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Haftung des Inhabers eines Internetanschlusses für illegales Filesharing volljähriger Familienangehöriger nur in Ausnahmefällen.

Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet nicht für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht.

Das hat der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren Klägerinnen vier führende deutsche Tonträgerhersteller.
Der Beklagte war Inhaber eines Internetzugangs. In seinem Haushalt leben auch seine Ehefrau und deren volljähriger Sohn.

Die Klägerinnen ließen den Beklagten durch Anwaltsschreiben abmahnen; sie behaupteten, am 12.06.2006 seien über seinen Internetanschluss 3.749 Musikaufnahmen, an denen sie die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte besäßen, in einer Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht worden.
Der Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
Er weigerte sich jedoch, die geltend gemachten Abmahnkosten zu bezahlen.

Die Klägerinnen nehmen den Beklagten auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 € in Anspruch.

Der Beklagte macht geltend, er sei für die behaupteten Rechtsverletzungen nicht verantwortlich. Sein damals 20-jähriger Stiefsohn habe die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht.
Der Stiefsohn des Beklagten hat im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei eingeräumt, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm „BearShare“ Musik auf seinen Computer heruntergeladen.

Das Landgericht (LG) hat der Klage stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerinnen 2.841 € zu zahlen, und die weitergehende Klage abgewiesen.
Dazu hat es ausgeführt, der Beklagte sei für die Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechte an den Musiktiteln verantwortlich. Er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht – jedenfalls nicht hinreichend – belehrt habe.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist danach zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind.
Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen;
erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 08.01.2014 – Nr. 5/2014 – mitgeteilt.

Zur Haftung von Eltern für illegales Filesharing ihrer minderjährigen Kinder siehe BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 –.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Untervermietungserlaubnis berechtigt den Wohnraummieter normalerweise nicht zur Untervermietung an Touristen.

Im Urteil vom 08.01.2014 – VIII ZR 210/13 – hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage befasst, ob eine Untervermietungserlaubnis einen Mieter zur Überlassung der Wohnung an Touristen berechtigt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der Beklagte ist seit dem 01.03.2003 Mieter einer Zwei-Zimmer-Wohnung (42,85 qm) in Berlin.
Die Kläger sind im Jahr 2011 als Vermieter in den Vertrag eingetreten.
Im Jahr 2008 erbat der Beklagte von der damaligen Vermieterin die Erlaubnis zur Untervermietung, weil er die Wohnung nur etwa alle 14 Tage am Wochenende zu einem Besuch seiner Tochter nutze und er sie deshalb zeitweise untervermieten wolle.
Die Vermieterin erteilte mit Schreiben vom am 13.02.2008 eine Erlaubnis zur Untervermietung „ohne vorherige Überprüfung“ gewünschter Untermieter. In dem Schreiben heißt es weiter: „Sie verpflichten sich, Ihren Untermietern Postvollmacht zu erteilen. Das bedeutet, dass alle Willenserklärungen, Betriebskostenabrechnungen, Mieterhöhungsverlangen etc. (…) als ordnungsgemäß zugestellt gelten, wenn sie in Ihrem Briefkasten (…) landen, auch wenn sie vielleicht durch Ihre Untermieter nicht an Sie weitergegeben sein sollten.“

Im Mai 2011 bot der Beklagte die Wohnung im Internet zur tageweisen Anmietung von bis zu vier Feriengästen an.

Die Kläger beanstandeten eine derartige Nutzung als vertragswidrig und mahnten den Beklagten mit Schreiben vom 16.05.2011 unter Androhung einer Kündigung ab.
Der Beklagte erwiderte, die Vermietung an Touristen sei von der erteilten Untervermietungserlaubnis umfasst; er wolle lediglich eine Deckung der Unkosten durch Leerstand erreichen und betrachte damit die Abmahnung als gegenstandslos.
Die Kläger mahnten ihn daraufhin nochmals ab.

Im November 2011 und August 2012 war das Internetangebot des Beklagten erneut im Internet abrufbar.

