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Der Webdesign-Vertrag – Zur Qualifizierung und Verjährung von Gewährungsansprüchen.

Wer einen anderen mit der Erstellung einer Internet-Präsentation beauftragt, schließt einen Vertrag, der als sog. Webdesign-Vertrag als Werkvertrag oder als Werklieferungsvertrag eingeordnet werden kann.
Vertragsgegenstand ist die Erstellung einer Webseite, die aus Software besteht.
Der Webdesigner, der mit der Erstellung einer Webseite beauftragt wird, sagt daher nicht lediglich eine Dienstleistung zu, sondern einen klar definierten Erfolg.
Daher gilt für den Webdesignvertrag zunächst das Werkvertragsrecht.

Ob gleichwohl die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften zur Anwendung gelangen, hängt davon ab, ob ein solcher Webdesign-Vertrag als Werklieferungsvertrag nach § 651 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) anzuerkennen ist.
Dafür spricht, dass wegen der Notwendigkeit der Verkörperung von Software auf einem Datenträger Software als eine Sache im Sinne des § 90 BGB anzusehen ist, die wegen der Verkörperung auf einem Datenträger auch beweglich im Sinne des § 651 BGB ist.
Der Webdesigner schuldet damit die Herstellung einer beweglichen Sache.
Die Leistung des Webdesigners ist für den Kunden zudem nur von Nutzen, wenn er die fertige Webseite auch „in den Händen hält“.
Daher begründet der Webdesign-Vertrag auch eine Lieferverpflichtung.
Dabei ist es unerheblich, ob die Lieferung auf einem herkömmlichen Datenträger oder online per Datenfernübertragung erfolgt.
Selbst wenn der Webdesigner die fertige Webseite direkt auf den Server des Kunden übersendet, liegt die Lieferung einer Sache vor.

Aus einem solchen sog. Webdesign-Vertrag herrührende Gewährleistungsansprüche unterliegen danach in jedem Fall der Zwei-Jahres-Frist aus § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB bzw. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

Das hat das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 28.12.2013 – 5 S 36/12 – entschieden.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Zur Insolvenzanfechtung von im Wege des Bargeschäfts erfolgten Lohnzahlungen.

Die Anfechtungstatbestände in §§ 129 ff. Insolvenzordnung (InsO) ermöglichen es dem Insolvenzverwalter, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen.
Nach § 133 InsO können in den letzten 10 Jahren vor dem Insolvenzantrag erfolgte Entgeltzahlungen angefochten werden, wenn der Arbeitgeber mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, gehandelt hat und der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Zahlung diesen Vorsatz kannte.
Eine solche sog. Vorsatzanfechtung ist auch möglich, wenn das Entgelt als Gegenleistung für die in engem zeitlichen Zusammenhang erbrachte gleichwertige Arbeitsleistung gezahlt wird und damit ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO vorliegt.
Ob der Arbeitgeber mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt hat und der Arbeitnehmer davon Kenntnis hatte, kann nur aus Indizien hergeleitet werden.
Ein Indiz von besonderer Bedeutung ist die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.
Allerdings sind die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nicht stets schon dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste. Vielmehr muss auch dieses Indiz einzelfallbezogen auf seine Beweiskraft hin geprüft werden.
Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts, kann sich auch bei Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darauf beschränken, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung des Unternehmens nötige Arbeitsleistung zu erbringen, ohne dass ihm eine damit verbundene Gläubigerbenachteiligung bewusst wird.

