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Betreuungsverfahren – Zur Pflicht des Beschwerdegerichts den Betroffenen im Beschwerdeverfahren persönlich anzuhören.

Gemäß § 278 Abs. 1 S. 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) hat das Gericht den Betroffenen vor der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. 

Die Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen besteht nach § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. 
Allerdings darf das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. 
Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen nur kurze Zeit zurückliegt, sich nach dem Akteninhalt keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen oder rechtliche Gesichtspunkte ergeben, das Beschwerdegericht das in den Akten dokumentierte Ergebnis der erstinstanzlichen Anhörung nicht abweichend werten will und es auf den persönlichen Eindruck des Gerichts von dem Betroffenen nicht ankommt. 
Macht das Beschwerdegericht von dieser Möglichkeit Gebrauch, muss es in seiner Entscheidung die Gründe hierfür in nachprüfbarer Weise darlegen.

Beispielsweise nicht absehen darf das Beschwerdegericht von der persönlichen Anhörung des Betroffene, wenn es im zweitinstanzlichen Verfahren ein weiteres Sachverständigengutachten unter anderem zu der Frage eingeholt hat, ob der Betroffene noch zur Bildung eines freien Willens i.S.v. § 1896 Abs. 1 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) in der Lage ist und diese Voraussetzung für die Einrichtung einer Betreuung gegen den Willen eines Betroffenen von dem Sachverständigen im Beschwerdeverfahren erstmals bejaht worden ist.
In einem solchen Fall muss einem Betroffenen im Hinblick auf seinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) die Möglichkeit gegeben werden, sich hierzu zu äußern. 
Weder die Einholung eines Sachverständigengutachtens noch die Auswertung schriftlicher Äußerungen des Betroffenen entbinden das Gericht dann davon, sich im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) durch eine Anhörung des Betroffenen einen persönlichen Eindruck davon zu verschaffen, ob dieser tatsächlich zur Bildung eines freien Willens nicht in der Lage ist.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 06.11.2013 – XII ZB 650/12 – hingewiesen.
Vgl. hierzu auch den Blog „Betreuungsverfahren – Anhörung und Begutachtung dürfen gegen den Willen eines Betroffenen nicht in dessen Wohnung erfolgen“.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Ordnungswidrigkeitenverfahren – PKW-Fahrer muss darauf achten, dass ein befördertes 4-jähriges Kind während der Fahrt vorschriftsmäßig gesichert ist und bleibt.

Ein Kfz-Führer ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass ein mitfahrendes Kind während der gesamten Fahrt vorschriftsmäßig, das heißt insbesondere unter Beachtung der §§ 21 Abs. 1a, 21a Abs. 1 S. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO), gesichert, also angeschnallt, ist.

Der zeitliche Umfang der Anschnallpflicht in Bezug auf die gesamte Fahrt ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 21a Abs. 1 S. 1 StVO, wonach vorgeschriebene Sicherheitsgurte „während der Fahrt“ angelegt sein müssen. Unter „Fahrt“ ist dabei der Gesamtvorgang der Benutzung des Kfz als Beförderungsmittel gemeint, wovon auch kurzzeitige verkehrsbedingte Fahrtunterbrechungen umfasst sind.
Die Anschnallpflicht nach § 21a Abs. 1 S. 1 StVO besteht demnach vom Beginn der Fahrt bis zu deren Beendigung fort. Daraus folgt, dass ein Verstoß gegen die Anschnallpflicht während der gesamten Fahrt im Sinne einer Dauerordnungswidrigkeit zu behandeln ist.

Daran, dass dies in der Zusammenschau mit § 21 Abs. 1a StVO auch und gerade für die Beförderung von Kindern in Kfz gelten muss, besteht kein ernsthafter Zweifel