Die Kläger kündigten das Mietverhältnis daraufhin am 12.01.2012, am 05.12.2012 sowie mit Klageerhebung fristlos und hilfsweise fristgemäß.

Der Beklagte hat sich im Prozess unter Beweisantritt darauf berufen, dass er die Vermietung an Touristen nach der Abmahnung unverzüglich eingestellt und die Internetanzeigen gelöscht habe.

Das Amtsgericht (AG) hat der Räumungsklage stattgegeben.
Das Landgericht (LG) hat die Räumungsklage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass der Beklagte nicht zur Untervermietung an Touristen berechtigt war und die Klage deshalb nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung abgewiesen werden kann.
Das Berufungsgericht hat bei der Auslegung der Untervermietungserlaubnis rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass die Überlassung der Wohnung an beliebige Touristen sich von einer gewöhnlich auf gewisse Dauer angelegten Untervermietung unterscheidet und deshalb nicht ohne weiteres von einer Erlaubnis zur Untervermietung umfasst ist.
Hier hatte die Vermieterin zudem verlangt, dass der Beklagte den Untermietern Postvollmacht erteilen solle; schon daraus war erkennbar, dass sich die Erlaubnis nicht auf die Vermietung an Touristen bezog, die eine derartige Funktion offensichtlich nicht wahrnehmen konnten.

Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 08.01.2014 – Nr. 4/2014 – mitgeteilt.

 

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Steuerrecht – Kosten eines Studiums, das eine Erstausbildung vermittelt, sind grundsätzlich nicht abziehbar.

Aufwendungen für ein Studium, welches eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, sind nicht als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar.

Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 05.11.2013 – VIII R 22/12 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger ein Jurastudium als Erststudium aufgenommen und begehrte für die Jahre 2004 und 2005 unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des BFH (aus dem Jahr 2011), die Aufwendungen für das Studium (im Wesentlichen die Kosten der Wohnung am Studienort) als vorweggenommene Betriebsausgaben aus selbständiger Arbeit abzuziehen.
Dem stand entgegen, dass der Gesetzgeber als Reaktion auf die geänderte BFH-Rechtsprechung die §§ 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und 4 Abs. 9 EStG unter dem 07.12.2011 neu gefasst und nunmehr ausdrücklich angeordnet hatte, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten darstellen.
Anzuwenden ist die Neufassung des Gesetzes für Veranlagungszeiträume ab 2004.

Der BFH erachtet diese Neuregelung als verfassungsgemäß. Sie verstoße weder gegen das Rückwirkungsverbot noch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) in dessen Ausprägung durch das Prinzip der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit. Der Gesetzgeber habe nur das langjährige und auch bis 2011 vom BFH anerkannte grundsätzliche Abzugsverbot für Kosten der beruflichen Erstausbildung nochmals bestätigt.

Das hat die Pressestelle des Bundesfinanzhofs am 08.01.2014 mitgeteilt.

 

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Treibjagd – Ausbruch von Rindern aus einer Weide – Schadenersatzanspruch des Landwirts.

Der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 05.12.2013 – 14 U 80/13 – die Jagdpächter und Veranstalter einer Treibjagd verpflichtet, einem Landwirt dem Grunde nach Schadenersatz zu zahlen, weil seine Rinder infolge des Jagdgeschehens aus der umzäunten Weide ausbrachen und der Landwirt beim Einfangen der Tiere verunfallte.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten die Beklagten in ihrem Jagdrevier eine Treibjagd mit mehreren Jägern und Jagdhunden in unmittelbarer Nähe des landwirtschaftlichen Anwesens des Klägers veranstaltet.
Ein von einem Jagdgast geführter Jagdhund lief dabei auf die Rinderweide des Klägers und versetzte drei dort grasende Rinder in Panik. Die Tiere durchbrachen den Zaun und mussten vom Kläger wieder eingefangen werden.
Dabei stürzte der Kläger und zog sich einen komplizierten Splitterbruch der rechten Hand zu.

