straße, etc.) abzustellen ist (OLG Koblenz, Urteil vom 16.07.2001 – 12 U 124/00).
Ob eine Schadstelle in der Asphaltdecke als für Radfahrer abhilfebedürftige Gefahrenquelle anzusehen ist, wird maßgeblich davon abhängen, ob die Vertiefung in Ansehung der weiteren Umstände des Einzelfalls für einen durchschnittlichen Radfahrer bei Beachtung der gebotenen Eigensorgfalt ohne weiteres zu bewältigen und damit hinzunehmen ist.
Zu berücksichtigen nach einem Unfall wird auch sein, in welchem Bereich der Straße sich die Schadstelle befunden hat und dass muldenförmige Vertiefungen für einen Radfahrer besser zu durchfahren und damit beherrschbarer sind als etwa steilwandige Schlaglöcher.

Darauf hat der 11. Zivilsenat des OLG Hamm mit Urteil vom 23.07.2014 – 11 U 107/13 – hingewiesen.

 

Zur Verkehrssicherungspflicht bei Parkbuchten.

Die bei Parkbuchten als stirnseitige Begrenzung angebrachten Randsteine sind – was jeder Verkehrsteilnehmer weiß oder wissen muss – schon entsprechend ihrer Begrenzungsfunktion nicht ohne Weiteres stets zum „Darüber-Fahren“ oder auch nur zum „Überhangparken“ mit den vorderen Fahrzeugkarosserieteilen durch Anfahren der Fahrzeuge mit den Rädern bis zur Bordsteinkante geeignet beziehungsweise konzipiert.
Demgemäß bestehen auch keine generellen Amtspflichten der verkehrssicherungspflichtigen Körperschaft, für ein gefahrloses „Überhangparken“ Sorge zu tragen oder vor Gefahren beim freigabewidrigen Überhangparken zu warnen, wenn die mit der Höhe der Randsteine verbundenen Gefahren und Risiken für einen durchschnittlich aufmerksamen Kraftfahrer, der sein Fahrverhalten – wie geboten – den jeweils herrschenden Lichtverhältnissen anpasst, ohne weiteres erkennbar und beherrschbar sind.

Darauf hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 24.07.2014 – III ZR 550/13 – hingewiesen und deshalb die Klage des Eigentümers eines Fahrzeugs auf Zahlung von Schadensersatz gemäß § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG) abgewiesen, der mit seinem tiefergelegten Pkw bei Dunkelheit beim Einfahren in eine unbeleuchtete Parkbucht mit dem vorderen Karosserieteil seines Fahrzeuges über den stirnseitig angebrachten, mindestens 20 cm hohen Randstein des Parkplatzes hinaus gefahren war und dabei die Verkleidung des vorderen Stoßfängers beschädigt hatte.

 

Die Bestimmung des Strafrahmens.

In den Fällen, in denen das Gesetz bei einer Straftat

  • einen minderschweren Fall vorsieht und
  • im Einzelfall ein gesetzlicher Milderungsgrund im Sinne von § 49 Strafgesetzbuch (StGB) gegeben ist,

ist bei der Strafrahmenwahl vorrangig zu prüfen ist, ob ein minderschwerer Fall vorliegt.
Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zunächst zu prüfen, ob die allgemeinen Milderungsgründe allein schon zur Annahme eines minderschweren Falls führen, da die vertypten Milderungsgründe dann für eine Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB noch nicht verbraucht sind.
Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungstatsachen das Vorliegen eines minderschweren Falles abzulehnen, sind bei der weitergehenden Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe zusätzlich heranzuziehen.
Erst wenn das Tatgericht danach weiterhin die Annahme eines minderschweren Falles nicht für gerechtfertigt hält, darf es seiner konkreten Strafzumessung den wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; vgl. etwa Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 26.10.2011 – 2 StR 218/11 –).

Darauf hat der 3. Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 08.07.2014 – 3 StR 287/14 – hingewiesen.

 

Keine Betreuung gegen den freien Willen eines Betroffenen.

Nach § 1896 Abs. 1 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darf gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden.

Wenn der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist neben der Notwendigkeit der Maßnahme stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht, also ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung noch zu einer freien Willensbestimmung fähig ist.
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB mit dem des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind

  • die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und
  • dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln.

Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 22.01.2014 – XII ZB 632/12 –).

Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen.
Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einer Erkrankung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann.
Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass der Betroffene seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser Einschätzung die für und gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen kann.

Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss ihm weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter Dritter abzugrenzen.

Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein.

