Blog

Zum Schadensersatzanspruch wenn eine im Bereich einer Autobahn befindliche Baustellenabsicherungsanlage durch ein Kraftfahrzeug beschädigt wird.

Wird eine im Bereich einer Autobahn befindliche Baustellenabsicherungsanlage durch ein Kraftfahrzeug beschädigt, kann dem Unternehmer, der die Anlage im Auftrag der zuständigen Behörde errichtet hat, ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens in Höhe des Werklohns zustehen, den ein gewerblicher Betrieb für eine Reparatur in vergleichbaren Fällen üblicherweise verlangen kann.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 19.11.2013 – VI ZR 363/12 – entschieden.

Denn erbringt ein Unternehmen die Einrichtung und Wartung von Baustellenabsicherungsanlagen als typische Fremdleistung für eine beauftragende Straßenverwaltung, erfolgt auch die Reparatur einer unfallbeschädigten Baustellenabsicherungsanlage, sofern nicht ohnehin ein gesonderter Auftrag für die Reparatur einer Fremdanlage vorliegt, um die dem Auftraggeber geschuldete Leistung vertragsgemäß zu erbringen.

Ein solcher Gewerbetreibender, der die ansonsten gewinnbringend eingesetzten Kapazitäten seines Betriebs dazu benutzt, beschädigtes Eigentum selbst zu reparieren, hat einen Anspruch darauf, dass ihm die Kosten einer Fremdreparatur ersetzt werden, also der Werklohn, den ein gewerblicher Betrieb für eine Reparatur in vergleichbaren Fällen üblicherweise verlangen kann.
Denn das ist der zur Herstellung erforderliche Betrag im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ), wobei sich die Grenzen aus § 632 Abs. 2 BGB ergeben.
Üblich im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB ist eine Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt, wobei Vergleichsmaßstab Leistungen gleicher Art, gleicher Güte und gleichen Umfangs sind und die Anerkennung der Üblichkeit gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraussetzt.

Dies gilt selbst dann, wenn das vorhandene Personal die Reparatur ohne gesonderte Vergütung vornimmt.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Betrieb nicht ausgelastet ist und deshalb ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur genutzt werden können.
Für Letzteres ist der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet, wobei allerdings dem Geschädigten im Rahmen der sekundären Darlegungslast eine konkrete Darstellung der betrieblichen Auslastungssituation obliegt.

 

Betreuungsrecht – Wann eine Betreuung aufzuheben ist.

Die Betreuung ist nach § 1908 d Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers entfallen.
Das ist schon der Fall, wenn eines der die Betreuung begründenden Tatbestandsmerkmale weggefallen ist. Dies kann insbesondere dann in Betracht kommen,

  • wenn die Krankheit oder Behinderung, die bei Anordnung der Betreuung vorlag, sich soweit gebessert hat, dass der Betroffene in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen,
  • wenn der Betroffene wirksam einen Vertreter mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten beauftragt hat oder
  • wenn sich der Betroffene nunmehr mit freiem Willen (§ 1896 Abs. 1 a BGB) gegen eine Betreuung entscheidet und damit zum Ausdruck bringt, dass die von ihm nicht mehr wahrgenommenen Aufgaben unerledigt bleiben können.

 

Eine Aufhebung der Betreuung kommt auch dann in Betracht,

  • wenn sich herausgestellt hat, dass der mit der Bestellung des Betreuers erstrebte Erfolg nicht zu erreichen ist, weil der Betreuer seine Aufgaben nicht wirksam wahrnehmen und zum Wohl des Betroffenen nichts bewirken kann.

Davon kann im Einzelfall ausgegangen werden, wenn der Betroffene jeden Kontakt mit seinem Betreuer verweigert und der Betreuer dadurch handlungsunfähig ist („Unbetreubarkeit“).

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 18.12.2013 – XII ZB 460/13 – hingewiesen.