Nach Auffassung des 14. Zivilsenats des OLG Oldenburg lag eine schuldhafte Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch die Jagdpächter vor.
Der Jagdausübungsberechtige als Veranstalter und Organisator einer gemeinschaftlichen Jagd sei dafür verantwortlich, dass Dritte nicht durch jagdtypische Gefahren zu Schaden kämen. Deshalb seien Jagdpächter verpflichtet, sich vor Beginn der Treibjagd darüber zu vergewissern, ob sich in dem konkret zu durchjagenden Bereichen Nutztiere befänden, welche durch Schüsse oder durchstöbernde Hunde gefährdet werden könnten.
Wer dies unterlasse, so der Senat, hafte danach auch für Schäden, die durch das Einfangen flüchtender Nutztiere entstünden.
Zwar enthalte die einschlägige Unfallverhütungsvorschrift Jagd (UVV Jagd) keine allgemeinen Pflichten zur vorherigen Information der Landwirte, welche im Jagdrevier in eingezäunten Weiden Nutztiere halten. Die Regelung der UVV Jagd beinhalte aber nach Auffassung des Senats keine abschließenden Verhaltensanforderungen. Dies gelte auch für die Frage, ob und in welchem Abstand mit nicht angeleinten Jagdhunden an einer Rinderweide vorbei eine Treibjagd durchgeführt werden dürfe.
Die Landwirte seien rechtzeitig zuvor von der beabsichtigten Treibjagd zu unterrichten, um ihnen die Möglichkeit zum vorübergehenden Einstallen der Tiere zu geben. Andernfalls müsse im ausreichenden Abstand mit angeleinten Jagdhunden der Gefahrenbereich weiträumig umlaufen werden, um ein Durchstöbern der Weide durch die Jagdhunde und damit die Gefahr einer panikartigen Reaktion der Tiere zu verhindern.
Auf ein Mitverschulden des Klägers hat der Senat nicht erkannt, weil dem Kläger die Treibjagd zuvor nicht angekündigt worden war.
Zudem sei der Kläger zum Einfangen der Rinder verpflichtet gewesen, um seinerseits als Tierhalter eine Gefährdung des Straßenverkehrs abzuwenden. Weil sich die Rinderweide in der Nähe mehrerer vielbefahrener öffentlicher Straßen befand, sei ein weiteres Zuwarten nicht vertretbar gewesen. Dies folge bereits daraus, dass sich die Abenddämmerung eingestellt habe und ein Einfangen der bereits mehrere Kilometer weit laufenden Tiere durch die Dunkelheit erheblich erschwert worden sei. Wenn der Kläger in dieser Situation neben einem Rind herlaufe und das Tier durch Klopfen am Hals zum Laufen in Richtung einer Koppel habe bewegen wollen, so sei dieses Verhalten zwar gefährlich, rechtfertige aber als letztes Mittel gleichwohl noch kein Mitverschulden.

Über die Höhe des Schadensersatzes hat das Landgericht zu befinden.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Osnabrück am 20.12.2013 mitgeteilt.

 

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Strafrecht – Voraussetzungen der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB darf lediglich angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die unterzubringende Person bei Begehung der Anlasstaten aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung schuldunfähig (§ 20 StGB ) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB ) war und die Begehung der Taten auf diesem Zustand beruht.

Dabei muss vom Tatgericht im Einzelnen dargelegt werden, wie sich die festgestellte, einem Merkmal von §§ 20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden psychischen Zustand zurückzuführen sind.
Wegen der Schwere des mit ihr verbundenen Eingriffs darf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus lediglich angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen.

Dafür ist zwar nicht erforderlich, dass die Anlasstaten selbst erheblich sind. Die zu erwartenden Taten müssen aber schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen und daher grundsätzlich zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sein.