Die Pflicht des Kfz-Führers, während der gesamten Fahrt dafür Sorge zu tragen, dass ein im Kfz befördertes Kind vorschriftsmäßig gesichert bzw. angeschnallt ist und es auch bleibt, ergibt sich aus § 23 Abs. 1 S. 2 StVO i. V. m. § 3 Abs. 2a StVO.
Nach § 23 Abs. 1 S. 2 StVO muss der Fahrzeugführer dafür sorgen, dass die Besetzung des Kfz vorschriftsmäßig ist.
Zwar besteht grundsätzlich keine Fürsorgepflicht des Kfz-Führers in Bezug auf die Anschnallpflicht aus § 21a Abs. 1 S. 1 StVO gegenüber zur „Besetzung“ gehörenden, im Kfz beförderten Personen, die selbst Normadressaten der Anschnallpflicht sind.
Etwas Anderes gilt indes gegenüber dem schutzwürdigen Personenkreis des § 3 Abs. 2a StVO, wozu ausdrücklich auch Kinder zählen.
Gegenüber diesen Personen trifft den Kfz-Führer ausnahmsweise eine besondere Fürsorgepflicht.
Diese besondere Fürsorgepflicht des Kfz-Führers gegenüber im Kfz beförderten Kindern (§§ 23 Abs. 1 S. 2, 3 Abs. 2a StVO) im Hinblick auf die strikte Einhaltung der Anschnall- und Sicherungspflichten aus §§ 21 Abs. 1 a, 21a Abs. 1 StVO umfasst es demnach, dafür Sorge zu tragen, dass das beförderte Kind während der gesamten Fahrt vorschriftmäßig gesichert ist und bleibt, womit eine Kontrollpflicht des Fahrers während der gesamten Fahrt einhergeht.

Der Umfang dieser stets bestehenden Kontrollpflicht ist von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig.
Dazu zählen insbesondere das Alter, die motorischen Fähigkeiten und die Einsichtsfähigkeit des beförderten Kindes.
Mit der Größe der möglichen Gefahr des Abschnallens, vor der die beförderten Kinder geschützt werden müssen, wächst auch das Maß der vom fürsorgepflichtigen Kfz-Führer zu erwartenden Sorgfalt.
Die Verpflichtung des für die Sicherheit der beförderten Kinder verantwortlichen Fahrzeugführers endet erst, wenn eine ihrer Erfüllung dienende Maßnahme nach objektiven Maßstäben nicht erforderlich oder nicht zumutbar ist.

Da schon einem 4-jährigem Kind verständlich gemacht werden kann, dass es zu schwerwiegenden Folgen kommen kann, wenn es sich während der Fahrt abschnallt und ein Kind in diesem Alter auch regelmäßig schon in der Lage ist, das ausgesprochene Verbot, sich während der gesamten Fahrt abzuschnallen, zu verstehen, zu akzeptieren und zu befolgen, ist einem Fahrzeugführer schon dann Fahrlässigkeit vorzuwerfen, wenn von ihm ein solches Verbot – gegebenenfalls unter Androhung ernsthafter Konsequenzen für den Fall der Missachtung – gegenüber einem Kind, das sich während der Fahrt allein abgeschnallt hat, bei Beginn der Fahrt nicht bzw. nicht mit dem nötigen Nachdruck ausgesprochen worden ist.

Daneben ist es aber auch, wenn ein Kind befördert wird, objektiv erforderlich und einem Fahrzeugführer zumutbar, während der (gesamten) Fahrt darauf zu achten, dass das Kind jederzeit gesichert ist, insbesondere durch regelmäßiges Umsehen nach einem auf dem Rücksitz im Kindersitz befindlichen Kind.

Im Einzelfall kann ein Fahrzeugführer sogar gehalten sein, seine Route derart zu wählen, dass er ausschließlich Straßen befährt, auf denen ein regelmäßiges Umsehen nach dem Kind und ein sofortiges Anhalten möglich ist (z. B. durch Meiden von Autobahnen oder Schnellstraßen). Ausnahmsweise kann er sogar gehalten sein, die ständige Kontrolle der Sicherung des beförderten Kindes durch Mitnahme einer Begleitperson zu gewährleisten.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Fall hingewiesen, in dem sich die im Pkw im Kindersitz sitzende 4jährige Tochter des betroffenen Fahrzeugführers, die bei Beginn der Fahrt von ihm angeschnallt worden war, während der Fahrt alleine abgeschnallt hatte, so dass sie im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Polizeibeamten in dem vom Betroffenen geführten Pkw nicht vorschriftsmäßig gesichert und deshalb vom Amtsgericht gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger nicht vorschriftsmäßiger Sicherung eines Kindes nach §§ 21 Abs. 1a, 21a Abs. 1, 49 StVO, 24 StVG eine Geldbuße verhängt worden war.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen diese Entscheidung des Amtsgerichts ist vom OLG Hamm mit Beschluss vom 05.11.2013 – 5 RBs 153/13 – verworfen worden.

