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Kündigung erhalten – Was nun? – Was tun?

1. Kühlen Kopf behalten

Häufig reagieren Mitarbeiter auf eine Kündigung emotional – das ist natürlich nachvollziehbar – zielführend ist es aber in der Regel nicht. Besser ist es, sich richtig beraten zu lassen um keine Fehler zu machen.

 

2. Der erste Weg führt zur Agentur für Arbeit

Haben Sie eine Kündigung erhalten sollten Sie sich so schnell wie möglich bei Ihrer Agentur für Arbeit persönlich arbeitsuchend melden. Das muss innerhalb von drei Tagen geschehen gerechnet ab Erhalt der Kündigung. Es kommt nicht darauf an, ob Ihnen Arbeitslosigkeit erst Monate später droht bspw. durch eine lange Kündigungsfrist. Grund: Die Arbeitsagentur soll für Sie so früh wie möglich einen neuen Arbeitsplatz finden.

 

3. Der Betriebsrat – Freund und Helfer

Mit der Kündigung wird eine Vielzahl von Fristen in Gang gesetzt. Gibt es bei Ihnen  einen Betriebsrat so können Sie dort Einspruch gegen die Kündigung einlegen. Das steht in § 3 Kündigungsschutzgesetz:

„Hält der Arbeitnehmer eine Kündigung für sozial ungerechtfertigt, so kann er binnen einer Woche nach der Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einlegen. Erachtet der Betriebsrat den Einspruch für begründet, so hat er zu versuchen, eine Verständigung mit dem Arbeitgeber herbeizuführen. Er hat seine Stellungnahme zu dem Einspruch dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber auf Verlangen schriftlich mitzuteilen.“

Bitte erwarten Sie aber nicht zu viel. Ein Einspruch führt nur ganz selten zum Erfolg. Da der Betriebsrat häufig gut vernetzt ist kann er Ihnen aber zumindest weitere Informationen geben. Und Informationen sind im Hinblick auf ein Kündigungsschutzverfahren regelmäßig bares Geld wert bzw. können Ihren Job retten.

 

4. Anwaltlich beraten lassen – Chancen einer Klage ausloten

Wollen Sie gegen eine Kündigung vorgehen müssen Sie das unbedingt innerhalb von drei Wochen machen. Ansonsten ist die Kündigung beinahe immer wirksam, egal welch schwere Fehler Ihr Chef begangen hat. § 4 Kündigungsschutzgesetz lautet:

„Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht (…) erheben.“

 

5. Abfindung berechnen

Es mag bitter klingen, ist aber Realität. Sie haben grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Abfindung. Das liegt daran, dass das Kündigungsschutzgesetz den Bestand des Arbeitsverhältnisses sichern soll. Konkret bedeutet das bei einem Erfolg Ihrer Kündigungsschutzklage, dass Sie Ihren Arbeitsplatz behalten. Erweist sich die Kündigung aber als wirksam gehen Sie komplett leer aus, d.h. verlieren Job und bekommen auch keine Abfindung. In einer Vielzahl von Verfahren wird dennoch eine Abfindung gezahlt. Hier gilt: Tausche Job gegen Abfindung. Denn ob eine Kündigung wirksam ist oder nicht ist häufig unklar. Mit einer Abfindung versilbern Sie Ihren gesetzlichen Kündigungsschutz.

Nur bei betriebsbedingten Kündigungen haben Sie hin und wieder einen Anspruch auf eine Abfindung, bspw. wenn ein Sozialplan vereinbart wurde oder Ihr Chef bereits im Kündigungsschreiben eine Abfindung anbietet.

 

6. Steuern sparen

Eine Abfindung soll eine Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes sein. Dennoch müssen Sie auf die Abfindung Einkommensteuer zahlen, nicht aber Sozialabgaben wie Beiträge zur Krankenversicherung etc.. Eine Abfindung kann also dazu führen, dass Sie sich plötzlich in einer höheren Progressionsstufe wiederfinden, sprich auch mehr Steuern anfallen.