Darauf hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 29.01.2014 – 6 AZR 345/12 – hingewiesen.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall war die Beklagte bis zum 31.12.2007 bei der Schuldnerin als Alleinbuchhalterin beschäftigt. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf Antrag vom 10.08.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin war seit Anfang 2007 zahlungsunfähig. Die Beklagte erhielt gleichwohl wie alle Arbeitnehmer der Schuldnerin ihr Entgelt stets zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt.
Der Kläger begehrte unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Rückzahlung des für die Zeit von Januar bis Juli 2007 gezahlten Nettoentgelts von 10.023,30 Euro zur Insolvenzmasse.
Er machte geltend, auch bei Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer im Wege des Bargeschäfts lägen bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung vor.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des BAG keinen Erfolg.
Im Hinblick auf den Bargeschäftscharakter der Entgeltzahlungen hat das Landesarbeitsgericht (LAG) rechtsfehlerfrei für den Einzelfall die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint.
Der Senat konnte deshalb dahinstehen lassen, ob bei verfassungskonformer Auslegung der §§ 129 ff. InsO das Existenzminimum von der Anfechtung nicht erfasst wird.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 29.01.2014 – Nr. 6/14 – mitgeteilt.
 

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Zivilprozess – Hinweispflicht des Gerichts besteht auch gegenüber einer anwaltlich vertretenen Partei.

Gemäß dem Wortlaut von § 139 Abs. 1 S. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) obliegt es dem Gericht darauf hinzuwirken, dass die Prozessparteien ungenügende Angaben zu den von ihnen geltend gemachten Tatsachen rechtzeitig ergänzen.
Dabei unterscheidet das Gesetz nicht zwischen Anwalts- und Parteiprozessen. Deshalb entfällt die Aufgabe, die es dem Richter zugewiesen hat, keineswegs schon dadurch, dass die jeweilige Partei selbst von einem Rechtsanwalt vertreten wird oder dass die anwaltlichen Bevollmächtigten des Gegners Ausführungen zur Sach- und Rechtslage gemacht haben, die das erkennende Gericht für zutreffend erachtet.
Der Richter muss grundsätzlich auch eine anwaltlich vertretene Partei auf Bedenken gegen die Zulässigkeit oder die Schlüssigkeit der Klage hinweisen; das gilt jedenfalls dann, wenn der Anwalt die Rechtslage falsch beurteilt oder ersichtlich darauf vertraut, sein schriftsätzliches Vorbringen sei ausreichend.

Entsprechend verhält es sich, wenn der Prozessgegner Bedenken gegen die Schlüssigkeit des Vortrags der anderen Partei geltend gemacht hat.

Darauf hat das Oberlandesgericht Brandenburg mit Urteil vom 11.12.2013 – 11 U 172/12 – hingewiesen.
Vgl. hierzu auch den Blog „Zivilprozess – Zur Hinweispflicht des Gerichts auf entscheidungserhebliche Umstände“ sowie den Blog „Zivilprozess – Zur richterlichen Hinweispflicht“.
 

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Welche Auskünfte muss die SCHUFA einem Betroffenen auf Verlangen erteilen?

Mit Urteil vom 28.01.2014 – VI ZR 156/13 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) über den Umfang einer von der SCHUFA zu erteilenden Auskunft entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin gegen die beklagte Wirtschaftsauskunftei SCHUFA einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch geltend gemacht.
Die Beklagte sammelt und speichert im Rahmen ihrer Tätigkeit personenbezogene Daten, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Betroffenen relevant sein können.
Darüber hinaus erstellt sie, u.a. auch unter Berücksichtigung der hinsichtlich des jeweiligen Betroffenen vorliegenden Daten, sog. Scorewerte.
Ein Score stellt einen Wahrscheinlichkeitswert über das künftige Verhalten von Personengruppen dar, der auf der Grundlage statistisch-mathematischer Analyseverfahren berechnet wird.
Die von der Beklagten ermittelten Scores sollen aussagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Betroffene seine Verbindlichkeiten vertragsgemäß erfüllen wird.
Ihren Vertragspartnern stellt die Beklagte diese Scorewerte zur Verfügung, um ihnen die Beurteilung der Bonität ihrer Kunden zu ermöglichen.

Nachdem die Finanzierung eines Automobilkaufs der Klägerin zunächst aufgrund einer unrichtigen Auskunft der Beklagten gescheitert war, wandte sich die Klägerin an die Beklagte.
Diese übersandte ihr nachfolgend eine Bonitätsauskunft sowie mehrfach eine „Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)“.

Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten erteilte Auskunft genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Das Amtsgericht (AG) hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin beim Landgericht (LG) blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer vom LG zugelassenen Revision hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt, ihr hinsichtlich einzelner Scorewerte Auskunft darüber zu erteilen, welche Merkmale zur Scoreberechnung in welcher Gewichtung eine Rolle spielen.

Der für Ansprüche nach dem Bundesdatenschutzgesetz zuständige VI. Zivilsenat des BGH hat die Revision zurückgewiesen.

  • Nach dieser Entscheidung hat die Beklagte Auskunft darüber zu erteilen, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten bei ihr gespeichert und in die Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte eingeflossen sind.

Diese Auskunft hat die Beklagte gegenüber der Klägerin (teilweise erst im vorliegenden Verfahren) erteilt.
Ihr wurden alle bei der Beklagten zu ihrer Person gespeicherten Daten übermittelt.
Ferner wurde sie über die in den letzten zwölf Monaten an Dritte übermittelten und die aktuell berechneten Wahrscheinlichkeitswerte sowie über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Daten informiert. Die Einzelheiten wurden in einem Merkblatt erläutert.

  • Einen darüber hinausgehenden Auskunftsanspruch hat die Klägerin nicht.

Die von ihr beanspruchten konkreten Angaben zu Vergleichsgruppen zählen nicht zu den Elementen des Scoringverfahrens, über die nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BDSG Auskunft zu erteilen ist.
Gleiches gilt für die Gewichtung der in den Scorewert eingeflossenen Merkmale.

Dem Auskunftsanspruch des § 34 Abs. 4 BDSG liegt die gesetzgeberische Intention zugrunde, trotz der Schaffung einer größeren Transparenz bei Scoringverfahren Geschäftsgeheimnisse der Auskunfteien, namentlich die sog. Scoreformel, zu schützen.
Die Auskunftsverpflichtung soll dazu dienen, dass der Betroffene den in die Bewertung eingeflossenen Lebenssachverhalt erkennen und darauf reagieren kann. Hierzu bedarf es keiner Angaben zu Vergleichsgruppen und zur Gewichtung einzelner Elemente.
Das gesetzgeberische Ziel eines transparenten Verfahrens wird dadurch erreicht, dass für den Betroffenen ersichtlich ist, welche konkreten Umstände als Berechnungsgrundlage in die Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts eingeflossen sind.
Dieses Ziel wird durch die der Klägerin erteilten Auskünfte erreicht.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 28.01.2014 – Nr. 16/2014 – mitgeteilt.
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Strafrecht – Zur Strafbarkeit eines Substitutionsarztes bei Verstoß gegen die Vorgaben für das Take-Home-Verfahren.

Das Landgericht (LG) D. hat einen angeklagten Arzt wegen unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln in 125 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt und ein Berufsverbot für die Dauer von fünf Jahren ausgesprochen, als Arzt drogenabhängige Patienten zu substituieren.
Für den Tod eines seiner an einer Überdosis Methadon verstorbenen Substitutionspatienten hat das LG den Arzt nicht für verantwortlich gehalten.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Angeklagte nach den Feststellungen des LG’s als Arzt in den Jahren 2006 bis 2011 u.a. Substitutionspatienten behandelt.
Jedenfalls bei vier Patienten verschrieb er die Substitutionsmittel Methadon und Levomethadon im Rahmen von sogenannten „Take-Home-Verordnungen“, die es den Patienten ermöglichen, die für maximal eine Woche benötigten Substitutionsmittel in der Apotheke zu beziehen und eigenständig ohne weitere ärztliche Kontrolle einzunehmen.
Der Angeklagte nahm dabei billigend in Kauf, dass die Patienten das ihnen verschriebene Methadon nicht bestimmungsgemäß verwendeten, d.h. nicht ordnungsgemäß in der verordneten Dosis einnahmen bzw. unerlaubte Betäubungsmittel zusätzlich konsumierten, was er im Übrigen auch nicht ausreichend kontrollierte.
Schließlich verschrieb er einem Patienten Methadon in fünf Fällen, ohne im fraglichen Zeitraum zu diesem persönlichen Kontakt gehabt zu haben.
Der Patient starb später an einer Überdosis Methadon.