 

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Wartezeitkündigung wegen symptomloser HIV-Infektion?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) untersagt Diskriminierungen u.a. wegen einer Behinderung.
Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch – in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) – seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, beeinträchtigt sein kann.
Ein Arbeitnehmer, der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankt ist, ist in diesem Sinn behindert.
Auch chronische Erkrankungen können zu einer Behinderung führen. Die gesellschaftliche Teilhabe von HIV-Infizierten ist typischerweise durch Stigmatisierung und soziales Vermeidungsverhalten beeinträchtigt, die auf die Furcht vor einer Infektion zurückzuführen sind.
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines solchen Arbeitnehmers in der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) wegen der HIV-Infektion, ist die Kündigung im Regelfall diskriminierend und damit unwirksam, wenn der Arbeitgeber durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Arbeitnehmers trotz seiner Behinderung ermöglichen kann.

Darauf hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 19.12.2013 – 6 AZR 190/12 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankte Kläger von der Beklagten, die intravenös verabreichte Arzneimittel zur Krebsbehandlung herstellt, im Jahr 2010 als Chemisch-Technischer Assistent für eine Tätigkeit im sog. Reinraum eingestellt.
Anlässlich seiner Einstellungsuntersuchung wenige Tage nach Beginn des Arbeitsverhältnisses wies der Kläger den Betriebsarzt auf seine Infektion hin. Der Arzt äußerte Bedenken gegen einen Einsatz des Klägers im Reinraumbereich und teilte der Beklagten nach Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht die HIV-Infektion des Klägers mit.
Noch am selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich. Wegen seiner ansteckenden Krankheit könne sie den Kläger nach ihrem internen Regelwerk nicht einsetzen.

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei behindert. Die Kündigung sei unwirksam, weil sie ihn wegen seiner Behinderung diskriminiere.
Er hat außerdem eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG von drei Monatsgehältern wegen seines immateriellen Schadens verlangt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Auf die Revision des Klägers hat der Sechste Senat des BAG das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurückverwiesen.

Die Kündigung benachteiligt den Kläger unmittelbar i.S.d. § 3 Abs. 1 AGG, weil sie in untrennbarem Zusammenhang mit seiner Behinderung steht.
Ob die Kündigung gleichwohl gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest.
Das Landesarbeitsgericht muss noch aufklären, ob die Beklagte durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Klägers im Reinraum hätte ermöglichen können.
Ist das nicht der Fall, ist die Kündigung wirksam.
Ob dem Kläger eine Entschädigung zusteht, hängt davon ab, ob die Kündigung wirksam ist.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 19.12.2013 – Nr. 78/13 – mitgeteilt.

 

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Verkehrsrecht – Kein Schadensersatz bei „So-Nicht-Unfall“.

Einem geschädigten Unfallbeteiligten steht kein Schadensersatzanspruch zu, wenn

  • ein Verkehrsunfall trotz nachgewiesener Kollision die anspruchsbegründenden Fahrzeugschäden nicht herbeigeführt haben kann und
  • ein anderer Geschehensablauf, der die vorhandenen Fahrzeugschäden erklären könnte, vom Kläger nicht vorgetragen wird (Fall eines „So-Nicht-Unfalls“).

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 15.10.2013 – 9 U 53/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren die PKWs des Klägers und des Erstbeklagten an einem polizeilich aufgenommenen Verkehrsunfall beteiligt, wobei der Kläger Führer seines Fahrzeugs und die Zweitbeklagte Führerin des Fahrzeugs des Erstbeklagten war.
Aufgrund dieses Unfallereignisses verlangte der Kläger von beiden Beklagten und der drittbeklagten Haftpflichtversicherung ca. 8.800 Euro Schadensersatz.
In Übereinstimmung mit der Zweitbeklagten schilderte der Kläger den Unfall so, dass das Fahrzeug der Beklagten beim Linksabbiegen von der linken Fahrspur zu weit nach rechts auf die vom klägerischen Fahrzeug befahrene rechte Fahrspur geraten, dabei gegen die vordere linke Seite des Fahrzeugs des Klägers gestoßen und dann an der linken Fahrzeugseite entlang geschrammt sei.

Der 9. Zivilsenat des OLG Hamm hat ein verkehrsunfallanalytisches Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen abgewiesen.

