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Gerichtliche Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen eines Betroffenen im Ordnungswidrigkeitenverfahren – Wann sind sie notwendig?

Im Ordnungwidrigkeitenverfahren sind wegen § 17 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 des Gesetzes über Ordnungwidrigkeiten (OWiG) Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen eines Betroffenen erforderlich, wenn Geldbußen von mehr als 250,- € verhängt werden (ständige Rechtsprechung des Senats: Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig, Beschlüsse vom 14.05.2009 – Ss (OWi) 46/09 –; vom 23.02.2012 – Ss (OWi) 20/12 –; vom 05.03.2013 – Ss (OWi) 30/13 –; vom 18.06.2013 – Ss (OWi) 98/13 –; vom 11.07.2013 – 1 Ss (OWi) 92/13 –; vom 16.12.2013 – 1 Ss (OWi) 153/13 –; vom 30.04.2014 – 1 Ss (OWi) 37/14 –; OLG Celle, Beschluss vom 16.07.2008 – 311 SsBs 43/08 –; OLG Köln, Beschluss vom 18.08.2005 – 81 Ss-OWi 31/05 –).
Die beispielsweise pauschale Feststellung, der Betroffene sei „als Kraftfahrer tätig“, genügt nicht, weil für das Rechtsbeschwerdegericht nicht erkennbar ist, in welcher Höhe der Betroffene Zahlungen erhält.
Selbst wenn ein Betroffener keine Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen macht, entbindet das das Gericht nicht von der Amtspflicht, die notwendigen Feststellungen – beispielsweise durch Vernehmung des Arbeitgebers – zu treffen, wenn sie gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG von Bedeutung sein können (OLG Braunschweig, Beschlüsse vom 28.02.2012 – Ss (OWi) 34/12 –; vom 05.03.2013 – Ss (OWi) 30/13 –; vom 18.06.2013 – Ss (OWi) 98/13 –; vom 11.07.2013 – 1 Ss (OWi) 92/13 –).

Darauf hat der Senat für Bußgeldsachen des OLG Braunschweig mit Beschluss vom 27.05.2014 – 1 Ss (OWi) 26/14 – (erneut) hingewiesen.

 

Voraussetzungen für eine bußgeldbewehrte Geschwindigkeitsüberschreitung auf einem durch das Dauerlichtzeichen „rote gekreuzte Schrägbalken“ gesperrten Fahrstreifen.

Eine Geschwindigkeitsbeschränkung ( § 41 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) i.V.m. Zeichen 274 der Anlage 2), die lediglich für die linke Fahrspur angeordnet ist, regelt die zulässige Geschwindigkeit nicht auf den benachbarten Fahrspuren, für die ein Fahrstreifenbenutzungsverbot im Sinne des § 37 Abs. 3 S 2 StVO ( „rote gekreuzte Schrägbalken“) gilt.

Das hat der Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig mit Beschluss vom 27.05.2014 – 1 Ss (OWi) 26/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte das Amtsgericht (AG) gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in Tateinheit mit vorsätzlicher Missachtung des Dauerlichtzeichens „rote gekreuzte Schrägbalken“ eine Geldbuße von 260,- € festgesetzt.
Nach den Feststellungen in diesem Urteil befuhr der Betroffene am 16.03.2013 um 23.15 Uhr mit einem nicht näher beschriebenen Lastkraftwagen die Bundesautobahn A 2 in Fahrtrichtung Dortmund. Er passierte dort (Kilometer 155,810) auf der mittleren Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von 83 km/h die Drucksensoren der Geschwindigkeitsmessanlage (Traffipax Traffistar S 330).
Die Schilderbrücke, die sich 207 Meter vor den Drucksensoren der Messanlage befindet, begrenzte die zulässige Geschwindigkeit zur Tatzeit auf dem linken Fahrstreifen durch Verkehrszeichen 274 auf 60 km/h.
Über der mittleren und der rechten Fahrspur zeigte die Brücke hingegen „rote gekreuzte Schrägbalken“.

Gegen das Urteil hatte der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Rechtsbeschwerde hatte mit der erhobenen Sachrüge Erfolg.

Nach der Entscheidung des Senats für Bußgeldsachen des OLG Braunschweig ist dem Betroffenen

  • neben dem nach §§ 24 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), 49 Abs. 3 S. 2 StVO bußgeldbewehrten Verstoß gegen das Fahrstreifenbenutzungsverbot des § 37 Abs. 3 S. 2 StVO
  • kein Verstoß gegen §§ 24 Abs. 1 StVG, 41 Abs. 1 StVO i. V. m. Zeichen 274 der Anlage 2 vorzuwerfen,


weil auf der mittleren Fahrspur, die der Betroffene nach den Urteilsfeststellungen benutzte, keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h angeordnet war.

Das Verkehrszeichen 274 bezog sich, wie dies der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV) zu § 41 (dort Rn. 3) entspricht, ausdrücklich nur auf den linken Fahrstreifen.
Diese Bewertung des Senats beruht auf dem Analogieverbot und führt nicht zu Verfolgungslücken.
Vielmehr ist der Bußgeldrahmen bei einem Verstoß gegen das Fahrstreifenbenutzungsverbot ebenfalls § 24 Abs. 2 StVG (bei fahrlässiger Begehung gemindert nach § 17 Abs. 2 OWiG) zu entnehmen, so dass die jeweiligen Betroffenen, denen ein Verstoß gegen §§ 24 Abs. 1 StVG, 49 Abs.3 S. 2 StVO, § 37 Abs. 3 S. 2 StVO vorzuwerfen ist, mindestens ebenso hart bestraft werden können wie jene, die wegen Geschwindigkeitsüberschreitung zu verurteilen sind.
§ 25 StVG ermöglicht zudem, allein wegen eines Verstoßes gegen §§ 24 Abs. 1 StVG, 49 Abs.3 S. 2 StVO, § 37 Abs. 3 S. 2 StVO ein Fahrverbot zu verhängen.