 

Steuerrecht – Grundstücksschenkung unter Vorbehalt eines Wohnrechts – Folgen für die Schenkungssteuer und die Grunderwerbsteuer.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich im Urteil vom 20.11.2013 – II R 38/12 – mit den Folgen befasst, die sich für die Schenkungsteuer und die Grunderwerbsteuer ergeben, wenn der Eigentümer ein Grundstück verschenkt und sich dabei ein Wohnrecht auf Lebenszeit an dem Grundstück vorbehält.
Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Wert des Wohnrechts, der unter bestimmten Voraussetzungen der Grunderwerbsteuer unterliegt, höher sein kann als der Wert des Wohnrechts, der bei der Berechnung der Schenkungsteuer abgezogen wurde.

Bei der Bemessung der Schenkungsteuer ist der Wert des Wohnrechts vom gesondert festgestellten Grundstückswert abzuziehen.
Insoweit vermindert sich die festzusetzende Schenkungsteuer. Der Wert des Wohnrechts hängt dabei vom Jahreswert des Wohnrechts und der statistischen Lebenserwartung des Schenkers ab.
Der Jahreswert des Wohnrechts wiederum wird gesetzlich begrenzt auf höchstens den Betrag, der sich ergibt, wenn man den Grundstückswert durch 18,6 teilt.

Diese gesetzliche Begrenzung auf einen Höchstbetrag gilt nach der Entscheidung des BFH allerdings nicht bei der Berechnung des Werts des Wohnrechts für Zwecke der Grunderwerbsteuer.

Dies hat zur Konsequenz, dass der Wert des Wohnrechts bei der Grunderwerbsteuer höher sein kann als der Wert, der bei der Berechnung der Schenkungsteuer abgezogen wurde.

Konkret betroffen von der Entscheidung des BFH sind beispielsweise Grundstücksschenkungen an Geschwister, Nichten oder Neffen.
In diesen Fällen unterliegt der Wert des Wohnrechts der Grunderwerbsteuer.

Nicht betroffen sind dagegen Schenkungen zwischen Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern oder Verwandten in gerader Linie (Eltern und deren Abkömmlinge bzw. Stiefkinder). Entsprechendes gilt für Schenkungen an Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner von Verwandten in gerader Linie bzw. Stiefkindern.
Für diese Fälle ist für das vorbehaltene Wohnrecht keine Grunderwerbsteuer zu entrichten.

Denn, ob der Wert des Wohnrechts der Grunderwerbsteuer unterliegt, hängt davon ab, in welchem rechtlichen Verhältnis Schenker und Beschenkter zueinander stehen.

Das hat die Pressestelle des Bundesfinanzhofs (BFH) am 19.02.2014 – Nr. 16 – mitgeteilt.

Verletzung der Streupflicht trotz Beauftragung eines 82jährigen Rentners.

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 13.02.2014 – 1 U 77/13 – eine Wohnungseigentümergemeinschaft zur Zahlung von über 16.000 € Schadensersatz wegen eines Glatteisunfalls verpflichtet.



In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war der bei der Klägerin unfallversicherte Geschädigte im Januar 2010 gegen 10 Uhr auf dem glatten Gehweg vor dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgerutscht und gestürzte. Dabei hatte er sich erheblich verletzt. Auf dem Gehweg war an diesem Morgen bis zum Unfallzeitpunkt nicht gestreut worden. Nach der Satzung der Stadt hatte die Streu- und Räumpflicht bereits um 8 Uhr einzusetzen.

Den Winterdienst für das Grundstück der Beklagten sollte ein zum Unfallzeitpunkt 82jähriger Rentner wahrnehmen, der bereits seit mehr als 20 Jahren mit der Beklagten einen Vertrag über die Außenpflege des Grundstücks einschließlich des notwendigen Streuens bei Eis-und Schneeglätte geschlossen hatte. Der Rentner war am Morgen des Unfalltags der Streupflicht nicht nachgekommen, weil er aufgrund eines Rohrbruchs in seinem Haus verhindert war.



Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen.