Das LG hat insoweit angenommen, der Patient habe sich in Kenntnis des Risikos einer Überdosierung eigenverantwortlich selbst gefährdet, so dass der Angeklagte trotz der unerlaubten Verschreibung des Methadons für den Tod nicht strafrechtlich verantwortlich sei.

Gegen dieses Urteil haben sich sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte mit ihren Revisionen gewendet.
Die Staatsanwaltschaft hat vor allem das Unterbleiben der Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts zum Nachteil des verstorbenen Patienten beanstandet.
Seitens des Angeklagten ist geltend gemacht worden, die Verschreibungen im Take-Home-Verfahren seien in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle mit den rechtlichen Vorgaben in Einklang gewesen.

Der 1. Strafsenat des BGH hat mit Urteil vom 28.01.2014 – 1 StR 494/13 – beide Rechtsmittel verworfen.

Im Hinblick auf das Rechtsmittel des Angeklagten hat der Senat ausgeführt, dass aus unterschiedlichen Gründen gegen die Vorgaben für das Take-Home-Verfahren – selbst unter Berücksichtigung des weiten Beurteilungsspielraums eines Arztes über die Gestaltung der Substitutionstherapie – eindeutig verstoßen worden sei.
Deshalb handelte es sich jeweils um unerlaubte und damit strafbare Verschreibungen von Betäubungsmitteln.

Hinsichtlich des Todes eines der Patienten bestätigt der BGH die Annahme des LG, es liege eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Patienten vor, die eine Verantwortlichkeit des Arztes für dessen Tod und damit eine Strafbarkeit wegen eines Tötungsdelikts ausschließe.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 28.01.2014 – Nr. 15/2014 – mitgeteilt.

 

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Haarverlust nach fehlerhafter Haarbehandlung kann hohes Schmerzensgeld rechtfertigen.

Mit Urteil vom 22. 7. 2013 – 12 U 71/13 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz einer 17-Jährigen Schülerin für die dauernde Schädigung der Kopfhaut, bei wahrscheinlich irreversiblem Haarverlust, aufgrund einer fehlerhaften Haarbehandlung ein Schmerzensgeld in Höhe von 18.000 Euro zuerkannt (§ 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )).

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin sich ihre dunklen Haare im Friseursalon der Beklagten blond färben lassen. Obwohl sie äußerte, dass ihre Kopfhaut jucke und brenne, war dabei die Behandlung fortgesetzt worden.
Während der folgenden Tage schwoll das Gesicht der Klägerin an. Alsdann starb in mehreren Bereichen der Kopfhaut Gewebe ab mit der Folge des Verlustes sämtlicher dort vorhandener Haare.
Im Universitätsklinikum wurde eine toxische Kontaktdermatitis diagnostiziert.

Abgestellt bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat das OLG Koblenz auf Art und Ausmaß der Schädigung der Kopfhaut der Klägerin, die Dauer der Schmerzen, die die Klägerin erleiden musste, die Dauer der Krankenhausaufenthalte, den nach dem Gutachten der Ärzte sehr wahrscheinlich irreversiblen Haarverlust in den betroffenen Bereichen sowie
die erhebliche seelische Belastung der Klägerin („Anpassungsstörung“) durch die Entstellung und die damit einhergehende Beeinträchtigung ihrer persönlichen Integrität als Folge des Schadensereignisses.