Die Annahme einer Geschwindigkeitsbeschränkung für den mittleren Fahrstreifen ergibt sich insbesondere auch nicht aus einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 06.05.1981 – 4 StR 530/79 –. Durch diesen Beschluss ist zwar die Standspur, deren Benutzung ebenfalls regelmäßig verboten ist, der Fahrbahn zugeordnet und klargestellt worden, dass das Zeichen 274 auch auf diesem gilt. Die Entscheidung des BGH greift aber deshalb nicht ein, weil die Geschwindigkeitsbegrenzung durch Zeichen 274 vorliegend nur eingeschränkt, nämlich speziell für die linke Fahrspur, angeordnet wurde.

Neben dem nach §§ 24 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), 49 Abs. 3 S. 2 StVO bußgeldbewehrten Verstoß gegen das Fahrstreifenbenutzungsverbot des § 37 Abs. 3 S. 2 StVO wäre dem Betroffenen nur dann ein Geschwindigkeitsverstoß vorzuwerfen, wenn er eine gesetzliche Geschwindigkeitsbestimmung überschritten hätte. Denn die gesetzlichen Geschwindigkeitsbestimmungen sind auch bei verbotswidriger Straßenbenutzung zu beachten.

Die Sache wurde vom OLG Braunschweig zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

 

Wenn streitig ist ob das einem anderen Überlassene ihm geschenkt oder ohne Rechtsgrund überlassen worden ist – Wer muss was beweisen, wer was darlegen?

Beruft sich der Leistungsempfänger gegenüber dem Bereicherungsanspruch auf ein nicht notariell beurkundetes Schenkungsversprechen als Rechtsgrund, so beschränkt sich die ihn treffende Beweislast auf den Nachweis, dass die Leistung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt und der Formmangel damit geheilt worden ist.
Das Fehlen eines Schenkungsversprechens muss demgegenüber der Leistende beweisen

Darauf hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 11.03.2014 – X ZR 150/11 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall begehrte die Klägerin von der Beklagten, ihrer Tochter, die Rückzahlung eines Betrags von 36.450 € nebst Zinsen.
Die Hauptsumme hat die Klägerin der Beklagten mit mehreren teils durch Überweisung, teils in bar geleisteten Teilzahlungen überlassen.
Die Beklagte behauptet, es habe sich um eine Schenkung gehandelt. Die Klägerin macht geltend ihrer Tochter das Geld ohne Rechtsgrund überlassen zu haben.

Wie der X. Zivilsenat in seiner Entscheidung ausgeführt hat, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung grundsätzlich der Anspruchsteller. Er hat das Risiko des Unterliegens im Prozess zu tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen.
Dies gilt auch, soweit zur Anspruchsbegründung eine negative Tatsache wie das Fehlen eines Rechtsgrundes gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder das Ausbleiben eines mit einer Leistung bezweckten Erfolgs gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB gehört (vgl. statt vieler BGH, Urteile vom 14.11.2006 – X ZR 34/05 –; vom 18.02.2009 – XII ZR 163/07 –).

Diese Beweislast, die regelmäßig zum materiellen Recht zählt (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2007 – VIII ZR 110/06 –), ändert sich auch nicht aufgrund von Plausibilitätserwägungen; solche Erwägungen sind lediglich im Rahmen einer Beweiswürdigung von Bedeutung.

Der Beweis des Rechtsgrundes der geleisteten Zahlungen obliegt der Beklagten im Streitfall auch nicht deshalb, weil sie eine Schenkung behauptet.
Soweit der Leistungsempfänger sich gegenüber einem Bereicherungsanspruch mit einem nicht notariell beurkundeten Schenkungsversprechen als Rechtsgrund verteidigt, trifft ihn allerdings die Beweislast, dass die zu seinen Gunsten erfolgte Vermögensmehrung auf einer den Formmangel heilenden Leistungserbringung gemäß § 518 Abs. 2 BGB beruht, die Leistung also mit einem konkreten Willen des Leistenden an ihn erbracht wurde.
Diese zu Lasten des Leistungsempfängers abweichende Beweislastverteilung beruht auf dem Zweck der gemäß § 518 Abs. 1 BGB für einen Schenkungsvertrag erforderlichen notariellen Beurkundung, unter anderem eine sichere Beweisgrundlage für solche ohne Gegenleistung vereinbarten Vertragsbeziehungen sicherzustellen.
Im Falle eines Streits über dieses Sachverhaltselement hat der Leistungsempfänger nachzuweisen, dass die Vermögensverschiebung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt worden ist.
Dieser Nachweis kann zwar gegebenenfalls nur durch den Beweis eines Schenkungsvertrags erbracht werden.
Die den Leistungsempfänger treffende Beweislast beschränkt sich indessen auf den Willen des Leistenden zur Leistungsbewirkung.
Der Tatbestand der Leistungsbewirkung heilt den Formmangel für einen Schenkungsvertrag und genügt damit dem Zweck des § 518 Abs. 1 und 2 BGB, eine sichere Beweisgrundlage und Rechtsfrieden zu schaffen.
Dieser Zweck würde nicht erreicht, wenn der Leistungsempfänger zur Verteidigung gegen einen bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch auch beweisen müsste, dass die mit Willen des Leistenden bewirkte Leistung tatsächlich auf einem Schenkungsvertrag mit entsprechendem Schenkungswillen beruht.
Eine so weitgehende Beweislast hätte zur Folge, dass der Beschenkte sich über die Beweisbarkeit der Leistungsbewirkung hinaus um weitere Beweismittel für den Schenkungswillen sorgen müsste. Damit würde allein die Leistungsbewirkung noch nicht den Rechtsfrieden schaffen, wie er von § 518 Abs. 2 BGB bezweckt ist, und die Möglichkeit der formfreien Handschenkung ausgehöhlt.

