Blog

Zum Auskunftsanspruch minderjähriger Erben gegenüber dem das Erbe verwaltenden Elternteil.

Ist ein minderjähriges Kind Erbe seiner verstorbenen Mutter und verwaltet sein Vater das aus dem Nachlass stammende Erbe des Kindes, hat er über das verwaltete Vermögen ein vollständiges Verzeichnis zu erstellen und die Richtigkeit seiner Angaben zu versichern.
Dem Kind steht darüber hinaus auch ein gesetzlicher Anspruch auf eine übersichtliche und aus sich heraus verständliche Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben im Rahmen der Vermögensverwaltung bis zur Volljährigkeit zu.

Darauf hat, wie das Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz mitteilte, der 11. Zivilsenat als 3. Familiensenat im Rahmen eines Beschlusses vom 26.11.2013 – 11 UF 451/13 – hingewiesen.

Der Senat hatte im Beschwerdeverfahren über geltend gemachte Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche der zwischenzeitlich 41 Jahre alten Tochter des Antragsgegners zu entscheiden.
Mit zwei weiteren Kindern beerbte sie als Minderjährige ihre Mutter, die sich im September 1985 das Leben genommen hatte.
Ihr Vater übernahm den Besitz am Nachlass und veräußerte in der Folgezeit – vor der Volljährigkeit seiner Tochter – verschiedene Nachlassgegenstände.
Den eingeklagten Ansprüchen hat er unter anderem entgegengehalten, der Nachlass der Verstorbenen sei überschuldet gewesen, so dass keine Zahlungsansprüche seiner Tochter mehr bestehen könnten.
Jedenfalls seien die Ansprüche aber verwirkt, da die Antragstellerin über 20 Jahre bis zur Geltendmachung des Anspruchs gewartet habe.

Dem ist der Familiensenat nicht gefolgt. Aus § 1640 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) ergebe sich die Verpflichtung des Vaters, alle Gegenstände des erworbenen Vermögens sowie ihren geschätzten Wert anzugeben und so zu kennzeichnen, dass ihre Identität feststeht.
Nach § 1698 BGB sei er verpflichtet, eine Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben in Bezug auf das verwaltete Vermögen vorzulegen, um die Entwicklung des Nachlasses und den Verbleib des Vermögens nachvollziehen zu können.
Ein Auskunftsanspruch entfalle nur dann, wenn von vornherein feststehe, dass Ansprüche auf Herausgabe des Kindesvermögens nicht mehr bestehen, wovon hier aber nicht ausgegangen werden könne.
Die Ansprüche seien auch weder verjährt noch wegen Zeitablaufs nach Volljährigkeit verwirkt.
Letzteres scheide aus, wenn der Berechtigte von seinen Rechten keine Kenntnis und der andere Teil dies zu vertreten habe. So sei es im vorliegenden Fall, da die Tochter erst in jüngerer Zeit durch Nachfragen beim Nachlassgericht und Einschaltung ihres Anwalts Kenntnis vom Testament der Mutter und eventuellen Herausgabeansprüchen erlangt habe.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Streit unter Schülern: 1000 Euro Schmerzensgeld für eine billigend in Kauf genommene Augenverletzung.

  • Erleidet ein Schüler in der Schule durch zwei Schläge eines Mitschülers eine schwerwiegende Augenverletzung, kann der Geschädigte vom Schädiger ein Schmerzensgeld verlangen, das den vom Schädiger billigend in Kauf genommen Verletzungen Rechnung trägt.
  • Weitergehende, vom Vorsatz des Schädigers nicht umfasste Verletzungsfolgen sind bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht zu berücksichtigen.

Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 08.11.2013 – 26 U 31/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren die seinerzeit vierzehnjährigen Parteien Schüler einer Hauptschule.
Nachdem sich der Kläger über eine Rangelei des Beklagten lustig gemacht hatte, fühlte sich der Beklagte nach dem Ende einer Schulstunde durch den Kläger provoziert.
Auf dem Weg zum Pausenhof drängte der Beklagte den Kläger in eine Ecke des Treppenhauses, wo er ihm zwei Schläge gegen das rechte Auge versetzte, weil ihm – so seine Darstellung – „die Sicherungen durchgebrannt“ waren.
Der Kläger erlitt eine schwere Gehirnerschütterung, eine Prellung, ein Hämatom am rechten Auge und eine Augenhöhlenfraktur, die aufgrund eines eingeklemmten Augenmuskels operativ behandelt werden musste.