Am Unfalltag sei es zwar zu einer Kollision der beteiligten Fahrzeuge gekommen. Der vom Kläger vorgetragene Unfallverlauf werde von den am Unfallgeschehen beteiligten Parteien und von Zeugen bestätigt und stimme auch mit den in der polizeilichen Unfallanzeige festgehalten Angaben überein.
Allerdings könne der Senat nicht feststellen, dass die Schäden am Fahrzeug des Klägers, mit denen er seinen Anspruch begründe,

  • in ihrer Gesamtheit oder
  • zumindest ein abgrenzbarer Teil von ihnen

bei dem in Frage stehenden Unfall entstanden seien.
Der Sachverständige habe zwar die Schadensspuren an beiden Fahrzeugen einander zuordnen können.
Er habe allerdings auch festgestellt, dass die Schäden nicht bei dem vorgetragenen Unfallgeschehen entstanden sein könnten, weil das Fahrzeug des Klägers gestanden haben müsse und nicht bewegt worden sei, als es beschädigt worden sei.
Außerdem ließen die Spuren darauf schließen, dass einige der Schäden nicht in einer Kurvenfahrt entstanden seien.
Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei daher mangels eines Schadens, der dem vorgetragenen Unfallgeschehen zuzuordnen sei, ausgeschlossen (auf den Schadensumfang bezogener „So-Nicht-Unfall“).

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 19.12.2013 mitgeteilt.

 

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Familienrecht – Das Kindeswohl kann die Zuweisung der Ehewohnung bei getrennt lebenden Ehegatten bestimmen.

Streiten getrennt lebende Ehegatten über die Zuweisung der Ehewohnung, kann es aus Gründen des Kindeswohls gerechtfertigt sein, die Wohnung einem der Ehegatten zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.

Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) mit Beschluss vom 24.09.2013 – 2 UF 58/13 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall sind die am Verfahren beteiligten Eheleute Eltern eines im Jahre 1994 geborenen, noch in der Schulausbildung befindlichen Sohnes.
Sie leben seit April 2012 getrennt.
Nach der Trennung ist die Ehefrau mit dem volljährigen Sohn in der zuvor gemeinsam genutzten Ehewohnung geblieben, die im hälftigen Miteigentum der beteiligten Kindeseltern steht.
Nach Streitigkeiten zwischen Ehefrau und Sohn hat der Ehemann beantragt, die Ehewohnung an ihn herauszugeben, damit er diese gemeinsam mit dem Sohn bewohnen kann.

Der 2. Senat für Familiensachen des OLG Hamm hat die Ehefrau – nach Ablauf einer Räumungsfrist – zur Räumung verpflichtet und dem Ehemann die Ehewohnung zur Nutzung während der Zeit der Trennung zugewiesen.
Dies sei zur Vermeidung einer unbilligen Härte aus Gründen des Kindeswohls geboten. Betreffe eine Wohnungszuweisung Kinder, seien ihre Belange bei der Abwägung grundsätzlich vorrangig zu berücksichtigen, unabhängig von der Volljährigkeit des Kindes.
Das gelte auch im zu entscheidenden Fall.
Das Interesse des Sohnes an einer geordneten und möglichst entspannten Familiensituation habe Vorrang vor dem Interesse der Kindesmutter an dem Verbleib in der Wohnung.
Ausgehend hiervon sei die Zuweisung der Ehewohnung an den Ehemann geboten.
Das gegenwärtige Verhältnis zwischen der Ehefrau und dem Sohn sei nachhaltig gestört und dem Kindeswohl nicht dienlich. Diese verfahrene Situation könne nur dadurch aufgelöst werden, dass die Ehefrau die Wohnung räume, damit sie von dem Sohn und dem Ehemann, zu dem der Sohn ein gutes Verhältnis habe, gemeinsam bewohnt werden könne.
Die familiären Verhältnisse ließen es nicht zu, dass der Ehemann gemeinsam mit seinem Sohn in eine andere Wohnung ziehe.
Vorrangig zu berücksichtigende Interessen der Ehefrau, ihr die Wohnung zu erhalten, seien nicht erkennbar.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 18.12.2013 mitgeteilt.

 

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Verwaltungsrecht – Stilllegung einer Biogasanlage.