Kann der Leistungsempfänger

  • den Nachweis für eine mit Wissen und Wollen des Leistenden erfolgte Leistungsbewirkung erbringen oder
  • steht eine solche Leistungsbewirkung wie im Streitfall außer Streit,

obliegt es dem Anspruchsteller, die weiteren Voraussetzungen einer ungerechtfertigten Bereicherung nachzuweisen.

  • Die sekundäre Darlegungslast des Leistungsempfängers bleibt hiervon (allerdings) unberührt.

Wer geltend macht, ohne Rechtsgrund geleistet zu haben, muss nur denjenigen Rechtsgrund ausräumen, der sich aus dem Vortrag des Leistungsempfängers ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2011 – XI ZR 261/09 –); d. h. dieser muss also zunächst seiner sekundären Darlegungslast zu einem Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen genügen.

 

Ein von einem Angebot abweichender Vertragswille muss hinreichend deutlich erklärt werden – ansonsten kann der Vertrag zu den Bedingungen des Angebots zustande kommen.

Die Grundsätze von Treu und Glauben erfordern, dass der Empfänger eines Vertragsangebots seinen davon abweichenden Vertragswillen in der Annahmeerklärung klar und unzweideutig zum Ausdruck bringt.
Diese Anforderungen können im Einzelfall nicht gewahrt sein, wenn der Empfänger eines schriftlichen Angebots an Stelle des ursprünglichen Textes die von ihm vorgenommenen wesentlichen Änderungen mit gleichem Schriftbild so in den Vertragstext einfügt, dass diese nur äußerst schwer erkennbar sind, und in einem Begleitschreiben der Eindruck erweckt wird, er habe das Angebot unverändert angenommen.

Darauf hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 14.05.2014 – VII ZR 334/12 – hingewiesen.

Danach sind auch im Rahmen von § 150 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Grundsätze von Treu und Glauben anzuwenden, so dass, wenn der Vertragspartner seinen vom Angebot abweichenden Vertragswillen nicht hinreichend deutlich erklärt, der Vertrag zu den Bedingungen des Angebots zustande kommt (BGH, Urteile vom 11.05.2009 – VII ZR 11/08 –; vom 22.07.2010 – VII ZR 129/09 –).
Bringt der Empfänger eines Vertragsangebots seinen Willen, von dem Vertragsangebot abzuweichen, nicht klar und unzweideutig zum Ausdruck, sondern fügt er von ihm gewünschte vertragliche Bestimmungen anstelle des ursprünglichen Textes mit gleichem Schriftbild so in den Vertragsentwurf ein, dass der verbliebene Text lediglich ganz geringfügig und damit äußerst schwer erkennbar verschoben wird, lässt dies darauf schließen, dass er dem anderen die abweichenden Vertragsbestimmungen „unterschieben“ will, indem er den Eindruck erweckt, an dem Vertragstext keine Veränderungen vorgenommen zu haben, zumal wenn dieser sich aus der textlichen Gestaltung ergebende Anschein auch noch durch ein entsprechendes Begleitschreiben bestätigt wird.
Bei einem solchen Sachverhalt kommt es nicht darauf an, dass die Änderungen des Vertragstextes ohne Weiteres hätten erkannt werden können, wenn der andere den Vertragstext insgesamt durchgelesen und mit seinem Vertragsentwurf verglichen hätte. Denn zu einer solchen Überprüfung besteht in einem solche Fall keine Veranlassung.
Ein wirksames neues Angebot gemäß § 150 Abs. 2 BGB liegt dann nicht vor. 

 

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei Poolarbeitsplatz bzw. Telearbeitsplatz als Werbungskosten abziehbar?

In den Urteilen vom 26.02.2014 – VI R 37/13 –  und – VI R 40/12 – hat sich der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Frage der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Falle eines Poolarbeitsplatzes bzw. eines Telearbeitsplatzes geäußert.

Gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen.

  • Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG).
  • In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt.
  • Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG).

Der im Gesetz nicht näher bestimmte Begriff des häuslichen Arbeitszimmers erfasst nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BFH das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (ständige Rechtsprechung, vgl.BFH, Urteil vom 08.12.2011 – VI R 13/11 –). Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (BFH-Urteile vom 16.10.2002 – XI R 89/00 –; vom 20.11.2003 – IV R 3/02 –).
Anderes gilt für Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen. Solche Räume sind nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen. Dies gilt auch dann, wenn sie nach ihrer Lage mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und deswegen in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind. Von der Rechtsprechung dazu bisher entschiedene Fälle betrafen Lager, Werkstätten, Arztpraxen oder Ausstellungsräume (BFH, Urteile vom 19.03.2003 – VI R 40/01 –; vom 19.09.2002 – VI R 70/01 –; vom 05.12.2002 – IV R 7/01 –; vom 26.06.2003 – VI R 10/02 –; vom 20.11.2003 – IV R 30/03 –).
Im Einzelfall ist das häusliche Arbeitszimmer von anderen beruflich oder betrieblich genutzten Zimmern im häuslichen Bereich aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls abzugrenzen.
Ist eine Zuordnung zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers nicht möglich, so sind die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar, sofern die betreffenden Räumlichkeiten nahezu ausschließlich beruflich genutzt werden (BFH, Urteil vom 22.11.2006 – X R 1/05 –).