Unter Hinweis auf bleibende Verletzungsfolgen (Wahrnehmung von Doppelbildern, Einschlafstörungen und wiederkehrenden Kopfschmerzen) hat der Kläger vom Beklagten ein Schmerzensgeld von 20.000 Euro verlangt.

Der 26. Zivilsenat des OLG Hamm hat dem Kläger (nur) ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro zugestanden.

Der Beklagte hafte für seine vorsätzliche und rechtswidrige Körperverletzung. Er habe dem Kläger aus reiner Wut zwei Schläge ins Gesicht versetzt.

  • Wegen der in §§ 104, 105 des Siebten Sozialgesetzbuchs (SGB VII) geregelten Haftungsprivilegierung, die auch für Schulen gelte, reiche eine vorsätzliche Verletzungshandlung aber nicht aus, um einen Ersatzanspruch zu begründen.
  • Erforderlich sei auch eine vorsätzlich herbeigeführte Verletzungsfolge.

Im vorliegenden Fall könne der Senat nicht davon ausgehen, dass der Beklagte die tatsächlich eingetretenen schweren Folgen beabsichtigt oder auch nur für möglich erachtet habe.
Wegen seiner übergroßen Wut sei aber anzunehmen, dass er nicht nur das blaue Auge sondern auch die Gehirnerschütterung billigend in Kauf genommen habe.
Diese Folgen seien ihm bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zuzurechnen.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 13.12.2013 mitgeteilt.
Vgl. hierzu auch den Blog „Wenn Schüler durch das Verhalten von Mitschülern verletzt werden – Sind Schüler dann untereinander zum Ersatz des Personenschadens verpflichtet?“.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Ordnungswidrigkeitenverfahren – Zur Beweiswürdigung im Fall der Identifizierung eines Betroffenen an Hand eines Messfotos.

Im Fall der Täteridentifizierung eines Betroffenen müssen die Urteilsgründe so abgefasst sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung möglich ist, ob ein Messfoto bzw. Radarfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. 
Ausreichend ist es hierfür, dass in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 Strafprozessordnung (StPO) i. V. m. § 71 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) Bezug genommen wird, wodurch das Foto zum Bestandteil der Urteilsgründe wird und vom Rechtsbeschwerdegericht dann zur Prüfung der Frage, ob es als Grundlage einer Identifizierung tauglich ist, selbst in Augenschein genommen werden kann.

  • Macht der Tatrichter von dieser Möglichkeit Gebrauch und ist das Foto zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet, so sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich. 

Die Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO muss aber deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht sein. 
Alleine der Hinweis auf die in der Hauptverhandlung erfolgte Inaugenscheinnahme genügt den Anforderungen nicht. Dadurch wird lediglich der Beweiserhebungsvorgang beschrieben wird, nicht aber der Wille zum Ausdruck gebracht wird, das Radarfoto zum Bestandteil der Urteilsurkunde zu machen.

  • Sieht der Tatrichter von einer Verweisung gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO ab, muss das Urteil Ausführungen zur Bildqualität enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere Identifizierungsmerkmale in ihren charakteristischen Eigenschaften so präzise beschreiben, dass dem Rechtsmittelgericht in gleicherweise wie bei Betrachtung des Fotos die Prüfung der Ergiebigkeit des Fotos ermöglicht wird. 

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit Beschluss vom 18.07.2013 – IV-3 RBs 67/13 – hingewiesen.
Vgl. hierzu auch Bernd Rösch, „Das Urteil in Straf- und Bußgeldsachen„, 2. Aufl., S. 356 f.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Arbeitsrecht – Diskriminierung wegen Schwangerschaft – Entschädigung nach dem AGG.

Wird unter Verstoß gegen das Mutterschutzgesetz einer schwangeren Arbeitnehmerin eine Kündigung erklärt, stellt dies eine Benachteiligung wegen des Geschlechts dar und kann einen Anspruch auf Entschädigung auslösen.