Fazit:
Beruht die Entscheidung des Betroffenen gegen die Bestellung eines Betreuers auf einer nach den vorgenannten Maßstäben freien Willensbildung, muss diese Entscheidung auch dann respektiert werden, wenn die Einrichtung einer Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 30.07.2014 – XII ZB 107/14 – hingewiesen.

 

Inwieweit ist die Strafzumessung des Tatrichters revisionsrechtlich überprüfbar?

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen.

Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist nur möglich,

  • wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind,
  • wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder
  • wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein.

Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen.
Das gilt auch insoweit, als die tatrichterliche Annahme oder Verneinung eines minder schweren Falles zur revisionsgerichtlichen Prüfung steht (st. Rspr.; vgl. etwa Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 26.07.2006 – 1 StR 150/06 –; vom 27.01.2010 – 2 StR 498/09 –; Beschluss vom 20.08.2008 – 5 StR 375/08 –).

Da eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Strafzumessungserwägungen im Urteil weder vorgeschrieben noch möglich ist, kann daraus, dass ein für die Strafzumessung bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, auch nicht ohne weiteres geschlossen werden, der Tatrichter habe ihn überhaupt nicht gesehen oder nicht gewertet (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 12.05.2005 – 5 StR 86/05 – ; vom 02.08.2012 – 3 StR 132/12 –). Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden.

Darauf hat der 4. Strafsenat des BGH mit Urteil vom 31.07.2014 – 4 StR 216/14 – hingewiesen.

 

Arbeitgeberansprüche bei Zahngoldverkauf

Nehmen in einem Krematorium Beschäftigte Edelmetallrückstände aus der Kremationsasche an sich, kann der Arbeitgeber, in entsprechender Anwendung des Auftragsrechts, nach § 667 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Herausgabe, oder, wenn diese wegen Verkaufs unmöglich ist, Schadensersatzes verlangen.

Das hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 21.08.2014 – 8 AZR 655/13 – in einem Fall entschieden, in dem ein in einem Krematorium Beschäftigter Zahngold aus Kremierungsrückständen an sich genommen sowie verkauft und von dem der Betreiber des Krematoriums deshalb im Wege des Schadensersatzes den Erlös aus dem Verkauf verlangt hatte.

Danach hat der Arbeitgeber als Betreiber des Krematoriums grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch, wenn ein Arbeitnehmer Zahngold aus Kremierungsrückständen an sich nimmt und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber nicht Eigentümer des Zahngoldes geworden ist.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 21.08.2014 – Nr. 42/14 – mitgeteilt.

 

Scheidungsverfahren – Persönliche Anhörung eines Ehegatten

Im Scheidungsverfahren ist die persönliche Anhörung eines Ehegatten auch im Wege der Bild- und Tonübertragung möglich.

Darauf,

  • dass die Regelung des § 128a Zivilprozessordnung (ZPO) die Möglichkeit eröffnet Anhörungen auch im Scheidungsverfahren wegen mittels Videokonferenz vorzunehmen und
  • eine solche Anhörung auch den Anforderungen einer „persönlichen Anhörung“ im Rahmen des § 128 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) entspricht,

hat das Amtsgericht (AG) Darmstadt mit Beschluss vom 12.08.2014 – 50 F 1990/13 – hingewiesen.

Nach dieser Entscheidung ist entscheidend, dass sich durch die Anhörung der Sachverhalt aufklärt, die persönliche Sichtweise der Ehegatten geäußert werden kann und das Gericht einen persönlichen Eindruck von den Ehegatten bekommt; letzteres vor allem auch bzgl. der Verhandlungsfähigkeit.
Die moderne Videokonferenztechnik lässt ein unmittelbares Gegenüber zu und ist daher geeignet, die Ziele des § 128 FamFG – die genauere und umfassendere Sachverhaltsaufklärung, deren Anforderung sich aus dem eingeschränkten Amtsermittlungsgrundsatz nach § 127 FamFG ergibt, zu erreichen.
Das regelmäßig von einer Videokonferenzanlage übertragene Bild entspricht etwa der Lebenssituation, wie sie in einem Sitzungssaal mit einem in wenigen Metern Entfernung an einem Zeugentisch sitzenden Anzuhörenden, entsteht.

  • Der Stand der heutigen Technik ermöglicht (auch) einen unmittelbaren Eindruck des Betroffenen.