Nach § 20 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG) soll die zuständige Behörde anordnen, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen ist.
Eine wesentliche Änderung einer Anlage im Sinne dieser Norm liegt vor, wenn die Beschaffenheit der Anlage oder die Art und Weise des Anlagenbetriebs in erheblicher Weise von der vorhandenen Genehmigung abweicht.

Der zuständigen Behörde ist durch § 20 Abs. 2 S. 1 BImSchG ein nur eingeschränktes Ermessen eingeräumt; sie soll bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Stilllegungsanordnung treffen.
Die Behörde muss demnach in der Regel gegen eine ungenehmigte Errichtung, einen ungenehmigten Betrieb und eine ungenehmigte wesentliche Änderung einer Anlage einschreiten und darf nur bei Vorliegen besonderer Gründe, also eines atypischen Falls, davon absehen.

Ein atypischer Fall liegt vor, wenn die Behörde begründeten Anlass für die Annahme hat, die Anlage entspreche, so wie sie betrieben wird, den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen.
Dabei braucht die Behörde allerdings von sich aus keine umfangreichen und zeitraubenden Ermittlungen über die materielle Genehmigungsfähigkeit der Anlage anzustellen.
Zweifel gehen wegen der hohen Bedeutung eines geordneten Genehmigungsverfahrens und zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen zu Lasten des Anlagenbetreibers.

Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Stilllegungsanordnung können hiernach allenfalls durchgreifen, wenn der Betreiber alles unternimmt, um eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung alsbald zu erlangen und die Genehmigungsfähigkeit der Anlage offensichtlich ist.

Darauf hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg mit Beschluss vom 12.12.2013 – 12 ME 194/13 – hingewiesen.

 

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Zur Wirksamkeit der Kündigung eines Krankheitskostenversicherungsvertrages für einen volljährigen Mitversicherten.

Die Wirksamkeit der Kündigung eines Krankheitskostenversicherungsvertrages durch den Versicherungsnehmer für einen volljährigen, von ihm nicht gesetzlich vertretenen Mitversicherten gemäß § 205 Abs. 6 S. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) setzt nicht den Nachweis einer nahtlosen Anschlussversicherung für den Mitversicherten voraus.

Das hat der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 18.12.2013 – IV ZR 140/13 – entschieden.

In dem dem Verfahren zugrunde liegenden Fall unterhielt der Kläger bei der Beklagten einen Krankheitskostenversicherungsvertrag, in den zunächst auch sein 1991 geborener Sohn als Mitversicherter einbezogen war.
Im November 2011 teilte die Beklagte dem Kläger wegen der Umstufung des Sohnes auf den Erwachsenentarif zum 01.01.2012 eine Erhöhung der Beiträge von 180,58 € auf 397,91 € mit.
Der Kläger kündigte daraufhin die Mitversicherung seines Sohnes zum 31.12.2011.
Die Beklagte unterrichtete den Kläger darüber, die Kündigung werde erst wirksam, wenn er den Nachweis einer Anschlussversicherung seines Sohnes erbringe.
Der Kläger forderte daraufhin seinen Sohn auf, selbst für einen Krankenversicherungsschutz zu sorgen, wobei er sich zu einer Kostenübernahme bereit erklärte.
Der Sohn kündigte zunächst an, er werde sich um eine entsprechende Versicherung bemühen.
Tatsächlich schloss er in der Folgezeit weder einen neuen Krankenversicherungsvertrag noch erklärte er die Fortsetzung des bisherigen Versicherungsverhältnisses bei der Beklagten im eigenen Namen.

Der Kläger hat die Beklagte auf Feststellung in Anspruch genommen, dass die Mitversicherung für seinen Sohn zum 31.12.2011 erloschen ist.

Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen.

Das Oberlandesgericht (OLG) hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter.