Darauf hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 12.12.2013 – 8 AZR 838/12 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall sah die Klägerin sich aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert.
Im Kleinbetrieb ihrer Arbeitgeberin galt zwar nicht das Kündigungsschutzgesetz, für die schwangere Klägerin bestand jedoch der besondere Kündigungsschutz des § 9 Mutterschutzgesetz (MuSchG). Anfang Juli 2011 wurde aus medizinischen Gründen zudem ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG für die Klägerin ausgesprochen.
Dem Ansinnen der Beklagten, dieses Beschäftigungsverbot nicht zu beachten, widersetzte sich die Klägerin.
Am 14.07.2011 wurde festgestellt, dass ihre Leibesfrucht abgestorben war. Für den damit notwendig gewordenen Eingriff wurde die Klägerin auf den 15.07.2011 ins Krankenhaus einbestellt.
Sie unterrichtete die Beklagte von dieser Entwicklung noch am 14.07.2011 und fügte hinzu, dass sie nach der Genesung einem Beschäftigungsverbot nicht mehr unterliegen werde.
Die Beklagte sprach umgehend eine fristgemäße Kündigung aus und warf diese noch am 14.07.2011 in den Briefkasten der Klägerin.
Dort entnahm sie die Klägerin nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus am 16.07.2011.

Der Achte Senat des BAG hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG), das der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 3.000,00 Euro zugesprochen hatte, bestätigt.

Die Klägerin wurde wegen ihrer Schwangerschaft von der Beklagten ungünstiger behandelt und daher wegen ihres Geschlechtes benachteiligt, § 3 Abs. 1 Satz 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in Verbindung mit § 1 AGG.
Dies ergibt sich schon aus dem Verstoß der Beklagten gegen das Mutterschutzgesetz.
Da Mutter und totes Kind noch nicht getrennt waren, bestand noch die Schwangerschaft im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.
Auch der Versuch, die Klägerin zum Ignorieren des Beschäftigungsverbotes zu bewegen und der Ausspruch der Kündigung noch vor der künstlich einzuleitenden Fehlgeburt indizieren die ungünstigere Behandlung der Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft.
Der besondere, durch § 3 Abs. 1 AGG betonte Schutz der schwangeren Frau vor Benachteiligungen führt jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden auch zu einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG. Dies ist unabhängig von der Frage zu sehen, ob und inwieweit Kündigungen auch nach den Bestimmungen des AGG zum Schutz vor Diskriminierungen zu beurteilen sind.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 12.12.2013 – Nr. 77/13 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Finanzgerichtliches Klageverfahren – Zur Entschädigung wegen überlanger Dauer.

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 07.11.2013 – X K 13/12 – über einen Entschädigungsanspruch entschieden, der wegen der überlangen Dauer eines finanzgerichtlichen Klageverfahrens geltend gemacht worden war und dabei erstmals allgemeine Leitlinien für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer finanzgerichtlicher Verfahren aufgestellt.

Danach ist der Anspruch auf eine zügige Erledigung des Rechtsstreits stets abzuwägen mit dem Anspruch auf eine möglichst weitgehende inhaltliche Richtigkeit und eine möglichst hohe Qualität gerichtlicher Entscheidungen, dem Grundsatz der Unabhängigkeit der Richter und dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter.
Dem Ausgangsgericht steht ein erheblicher Spielraum für die Gestaltung seines Verfahrens zu.
Mit zunehmender Verfahrensdauer verdichtet sich allerdings die Pflicht, sich nachhaltig um eine Förderung, Beschleunigung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen.