Ein alleinstehender Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von 40.000 € müsste 2014 normalerweise 23,5 Prozent versteuern – inklusive Solidaritätszuschlag zahlen. Bei einer Abfindung von 40.000 € schlägt das Finanzamt zu und verlangt auf die Gesamtsumme plötzlich stolze 33,44 Prozent Steuern.

Aber auch hier gilt – wenigstens für niedrigere Gehaltsgruppen – : Problem erkannt, Problem gebannt. Zu den sonstigen Einkünften in dem Jahr, in dem die Abfindung zufließt, werden 20 % des den Freibetrag übersteigenden Teils der Abfindung hinzugerechnet und daraus die Gesamtsteuer nach der jeweiligen Steuertabelle ermittelt. Der sich dadurch ergebende Steuermehrbetrag, der auf den 20%igen Anteil der Abfindung entfällt, wird sodann mit fünf multipliziert und ergibt insgesamt den Betrag der Steuer, der auf die Abfindung entfällt. Die Steuer wird also im Jahr des Zuflusses voll bezahlt. Zweck dieser sogenannten Fünftelregelung ist es, die Progression in der Steuertabelle bei Abfindungen zu dämpfen.

Wer schwarz arbeitet hat weder Anspruch auf Bezahlung noch auf Wertersatz für erbrachte Leistungen.

Ein Unternehmer, der bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) verstoßen hat, kann für seine Werkleistung keinerlei Bezahlung verlangen.

Das hat der u.a. für das Bauvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 10.04.2014 – VII ZR 241/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Beklagte die Klägerin mit der Ausführung von Elektroinstallationsarbeiten beauftragt. Vereinbart war ein Werklohn von 13.800 € einschließlich Umsatzsteuer sowie eine weitere Barzahlung von 5.000 €, für die keine Rechnung gestellt werden sollte.
Die Klägerin hat die Arbeiten ausgeführt, der Beklagte hat die vereinbarten Beträge nur teilweise entrichtet.

Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Klage abgewiesen.

Der VII. Zivilsenat des BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt.

Da sowohl die Klägerin als auch der Beklagte bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen haben, indem sie vereinbarten, dass für die über den schriftlich vereinbarten Werklohn hinaus vereinbarte Barzahlung von 5.000 € keine Rechnung gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden sollte, ist der gesamte Werkvertrag damit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig, so dass ein vertraglicher Werklohnanspruch nicht gegeben ist (BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13 –).

Auch ein Anspruch auf Ausgleich der Bereicherung des Beklagten, die darin besteht, dass er die Werkleistung erhalten hat, steht der Klägerin nicht zu.
Zwar kann ein Unternehmer, der aufgrund eines nichtigen Vertrags Leistungen erbracht hat, von dem Besteller grundsätzlich die Herausgabe dieser Leistungen, und wenn dies nicht möglich ist, Wertersatz verlangen.
Dies gilt jedoch gem. § 817 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) nicht, wenn der Unternehmer mit seiner Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Das ist hier der Fall. Entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, die Schwarzarbeit zu verhindern, verstößt nicht nur die vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistung.
Der Anwendung des § 817 S. 2 BGB stehen die Grundsätze von Treu und Glauben nicht entgegen. Die Durchsetzung der vom Gesetzgeber mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verfolgten Ziele, die Schwarzarbeit effektiv einzudämmen, erfordert eine strikte Anwendung dieser Vorschrift. Insoweit ist eine andere Sicht geboten, als sie vom Senat noch zum Bereicherungsanspruch nach einer Schwarzarbeiterleistung vertreten wurde, die nach der alten Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zu beurteilen war.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 10.04.2014 – Nr. 62/2014 – mitgeteilt.

§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG lautet:
Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei als Steuerpflichtiger seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt.