Der BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Versicherungsnehmer im Falle der Kündigung eines Krankheitskostenversicherungsvertrages, der eine Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfüllt, für einen volljährigen Mitversicherten nicht den Nachweis einer nahtlosen Anschlussversicherung für diesen zu führen hat.
Durch § 205 Abs. 6 S. 1 VVG soll für den Versicherten ein nahtlos angrenzender Versicherungsschutz ermöglicht werden.
Dieses Ziel wird durch § 207 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 VVG erreicht. Hiernach ist die versicherte Person, wenn der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis insgesamt oder für einzelne versicherte Personen kündigt, berechtigt, binnen zwei Monaten die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses im eigenen Namen zu erklären. Um dieses Fortsetzungsrecht zu gewährleisten, bestimmt § 207 Abs. 2 S. 2 VVG, dass die Kündigung nur wirksam wird, wenn die versicherte Person von der Kündigungserklärung Kenntnis erlangt hat.
Durch diese Fortsetzung genügt der Mitversicherte zugleich seiner ihn treffenden Verpflichtung aus § 193 Abs. 3 S. 1 VVG.
Demgegenüber ist der Versicherungsnehmer selbst nicht in der Lage, ohne Vollmacht des volljährigen Mitversicherten für diesen eine Anschlussversicherung i.S. des § 205 Abs. 6 S. 1 VVG abzuschließen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 18.12.2013 – Nr. 208/2013

 

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Verwaltungsrecht – Haar- und Barterlass der Bundeswehr ist rechtmäßig.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Beschluss vom 17.12.2013 – 1 WRB 2.12 – entschieden, dass der sogenannte Haar- und Barterlass, der die Haar- und Barttracht der Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr regelt, rechtmäßig ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der Antragsteller ein Wehrpflichtiger, der ab Januar 2009 den Grundwehrdienst in einem Ausbildungsregiment leistete. Er trug bei Antritt des Wehrdienstes rund 40 cm lange Haare, die offen getragen auf den Rücken fielen. Im Dienst sicherte er die Haare zunächst mit mehreren Haargummis, so dass sie einen langen, über den Uniformkragen hinaus bis zu den Schulterblättern reichenden Pferdeschwanz ergaben; später trug er die Haare hochgebunden.
Seine Disziplinarvorgesetzten befahlen dem Antragsteller mehrfach, sich mit einer Frisur zum Dienst zu melden, die den Bestimmungen des Haar- und Barterlasses entspricht. Dieser sieht für männliche Soldaten vor, dass das Haar am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein muss, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden; das Haar muss so getragen werden, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden.

Der Antragsteller befolgte die Befehle nicht und erhob gegen zwei dieser Befehle Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung.
Er sah sich in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) verletzt und verlangte Gleichbehandlung mit Soldatinnen, denen das Tragen längerer Haare, ggf. mit einem Haarnetz, gestattet sei.

Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Truppendienstgericht zurückgewiesen. Auch die wegen Divergenz zugelassene Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht blieb ohne Erfolg.

Der 1. Wehrdienstsenat hat entschieden, dass der Bundesminister der Verteidigung befugt ist, im Zusammenhang mit der Uniform der Soldaten auch deren Haar- und Barttracht zu regeln. Mit dem geltenden Erlass hat er dabei den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Der spezifische Auftrag und die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte sind unverändert in einem hohen Maß durch ein nach außen einheitliches Auftreten und einen nach innen engen Zusammenhalt ihrer Angehörigen geprägt. Einschränkungen der Soldaten in der freien Gestaltung ihrer Haartracht sind deshalb durch das Regelungsziel eines – für das Selbstverständnis und die öffentliche Wahrnehmung bestimmenden – einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds der Bundeswehr bei der Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags im In- und Ausland gerechtfertigt.
Im Hinblick auf die auch den Soldaten in weitem Umfang gewährleisteten Freiheiten zur individuellen Lebensgestaltung stellt die im Äußerlichen bleibende Regelung der Haartracht ein verhältnismäßiges Mittel dar, zumal keine „Einheitsfrisur“ verordnet, sondern lediglich äußere Grenzen gesetzt werden.
Eine Ausnahme für Grundwehrdienstleistende (im Rahmen der bis zum 30. Juni 2011 geltenden allgemeinen Wehrpflicht) war nicht geboten, weil diese wegen ihrer großen Zahl und ihrer Verteilung auf nahezu sämtliche Truppengattungen und Tätigkeitsbereiche das Gesamtbild der Bundeswehr maßgeblich mitprägten.
Die Regelung über die Haartracht von Soldatinnen, die diesen auch das Tragen längerer Haare gestattet, stellt eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar, die die striktere Regelung der Haartracht für männliche Soldaten nicht in Frage stellt.
Im Anschluss an die allgemeine Öffnung der Bundeswehr für Frauen im Januar 2001 und bei einem Anteil der Frauen in den Streitkräften von derzeit rund 10 % hat sich für das äußere Erscheinungsbild von Soldatinnen noch keine Tradition oder Erwartungshaltung innerhalb der Bundeswehr und in der Öffentlichkeit verfestigt.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 17.12.2013 mitgeteilt.