Da die gesetzliche Regelung (§ 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG)) den konkreten Einzelfall in den Vordergrund stellt, können keine festen Fristen bezeichnet werden, in denen ein Verfahren im Regelfall abschließend erledigt sein muss.
Angesichts der im Vergleich zu anderen Gerichtsbarkeiten relativ homogenen Fallstruktur in der Finanzgerichtsbarkeit können jedoch für bestimmte Abschnitte des Verfahrens in zeitlicher Hinsicht Angemessenheitsvermutungen aufgestellt werden.
Bei finanzgerichtlichen Klageverfahren, die im Vergleich zu dem bei derartigen Verfahren typischen Ablauf keine wesentlichen Besonderheiten aufweisen, spricht eine Vermutung für die Angemessenheit der Verfahrensdauer, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die damit begonnene „aktive“ Phase des gerichtlichen Handelns nicht durch nennenswerte Zeiträume unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet lässt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war ein Klageverfahren, mit dem ein höherer Kindergeldanspruch geltend gemacht wurde, insgesamt acht Jahre und neun Monate beim Finanzgericht (FG) anhängig.
Da der Fall in rechtlicher Hinsicht schwierig war und Sachverhaltsermittlungen im Ausland erforderte, war dem FG hier ein überdurchschnittlich langer Zeitraum zur Bearbeitung des Verfahrens einzuräumen.
Gleichwohl hat der BFH bei einer Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls eine Verzögerung um insgesamt 43 Monate angenommen, weil das Verfahren, auch wegen mehrfachen Wechsels des zuständigen Berichterstatters, immer wieder über längere Zeiträume unbearbeitet geblieben ist.

Der BFH hat hier zunächst durch Zwischenurteil nur über den Entschädigungsanspruch dem Grunde nach entschieden und diesen bejaht.
Die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung ist dem noch ausstehenden Endurteil vorbehalten.

Das hat die Pressestelle des Bundesfinanzhofs am 11.12.2013 – Nr. 89 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

UWG – Zur Zulässigkeit einer Kopplung von Gewinnspiel und Warenabsatz.

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 12.12.2013 – I ZR 192/12 – über eine Fernsehwerbung für ein Gewinnspiel entschieden, an dem nur Käufer teilnehmen konnten, die das beworbene Produkt zuvor erworben hatten.

In dem dem Verfahren zugrunde liegenden Verfahren waren die Parteien Hersteller von Lakritz und Fruchtgummi.
Die Beklagte warb ab Februar 2011 im Fernsehen mit „GLÜCKS-WOCHEN“. Beim Kauf von fünf Packungen zum Preis von etwa je 1 € und Einsendung der Kassenbons bestand die Chance, bei einer Verlosung einen von 100 „Goldbärenbarren“ im Wert von jeweils 5.000 € zu gewinnen. In dem Werbespot traf der Fernsehmoderator Thomas Gottschalk im Supermarkt auf zwei Familien mit Kindern.

Die Klägerin hält die Werbung für wettbewerbswidrig, weil sie die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutze. Sie hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts stellt die Gewinnspielkopplung aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine unlautere Geschäftspraktik dar. Dabei sei der strengere Sorgfaltsmaßstab des § 3 Abs. 2 S. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zugrunde zu legen und auf die Sicht von Kindern und Jugendlichen abzustellen, die durch die Werbung zu einem Kauf über Bedarf veranlasst werden könnten.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Gewinnspielkopplungen können nach § 4 Nr. 6 UWG im Einzelfall verboten sein, wenn sie gegen die berufliche Sorgfalt verstoßen.
Nach Auffassung des BGH gilt für die Beurteilung des Gewinnspiels im Streitfall nicht der Sorgfaltsmaßstab des § 3 Abs. 2 S. 3 UWG, da die beanstandete Werbung voraussichtlich und vorhersehbar nicht allein das geschäftliche Verhalten von Kindern und Jugendlichen wesentlich beeinflussen konnte.
Die Produkte der Beklagten sind bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt. Ein an den Absatz dieser Produkte gekoppeltes Gewinnspiel ist daher voraussehbar geeignet, auch das Einkaufsverhalten von Erwachsenen zu beeinflussen.
Daher ist für die Beurteilung des Streitfalls das Verständnis eines durchschnittlichen Verbrauchers maßgeblich.
Auf dieser Grundlage verstößt die beanstandete Fernsehwerbung nicht gegen die berufliche Sorgfalt. Die Kosten der Gewinnspielteilnahme werden deutlich. Es werden auch keine unzutreffenden Gewinnchancen suggeriert.

