Blog

Steuerrecht – Keine Verlängerung der Festsetzungsverjährung bei vom Steuerberater leichtfertig unrichtig erstellter Einkommensteuererklärung.

Ein Steuerberater, der bei der Erstellung einer Einkommensteuererklärung den Gewinn des Mandanten leichtfertig fehlerhaft ermittelt, ist nicht Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung, da er selbst keine unrichtigen Angaben gegenüber dem Finanzamt (FA) macht.
Das leichtfertige Handeln des Steuerberaters ist dem Steuerpflichtigen auch nicht zuzurechnen, so dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Festsetzungsfrist auf fünf Jahre nicht vorliegen.

Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 29.10.2013 – VIII R 27/10 – entschieden.

In dem dem Verfahren zugrunde liegenden Fall hatte ein Arzt seinen Steuerberater mit der Erstellung der Gewinnermittlung und der Einkommensteuererklärung beauftragt. Aufgrund eines leichtfertigen Fehlers des Steuerberaters wurde der Verlust aus der Beteiligung des Arztes an einer Laborgemeinschaft in der Steuererklärung und bei der Einkommensteuerfestsetzung jeweils doppelt berücksichtigt, ohne dass dies für den Steuerpflichtigen bei der Unterschrift der Steuererklärung auf den ersten Blick erkennbar war (insoweit abweichend von dem Fall des BFH-Urteils vom 23.07.2013 – VIII R 32/11 –, in dem sich der Fehler aufdrängen musste).

Das FA stellte den Fehler bei einer Außenprüfung fest und erließ einen geänderten Einkommensteuerbescheid.

Der BFH hat den Einkommensteueränderungsbescheid aufgehoben, da zum Zeitpunkt seines Erlasses die reguläre Festsetzungsverjährung von vier Jahren bereits abgelaufen war.

Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Festsetzungsfrist auf fünf Jahre wegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung hätten nicht vorgelegen, da weder der Kläger noch sein Steuerberater eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen hätten.
Der Steuerberater habe den objektiven Tatbestand einer leichtfertigen Steuerverkürzung nicht erfüllt, da nicht er selbst, sondern der Steuerpflichtige die Steuererklärung beim FA eingereicht und damit unrichtige Angaben gemacht habe.
Der Steuerpflichtige, der den objektiven Tatbestand der Steuerverkürzung durch die Abgabe der unrichtigen Steuererklärung erfüllt habe, habe nicht leichtfertig gehandelt, da er auch bei gewissenhafter und ihm zumutbarer Prüfung nicht habe erkennen können, dass die von ihm unterschriebene Einkommensteuererklärung unrichtig war.
Das leichtfertige Handeln des Steuerberaters könne dem Kläger auch nicht nach straf- oder steuerrechtlichen Grundsätzen zugerechnet werden.
Deshalb könne die bei der Erstellung der Steuererklärung häufig notwendige Aufgabenteilung zwischen Steuerpflichtigen und steuerlichem Berater dazu führen, dass die Festsetzungsfrist bei objektiv unrichtigen Angaben wie üblich abläuft, selbst wenn sich der Ermittlungsaufwand der Finanzbehörde erhöht.

Das hat die Pressestelle des Bundesfinanzhofs am 11.12.2013 – Nr. 87 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Klauseln von Reiseveranstaltern, wonach ihnen die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt und Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros unverbindlich sind, sind unwirksam.

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 10.12.2013 – X ZR 24/13 – zwei Klauseln in allgemeinen Reisebedingungen betreffend die Festlegung von Flugzeiten und die Verbindlichkeit von Informationen des Reisebüros über Flugzeiten für unwirksam erachtet.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war Kläger der bundesweit tätige Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer.
Die Beklagte ist eine Reiseveranstalterin. Sie verwendet „Ausführliche Reisebedingungen“, die u.a. folgende Regelungen enthalten:

„Die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen.
Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind unverbindlich.“

Der Kläger hält diese Klauseln für unwirksam.

Das Landgericht (LG) hat der Beklagten nur die Verwendung der ersten Klausel untersagt.

Das Berufungsgericht hat beide Klauseln für unwirksam gehalten und ihre Verwendung verboten.