 

Unberechtigt an einem mit Zeichen 229 der StVO ausgeschilderten Taxenstand abgestellte Fahrzeuge dürfen regelmäßig ohne Einhaltung einer Wartezeit abgeschleppt werden.

Eine kostenpflichtige Abschleppmaßnahme bei einem Fahrzeug, das verbotswidrig an einem mit einem absoluten Haltverbot ausgeschilderten Taxenstand (Verkehrs-)Zeichen 229 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) abgestellt ist, darf regelmäßig auch ohne Einhaltung einer bestimmten Wartezeit eingeleitet werden.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 09.04.2014 – 3 C 5.13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte ein mit der Überwachung des ruhenden Verkehrs beauftragter Bediensteter der beklagten Stadt um 19.30 Uhr festgestellt, dass ein Reisebus des Klägers (eines selbständigen Reiseunternehmers) auf einem mit dem (Verkehrs-)Zeichen 229 ausgeschilderten Taxenstand abgestellt und dessen Fahrer nicht im Fahrzeug oder dessen Umgebung anzutreffen war. Nachdem er einmal vergeblich versucht hatte, den Kläger über eine im Reisebus ausgelegte Mobilfunknummer telefonisch zu erreichen, hatte er das Abschleppen des Buses angeordnet.
Nachdem der Fahrer des Busses gegen 19.40 Uhr erschien und den Bus wegfuhr, war daraufhin die Abschleppmaßnahme um 19.42 Uhr, noch vor dem Eintreffen des bestellten Abschleppfahrzeugs, abgebrochen worden.
Von der Beklagten gegenüber dem Kläger geltend gemacht wurden die vom Abschleppunternehmen in Rechnung gestellten Kosten für die Leerfahrt in Höhe von 446,25 € sowie Verwaltungsgebühren und Zustellkosten, zusammen insgesamt 513,15 €.

Die gegen die Kostenerhebung gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht (VG) abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) diese Entscheidung geändert und die angegriffenen Bescheide mit der Begründung aufgehoben, die dem Kostenbescheid zugrunde liegende Abschleppanordnung sei unverhältnismäßig und daher rechtswidrig gewesen. Der städtische Bedienstete hätte länger mit der Einleitung der Abschleppmaßnahme warten müssen. Die Wartezeit betrage an einem mit dem (Verkehrs-)Zeichen 229 ausgeschilderten Taxenstand im Allgemeinen 30 Minuten.

Die Revision der Beklagten gegen diese Entscheidung hatte Erfolg.

Das BVerwG ist der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gefolgt.

Nach der Entscheidung des BVerwG widerspricht es im Allgemeinen nicht dem bundesverfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wenn das Abschleppen eines Fahrzeugs, das entgegen dem sich aus dem (Verkehrs-)Zeichen 229 ergebenden absoluten Haltverbot an einem Taxenstand abgestellt worden ist, auch ohne die Einhaltung einer bestimmten Wartefrist angeordnet wird. Der Verordnungsgeber misst der jederzeitigen bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit der Taxenstände eine hohe Bedeutung bei, wie auch die Verschärfung des früher an Taxenständen geltenden Parkverbots zu einem absoluten Haltverbot für nichtberechtigte Fahrzeuge zeigt.

Ausnahmsweise nach Maßgabe der konkreten Umstände des Einzelfalls kann es allerdings dann geboten sein, mit der Einleitung der Abschleppmaßnahme abzuwarten, etwa wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Abschleppanordnung konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Verantwortliche kurzfristig wieder am Fahrzeug erscheinen und es unverzüglich selbst entfernen wird.
Das war vorliegend aber nicht der Fall.
Zwar hatte der Kläger seine Mobilfunknummer im Bus hinterlegt, doch war er bei dem vom städtischen Bediensteten unternommenen Versuch der telefonischen Kontaktaufnahme nicht erreichbar.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 09.04.2014 – Nr. 26/2014 – mitgeteilt.

 

Mehrheitsbeschluss über die Erneuerung/Reparatur des Grundstückszauns kann rechtswidrig sein.