Der Fernsehspot der Beklagten verstößt auch nicht gegen die speziell dem Schutz von Kindern und Jugendlichen dienenden Vorschriften des Wettbewerbsrechts.
Er enthält keine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder (Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG). Er ist auch nicht geeignet, die geschäftliche Unerfahrenheit Minderjähriger in unlauterer Weise auszunutzen (§ 4 Nr. 2 UWG).

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 12.12.2013 – Nr. 205/2013 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Zum Schadensersatzanspruch wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet (§ 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )).

Sittenwidrig im Sinne dieser Vorschrift ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft.
Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann.

So begründet die Mitwirkung eines Dritten an dem Vertragsbruch einer Partei für sich genommen nicht den objektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit; es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die sein Verhalten als sittenwidrige Schädigung erscheinen lassen.
In dem Eindringen des Dritten in die Vertragsbeziehungen muss ein besonderes Maß an Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Geschädigten hervortreten.
Dies ist etwa der Fall, wenn der Dritte eine Vertragspartei zum Vertragsbruch verleitet, kollusiv mit ihr zusammenwirkt oder die Verletzung vertraglicher – beispielsweise gesellschaftsrechtlicher – Treuepflichten bewusst unterstützt.
Erforderlich ist die positive Kenntnis des Dritten von der Existenz der vertraglichen Bindung.
Die unbewusste Beteiligung an einem Vertragsbruch rechtfertigt das Urteil der Sittenwidrigkeit nicht.
Dementsprechend kann beispielsweise die Begründung eines Pfandrechts an treuhänderisch gebundenen Kontoguthaben durch eine Bank ein sittenwidriges Verhalten im Sinne des § 826 BGB darstellen, wenn die Bank Kenntnis von der Treuhanbindung hatte und diese missachtet, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
Die bloße Mitwirkung an einer Verletzung vertraglicher Treuepflichten, von deren Existenz der Dritte – wenn auch grob fahrlässig – keine Kenntnis hat, rechtfertigt das Urteil der Sittenwidrigkeit dagegen nicht.

Zusätzlich zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen eines Sittenverstoßes erfordert eine Haftung aus § 826 BGB einen getrennt von der Sittenwidrigkeit festzustellenden Schädigungsvorsatz.
Der Vorsatz enthält ein „Wissens-“ und ein „Wollenselement“. Der Handelnde muss die Umstände, auf die sich der Vorsatz beziehen muss, gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben.
Die Annahme der Form des bedingten Vorsatzes setzt voraus, dass der Handelnde die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat.
Nicht genügend ist, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und sich dem Handelnden hätten aufdrängen müssen. In einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 124/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Unterbrechung der Stromversorgung wegen Zahlungsverzugs?

In seinem Urteil vom 11.12.2013 – VIII ZR 41/13 – hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage befasst, ob ein Versorgungsunternehmen die Stromversorgung wegen Zahlungsverzugs unterbrechen kann, wenn der Kunde die erteilte Jahresrechnung mit der Begründung nicht bezahlt, sie enthalte nicht gerechtfertigte Preiserhöhungen.

In dem dem Verfahren zugrunde liegenden Fall wurde der Kläger von der Beklagten seit August 2005 als Tarifkunde nach der Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) mit Strom versorgt.
Die Beklagte erhöhte jeweils zum Anfang der Jahre 2006, 2007 und 2008 ihre Preise.
Auf die Jahresrechnung der Beklagten vom 07.11.2008 über 1.311,98 € für den Zeitraum bis zum 29.09.2008 leistete der Kläger zunächst keine Zahlungen.
Die Beklagte mahnte mehrfach den Zahlungsrückstand unter gleichzeitiger Androhung der Unterbrechung der Stromversorgung an und ließ am 20.04.2009 die Stromsperre vollziehen.

Der Kläger bestreitet die Richtigkeit und Angemessenheit der Abrechnung sowie eine Preisanpassungsberechtigung der Beklagten und macht die Unbilligkeit von in der Abrechnung enthaltenen Preiserhöhungen geltend.
Er begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass die Androhung und Durchführung der Einstellung der Stromversorgung durch die Beklagte rechtswidrig gewesen ist.

Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen.
Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass die Beklagte gemäß § 19 Abs. 2 StromGVV zur Unterbrechung der Stromversorgung berechtigt war.
Der Kläger schuldete aus der Jahresrechnung nämlich – unabhängig von den streitigen Preiserhöhungen, die bei der Berechnung des Zahlungsrückstandes außer Betracht blieben (§ 19 Abs. 2 Satz 4 bis 6 StromGVV) – bereits aufgrund des bei Vertragsschluss vereinbarten Anfangspreises zumindest einen Betrag von 1.005,48 €.
Diese Teilforderung ist auch fällig geworden und rechtfertigte – auch unter Berücksichtigung späterer Zahlungen des Klägers – die Unterbrechung der Stromversorgung.

Ohne Erfolg machte die Revision geltend, dass der Kläger auch die Billigkeit der Anfangspreise in Abrede gestellt habe. Denn bei den bei Vertragsbeginn verlangten, allgemein bekannt gemachten Preisen handelt es sich um vereinbarte Preise, die keiner Billigkeitskontrolle unterliegen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 11.12.2013 – Nr. 201/2013 – mitgeteilt.

§ 19 StromGVV – Unterbrechung der Versorgung – lautet:

(1) ….

(2) Bei anderen Zuwiderhandlungen, insbesondere bei der Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung, ist der Grundversorger berechtigt, die Grundversorgung vier Wochen nach Androhung unterbrechen zu lassen und den zuständigen Netzbetreiber nach § 24 Abs. 3 der Niederspannungsanschlussverordnung mit der Unterbrechung der Grundversorgung zu beauftragen. Dies gilt nicht, wenn die Folgen der Unterbrechung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt. Der Grundversorger kann mit der Mahnung zugleich die Unterbrechung der Grundversorgung androhen, sofern dies nicht außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung steht. Wegen Zahlungsverzuges darf der Grundversorger eine Unterbrechung unter den in den Sätzen 1 bis 3 genannten Voraussetzungen nur durchführen lassen, wenn der Kunde nach Abzug etwaiger Anzahlungen mit Zahlungsverpflichtungen von mindestens 100 Euro in Verzug ist. Bei der Berechnung der Höhe des Betrages nach Satz 4 bleiben diejenigen nicht titulierten Forderungen außer Betracht, die der Kunde form- und fristgerecht sowie schlüssig begründet beanstandet hat. Ferner bleiben diejenigen Rückstände außer Betracht, die wegen einer Vereinbarung zwischen Versorger und Kunde noch nicht fällig sind oder die aus einer streitigen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Preiserhöhung des Grundversorgers resultieren.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Wann eine Internetwerbung mit zahnärztlichen Leistungen unzulässig ist.

Die Werbung für ein Zahngesundheitsprogramm als „deutschlandweit das einzige Vollprogramm“, bei dem der Patient zahnärztliche Leistungen erhält, ist irreführend und damit unzulässig, wenn nicht alle über die gesetzliche Regelversorgung hinausgehenden Leistungen angeboten werden.

Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 24.09.2013 – 4 U 64/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall bieten die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes klagende Firma und die beklagte Firma Managementdienstleistungen im Gesundheitswesen an.
Sie vermitteln Zahnpatienten aus den mit ihnen kooperierenden gesetzlichen Krankenversicherungen zahnärztliche Leistungen, die von der gesetzlichen Regelversorgung nicht umfasst sind und deswegen vom Patienten regelmäßig selbst bezahlt werden müssen.

Die Beklagte bewarb das von ihr angebotene Zahngesundheitsprogramm im Internet u.a. mit folgender Aussage:
„Es ist deutschlandweit das einzige Vollprogramm, bei dem Sie umfangreiche Leistungen zur Zahnvorsorge (PZR, Kinderprophylaxe), Zahnerhaltung (Kunststofffüllungen), für Zahnersatz (Kronen, Brücken, Prothesen) und für Implantate (auch Knochenaufbau und Sinuslift) erhalten.“

Der 4. Zivilsenat des OLG Hamm hat diese Werbeaussage als in doppelter Hinsicht irreführend untersagt.
Der Senat hat zunächst festgestellt, dass die Werbung mit den Mitgliedern der Partner-Krankenkassen der Beklagten das allgemeine Publikum anspreche, welches an zahnärztlichen Leistungen interessiert sei, die nicht zur gesetzlichen Regelversorgung gehörten.