  • In dem dem Verfahren VI R 37/13 zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger, ein Großbetriebsprüfer eines Finanzamtes, an der Dienststelle keinen festen Arbeitsplatz, sondern teilte sich für die vor- und nachbereitenden Arbeiten der Prüfungen mit weiteren sieben Großbetriebsprüfern drei Arbeitsplätze (sog. Poolarbeitsplätze).

Das Finanzamt (FA) berücksichtigte die für das häusliche Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen mit der Begründung nicht, dass ein Großbetriebsprüfer seinen Arbeitsplatz an der Dienststelle nicht tagtäglich aufsuchen müsse und der Poolarbeitsplatz deshalb ausreichend sei.

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage statt.

Der BFH bestätigte in seinem Urteil die Vorentscheidung des FG.
Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sind abzugsfähig, da der Poolarbeitsplatz an der Dienststelle dem Kläger nicht in dem zur Verrichtung seiner gesamten Innendienstarbeiten (Fallauswahl, Fertigen der Prüfberichte etc.) konkret erforderlichen Umfang zur Verfügung stand.
Dies muss aber nicht bei jedem Poolarbeitsplatz so sein.
Der BFH stellte klar, dass ein Poolarbeitszimmer ein anderer Arbeitsplatz i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG sein kann und zwar dann, wenn bei diesem – anders als im Streitfall – aufgrund der Umstände des Einzelfalls (ausreichende Anzahl an Poolarbeitsplätzen, ggf. dienstliche Nutzungseinteilung etc.) gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit in dem konkret erforderlichen Umfang dort erledigen kann.

  • In dem dem Verfahren VI R 40/12 zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger sich in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen sog. Telearbeitsplatz eingerichtet, in dem er gemäß einer Vereinbarung mit seinem Dienstherrn an bestimmten Wochentagen (Montag und Freitag) seine Arbeitsleistung erbrachte.

Das FA versagte den Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer.

Das FG gab der hiergegen erhobenen Klage mit der Begründung statt, der Telearbeitsplatz entspreche schon nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers was zur Folge habe, dass der Abzug der Kosten unbeschränkt möglich sei. Zudem stünde dem Kläger an den häuslichen Arbeitstagen kein anderer Arbeitsplatz an der Dienststelle zur Verfügung.

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der vom Kläger genutzte Telearbeitsplatz entsprach grundsätzlich dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers und dem Kläger stand an der Dienststelle auch ein anderer Arbeitsplatz „zur Verfügung“.
Denn dem Kläger war es weder untersagt, seinen dienstlichen Arbeitsplatz jederzeit und damit auch an den eigentlich häuslichen Arbeitstagen zu nutzen, noch war die Nutzung des dienstlichen Arbeitsplatzes in tatsächlicher Hinsicht in irgendeiner Weise eingeschränkt.

Das hat die Pressestelle des Bundesfinanzhofs am 04.06.2014 – Nr. 40 – mitgeteilt.

 

Elektrizitätsbezug im Rahmen der Grundversorgung – Zu den Pflichten des Stromentnehmers und zur Haftung des Eigentümers des mit Strom belieferten Anwesens, der dem Stromversorger den Namen des Stromentnehmers verschweigt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nimmt derjenige, der aus dem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt, das Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Versorgungsvertrags konkludent an; eine etwaige Erklärung, er wolle mit dem Unternehmen keinen Vertrag schließen, ist unbeachtlich, da dies in Widerspruch zu seinem eigenen tatsächlichen Verhalten steht, d.h. der Grundversorgungsvertrag kommt nicht durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande, sondern dadurch, dass die Realofferte des Unternehmens durch sozialtypisches Verhalten (Entnahme von Strom, Gas, Wasser oder Fernwärme) angenommen wird (BGH, Urteile vom 17.03.2004 – VIII ZR 95/03 – und vom 26.01.2006 – VIII ZR 66/04 –).
Vertragspartner wird damit, wer auf Grund seiner Verfügungsmacht über den Versorgungsanschluss die Leistung entgegennimmt (BGH, Urteil vom 30.04.2003 – VIII ZR 279/02 – zur Wasserversorgung).
Dies kann, muss aber nicht der Eigentümer des Grundstücks sein.

Aufgrund des auf diese Weise zustande gekommenen Vertrags ist der Kunde verpflichtet den entnommenen Strom zu bezahlen sowie sich bei dem Stromversorger zu melden und diesem als Grundversorger alle für den Vertragsschluss notwendigen Daten mitzuteilen (§ 2 Abs. 3 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (StromGVV)). Dazu gehören insbesondere Angaben zum Kunden (bei Unternehmen: Firma, Registergericht, Registernummer, Adresse; bei Privatkunden: Familienname, Vorname, Anschrift).
Der Grundversorger hat, da der Vertragsschluss nicht durch übereinstimmende Willenserklärungen, sondern durch Annahme der Realofferte erfolgt, ein besonders schützenswertes rechtliches Interesse daran, unaufgefordert und unverzüglich darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, wer sein Kunde ist.
Nur wenn der Grundversorger die Person seines Vertragspartners kennt, kann er die mit dem Abschluss des Grundversorgungsvertrages verbundenen Entscheidungen sachgerecht treffen. So kann er zum Beispiel für den Elektrizitätsverbrauch eines Abrechnungszeitraums Vorauszahlungen verlangen, wenn er nach den konkreten Umständen Zahlungsausfall oder     -verzögerung befürchten muss, § 14 Abs. 1 StromGVV.