Beschließen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft in einer Eigentümerversammlung, dass die Erneuerung/Reparatur des derzeit aus Rundhölzern bestehenden Grenzzaunes zwischen Straße und Grundstück, mit Halbrundhölzern ausgeführt werden soll, ist ein solcher Beschluss, wenn dem nicht alle Eigentümer zustimmen, rechtswidrig.

Das hat das Amtsgericht (AG) Charlottenburg mit Urteil vom 23.10.2013 – 73 C 72/13 – entschieden.

Danach handelt es sich bei der Ausführung eines bisher in Rundholzbauweise ausgeführten Zaunes durch Halbrundhölzer nicht um eine Maßnahme der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, d. h. um keine  Reproduktion des bisherigen Zustands, sondern um eine Maßnahme, die jedenfalls über eine Instandhaltungsmaßnahme hinausgeht und die deshalb gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 WEG nur beschlossen werden darf, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.
Hiervon kann gemäß § 22 Abs. 3 WEG abgewichen werden, soweit es sich um eine modernisierende Instandsetzung handelt. Eine modernisierende Instandsetzung läge aber nur dann vor, wenn durch eine technisch bessere Lösung eine veraltete Anlage auf einen zeitgemäßen Stand gebracht werden soll, wofür bei einer derartigen Fallgestaltung wie hier nichts ersichtlich ist.
Die Ausführungsweise in Halbrundhölzern führt auch zu einem Nachteil der Eigentümer, denn es handelt sich bei der dann auf der Innenseite des Zauns entstehenden flachen Zaunseite über eine deutlich merkbare optische Veränderung gegenüber dem bisherigen Zustand, die, unabhängig von ihrer ästhetischen Bewertung, von den Eigentümern nicht geduldet werden muss.
Es genügt in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass es sich um eine jedenfalls deutliche Veränderung handelt. Zur Relativierung dieses Nachteils kann nicht angeführt werden, dass die beschlossene Ausführungsweise kostengünstiger ist als die Wiederherstellung des Rundholzzauns. Eine bauliche Veränderung kann nicht mit rein wirtschaftlichen Erwägungen gerechtfertigt werden, insbesondere kann dies nicht andere Nachteile, wie sie hier entstehen, kompensieren.

 

Wann ein Augenarzt für eine Laserbehandlung an der Netzhaut haften kann.

Vor einer Laserbehandlung an der Netzhaut hat der Augenarzt die Indikationsvoraussetzungen sicher abzuklären. Hierzu dient insbesondere die Ultraschalluntersuchung. Unterlässt der Augenarzt die gebotene Abklärung, so kann das als grober Behandlungsfehler zu werten sein. In einem solchen Fall tritt für die Ursache einer Sehbehinderung eine Umkehr der Beweislast ein.

Darauf hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 21.02.2014 – 26 U 28/13 – hingewiesen und eine Augenärztin zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro verurteilt, weil sie eine Netzhautablösung zu spät erkannt und den Patienten, anstelle ihn frühzeitig an einen Augenchirurgen zu überweisen, zu lange mit Laserkoagulationen behandelt hatte, so dass der Patient auf einem Auge 90 % seiner Sehkraft verloren hat.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der seinerzeit 58 Jahre alte Kläger Anfang Juni 2009 festgestellt, dass auf dem rechten Auge nicht mehr richtig sehen konnte und sich am nächsten Tag in die Behandlung der beklagten Augenärztin begeben.
Die Beklagte stellte ein Netzhautloch und eine Glaskörperblutung fest und behandelte den Kläger mit einer Laserkoagulation. Eine Ultraschalluntersuchung nahm sie nicht vor.
Eine weitere Laserkoagulation führte sie 10 Tage später durch. Eine signifikante Besserung stellte sich jedoch nicht ein.
Mitte Juni 2009 wurde die Behandlung mit einer 3. Laserkoagulationen fortgesetzt.
In der Folgezeit kam es zu einer Netzhautablösung, die Anfang Juli 2009 in einer Augenklinik durch eine Glaskörper-Operationen behandelt wurde. Eine Verbesserung der Sehkraft trat dadurch jedoch nicht mehr ein. Die Sehkraft auf dem rechten Auge des Klägers ist dauerhaft um 90 % reduziert.
Mit der Begründung, er sei behandlungsfehlerhaft nicht täglich kontrolliert und nicht frühzeitig zur Operation in eine Augenklinik überwiesen worden, hat der Kläger von der Beklagten Schadensersatz verlangt, u. a. ein Schmerzensgeld i. H. v. 20.000 Euro.