Der Haar- und Barterlass (Anlage 1 zu der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 10/5) lautet wie folgt:

„Die Haar- und Barttracht der Soldaten

Die Erfordernisse des militärischen Dienstes hinsichtlich Funktionsfähigkeit, Unfallverhütung, Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, Disziplin und Hygiene stellen grundsätzliche Anforderungen an die Haartracht der Soldatinnen sowie die Haar- und Barttracht der Soldaten.

1. Die Haar- und Barttracht muss sauber und gepflegt sein. Modische Frisuren sind erlaubt; ausgenommen sind Frisuren, die in Farbe, Schnitt und Form besonders auffällig sind (z. B. Punkerfrisuren, Irokesenschnitte, grell gefärbte Haarsträhnen, Ornamentschnitte).

2. Das Haar von Soldaten muss am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden. Es ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden. Nicht erlaubt sind besonders ausgefallene Haarschnitte (z. B. Pferdeschwänze, gezopfte Frisuren).
Bärte und Koteletten müssen kurz geschnitten sein. Wenn sich der Soldat einen Bart wachsen lassen will, muss er dies während seines Urlaubs tun. Die oder der Disziplinarvorgesetzte kann Ausnahmen genehmigen.

3. Die Haartracht von Soldatinnen darf den vorschriftsmäßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht behindern. Zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und bei bestimmten Diensten (z. B. Gefechtsausbildung, Sportausbildung, Teilnahme an Einsätzen und Übungen) kann die oder der Disziplinarvorgesetzte bei langen Haaren das Tragen eines Haarnetzes befehlen.

4. Auch für Angehörige der Reserve , die Wehrübungen leisten, muss die Haar- und Barttracht sauber und gepflegt sein. Unabhängig davon soll die bzw. der Disziplinarvorgesetzte das Tragen eines Haarnetzes befehlen, wenn das Haar in Farbe, Schnitt und Form den vorgenannten Forderungen nicht entspricht.

Soweit besondere Verhältnisse Abweichungen von den o.a. Bestimmungen erforderlich machen oder für bestimmte Personengruppen (z.B. Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen, fliegendes Personal, Soldatinnen und Soldaten im protokollarischen Dienst, Pflegepersonal in Bundeswehrkrankenhäusern) Sonderregelungen erforderlich sind, sind diese zu befehlen. Zuständig sind die Inspekteure der Teilstreitkräfte, der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und der Inspekteur der Streitkräftebasis. Die Befugnis kann delegiert werden“.

 

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Zur Unwirksamkeit einer Entgeltklausel für die Nacherstellung von Kontoauszügen.

Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 17.12.2013 – XI ZR 66/13 – eine von einer Bank verwendete Entgeltklausel für die Nacherstellung von Kontoauszügen gegenüber Verbrauchern für unwirksam erklärt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall nahm der klagende Verbraucherschutzverband die beklagte Bank auf Unterlassung der Verwendung folgender Klausel in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis gegenüber Verbrauchern in Anspruch:

„Nacherstellung von Kontoauszügen Pro Auszug 15,00 EUR“.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben.

Der XI. Zivilsenat hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der beklagten Bank zurückgewiesen.

Die Klausel, die nach § 307 Abs. 3 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) der Inhaltskontrolle unterliegt, ist nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Sie wird den Vorgaben des § 675d Abs. 3 S. 2 BGB nicht gerecht, demzufolge das Entgelt für die Nacherstellung von Kontoauszügen unter anderem in dem hier gegebenen Fall von § 675d Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB an den tatsächlichen Kosten der Bank ausgerichtet sein muss.

Die beklagte Bank hatte vorgetragen, für die Nacherstellung von Kontoauszügen, die in mehr als 80% der Fälle Vorgänge beträfen, die bis zu sechs Monate zurückreichten, fielen aufgrund der internen Gestaltung der elektronischen Datenhaltung Kosten in Höhe von (lediglich) 10,24 € an. In den übrigen Fällen, in denen Zweitschriften für Vorgänge beansprucht würden, die länger als sechs Monate zurücklägen, entstünden dagegen deutlich höhere Kosten.