Der 1. Zivilsenat des OLG Oldenburg ist dagegen zu einer überwiegenden Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft gekommen und hat dazu ausgeführt:
Die Wohnungseigentümergemeinschaft habe die ihr von der Gemeinde übertragene Streupflicht am Unfalltag verletzt. Grundsätzlich könne diese Pflicht auf Dritte, hier den beauftragten Rentner übertragen werden, so der Senat.
Spätestens aber nach Überschreitung des 80. Lebensjahres sei eine kritische Überprüfung geboten gewesen, ob der mit dem Winterdienst Beauftragte trotz seines Alters der Räum- und Streupflicht sicher und zuverlässig nachkommen konnte.
Es hatte bereits in der Vergangenheit Hinweise darauf gegeben, dass der Weg vor dem Grundstück nicht immer gestreut bzw. geräumt gewesen war. Deshalb hätte die Wohnungseigentümergemeinschaft eine engmaschige Überwachung des Beauftragten organisieren müssen. Tatsächlich unternahm sie aber nichts.
Die Haftungsquote des Geschädigten hat der Senat auf 40 % festgelegt.
Für den Geschädigten sei es offensichtlich gewesen, dass der Weg nicht gestreut bzw. geräumt war.



Das hat der Pressesprecher des Oberlandesgerichts Oldenburg am 13.02.2014 mitgeteilt.

Inwieweit haben Veranstalter von Faschingsumzügen dafür Sorge zu tragen, dass Besucher nicht geschädigt werden?

Veranstalter von Faschingsumzügen haben aufgrund ihrer Verkehrssicherungspflicht dafür Sorge zu tragen, dass Personen und insbesondere minderjährige Zuschauer nicht zu nahe an die Festwagen kommen können – so etwa durch ausreichende Absperrungen oder andere Sicherungsmaßnahmen.
Vorkehrungen für alle denkbaren und auch entfernt liegenden Möglichkeiten eines Schadenseintritts müssen sie nicht treffen.
Dritte sind allerdings vor den Gefahren zu schützen, die von ihnen erfahrungsgemäß nicht rechtzeitig erkannt und vermieden werden können.

Darauf  hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz im Rahmen eines Berufungsverfahrens gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Mainz hingewiesen (Beschluss vom 19.12.2013 – 3 U 985/13 –).

In dem Fall hatte die Klägerin den Veranstalter eines Faschingsumzuges und einen am Zug mit Festwagen teilnehmenden Karnevalsverein auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch genommen, weil sie, wie sie angab, vom Anhänger des Zugwagens überrollt und dabei verletzt worden war.

Ihre Klage hatte keinen Erfolg, weil

  • sich aus dem Vortrag der Klägerin keine besonderen Umstände ergaben, die zur Feststellung des Fehlens gebotener Sicherungsmaßnahmen und einem für die Haftung erforderlichen Verschulden hätten führen können,
  • sie für den von ihr beschriebenen und streitigen Ablauf des Unfallgeschehens nicht ausreichend Beweis angeboten hatte und
  • sich die Haftung der Beklagten auch nicht ohne weiteres aus deren grundsätzlich bestehenden Verkehrssicherungspflichten ergab.

Zwar sei, wer eine Gefahrenlage schaffe, verpflichtet, die nach den jeweiligen Umständen notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu schaffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu vermeiden.  Eine lückenlose Überwachung zum Ausschluss jeglichen Risikos für Umzugsteilnehmer und Zuschauer sei aber nicht geschuldet und Versäumnisse der Beklagten waren hier nicht festzustellen. Insbesondere war von einer ausreichend vorhandenen Absperrung auszugehen.

Die Klägerin hat auf die Hinweise des 3. Zivilsenat des OLG Koblenz ihre Berufung zurückgenommen. Die klageabweisende erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Mainz ist somit rechtskräftig.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Koblenz am 06.02.2014 mitgeteilt.

200.000 € Schmerzensgeld nach Auseinandersetzung vor einer Disco.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 07.01.2014 – 12 U 130/13 – einem Geschädigten nach einer körperlichen Auseinandersetzung vor einer Disko ein Schmerzensgeld von 200.000 € zugesprochen.