Erfährt der Grundversorger nicht wer sein Kunde ist, weil dieser sich bei ihm nicht meldet, hat der Eigentümer des im Rahmen der Grundversorgung mit Elektrizität belieferten Grundstücks, auch wenn er selbst nicht der Stromentnehmer ist, auf Aufforderung des Stromversorgers diesem mitzuteilen, wer das Grundstück nutzt und Strom über den Zähler des Grundstücks entnimmt. Unterlässt es der Grundstückseigentümer in einem solchen Fall dem Versorgungsunternehmen mitzuteilen, wer dessen Vertragspartner ist, kann der Grundstückseigentümer nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung haften; d. h. er muss dem Stromversorger dann den Schaden ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist, dass das Versorgungsunternehmen wegen böswilligen Vorenthaltens des Namens des Stromentnehmers und damit mangels Kenntnis seines Vertragspartners seine berechtigten Ansprüche gegen diesen nicht durchsetzen kann.
Ist in einem solchen Fall Eigentümerin des Grundstücks keine Privatperson sondern eine juristische Person, treffen die Pflichten und die mögliche Haftung in Höhe der angefallenen Stromkosten den gesetzlichen Vertreter persönlich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der gesetzliche Vertreter auf Nachfrage des Versorgungsunternehmens nicht für Aufklärung sorgt, wer dessen Vertragspartner ist, obwohl er hierzu aufgrund seiner Stellung ohne weiteres in der Lage wäre. Die unterlassene Aufklärung genügt in diesem Fall für die Annahme eines Schädigungsvorsatzes.

Darauf hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mit Urteil vom 23.05.2014 – 2 U 2401/12 – hingewiesen.
Vergleiche hierzu auch die Mitteilung der Pressestelle des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 03.06.2014 – Nr. 15/14 –.

 

Bildberichterstattung über das Mieterfest einer Wohnungsbaugenossenschaft in deren an ihre Mieter gerichteten Informationsbroschüre – Ist sie (auch) ohne Einwilligung der Abgebildeten zulässig?

In dem vom VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 08.04.2014 – VI ZR 197/13 – entschiedenen Fall verlangten die Klägerinnen, Großmutter, Tochter und Enkelin, von der Beklagten, einer Wohnungsbaugenossenschaft, Zahlung einer Geldentschädigung und von Abmahnkosten wegen einer ohne ihre Einwilligung erfolgten Veröffentlichung und Verbreitung eines Fotos, das die Klägerinnen gemeinsam auf einem von der Beklagten veranstalteten Mieterfest zeigt.
Das beanstandete Foto war, neben anderen, bei dem jährlich stattfindenden Mieterfest der Beklagten gefertigt worden. Auf ihm waren im Vordergrund die Klägerinnen zu 1 und 2 zu sehen, wie sie die Klägerin zu 3, ein Kleinkind, füttern.
Dieses Foto hatte die Beklagte in ihrer Broschüre „Informationen der Genossenschaft“, Ausgabe 2010, neben weiteren neun Fotos, veröffentlicht, auf denen Teilnehmer des Mieterfestes, einzeln und in Gruppen, zu sehen sind. Die Broschüre war in einer Auflage von 2.800 Stück hergestellt und an Genossenschaftsmieter verteilt worden.

Nach der Entscheidung des VI. Zivilsenats des BGH haben die Klägerinnen gegen die Beklagte hier bereits deshalb keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. §§ 22, 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bilden Künste und der Photographie (KUG), Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auf Unterlassung der Veröffentlichung des beanstandeten Bildnisses, weil dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) und berechtigte Interessen der Abgebildeten nicht verletzt wurden (§ 23 Abs. 2 KUG).

Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (vgl. grundlegend BGH, Urteile vom 06.03.2007 – VI ZR 51/06 –; vom 18.10.2011 – VI ZR 5/10 –; vom 22.11.2011 – VI ZR 26/11 –; vom 18.09.2012 – VI ZR 291/10 – und vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12 –), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 26.02.2008 – 1 BvR 1602/07, 1 BvR 1606/07, 1 BvR 1626/07 –) als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Einklang steht (vgl. EGMR, Urteile vom 24.06.2004 – 59320/00 – sowie vom 07.02.2012 – 40660/08, 60641/08 – und – 39954/08 –).

  • Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG).
  • Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt.
  • Diese Ausnahme gilt aber nicht für die Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

Nach diesen Grundsätzen war die von den Klägerinnen angegriffene Veröffentlichung der beanstandeten Bildberichterstattung auch ohne ihre Einwilligung zulässig.

Bei dem beanstandeten Foto der Klägerinnen handelte es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte.
Schon die Beurteilung, ob Abbildungen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sind, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) einerseits und den Rechten der Medien aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (vgl. etwa BGH, Urteil vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12 –).

Der für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse.
Dazu können auch Veranstaltungen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung gehören (vgl. zu Sportveranstaltungen BGH, Urteil vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12 –).

Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos,

  • vielmehr ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen und
  • es bedarf gerade bei unterhaltenden Inhalten im besonderen Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen (vgl. BGH, Urteile vom 01. 07.2008 – VI ZR 67/08 –; vom 13.04.2010 – VI ZR 125/08 – und vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12 –).
  • Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln.