So werden insbesondere Verhalten, Auftreten, Mimik und Körpersprache des Gegenübers direkt übermittelt. Es entsteht durch das jeweilige Bild des Gegenübers nicht der Eindruck „gegen eine Wand zu reden“, die Übertragung macht deutlich, dass das Gegenüber real existiert (anders: Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2012 – 4 Ws 66/12 –).
Dem Gericht ist es schließlich mit Hilfe der Videokonferenztechnik möglich, die Tragweite des Eheverfahrens deutlich zu machen und gleichwohl die Chancen für eine eventuelle Versöhnung, für eine Eheberatung oder für eine Mediation zu eruieren. Darüber hinaus haben die Ehegatten die unmittelbare Gelegenheit zur persönlichen Äußerung.

 

Radfahren mit 1,6 Promille?

Wer mit 1,6 Promille Fahrrad fährtund anschließend auf Verlangen der Fahrerlaubnisbehörde das von ihm geforderte medizinisch-psychologische Gutachten (MPG) zur Frage seiner weiteren Fahreignung nicht fristgerecht beibringt, dem kann die Fahrerlaubnisbehörde, unter Anordnung der sofortigen Vollziehung,

  • nicht nur die Fahrerlaubnis entziehen,
  • sondern auch das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (Fahrrad und Mofa) untersagen.

 

Darauf, dass in einem solchen Fall diese von der Fahrerlaubnisbehörde getroffenen Maßnahmen rechtmäßig sind, hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt (Weinstraße) mit Beschluss vom 08.08.2014 – 3 L 636/14.NW – hingewiesen.

Ebenso entschieden hat auch schon das VG Bayreuth mit Beschluss vom 16.03.2012 – B 1 S 12.136 –.

 

Keine Videoaufzeichnung beim Autofahren

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Beschluss vom 13.8.14 – 345 C 5551/14 – in einem bei ihm anhängigen Zivilverfahren hingewiesen, in dem der an einem Unfall beteiligte PKW-Fahrer seine Unschuld mit Videoaufzeichnungen seiner Car-Cam bzw. Dash-Cam beweisen möchte.

Nach Auffassung des zuständigen Richters verstößt die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs durch eine im PKW installierte Autokamera („Car-Cam“ bzw. „Dash-Cam“) 

Auch liegen nach dieser Entscheidung keine überwiegenden Interessen des Beweisführers vor, die die Verwertung dieses rechtswidrig erlangten Beweismittels erlauben würden.

Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit Videoüberwachung sei nach dem BDSG, dessen Zweck es ist, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird (§ 1 Abs. 1 BDSG), nur zulässig, wenn sie für einen konkreten Zweck erforderlich ist und nicht andere schutzwürdige Interessen überwiegen.
Zwar sei der Zweck der Autokamera, Beweismittel bei einem möglichen Unfall zu sichern, hinreichend konkret, es würden aber die schutzwürdigen Interessen der Gefilmten überwiegen, nachdem es völlig unkontrollierbar sei, was mit den Aufzeichnungen geschehe und wem diese zugänglich gemacht würden.

Ein Verstoß gegen § 22 Satz 1 KunstUrhG liege vor, weil nach dieser Vorschrift Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen, die Bilder der Beweisführung in einer möglichen, gemäß § 169 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) öffentlichen Gerichtsverhandlung dienen sollen, zu diesem Zweck gezielt permanent Fotos von Personen gefertigt werden, die außerhalb des KFZ des Verwenders am Straßenverkehr teilnehmen, sei es als Insassen eines anderen KFZ, sei es etwa als Fußgänger und die Einwilligung der Abgebildeten nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrh deshalb auch nicht entbehrlich ist.
Im Übrigen erstrecke sich die Befugnis nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird (§ 23 Abs. 2 KunstUrhG). Die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs und der an ihm beteiligten oder sogar unbeteiligten Personen verletze die Betroffenen jedoch in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Durch die unbefugte Erstellung der Aufnahmen werde das Recht dieser Personen auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.
Dieses Recht könne zwar eingeschränkt werden durch konkurrierende Grundrechte anderer. Allein das allgemeine Interesse an einer funktionstüchtigen Straf- und Zivilrechtspflege reiche aber nicht aus, um im Rahmen der Abwägung stets von einem gleichen oder gar höheren Gewicht ausgehen zu können, als es dem Persönlichkeitsrecht zukomme. Hinzutreten müssten vielmehr weitere Aspekte, die ergeben, dass das Interesse an der Beweiserhebung trotz der Persönlichkeitsbeeinträchtigung schutzwürdig ist und die bloße Möglichkeit, dass eine Beweisführung notwendig werden könnte, genügt hierfür nicht, nachdem im Straßenverkehr generell die Gefahr besteht, in einen Unfall verwickelt zu werden.