In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war der Kläger von dem Beklagten in den frühen Morgenstunden des 29.09.2007 vor einer Diskothek unvermittelt mit der Faust gegen den Kopf geschlagen worden, so dass er rückwärts hinfiel. Anschließend hatte sich der Beklagten auf den Kläger gesetzt und noch mindestens zweimal mit der Faust auf den Kopf des Klägers eingeschlagen.
Der Kläger hatte dadurch schwerste Verletzungen erlitten. Er wurde bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert, wo bei ihm u.a. ein Schädel-Hirn-Trauma, ein traumatisches Hirnödem und unterschiedliche Frakturen diagnostiziert wurden.
Bis heute leidet er an einer deutlichen Sprachstörung, einer aufgehobene Feinmotorik der rechten Hand, einer deutliche Spastik des rechten Beines sowie Störungen der Gedächtnisfunktion und der affektiven Kontrolle. Insgesamt wurde bei dem Kläger auf einen Grad der Schädigung von 80 % erkannt, wobei davon auszugehen ist, dass eine wesentliche Verbesserung des körperlichen Zustandes nicht eintreten wird.



Der 12. Zivilsenat des OLG Oldenburg hat das in erster Instanz vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld von 170.000 € erhöht.Angesichts der Schwere der dem Kläger vom Beklagten durch eine Vorsatztat zugefügten Verletzungen, der sehr langwierigen und außerordentlich belastenden Behandlung und insbesondere der gravierenden Dauerschäden und der damit verbundenen erheblichen Einschränkungen der Lebensführung erscheine hier, so der Senat, ein Schmerzensgeld von insgesamt 200.000,- € angemessen.



Das hat der Pressesprecher des Oberlandesgerichts Oldenburg am 10.02.2014 mitgeteilt.

Zivilprozess – Voraussetzungen für eine Klageabweisung wegen fehlender Prozessfähigkeit.

Das Prozessgericht darf die Prozessunfähigkeit einer Partei, für die ein gesetzlicher Vertreter nicht bestellt ist, grundsätzlich nur feststellen und die Klage dieser Partei wegen fehlender Prozessfähigkeit ohne deren Anhörung nur dann als unzulässig abweisen, wenn es sie zum Termin geladen und mit der Ladung analog § 34 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen hat.
Die Erforderlichkeit eines solchen Hinweises folgt aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Dieses Verfahrensgrundrecht soll sicherstellen, dass die Parteien ihr Verhalten im Prozess eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können. Der Einzelne soll nicht nur Objekt richterlicher Entscheidung sein, sondern vor der Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen. Art. 103 Abs. 1 GG enthält insofern weitere Garantien als die, sich irgendwie zur Sache einlassen zu können.

Welche Anforderungen sich daraus ergeben, dass jede Partei vor einer Entscheidung des Gerichts über ihre Prozessfähigkeit persönlich zu Wort kommen und vor einer Überraschungsentscheidung geschützt sein muss, ist allerdings in der Zivilprozessordnung nicht im Einzelnen geregelt.
Die verfassungsrechtlich gebotene Mitwirkung der Partei im Verfahren vor der richterlichen Entscheidung über ihre Prozessfähigkeit erfordert es, insoweit die Vorschriften über das Gebot zur Anhörung der Partei im Betreuungsverfahren (§ 278 Abs. 1 S. 1, § 34 FamFG) analog anzuwenden.
Nach § 34 Abs. 3 FamFG darf das Gericht nur dann ohne Anhörung das Verfahren beenden, wenn der Beteiligte unentschuldigt dem zu diesem Zweck anberaumten Termin ferngeblieben ist und er zuvor auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden ist.

Da die prozessunfähige Partei sich nicht eigenverantwortlich zu äußern vermag, kann ihr das rechtliche Gehör nur durch die Anhörung eines gesetzlichen Vertreters gewährt werden. Art. 103 Abs. 1 GG verlangt deshalb von den Gerichten, eine im Rechtsstreit bislang unterbliebene Gewährung rechtlichen Gehörs nachzuholen, sofern die Auslegung des Verfahrensrechts dies ermöglicht.