Darüber hinaus ist vom Gericht berücksichtigt worden, dass die Klägerin weiterhin Missempfindungen der Kopfhaut ausgesetzt sein wird, sich ihre Schulzeit auf Grund der Krankenhausaufenthalte um ein Jahr verlängert hat und sie wegen der Ausprägung ihrer seelischen Belastung ein vorgesehenes Praktikum nicht ableisten konnte.

Beim Schmerzensgeld stehen vor allem die schadensausgleichende Funktion und opferbezogene Merkmale wie Umfang und Dauer der Schmerzen, Entstellungen, Leiden und Eingriffe in das Leben des Opfers im Vordergrund.
Zu berücksichtigen sind aber auch die Verhältnisse sowohl des Geschädigten als auch des Schädigers und dessen etwaige Absicherung durch eine Haftpflichtversicherung, der Grad des Verschuldens und die Umstände, die zum Schaden geführt haben.

Verlangt ein Kläger für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den zuerkannten Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die

  • entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder
  • deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte,

denn der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs auf Grund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen.

Vgl. auch den Blog „Schmerzensgeld – Was bei der Bemessung von den Gerichten zu beachten ist“ sowie den Blog „Schmerzensgeld – Welche Schadensfolgen durch ein zuerkanntes Schmerzensgeld abgegolten sind“.

 

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Ordnungswidrigkeitenverfahren – Fahrverbot für wiederholtes verbotenes Telefonieren beim Autofahren.

Gegen einen u. a. wegen verbotenen Telefonierens beim Autofahren verkehrsordnungswidrig vorbelasteten Verkehrsteilnehmer kann bei einer erneuten einschlägigen Verkehrsordnungswidrigkeit ein einmonatiges Fahrverbot verhängt werden.

Das hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 24.10.2013 – 3 RBs 256/13 – entschieden und damit die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen.

In dem dem Verfahren zugrunde liegenden Fall war der im Außendienst/Vertrieb beschäftigte Betroffene mit seinem Pkw gefahren und hatte während der Fahrt ein Mobil- oder Autotelefon benutzt, das er in der rechten Hand an das rechte Ohr hielt.
Für diesen vorsätzlichen Verkehrsverstoß wurde er vom Amtsgericht mit einer Geldbuße von 80 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot belegt.
Dabei berücksichtigte das Amtsgericht zu Lasten des Betroffenen sieben im Verkehrszentralregister eingetragene frühere Verkehrsverstöße, u. a. 3 wegen verbotenen Telefonierens beim Autofahren.

Die vom Betroffenen gegen die erstinstanzliche Verurteilung eingelegte Rechtsbeschwerde ist erfolglos geblieben.

Der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm hat insbesondere auch das gegen den Betroffenen ausgesprochene Fahrverbot bestätigt.
Mit der im Bußgeldkatalog vorgesehenen Geldbuße habe der Verkehrsverstoß des Betroffenen nicht angemessen geahndet werden können.
Ein Fahrverbot könne auch wegen beharrlicher Pflichtverletzung, wenn Verkehrsvorschriften aus mangelnder Rechtstreue missachtet würden, erlassen werden.
Insoweit könne im Einzelfall bereits die wiederholte Begehung für sich genommener eher geringfügiger Verkehrsverstöße, wie das verbotswidrige Benutzen eines Mobil- oder Autotelefons, die Anordnung eines Fahrverbots rechtfertigen.
Beim Betroffenen sei von einer beharrlichen Pflichtverletzung auszugehen. Im engen zeitlichen Abstand von weniger als 12 Monaten sei der Betroffene dreimal wegen verbotenen Telefonierens beim Autofahren rechtskräftig verurteilt worden.
Hinzu kämen drei weitere Verurteilungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen in einem Zeitraum von insgesamt nur zweieinhalb Jahren seit der ersten rechtskräftigen Verurteilung im September 2010. Bei diesen Verurteilungen sei der Betroffene zudem jeweils mit einem einmonatigen Fahrverbot belegt worden, zuletzt nur ca. 5 Monate vor der zu ahndenden Tat.
In ihrer Gesamtheit offenbarten die Taten eine auf mangelnder Verkehrsdisziplin beruhende Unrechtskontinuität, so dass das wegen beharrlicher Pflichtverletzung verhängte Fahrverbot nicht zu beanstanden sei.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 10.01.2014 mitgeteilt.