Erreichen die Anlasstaten ihrem Gewicht nach nicht einmal diesen Bereich, ist eine Anordnung der Maßregel gemäß § 63 StGB nicht völlig ausgeschlossen; das Tatgericht muss in solchen Fällen allerdings die erforderliche Gefährlichkeitsprognose besonders sorgfältig darlegen.
Dazu ist regelmäßig eine besonders eingehende Würdigung der Person des bzw. der Beschuldigten, vor allem der Krankheitsgeschichte sowie der Anlasstaten, notwendig.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet bei der Anordnung (und der Vollstreckung) der Unterbringung gemäß § 63 StGB, dass die Freiheit der Person nur beschränkt werden darf, soweit dies im öffentlichen Interesse unerlässlich ist.
Dementsprechend darf die Unterbringung nicht angeordnet werden, wenn die wegen ihrer unbestimmten Dauer sehr belastende Maßnahme außer Verhältnis zu der Bedeutung der begangenen und zu erwartenden Taten stehen würde.
Bei der gebotenen Abwägung zwischen den Sicherungsbelangen der Allgemeinheit und dem Freiheitsanspruch des Betroffenen ist auf die Besonderheiten des Falles einzugehen.
Zu erwägen sind nicht nur der Zustand des Beschuldigten und die von ihm ausgehende Gefahr, sondern auch sein früheres Verhalten, seine aktuellen Lebensumstände, die ihn konkret treffenden Wirkungen einer Unterbringung nach § 63 StGB sowie die Möglichkeiten, ggf. durch andere Maßnahmen auf ihn einzuwirken.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 18.11.2013 – 1 StR 594/13 – hingewiesen.
Vergleiche hierzu auch den Blog „Strafrecht – Zur Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ sowie Bernd Rösch, Das Urteil in Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., S. 188 f.

 

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Wann bei Anerkenntnis Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz noch nach 17 Jahren besteht.

Ein Haftpflichtversicherer kann auch heute noch verpflichtet sein, einen Schaden aus dem Jahr 1996 zu begleichen.

Das hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Urteil vom 19.12.2013 – 1 U 67/13 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall, war die Klägerin bei einem Verkehrsunfall im Februar 1992 als Beifahrerin ihres späteren Ehemanns schwer verletzt worden. Das Fahrzeug war bei Glatteis aufgrund unangepasster Geschwindigkeit von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt.
Der Haftpflichtversicherer erkannte vier Jahre nach dem Unfall umfassend die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz an.

  • Dabei erklärte er entsprechend dem Verlangen der Klägerin, die mit einer Klage gedroht hatte, dass das Anerkenntnis die Wirkung eines Feststellungsurteils haben sollte.

Ein weiteres halbes Jahr später schlossen der Haftpflichtversicherer und die Klägerin eine Abfindungsvereinbarung.
Die zwischen 1992 und 1996 entstandenen Schäden wurden reguliert.
Die heute geltend gemachten Schäden für die Zeit nach April 1996 wurden ausdrücklich ausgenommen.
Gegenüber diesen Schäden berief sich der Versicherer unter Hinweis auf die Abfindungsvereinbarung auf Verjährung.

Das Landgericht (LG) folgte der Auffassung des Haftpflichtversicherers und sah die Forderungen der Klägerin als verjährt an.

Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte jetzt Erfolg.
Das Anerkenntnis des Haftpflichtversicherers hat ausdrücklich die Wirkung eines Feststellungsurteils haben sollen.
Die Verjährung von gerichtlich festgestellten Schadensersatzforderungen tritt aber erst nach 30 Jahren ein. Dass die Klägerin kein Urteil erstritten hatte, sondern allein eine entsprechende Erklärung des Haftpflichtversicherers vorlag, ändere an der Verjährungszeit nichts, so der 1. Zivilsenat des OLG Oldenburg.
Danach kann die Klägerin den Ausgleich der heute mehr als 17 Jahre zurückliegenden Schäden noch verlangen.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg am 19.12.2013 mitgeteilt.

 

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Wettbewerbswidrige Gutscheine bei Kfz-Reparaturen.

Gutscheine von Kfz-Werkstätten für Folgeaufträge können bei der Reparatur eines Kaskoschadens mit Selbstbeteiligung des Kunden wettbewerbswidrig sein.

Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 12.11.2013 – 4 U 31/13 – entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts bestätigt.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall war Beklagte ein deutschlandweit vertretenes Unternehmen der Kfz-Branche, das u.a. Kfz-Reparaturleistungen anbietet.
Mitarbeiter der Beklagten stellten im Mai 2011 in Aussicht, für einen Auftrag zum Austausch einer Autoglasscheibe kaskoversicherten Kunden einen Gutschein für einen Folgeauftrag zu versprechen.

Diese Praxis beanstandete der klagende Verein als unlauteren Wettbewerb.

Auf seine Klage hat das Landgericht (LG) der Beklagten untersagt, den Austausch einer Autoglasscheibe gegenüber Kunden mit Kaskoversicherung in der Form zu bewerben, dass ein Nachlass auf die Selbstbeteiligung in Form eines Gutscheins versprochen wird.

Der 4. Zivilsenat des OLG Hamm hat die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen.
Die in Frage stehende Werbung stelle unlauteren Wettbewerb dar.
Nach der Aufhebung des Rabattgesetzes sei das Werben mit Preisnachlässen zwar grundsätzlich zulässig. Entsprechende Angebote unterlägen jedoch einer Missbrauchskontrolle, wenn der Kunde bei Entscheidungen, die er zu treffen habe, auch die Interessen Dritter zu wahren habe.
Das sei der Fall, wenn der Kunde die Reparatur eines – abgesehen von der Selbstbeteiligung – vom Versicherer zu bezahlenden Kaskoschadens in Auftrag gebe.
Nach den Versicherungsbedingungen habe der Kunde alles zu tun, um den Schaden zu mindern. Er habe die Kosten der Reparatur niedrig zu halten und dem Versicherer gegenüber zutreffende Angaben zu den Reparaturkosten zu machen. Die vom Versicherungsvertrag insoweit verlangte objektive Kundenentscheidung werde durch einen dem Kunden von der Kfz-Werkstatt versprochenen Gutschein für Folgeaufträge beeinträchtigt.
Habe der Kunde in der Regel keine wirtschaftlichen Vorteile, wenn er eine günstigere Werkstatt beauftrage, profitiere er unmittelbar von der mit dem Gutschein versprochenen Vergünstigung, wenn er diese seinem Versicherer verschweige.
Das Angebot der Beklagten könne den angesprochenen Kunden veranlassen, die Beklagte unter Verletzung seiner Mitteilungspflicht aus dem Versicherungsvertrag und auch unter Ausschlagung eines gleichwertigen oder kostengünstigeren Angebots eines Mitbewerbers zu beauftragen, um den versprochenen Vorteil zu erlangen.
Nach der Lebenserfahrung bestehe bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung die Bereitschaft, sich gegenüber dem Versicherer insoweit vertragswidrig zu verhalten.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 06.01.2014 mitgeteilt.

 

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Strafverfahren – Bestimmung des Strafrahmens wenn das Gesetz einen minder schweren Fall vorsieht und ein gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 StGB gegeben ist.

In den Fällen, in denen das Gesetz bei einer Straftat einen minder schweren Fall vorsieht und im Einzelfall ein gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 Strafgesetzbuch (StGB ) gegeben ist, hat der Tatrichter bei der Strafrahmenwahl vorrangig zu prüfen ist, ob ein minder schwerer Fall vorliegt.

Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen, sind bei der weitergehenden Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe zusätzlich heranzuziehen.

Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrunds gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen.

Beachtet der Tatrichter diese Prüfungsreihenfolge nicht, ist die Strafzumessung rechtsfehlerhaft.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 19.11.2013 – 2 StR 494/13 – hingewiesen.
Vergleiche hierzu auch den Blog „Strafrecht – Was, im Falle einer Verurteilung, bei der Bestimmung des Strafrahmens zu beachten ist“ sowie Bernd Rösch, Das Urteil in Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., S. 125 f.