Der so angesprochene Verbraucher werde, so die Senatsentscheidung, durch die Werbeaussage der Beklagten irregeführt, weil er den Eindruck vermittelt bekomme, das als „Vollprogramm“ bezeichnete Zahngesundheitsprogramm der Beklagten decke alle über die gesetzliche Regelversorgung hinausgehenden zahnärztlichen Leistungen ab.
Tatsächlich erfasse das Zahngesundheitsprogramm der Beklagten nicht alle zahnärztlichen Leistungen in diesem Sinne, sondern klammere mit konservierend-chirurgischen Leistungen und Röntgenleistungen wesentliche Leistungen aus.

Der angesprochenen Verbraucher verstehe die Werbeaussage der Beklagten zudem so, dass das Zahngesundheitsprogramm der Beklagten das einzige Zahngesundheitsprogramm sei, das die von der Beklagten im Einzelnen aufgeführten Leistungen beinhalte.
Auch diese Alleinstellungsbehauptung der Beklagten sei unzutreffend, weil es nach dem glaubhaften Vortrag der Klägerin zumindest ein weiteres Zahnprogramm eines anderen Anbieters mit dem von der Beklagten angebotenen Leistungsumfang gebe.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 11.12.2013 mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Verwaltungsrecht – Zum Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis bei nicht sorgfältiger Verwahrung von Waffen und Munition.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz (WaffG) ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zwingend zu widerrufen, ohne dass der Behörde Ermessen eingeräumt wäre, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.
Einen solchen Versagungsgrund normiert § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, wonach die Erlaubnis voraussetzt, dass der eine waffenrechtliche Erlaubnis Beantragende die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinn von § 5 WaffG und die persönliche Eignung gemäß § 6 WaffG besitzt.
Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG beschreibt insoweit im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich so bedenklich, nämlich in hohem Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, dass, anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG, eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird (sog. absolute Unzuverlässigkeit).

Bei der auf der Grundlage von festgestellten Tatsachen zu erstellende Prognose ist der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen.
Dabei ist in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzliche Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss.

Vorsichtig und sachgemäß im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG ist der Umgang mit Waffen und Munition nur dann, wenn alle Sicherungsmöglichkeiten ausgenutzt werden. Die Anforderungen, die für die sorgfältige Verwahrung von Waffen zu erfüllen sind, folgen aus § 36 WaffG. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung hat ein Waffenbesitzer die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen oder Munition abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG schreibt insoweit weiter vor, dass Schusswaffen nur getrennt von Munition aufbewahrt werden dürfen, sofern nicht die Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis erfolgt, das mindestens der Norm DIN/EN1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand: 1997) oder einer Norm mit gleichem Schutzniveau eines anderen Mitgliedstaates des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Mitgliedstaat) entspricht.

Ein einmaliger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 und 2 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten rechtfertigt die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit.
Bei den Aufbewahrungsvorschriften handelt es sich um zentrale waffenrechtliche Vorschriften, welche der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes dienen, nämlich das Abhandenkommen, das unbefugte An-sich-nehmen von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. In Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, darf ein Restrisiko nicht hingenommen werden.
Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinn bereits einmal versagt, ist schon allein dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihm gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder aber ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose angestellt werden kann, existiert nicht. Im Übrigen ist im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG nicht etwa der Nachweis erforderlich, der Betreffende werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Zukunft erneut Waffen oder Munition nicht ordnungsgemäß aufbewahren.
Angesichts des möglichen Schadens bei Nicht-Bewährung und des präventiven ordnungsrechtlichen Charakters der Forderung nach einer besonderen Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen und Munition genügt es vielmehr, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine nicht ordnungsgemäße Ausübung des Erlaubnis pflichtigen Umgangs mit Waffen und Munition verbleibt.

Darauf hat der 21. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) mit Beschluss vom 28.11.2013 – 21 CS 13.1758 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.