 

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Kfz-Schaden durch Schlagloch auf der Autobahn – Haftung des für den Streckenabschnitt zuständigen Bundeslandes?

Für den Schaden, den ein Pkw beim Durchfahren eines Schlaglochs auf der Bundesautobahn (BAB ) erlitten hat, haftet das für den Streckenabschnitt zuständige Bundesland aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung, wenn das Schlagloch durch eine von ihm zu verantwortende, vermeidbare Gefahrenquelle entstanden ist.

Das hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 15.11.2013 – 11 U 52/12 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall befuhr der Kläger mit seinem Pkw nachts die BAB 52 im Bereich einer Baustelle, bei der der Standstreifen als Fahrbahn fungierte.
Auf dem Standstreifen geriet das Fahrzeug in ein ca. 20 cm tiefes Schlagloch und erlitt einen Achsschaden, für dessen Reparatur einschließlich Nebenkosten der Kläger ca. 2.200 Euro aufwenden musste.
Das Schlagloch war im Bereich eines für den Baustellenbetrieb verschlossenen Gullyschachtes entstanden.
Um den Standstreifen für den Verkehr befahrbar zu machen, hatte der für das beklagte Land handelnde Landesbetrieb Straßenbau die zu überfahrenden Gullyschächte mit Eisendeckeln versehen und mit einer bituminösen Masse sowie mit einer Asphaltschicht auffüllen lassen.
Im Bereich der Unfallstelle war diese Füllung zum Teil herausgebrochen, wodurch das Schlagloch entstanden war.

Nach sachverständiger Aufklärung der Umstände, die zum Entstehen des Schlaglochs geführt hatten, hat der 11. Zivilsenat des OLG Hamm das beklagte Land aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung zum Schadensersatz verurteilt.

Das Schlagloch sei die Folge einer vom Landesbetrieb zu verantwortenden, vermeidbaren Gefahrenquelle.
Die vom Landesbetrieb vorgegebene Ausführung zum Verschließen des Gullyschachtes habe selbst bei fachgerechter Ausführung ein nicht abschätzbares Risiko beinhaltet, dass die Schachtabdeckung durch das auf dem betreffenden Streckenabschnitt der BAB zu erwartende hohe Verkehrsaufkommen beschädigt werde.
Dabei hätten andere, sichere Methoden wie das Herstellen provisorischer Schachtabdeckungen aus Schnellbeton zur Verfügung gestanden.
Die Verkehrssicherungspflichtverletzung habe der Landesbetrieb zu vertreten. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Herstellung von provisorischen Schachtabdeckungen und ihre Vor- bzw. Nachteile müssten der Fachbehörde bekannt sein.
Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, weil die unfallursächliche Schadstelle für ihn praktisch nicht zu erkennen gewesen sei.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 13.01.2014 mitgeteilt.

 

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Familienrecht – Gemeinsame elterliche Sorge für ein nichteheliches Kind.

Auch wenn gem. § 1626 a Abs. 1 Nr. 3 u. Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) die gemeinsame elterliche Sorge für ein nichteheliches Kind das Leitbild des Gesetzes ist, erfordert die Ausübung der gemeinsamen Verantwortung ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern.
Fehlt es daran und sind die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge für das nichteheliche Kind dem Kindeswohl zuwiderlaufen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg mit Beschluss vom 19.9.2013 – 9 UF 96/11 – hingewiesen.

Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, steht die elterliche Sorge mit der Geburt des Kindes zunächst der Mutter zu.
Das am 19.05.2013 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.4.2013 gibt dem Vater eines nichtehelichen Kindes aber die Möglichkeit, gegen den Willen der Mutter die gemeinsame Sorge über das Kind zu erlangen.
Der Vater kann bei Gericht einen entsprechenden Antrag stellen.
Gemäß § 1626 a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB überträgt das Familiengericht die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Anders als nach der Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Beschluss vom 21.07.2010 (BVerfGE 127, 132) ist keine positive Feststellung erforderlich, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht.

Liegen keine Gründe vor, die gegen die gemeinsame elterliche Sorge sprechen, sollen grundsätzlich beide Eltern die Verantwortung für das Kind gemeinsam tragen. Die gemeinsame Sorge ist mithin das Leitbild des Gesetzes.

Die Ausübung der gemeinsamen Verantwortung für ein Kind erfordert aber ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern.
Fehlt es daran und sind die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge für das Kind dem Kindeswohl zuwiderlaufen (BVerfGE 127, 132).

Da im Zuge einer Trennung vielfach Kommunikationsprobleme auftreten, können diese nicht ohne Weiteres zu einer ablehnenden Entscheidung nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB führen.
Vielmehr muss auf der Kommunikationsebene eine schwerwiegende und nachhaltige Störung vorliegen, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, wenn man seine Eltern zwingen würde, die Sorge gemeinsam zu tragen.

 

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Zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit sogenannter „Tippfehler-Domains“

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 22.01.2014 – I ZR 164/12 – über die Zulässigkeit eines Domainnamens entschieden, der bewusst in einer fehlerhaften Schreibweise eines bereits registrierten Domainnamens angemeldet ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall betrieb die Klägerin unter dem Domainnamen „www.wetteronline.de“ im Internet einen Wetterdienst.
Der Beklagte ist Inhaber des Domainnamens „wetteronlin.de“.

Nutzer, die durch einen Tippfehler auf die Internetseite des Beklagten gelangen, werden von dort auf eine Internetseite weitergeleitet, auf der für private Krankenversicherungen geworben wird.
Für jeden Aufruf dieser Internetseite erhält der Beklagte ein Entgelt.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie werde dadurch, dass der Beklagte Interessenten, die auf ihre Seite gelangen wollten, auf eine andere Internetseite umleite,

  • in unlauterer Weise behindert und
  • zugleich werde ihr Namensrecht verletzt.

Sie hat den Beklagten daher auf Unterlassung der Benutzung und Einwilligung in die Löschung des Domainnamens „www.wetteronlin.de“ sowie auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt.

Das Landgericht (LG) hat den Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt.

Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, die geltend gemachten Ansprüche bestünden sowohl unter dem Gesichtspunkt einer wettbewerbswidrigen Behinderung als auch wegen Verletzung des Namensrechts der Klägerin.

Auf die Revision des Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit die Klageanträge auf die Verletzung des Namensrechts gestützt waren.

Der BGH hat eine für den Namensschutz erforderliche namensmäßige Unterscheidungskraft der Bezeichnung „wetteronline“ verneint, weil es sich um einen rein beschreibenden Begriff handelt.
Mit „wetteronline“ wird der Geschäftsgegenstand der Klägerin bezeichnet, „online“ Informationen und Dienstleistungen zum Thema „Wetter“ anzubieten.

Dagegen hat der BGH angenommen, dass die konkrete Benutzung der „Tippfehler-Domain“ unter dem Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden gegen das Verbot unlauterer Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstößt, wenn der Nutzer auf der sich öffnenden Internetseite nicht sogleich und unübersehbar auf den Umstand hingewiesen wird, dass er sich nicht auf der Seite „wetteronline.de“ befindet.

Den auf eine unlautere Behinderung gestützten Antrag auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens „wetteronlin.de“ hat der BGH abgewiesen, weil eine rechtlich zulässige Nutzung denkbar ist und die bloße Registrierung des Domainnamens die Klägerin nicht unlauter behindert.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 22.01.2014 – Nr. 10/2014 – mitgeteilt.
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.