Nach der Entscheidung des 26. Zivilsenats des OLG Hamm, der dem Kläger deshalb ein Schmerzensgeld i. H. v. 15.000 Euro zuerkannt hat, haftet die Beklagte zum einen wegen eines Behandlungs- und zum anderen wegen eines Befunderhebungsfehlers nach §§ 611, 280, 249 ff., 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ).   

Auf der Grundlage des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens stand für den Senat fest, dass die nach 10 Tagen wiederholte Behandlung mit einer Laserkoagulation nicht mehr indiziert gewesen sei. Vielmehr habe der Kläger spätestens zu diesem Zeitpunkt zum Zwecke eines operativen Eingriffs an einen Augenchirurgen überwiesen werden müssen.
Die durchgeführte Laserbehandlung setze neben der Möglichkeit der sicheren und dichten Umstellung des Netzhautloches mit Laserherden Sichtverhältnisse voraus, nach denen festgestellt werden könne, dass die restliche Netzhaut sicher anliege.
Diese Sichtverhältnisse seien beim Kläger nicht mehr vorhanden gewesen. Auf den zentralen Glaskörper seines Auges habe man wegen Blutauflagerungen nicht hinreichend sicher sehen können. Es habe die Gefahr bestanden, dass sich Flüssigkeit zum Zentrum des Auges hin verlagere und dort unbemerkt die Netzhaut ablöse. Bei dieser Situation habe der Kläger einem Augenchirurgen vorgestellt werden müssen.

Zudem sei der Beklagten als Befunderhebungsfehler anzulasten, dass die tatsächliche Situation der Netzhaut insbesondere im zentralen Bereich nicht bereits zu Beginn der Behandlung und fortlaufend bis zu sichere Erkenntnis über den Zustand durch die dafür geeigneten Ultraschalluntersuchungen befunden worden ist.

Die Beklagte hafte für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers.
Zu seinen Gunsten greife insoweit eine Beweislastumkehr ein.
Zum einen ist es sehr nahe liegend, dass die Behandlungsfehler der Beklagten jedenfalls in ihrer Gesamtheit den Vorwurf grober Fehlerhaftigkeit begründen.
Zum anderen ist eine Beweislastumkehr aber auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler gerechtfertigt, wenn – wie hier – die unterlassene Befunderhebung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einem reaktionspflichtigen Befund geführt hätte und sich die Verkennung des Befundes oder das Verhalten des Arztes auf der Basis dieses Ergebnisses als grob fehlerhaft darstellen würde.
Eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite wäre nur ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist, ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. etwa Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.11.2004 – VI ZR 328/03 –).

 

Krankenschwester kann Anspruch auf Beschäftigung haben, ohne für Nachtschichten eingeteilt zu werden.

Kann eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten im Krankenhaus mehr leisten, ist sie deshalb nicht arbeitsunfähig krank. Sie hat Anspruch auf Beschäftigung, ohne für Nachtschichten eingeteilt zu werden.

Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 09.04.2014 – 10 AZR 637/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall betreibt die Beklagte ein Krankenhaus der sog. Vollversorgung mit etwa 2.000 Mitarbeitern. Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1983 als Krankenschwester im Schichtdienst tätig. Arbeitsvertraglich ist sie im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtet. Nach einer Betriebsvereinbarung ist eine gleichmäßige Planung u. a. in Bezug auf die Schichtfolgen der Beschäftigten anzustreben. Das Pflegepersonal bei der Beklagten arbeitet im Schichtdienst mit Nachtschichten von 21.45 Uhr bis 6.15 Uhr.
Die Klägerin ist aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, Nachtdienste zu leisten, weil sie medikamentös behandelt wird.

Nach einer betriebsärztlichen Untersuchung schickte der Pflegedirektor die Klägerin nach Hause, weil sie wegen ihrer Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei.
Die Klägerin bot demgegenüber ihre Arbeitsleistung – mit Ausnahme von Nachtdiensten – ausdrücklich an.
Bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts wurde sie nicht beschäftigt. Sie erhielt zunächst Entgeltfortzahlung und bezog dann Arbeitslosengeld.

Die auf Beschäftigung und Vergütungszahlung für die Zeit der Nichtbeschäftigung gerichtete Klage war beim Zehnten Senat des BAG, ebenso wie in den Vorinstanzen, erfolgreich.

Die Klägerin ist weder arbeitsunfähig krank noch ist ihr die Arbeitsleistung unmöglich geworden. Sie kann alle vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen.
Die Beklagte muss bei der Schichteinteilung auf das gesundheitliche Defizit der Klägerin Rücksicht nehmen.
Die Vergütung steht der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu, weil sie die Arbeit ordnungsgemäß angeboten hat und die Beklagte erklärt hatte, sie werde die Leistung nicht annehmen.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 09.04.2014 – Nr. 16/14 – mitgeteilt.

 

Wirkung der vom Insolvenzverwalter erklärten „Freigabe“ des Mietverhältnisses über die Wohnung des Insolvenzschuldners.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 09.04.2014 – VIII ZR 107/13 – entschieden, dass der Vermieter nach dem Wirksamwerden der Freigabeerklärung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO gegenüber dem Mieter kündigen kann, weil durch die Enthaftungserklärung des Insolvenzverwalters der Mieter die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Mietverhältnis zurückerhält.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der Kläger seit dem 01.04.2007 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Hamburg.
Vor Abschluss des Mietvertrages hatte der Kläger (Mieter) von der Verwalterin der Beklagten (Vermieter) ein Formular einer „Vorvermieterbescheinigung“ erhalten. Darin sollte der bisherige Vermieter des Klägers bestätigen, wie lange das Mietverhältnis gedauert hat und ob der Mieter die Kaution und die Miete pünktlich gezahlt hat und seinen sonstigen Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nachgekommen ist.
Der Kläger (Mieter) gab die Formulare vor Vertragsschluss ausgefüllt zurück. Danach hatte er seit 2003 von einem Dritten eine Wohnung zu einer Miete von 695 € gemietet und seine Pflichten aus dem Mietvertrag stets pünktlich erfüllt.

Am 05.11.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers (Mieters) eröffnet. Der vom Gericht eingesetzte Treuhänder erklärte mit Schreiben vom 03.12.2009 die „Freigabe“ des Mietverhältnisses gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO.
Mit Schreiben vom 16.09.2010 erklärten die Beklagten (Vermieter) gegenüber dem Kläger (Mieter) die fristlose Kündigung des Mietvertrags, weil die Vorvermieterbescheinigung gefälscht gewesen sei. Weder habe der Kläger (Mieter) an der angegebenen Adresse gewohnt noch mit dem genannten Vermieter in dem genannten Zeitraum überhaupt einen Mietvertrag abgeschlossen.

Gegenstand des Revisionsverfahrens war allein der von den Beklagten (Vermietern) mit der Widerklage (unter anderem) geltend gemachte Räumungsanspruch.
Das Amtsgericht (AG) hatte die Widerklage insoweit abgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten (Vermieter) war das amtsgerichtliche Urteil vom Landgericht (LG) abgeändert und der Räumungsklage stattgegeben worden.