Die Bildberichterstattung in der Informationsbroschüre der Beklagten befasste sich mit dem – jährlich stattfindenden – Mieterfest der beklagten Wohnungsbaugenossenschaft im August 2010 und zeigte repräsentativ auf insgesamt zehn Bildern Teilnehmer, sowohl in Gruppen, als auch einzeln.
Die Bilder fingen Szenen des Mieterfestes ein, die ein harmonisches Zusammensein von Jung und Alt in fröhlicher und entspannter Atmosphäre zeigten.
Die Bildberichterstattung vermittelte den Eindruck, dass Mitbewohner aller Altersgruppen das Fest genossen haben und zwischen ihnen gute nachbarschaftliche Beziehungen bestehen. In diesen Zusammenhang passte gerade das Bild der Klägerinnen, welches drei Generationen vereint.
Zwar gab es – außer dem Hinweis auf das Mieterfest und der Ankündigung der entsprechenden Veranstaltung im Folgejahr – keine begleitende Textberichterstattung, doch bereits durch die Auswahl der gezeigten Fotos wurde dem Leser ein Eindruck über dessen Verlauf vermittelt.
Das Mieterfest ist ein Ereignis von lokaler gesellschaftlicher Bedeutung.
Die Informationsbroschüre der Beklagten, in der über das Fest berichtet wurde, war an ihre Mieter gerichtet, also an den (beschränkten) Personenkreis, der üblicherweise an dem Fest teilnahm und entsprechend der Ankündigung eingeladen war, im Folgejahr teilzunehmen.
Das Recht, über solche zeitgeschichtlichen Ereignisse aus dem gesellschaftlichen Bereich zu berichten, steht grundsätzlich auch der Beklagten zu, wenn sie eine Informationsbroschüre herausgibt; denn auch eine solche Broschüre gehört zu den Medien.

Die Beklagte kann sich unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auf ein schützenswertes Interesse berufen, ihre Genossenschaftsmieter im Bild über den Ablauf und die Atmosphäre der Veranstaltung zu informieren.
Die Bildberichterstattung der Beklagten über das Mieterfest in ihrer Informationsbroschüre an ihre Mieter erfüllt eine wichtige Funktion, denn ein solches Fest pflegt und schafft gute nachbarschaftliche Beziehungen. Die Berichterstattung vermittelt den Eindruck, dass die Mitbewohner sich in der Wohnungsbaugenossenschaft wohlfühlen und es sich lohnt, dort Mitglied bzw. Mieter zu sein.

Die Beeinträchtigung der Rechte der Klägerinnen durch das – ohne Namensnennung – veröffentlichte Foto ist dagegen gering.
Es handelte sich um ein für alle Mieter und Mitbewohner zugängliches Fest, über welches die Beklagte schon in den Vorjahren in ihrer Mieterbroschüre in Bildern berichtet hatte. Insofern war zu erwarten, dass in entsprechender Weise auch über das Mieterfest 2010 berichtet werden würde.
Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass das Foto heimlich angefertigt wurde, auch wenn die Klägerinnen die Anfertigung der konkreten Aufnahmen möglicherweise nicht bemerkt haben.
Die Informationsbroschüre der Beklagten wurde schließlich nur an ihre Mieter verteilt, mithin an einen begrenzten Adressatenkreis, aus dem die Teilnehmer des Mieterfestes stammten.
Auch war nichts dafür ersichtlich, dass die Veröffentlichung des Bildes die kindgerechte Entwicklung der Klägerin zu 3 beeinträchtigen könnte.

Der Verbreitung des beanstandeten Bildnisses standen auch keine besonderen schützenswerten Interessen der Klägerinnen entgegen (§ 23 Abs. 2 KUG). Das Bild war in keiner Weise unvorteilhaft oder ehrverletzend.

War mithin die von den Klägerinnen angegriffene Veröffentlichung der beanstandeten Bildberichterstattung auch ohne ihre Einwilligung zulässig, besteht weder ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten noch ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. 

 

Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB – wegen Mitteilung belastender, psychischer Störungen auslösender Informationen? – wegen Verletzung des „Rechts auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung“?

§ 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bezweckt nicht den Schutz eines sorgeberechtigen Elternteils vor den psychischen Belastungen, die damit verbunden sind, dass er von einer genetisch bedingten Erkrankung des anderen Elternteils und dem damit einhergehenden Risiko Kenntnis erlangt, dass die gemeinsamen Kinder auch Träger der Krankheit sein könnten.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst ein „Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung“, das den Einzelnen davor schützt, Kenntnis über ihn betreffende genetische Informationen mit Aussagekraft für seine persönliche Zukunft zu erlangen, ohne dies zu wollen.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 20.05.2014 – VI ZR 381/13 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall beanspruchte die Klägerin von dem beklagten Oberarzt einer Fachabteilung für Psychiatrie und Psychotherapie Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen der Information über eine bei ihrem geschiedenen Ehemann festgestellte Erbkrankheit.
Der von der Schweigepflicht gegenüber der Klägerin entbundene beklagte Arzt ihres geschiedenen Ehemanns hatte auf dessen Wunsch die Klägerin über dessen Erkrankung an Chorea Huntington informiert und sie darauf hingewiesen, dass die – zu diesem Zeitpunkt 12 und 16 Jahre alten – gemeinsamen Kinder die genetische Anlage der Erkrankung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% geerbt hätten. Diese Mitteilung hatte bei der Klägerin eine reaktive Depression zur Folge wegen der sie seit Anfang 2011 krankgeschrieben ist.
Mit der Klage begehrte die Klägerin Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 15.000 € sowie die Feststellung der Ersatzverpflichtung des Beklagten hinsichtlich der ihr entstandenen materiellen und immateriellen Schäden.