Hat eine prozessunfähige Partei keinen gesetzlichen Vertreter, muss das Prozessgericht ihr Gelegenheit geben, für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen.
Bevor es ihre Klage als unzulässig abweist, hat es die Partei auf das Fehlen ihrer ordnungsgemäßen Vertretung (§ 51 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)) sowie auf die Möglichkeit zur Behebung des Mangels durch die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) hinzuweisen, dessen Aufgabenkreis auf die Führung des Rechtsstreits beschränkt werden kann.
Danach ist der Partei noch die Zeit einzuräumen, die sie benötigt, um einen Betreuer durch das Betreuungsgericht bestellen zu lassen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 06.12.2013 – V ZR 8/13 – hingewiesen.

Betreuungsrecht – Zur Höhe des Stundensatzes bei der Berufsbetreuervergütung.

Die dem Betreuer nach § 1 Abs. 2 des Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) zu bewilligende Vergütung beträgt nach § 4 VBVG für jede nach § 5 VBVG anzusetzende Stunde 27 Euro.

Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so erhöht sich der Stundensatz

  • auf 33,50 Euro, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
  • auf 44 Euro, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters.

Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist ein erhöhter Stundensatz nicht bereits gerechtfertigt, wenn die Ausbildung gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat.
Erforderlich ist vielmehr, dass sie in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet ist.

Davon ist auszugehen, wenn ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet ist und dadurch das erworbene betreuungsrelevante Wissen über ein Grundwissen deutlich hinausgeht.

Eine berufsbegleitend an einer Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie abgeschlossene Ausbildung zur „Verwaltungs-Betriebswirtin (VWA)“ mit einem Gesamtaufwand von 956 Stunden ist bereits von ihrem zeitlichen Umfang her weder mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung im Sinn des § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG noch mit einer abgeschlossenen Lehre im Sinn des § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VBVG vergleichbar. Sie begründet daher keinen erhöhten Stundensatz für die Betreuervergütung.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 16.01.2014 – XII ZB 525/13 – hingewiesen.
Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Blogs „Wenn für einen Volljährigen ein Berufsbetreuer bestellt worden ist (§ 1896 BGB ) – Welche Vergütung erhält der Berufsbetreuer dafür im Normalfall“, „Betreuungsrecht – Wer muss einen gerichtlich bestellten Berufsbetreuer bezahlen?“ und „Betreuungsrecht – Zum Umfang und zur Dauer der Vergütung eines Berufsbetreuers“.

Keine Verwirkung des Anspruchs auf Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch des Unterhaltsberechtigten gegenüber seinem volljährigen Sohn.

Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden.
Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt indes nur ausnahmsweise bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts.

Das hat der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 12.02.2014 – XII ZB 607/12 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall nahm die Antragstellerin, die Freie Hansestadt Bremen, den Antragsgegner wegen der seinem Vater seinem Vater in der Zeit von Februar 2009 bis Januar 2012 nach dem Sozialgesetzbuch erbachten Leistungen aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Elternunterhalt im Höhe eines Gesamtbetrages von 9.022,75 € in Anspruch.

Die Eltern des 1953 geborenen Antragsgegners hatten sich 1971 getrennt; ihre Ehe wurde noch im selben Jahr geschieden.
Der Antragsgegner verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahr 1972 brach der Kontakt des volljährigen Sohnes zu seinem Vater ab. Dieser bestritt seinen Lebensunterhalt als Rentner aus den Erträgen einer Lebensversicherung sowie einer geringen Altersrente. 1998 errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine Bekannte zur Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Antragsgegner nur den „strengsten Pflichtteil“ erhalten solle. Erläuternd führte der Vater in dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit rund 27 Jahren kein Kontakt mehr bestehe.
Im April 2008 verzog der Vater in eine Heimeinrichtung; er starb im Februar 2012.

Der gegen den Antragsgegner bestehende Anspruch auf Elternunterhalt war – wie der BGH entschieden hat – trotz des Kontaktabbruchs zu dem volljährigen Sohn nicht nach § 1611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) verwirkt.

Gemäß § 1611 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 BGB braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht, wenn sich der Unterhaltsberechtigte vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Die Unterhaltspflicht entfällt vollständig, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten im Hinblick darauf grob unbillig wäre, § 1611 Abs. 1 S. 2 BGB.

Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden.
Als Begehungsformen kommen aktives Tun und Unterlassen in Betracht, letzteres allerdings nur, wenn der Berechtigte dadurch eine Rechtspflicht zum Handeln verletzt. Daher kann sich auch eine – durch Unterlassen herbeigeführte – Verletzung elterlicher Pflichten, wie etwa der Pflicht zu Beistand und Rücksicht im Sinne von § 1618 a BGB, der auch auf das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern Anwendung findet, als Verfehlung gegen das Kind darstellen (BGH, Urteile vom 15.09.2010 – XII ZR 148/09 – und vom 19.05.2004 – XII ZR 304/02 –).

Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt zwar wegen der darin liegenden Verletzung der sich aus § 1618 a BGB ergebenden Pflicht zu Beistand und Rücksicht regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt aber nur bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i. S. d. § 1611 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts.

Solche Umstände waren im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben.
Andererseits hat er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert. Er hat daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt.
Das in die Zeit ab dem 19. Lebensjahr des Antragsgegners fallende Verhalten des Vaters stellt sich im Hinblick darauf nicht als eine schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 BGB dar. Insoweit unterscheidet sich dieser Fall maßgeblich von der vom Senat im Jahr 2004 entschiedenen Konstellation, in der die (unterhaltsberechtigte) Mutter ihr Kind im Kleinkindalter verlassen hatte (Senatsurteil vom 19.05.2004 – XII ZR 304/02 –).

Die Errichtung des Testaments selbst stellt keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat.

Ebenso wenig steht § 94 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) einem Anspruchsübergang auf die Antragstellerin entgegen.
Nach § 94 Abs. 1 S. 1 SGB XII geht der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfeberechtigten bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Gemäß § 94 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII geht der Anspruch nicht über, soweit dies eine unbillige Härte bedeuten würde.
Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Übergangs des Unterhaltsanspruchs (s. hierzu Senatsurteil vom 15.09.2010 – XII ZR 148/09 –) liegen nicht vor.

Soweit es die vom Antragsgegner geltend gemachte Verfehlung anbelangt, werden die entsprechenden Umstände abschließend von § 1611 BGB erfasst.
Nach dem unstreitigen Sachverhalt sind auch keine sozialen Belange ersichtlich, die einen Übergang des Anspruchs nach öffentlich-rechtlichen Kriterien ausschließen könnten. Weder hat der Antragsgegner seinen Vater betreut oder gepflegt, noch erscheint die Inanspruchnahme des Antragsgegners angesichts der festgestellten Einkommensverhältnisse unzumutbar. Schließlich sind auch keine Belange der Familie zu erkennen, die eine Heranziehung zum Unterhalt in Frage stellen könnten.

 

Steuerrecht – Erstattungszinsen unterliegen der Einkommensteuer.

Zinsen, die das Finanzamt aufgrund von Einkommensteuererstattungen an den Steuerpflichtigen zahlt (sog. Erstattungszinsen), unterliegen der Einkommensteuer.

Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12.11.2013 – VIII R 36/10 – entschieden.

Mit Urteil vom 15.06.2010 – VIII R 33/07 – hat der BFH dies noch anders gesehen.
Daraufhin hat der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2010 eine Regelung in das Einkommensteuergesetz (EStG) aufgenommen, wonach Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte steuerbar sind.

Der BFH hatte nunmehr erstmals zu der neuen Gesetzeslage zu entscheiden und hat die neue Gesetzeslage bestätigt.

Mit der ausdrücklichen Normierung der Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 hat der Gesetzgeber seinen Willen, die Erstattungszinsen der Besteuerung zu unterwerfen, klar ausgedrückt. Für eine Behandlung der Erstattungszinsen als nicht steuerbar, bleibt damit kein Raum mehr.

Den von den Klägern dagegen vorgebrachten systematischen und verfassungsrechtlichen Einwänden ist der BFH nicht gefolgt. Er hat auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung der neuen gesetzlichen Regelung erkannt, weil sich im Streitfall kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Nichtsteuerbarkeit der Zinsen bilden konnte.

Das hat die Pressestelle des Bundesfinanzhofs am 12.02.2014 – Nr. 14 – mitgeteilt.