Die vom BGH zugelassene Revision, mit der der Kläger (Mieter) die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebte, führte zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung.

Nach der Entscheidung des VIII. Zivilsenats des BGH kann der Vermieter nach dem Wirksamwerden der Freigabeerklärung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO gegenüber dem Mieter kündigen. Denn durch die Enthaftungserklärung des Insolvenzverwalters erhält der Mieter die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Mietverhältnis zurück.
Auch ist in der Vorlage einer gefälschten Vorvermieterbescheinigung eine erhebliche Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten zu sehen, die die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen kann.
Da vom Berufungsgericht allerdings das Vorbringen des Klägers (Mieters), die Beklagten (Vermieter) hätten bereits im Jahr 2007 Kenntnis von der Fälschung erlangt, so dass die im September 2010 ausgesprochene fristlose Kündigung wegen Verspätung unwirksam sei, rechtsfehlerhaft übergangen worden ist, hat der BGH die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 09.04.2014 – Nr. 61/2014 – mitgeteilt.

 

Dauerwohnrecht i.S.v. § 31 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kann zeitlich begrenzt werden.

Ein Dauerwohnrecht i.S.v. § 31 WEG kann wirksam auf Lebenszeit des Berechtigten bestellt werden.

Darauf hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Beschluss vom 20.03.2014 – 4 W 51/14 – hingewiesen.

Ein Dauerwohnrecht i. S. v. § 31 WEG kann – wie der 4. Zivilsenat des OLG Celle ausgeführt hat – zwar nicht unter eine Bedingung gestellt werden (§ 33 Abs. 1 Satz 2 WEG), es kann aber zeitlich begrenzt werden (§ 41 Abs. 1 WEG). Nach der ganz überwiegenden Auffassung, der sich der Senat anschließt, ist nach dieser Maßgabe eine Bestellung des Dauerwohnrechts auf Lebenszeit des Berechtigten möglich (anderer Auffassung: OLG Neustadt/Weinstraße, Beschluss vom 27.07.1961 – 3 W 58/61 –).
Für die herrschende Auffassung spricht, dass die Begrenzung eines Rechtes auf die Lebensdauer einer Person keine Bedingung, sondern eine Zeitbestimmung darstellt.
Auch steht dieser Auffassung steht entgegen, dass § 33 Abs. 1 WEG die Vererblichkeit zwingend vorschreibt. Denn andererseits ist vom Gesetzgeber auch eine Befristung zugelassen worden. Durch die Vorgabe der Vererblichkeit ist demgemäß lediglich eine Möglichkeit eröffnet, nicht aber ein Zwang ausgeübt worden, das Dauerwohnrecht von der Dauer des Lebens des Berechtigten unabhängig zu machen.

 

Info für Käufer und Fahrer eines Porsche 981 Boxter S.

Ein durch die Fahrzeugtechnik bedingtes, für den Fahrer spürbares Schalten und Bremsen ist beim Porsche 981 Boxter S kein Fahrzeugmangel, der zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

Darauf hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 18.03.2014 – 28 U 162/13 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin bei dem beklagten Autohaus einen neuen Porsche 981 Boxter S geleast, der einen Verkaufswert von ca. 76.000 Euro hatte und mit einem 315 PS Mittelmotor und einem automatisch schaltenden Doppelkupplungsgetriebe ausgestattet war.
In der Folgezeit beanstandete die Klägerin, dass das Fahrzeug ruckhaft beschleunige und stotternd abbremse.
Nachdem Überprüfungen aus Sicht des Beklagten weder einen technischen Fehler noch zu optimierende Einstellungen ergeben hatten, verlangte die Klägerin die Rückabwicklung des Erwerbsvertrages.

Das Klagebegehren ist erfolglos geblieben.