Damit hat die beklagte Bank selbst bei der Bemessung der tatsächlichen Kosten eine Differenzierung zwischen Kunden, die eine Nacherstellung vor Ablauf der Sechsmonatsfrist begehren, und solchen, die nach Ablauf der Sechsmonatsfrist eine erneute Information beanspruchen, eingeführt und belegt, dass ihr eine Unterscheidung nach diesen Nutzergruppen ohne weiteres möglich ist.
Sie hat weiter, ohne dass es im Einzelnen auf die Einwände des klagenden Verbraucherschutzverbandes gegen die Kostenberechnung ankam, dargelegt, dass die weit überwiegende Zahl der Kunden deutlich geringere Kosten verursacht als von ihr veranschlagt.
Entsprechend muss sie das Entgelt im Sinne des § 675d Abs. 3 S. 2 BGB für jede Gruppe gesondert bestimmen.
Die pauschale Überwälzung von Kosten in Höhe von 15 € pro Kontoauszug auf alle Kunden verstößt gegen § 675d Abs. 3 S. 2 BGB.

Der XI. Zivilsenat hat überdies entschieden, dass die inhaltlich sowie ihrer sprachlichen Fassung nach nicht teilbare Klausel nicht teilweise aufrechterhalten werden kann. Das widerspräche dem in ständiger Rechtsprechung des BGH anerkannten Verbot der geltungserhaltenden Reduktion.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 17.12.2013 – Nr. 206/2013 – mitgeteilt.

 

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Mietrecht – Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung ist unzulässig, wenn kein wirksames Mieterhöhungsverlangen vorausgegangen ist.

Gemäß § 558a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) ist das Erhöhungsverlangen dem Mieter zu erklären und zu begründen.
Die Begründung soll dem Mieter die Möglichkeit geben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen, um überflüssige Prozesse zu vermeiden. Hierfür ist erforderlich, dass die Begründung dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens gibt, damit er während der Überlegungsfrist die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht.
Dabei dürfen an das Begründungserfordernis im Hinblick auf das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 Grundgesetz (GG) zwar keine überhöhten Anforderungen gestellt werden.
Allerdings muss das Erhöhungsverlangen – in formeller Hinsicht – Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können.

§ 558a Abs. 2 BGB enthält mit den vier dort aufgeführten Begründungsmitteln keine abschließende Regelung und unter den in § 558a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Satz 2 BGB genannten Voraussetzungen kann auch der Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens herangezogen werden, wenn kein Mietspiegel vorhanden ist.

Gemäß § 558a Abs. 4 BGB ist der Mietspiegel einer anderen Gemeinde allerdings nur unter der Voraussetzung ein taugliches Mittel zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens, dass es sich um einen Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt.
Eine fehlende Vergleichbarkeit der Gemeinden kann durch einen prozentualen Abschlag auf die Mieten nicht ersetzt werden.

Ist einer Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung kein wirksames Mieterhöhungsverlangen vorausgegangen, ist die Klage unzulässig.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 13.11.2013 – VIII ZR 413/12 – hingewiesen,

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall war vom Vermieter zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens für eine in einer Gemeinde mit 4450 Einwohnern belegenen Wohnung auf den beigefügten Mietspiegel einer etwa fünf Kilometer entfernten Großstadt mit 500.000 Einwohnern unter Berücksichtigung eines Abzugs von 30 % Bezug genommen worden.

Da eine Gemeinde mit etwa 4.450 Einwohnern mit einer Großstadt mit rund 500.000 Einwohnern nicht vergleichbar ist, hat der BGH das Erhöhungsverlangen wegen der den formellen Anforderungen des § 558a Abs. 1, 2, 4 BGB nicht genügenden Begründung für unwirksam und die Klage auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung, nachdem hier kein wirksames Erhöhungsverlangen vorausgegangen war, für unzulässig erachtet.

Dass in den ruhigeren Randgebieten der Großstadt die Wohnqualität mit derjenigen der nahe gelegenen Gemeinde vergleichbar sein mag, ist für die Vergleichbarkeit beider Gemeinden unerheblich. Denn über die dort ortsübliche Miete gibt der für das gesamte Gebiet der Großstadt erstellte Mietspiegel keine Auskünfte und durch einen prozentualen Abschlag auf die Mieten in der Großstadt kann die fehlende Vergleichbarkeit der Gemeinde mit der Großstadt nicht ersetzt werden.

 

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