Nach der Entscheidung des VI. Zivilsenats des BGH stehen der Klägerin gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen der Mitteilung zu, dass ihr geschiedener Ehemann an Chorea Huntington erkrankt sei und ihre Kinder die genetische Anlage der Erkrankung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% geerbt hätten.

Durch die Mitteilung belastender Informationen ausgelöste psychische Störungen von Krankheitswert können zwar eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 22.05.2007 – VI ZR 17/06 –).
Vorliegend fehlt es allerdings an dem für eine Haftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen der Mitteilung des Beklagten und der von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsverletzung.
In der Rechtsprechung des BGH ist es anerkannt, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird.
Dies gilt unabhängig davon, auf welche Bestimmung die Haftung gestützt wird.
Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz 
begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 22.05.2012 – VI ZR 157/11 –; vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 –; vom 14.03.2006 – X ZR 46/04 –; vom 11.01.2005 – X ZR 163/02 –).

  • Die Schadensersatzpflicht hängt zum einen davon ab, ob die verletzte Bestimmung überhaupt den Schutz Einzelner bezweckt und der Verletzte gegebenenfalls zu dem geschützten Personenkreis gehört.
  • Zum anderen muss geprüft werden, ob die Bestimmung das verletzte Rechtsgut schützen soll.
  • Darüber hinaus muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung bzw. der geltend gemachte Schaden müssen also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen (BGH, Urteil vom 14.03.2006 – X ZR 46/04 –).

An letzterem fehlt es in der Regel, wenn sich eine Gefahr realisiert hat, die dem allgemeinen Lebensrisiko und damit dem Risikobereich des Geschädigten zuzurechnen ist.
Der Schädiger kann nicht für solche Verletzungen oder Schäden haftbar gemacht werden, die der Betroffene in seinem Leben auch sonst üblicherweise zu gewärtigen hat (vgl. BGH, Urteil vom 22.05.2007 – VI ZR 17/06 –). Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Erkrankung der Klägerin dem Beklagten haftungsrechtlich nicht zuzurechnen.
Dass eine schwerwiegende – möglicherweise auch für die Gesundheit der gemeinsamen Kinder relevante – Krankheit eines Elternteils erkannt und dem anderen Elternteil bekannt wird, ist ein Schicksal, das Eltern jederzeit widerfahren kann. Es gehört zu den allgemeinen Lebensrisiken, fällt aber nicht in den Bereich der Gefahren, vor denen § 823 Abs. 1 BGB schützen will. Die Bestimmung bezweckt nicht den Schutz eines sorgeberechtigen Elternteils vor den psychischen Belastungen, die damit verbunden sind, dass er von einer genetisch bedingten Erkrankung des anderen Elternteils und dem damit einhergehenden Risiko Kenntnis erlangt, dass die gemeinsamen Kinder auch Träger der Krankheit sein könnten. Derartige Belastungen haben die Personensorgeberechtigten vielmehr grundsätzlich hinzunehmen, ohne den Überbringer der Nachricht dafür verantwortlich machen zu können.

Auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Ausprägung eines „Rechts auf Nichtwissen“ steht der Klägerin nicht zu.
Zwar schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Interesse des Einzelnen, nicht mehr über seine genetischen Eigenschaften wissen zu müssen, als er selbst will.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt als „unbenanntes“ Freiheitsrecht die speziellen Freiheitsrechte, die, wie etwa die Gewissens- oder die Meinungsfreiheit, ebenfalls konstituierende Elemente der Persönlichkeit schützen. Seine Aufgabe ist es, im Sinne des obersten Konstitutionsprinzips der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen zu gewährleisten, die sich durch die traditionellen Freiheitsgarantien nicht vollständig erfassen lassen; diese Notwendigkeit besteht namentlich auch im Blick auf moderne Entwicklungen und die mit ihnen verbundenen neuen Gefährdungen für den Schutz der menschlichen Persönlichkeit.
Die genetische Konstitution prägt die Persönlichkeit des Einzelnen und bestimmt wesentliche Rahmenbedingungen seiner Existenz. Die Kenntnis von Erbanlagen, insbesondere genetisch bedingten Krankheitsanlagen, kann maßgeblichen Einfluss auf die Lebensplanung und Lebensführung einer Person haben und berührt deshalb unmittelbar ihr in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistetes Selbstbestimmungsrecht.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst deshalb ein „Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung“, das den Einzelnen davor schützt, Kenntnis über ihn betreffende genetische Informationen mit Aussagekraft für seine persönliche Zukunft zu erlangen, ohne dies zu wollen (vgl. §§ 1, 9 Abs. 2 Nr. 5 Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnosegesetz – GenDG)).
Es kann dahinstehen, ob das „Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung“ bereits dadurch beeinträchtigt wird, dass einer Person der Hinweis gegeben wird, sie sei möglicherweise Trägerin einer Erbkrankheit.
Dies könnte deshalb zweifelhaft sein, weil eine freie Entscheidung, bestimmte Informationen nicht erhalten zu wollen, voraussetzt, dass der Betroffene weiß, dass es Informationen gibt, die er zur Kenntnis nehmen könnte. Auf diese Frage kommt es indes nicht an.
Denn die Klägerin ist in ihrem „Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung“ nicht betroffen.
Sie stützt die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht auf eine Mitteilung ihrer eigenen genetischen Konstitution, sondern darauf dass der Beklagte sie über eine bei ihrem geschiedenen Mann bestehende Erkrankung informiert hat, deren genetische Anlage ihre Kinder möglicherweise geerbt haben.
Aus einer etwaigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ihrer Kinder kann die Klägerin aber keine Schadensersatzansprüche ableiten.