 

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Strafprozessrecht – Rechtsschutzbedürfnis nach Durchsuchung von Geschäftsräumen.

Da Wohnräume und Geschäftsräume vom Schutzzweck des Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gleichermaßen erfasst werden, darf bei der Prüfung des Rechtsschutzinteresses für eine Beschwerde gegen eine erledigte richterliche Durchsuchungsanordnung nicht danach differenziert werden, ob die Durchsuchungsanordnung sich auf eine Wohnung oder auf Geschäftsräume bezogen hat.

Darauf hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 05.07.2013 – 2 BvR 370/13 – hingewiesen.

Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Sinn der Garantie ist die Abschirmung der Privatsphäre in räumlicher Hinsicht. Damit wird dem Einzelnen ein elementarer Lebensraum zur freien Entfaltung der Persönlichkeit gewährleistet. In seinen Wohnräumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden.
Im Interesse eines wirksamen Schutzes hat das Bundesverfassungsgericht den Begriff der Wohnung weit ausgelegt. Er umfasst auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume.
In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein.

Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne gerichtliche Prüfung zu tragen hat.
Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug.
Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle. Ein Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Betroffenen leerlaufen lassen.

Hiervon muss sich das Gericht auch bei der Antwort auf die Frage leiten lassen, ob im jeweiligen Einzelfall für ein nach der Prozessordnung statthaftes Rechtsmittel ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, ist es zwar grundsätzlich vereinbar, wenn die Gerichte ein Rechtsschutzbedürfnis nur so lange als gegeben ansehen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.

Darüber hinaus ist ein solches Rechtsschutzbedürfnis aber jedenfalls auch in Fällen gewichtiger Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verlauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann.
Effektiver Grundrechtsschutz gebietet es in diesen Fällen, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden – wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden – Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen.
Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat.
Zu der Fallgruppe tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, gehört die Wohnungsdurchsuchung aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung.

Gemäß §§ 304 ff. Strafprozessordnung (StPO) ist gegen die richterliche Durchsuchungsanordnung eine Beschwerde statthaft.
Die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ist vom angerufenen Fachgericht unter Beachtung der soeben dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beurteilen.
Danach darf eine Beschwerde nicht allein deswegen, weil die richterliche Anordnung vollzogen worden sei und die Maßnahme sich deshalb erledigt habe, unter dem Gesichtspunkt prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden.

 

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Geschichte

Gegründet in den 50er Jahren durch Rechtsanwalt Herbert Härlein, dem langjährigen Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Nürnberg, hat sich unsere Kanzlei zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen für die Rechtsberatung und Vertretung von lokalen und überregionalen besonders mittelständischen Betrieben, Handwerkern und Privatpersonen entwickelt.

Unser Ziel ist es, Sie vorausschauend zu beraten und zu vertreten. Wir erarbeiten mit Ihnen Lösungen von dauerhaftem Bestand. Durch Spezialisierung und ständige Weiterbildung unserer Anwälte und Mitarbeiter können wir Sie in allen wesentlichen juristischen Bereichen mit besonderer Kompetenz vertreten. Die ausgeprägte Zusammenarbeit der Rechtsanwälte innerhalb der Kanzlei ermöglicht die fachübergreifende Bearbeitung Ihrer Rechtsprobleme. Fachanwaltsqualifikationen garantieren zusätzliche Kompetenz.

Im Herbst 2013 haben wir darüber hinaus ein neues Büro in der Hauptstraße 9 in 91560 Heilsbronn eröffnet.

Durch unsere langjährige Tätigkeit verfügen wir über hervorragende und weitreichende Verbindungen und Kontakte. Kooperationen mit anderen Rechtsanwälten und Mitgliedschaften in den verschiedensten Fachverbänden erweitern in Ihrem Interesse unsere Leistungsfähigkeit über die Grenzen Nürnbergs hinaus. Wir arbeiten auch mit Ihrer Rechtsschutzversicherung zusammen. Überzeugen Sie sich von unserer Kompetenz.

Kontakt
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