Nach sachverständiger Begutachtung des Fahrzeugs konnte der 28. Zivilsenat des OLG Hamm keinen Fahrzeugmangel feststellen, der die Klägerin zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt hätte. Der Porsche weise die Beschaffenheit auf, die bei Fahrzeugen gleicher Art üblich sei und die ein Käufer erwarten könne.
Das von der Klägerin als ruckhaft monierte Bremsverhalten des Fahrzeugs beruhe darauf, dass das automatische Getriebe des Sportwagens beim Bremsen zurückschalte und zwischen den Gangstufen selbstständig Zwischengas gebe.
Diese für den Fahrer spürbaren Schaltvorgänge stellten keinen technischen Fehler dar. Sie seien vom Hersteller gewollt und dem propagierten dynamisch-sportlichen Anspruch an seine Sportwagen geschuldet.
Das von der Klägerin gerügte Schaltverhalten des Fahrzeugs beruhe auf technisch nicht zu beanstandenden, typischen Besonderheiten eines Porsche Boxter S. Der Kraftstoffersparnis diene, dass die Getriebesteuerung unter bestimmten Voraussetzungen Motor und Getriebe trenne. Das sei eine herstellerseitig gezielt programmierte sog. Segelfunktion. Zu der für einen Porsche dieser Art typischen Schaltcharakteristik gehöre auch das beanstandete Zurückschalten bei moderatem Gasgeben, mit dem eine unmittelbare Beschleunigung ermöglicht werde.
Dem Beklagten sei auch nicht vorzuhalten, dass er im Rahmen der Vertragsverhandlungen nicht auf die Besonderheiten des Schalt- und Bremsverhaltens hingewiesen habe.
Dieses Fahrverhalten habe der Beklagte nicht unzutreffend beworben. Dem zu Grunde liegenden Prospektmaterial sei vielmehr zu entnehmen, dass das Fahrzeug „straffe und unmittelbare“ Schaltvorgänge zeige, was die Auswirkungen der Zwischengasfunktion und des Segelmodus beschreibe.
Im Übrigen stellten die von der Klägerin beanstandeten Fahrweisen keine negative Eigenschaft des Fahrzeugs dar, sie würden von Erwerbsinteressenten unterschiedlich wahrgenommen und nicht generell als Nachteil bewertet.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 07.04.2014 mitgeteilt.

 

Abgrenzung selbständiger Handelsvertreter – unselbständiger Angestellter.

Auch wenn die Parteien einen „Handelsvertretervertrag“ geschlossen haben, kann sich gleichwohl ergeben, dass der hierdurch zur Dienstleistung Verpflichtete nicht als selbständiger Handelsvertreter, sondern als unselbständiger Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) tätig geworden ist und dass Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis folglich in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen.
Ob echte oder nur scheinbare Selbständigkeit vorliegt, ist in einer Gesamtwürdigung aller Umstände (getroffene Vereinbarung und tatsächliche Handhabung) zu ermitteln.

  • Sind einzelne Regelungen in dem Vertrag für sich genommen in einem Handelsvertretervertrag zulässig und mit der Rechtstellung des Handelsvertreters vereinbar (z. B., dass der Dienstverpflichtete Ort, Zeit und Art der Tätigkeit weitgehend selbst bestimmen kann und nach dem Vertrag als Vergütung Provisionen für vermittelte Verträge zu leisten sind),
  • kann die gelebte Vertragswirklichkeit (u.a. geschuldete Erreichbarkeit, Mitteilungspflicht über Abwesenheitszeiten, Wahrnehmung handelsvertreteruntypischer Aufgaben, fehlende Abrechnung über Provisionen und „Provisionsvorschüsse“ durch Unternehmer während der gesamten Vertragslaufzeit, Provisionsrechnung ohne Ausweis der Mehrwertsteuer) gegen eine selbständige Tätigkeit und für eine wirtschaftliche Unselbständigkeit sprechen.

Entscheidend ist nämlich das Gesamtbild der vertraglichen Gestaltung und der tatsächlichen Handhabung.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) München mit Beschluss vom 20.03.2014 – 7 W 315/14 – hingewiesen.