Schadensersatzansprüche der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem GenDG scheiden ebenfalls aus. Das Gesetz enthält keine Bestimmung, wonach das Ergebnis einer diagnostischen genetischen Untersuchung trotz ausdrücklicher schriftlicher Einwilligung des von der Untersuchung Betroffenen solchen Personen nicht bekanntgegeben werden dürfte, die – wie die Klägerin – mit dem Betroffenen genetisch nicht verwandt sind. 

 

Die Verwendung eines Transparents mit der Aufschrift „A.C.A.B.“ bei einem Fußballspiel erfüllt den Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB.

Das hat der 1.Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe entschieden und mit Beschluss vom 20.05.2014 – 1 (8) Ss 678/13- AK 15/14 – die Revision des Angeklagten gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Karlsruhe verworfen, das den Angeklagten der Beleidigung nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB) schuldig gesprochen und ihn unter Vorbehalt der Verurteilung zu der Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30.- EUR verwarnt hatte.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Angeklagte anlässlich einer Zweitliga-Begegnung des Karlsruher SC gegen den Vfl Bochum im Fanblock des Karlsruher Wildparkstadions gemeinsam mit weiteren Personen ein im gesamten Stadion sichtbares großflächiges Banner mit der Aufschrift „A.C.A.B.“ – die nach allgemeinem Erfahrungswissen die Abkürzung für die englischsprachige Parole „all cops are bastards“ ist – hochgehalten, um den im Stadionbereich anwesenden Polizeibeamten seine Missachtung auszudrücken.
Die in der englischsprachigen Parole liegende Kennzeichnung einer Person als Bastard ist beleidigend im Sinne des § 185 StGB und dieses Werturteil, das sich auf die bei dem Spiel eingesetzten Polizeibeamten und damit einen umgrenzten, grundsätzlich beleidigungsfähigen Personenkreis erstreckt, ist auch nicht vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Karlsruhe am 06.06.2014 mitgeteilt.

 

Wenn die vereinbarte Funktionstauglichkeit eines Werkes technisch nicht zu verwirklichen ist – Welche Mängelrechte stehen dem Auftraggebers dann zu?

Ist die vereinbarte Funktionalität einer Glasfassade (hier: uneingeschränkte Bruchsicherheit) technisch nicht zu verwirklichen, steht dem Auftraggeber als Mängelrecht ausschließlich ein Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, § 311a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu.

Das hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 08.05.2014 – VII ZR 203/11 – entschieden.

Nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Werk mangelhaft, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit nicht hat.
Welche Beschaffenheit des Werkes die Parteien vereinbart haben, ist durch Auslegung des Werkvertrages zu ermitteln. Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Dieser bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind.
Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit (BGH, Urteil vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05 –).

Birgt nach den Vorgaben des Auftraggebers das Werk (hier: Glasfassade) ein Risiko (hier: keine uneingeschränkte Bruchsicherheit), das der Besteller erkennbar nicht übernehmen will, muss der Unternehmer, wenn er dieses Risiko auch nicht tragen will, diesen darauf hinweisen und mit ihm vertraglich einen Ausschluss des Risikos vereinbaren (BGH, Urteil vom 11.11.1999 – VII ZR 403/98 –).
Das hat der VII. Zivilsenat des BGH gerade in den Fällen entschieden, in denen es darum ging, ob die vereinbarte Ausführung in der Lage ist, die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion zu erfüllen (BGH, Urteil vom 04.06.2009 – VII ZR 54/07 –).
Ist durch die vom Besteller gewünschte Ausführung die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion erkennbar gefährdet oder nicht erreichbar, kann der Unternehmer den Besteller nicht im Ungewissen lassen und für den Fall der Risikoverwirklichung die Auffassung vertreten, die Wahl einer bestimmten Ausführungsweise führe dazu, dass die vereinbarte Funktionstauglichkeit eine andere sei als der Besteller sich vorgestellt habe.

Ist bei dem Werk (hier: Glasfassade) die nach dem Vertrag vereinbarte Funktionalität (hier: uneingeschränkte Bruchsicherheit) nicht erreichbar, liegt ein Fall der dauerhaften objektiven Unmöglichkeit im Sinne von § 275 Abs. 1 2. Fall BGB vor.
Die Folge der Unmöglichkeit ist das Entfallen des Erfüllungsanspruches und damit ebenso des Nacherfüllungsanspruches (§ 634 Nr. 1, § 635 Abs. 1 BGB) und des Selbstvornahmerechts einschließlich des Vorschussanspruches gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2000 – VII ZR 242/99 –).

Dem Auftraggeber steht dann aber ein Schadensersatzanspruch unter den Voraussetzungen von § 634 Nr. 4, § 311a Abs. 2 BGB zu.
Die in § 311a Abs. 2 BGB geregelte Schadensersatzpflicht umfasst auch die Erstattung von Folgeschäden. Nach dem mit der Konzeption des § 311a Abs. 2 BGB einhergehenden Willen des Gesetzgebers tritt § 311a Abs. 2 BGB als eigenständige Anspruchsgrundlage an die Stelle von § 280 BGB, so dass es für Folgeschäden eines Rückgriffs auf diese Norm nicht bedarf.
Damit gilt für alle Schadenspositionen einheitlich der Verschuldensmaßstab des § 311a Abs. 2 Satz 2 BGB.
Eine Haftung des Auftragnehmers ist deshalb nur ausgeschlossen, wenn er das dem Werk anhaftende Risiko nicht kannte und diese Unkenntnis nicht zu vertreten hat.