Der BGH hat die dagegen gerichtete Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Danach benachteiligen die angegriffenen Klauseln, die der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) unterliegen, den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sind gemäß § 308 Nr. 4 und § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

Die erste Klausel modifiziert das Hauptleistungsversprechen des Reisevertrags nicht nur dann, wenn feste Flugzeiten vereinbart wurden, sondern auch dann, wenn im Vertrag nur vorläufige Flugzeiten genannt sind.
Nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung sind „voraussichtliche“ Flugzeiten zwar nicht unter allen Umständen exakt einzuhalten. Der Reisende darf aber berechtigterweise erwarten, dass die Reisezeiten nicht ohne sachlichen Grund geändert werden und dass der aus den vorläufigen Angaben ersichtliche Zeitrahmen nicht vollständig aufgegeben wird.
Andernfalls ergäbe auch die in § 6 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-InfoV) vorgeschriebene Information des Reisenden in der Reisebestätigung über diese Zeiten („Tag, voraussichtliche Zeit und Ort der Abreise und Rückkehr“) keinen Sinn und würde der hiermit angestrebte Verbraucherschutz verfehlt.
Demgegenüber ermöglicht die beanstandete Klausel dem Reiseveranstalter, die Flugzeiten beliebig und unabhängig davon zu ändern, ob hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Dies ist dem Reisenden, der berechtigterweise Sicherheit in der zeitlichen Planung der Reise erwartet, auch bei Beachtung der berechtigten Interessen des Reiseveranstalters, die vorgesehenen Flugzeiten veränderten oder bei Vertragsschluss nicht vorhersehbaren Gegebenheiten anpassen zu können, nicht zuzumuten.

Die zweite Klausel ermöglicht dem Reiseveranstalter, sich einer vertraglichen Bindung, die durch eine Information eines für ihn tätigen Reisebüros eintritt, zu entziehen.
Darin liegt ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung des Reisenden.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs (BGH) am 10.12.2013 – Nr. 198/2013 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Arbeitsrecht – Kein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung.

Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zu überlassen, kommt zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend erfolgt.

Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 10.12.2013 – 9 AZR 51/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall betrieb die Beklagte zu 1., deren alleiniger Gesellschafter ein Landkreis ist, Krankenhäuser.
Die Beklagte zu 2., eine 100 %ige Tochter der Beklagten zu 1., hat eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Sie stellte 2008 den Kläger als IT-Sachbearbeiter ein.
Dieser wurde als Leiharbeitnehmer ausschließlich in Einrichtungen der Beklagten zu 1. eingesetzt.

Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1. ein Arbeitsverhältnis besteht, weil er dieser nicht nur vorübergehend überlassen worden und demzufolge zwischen der Beklagten zu 1. und ihm ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr, soweit für die Revision von Interesse, stattgegeben.

Die Revision der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. hatte vor dem Neunten Senat des BAG Erfolg.
Danach ist zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, weil § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers fingiert und es für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.

Der Gesetzgeber hat bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.
Das Unionsrecht gibt kein anderes Ergebnis vor. Die Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Leiharbeit (Leiharbeitsrichtlinie) sieht keine bestimmte Sanktion bei einem nicht nur vorübergehenden Einsatz des Leiharbeitnehmers vor. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Leiharbeitsrichtlinie überlässt die Festlegung wirksamer, angemessener und abschreckender Sanktionen bei Verstößen gegen Vorschriften des AÜG den Mitgliedstaaten.
Angesichts der Vielzahl möglicher Sanktionen obliegt deren Auswahl dem Gesetzgeber und nicht den Gerichten für Arbeitssachen.

Ob der Kläger der Beklagten zu 1. nicht nur vorübergehend überlassen wurde bedurfte hier keiner Entscheidung, da die Beklagte zu 2. die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgericht am 10.12.2013 – Nr. 73/13 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Wenn Ebay-Auktion wegen Fehlers bei der Mindestpreisangabe abgebrochen wird.

Mit Urteil vom 04.11.2013 – 2 U 94/13 – hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm entschieden, dass eine wegen eines Fehlers bei der Mindestpreisangabe abgebrochene Ebay-Auktion auch bei einem vorhandenen Gebot keinen Vertragsschluss begründet, weil das Angebot nach den Ebay-Bedingungen zurückgezogen werden konnte.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der volljährige Sohn des Beklagten auf Ebay-Account seines Vaters einen Audi A4 2.0 TDI ohne Angabe eines Mindestpreises angeboten.
Kurz nach dem Einstellen brach er die Auktion ab und stellte den Wagen erneut, diesmal mit der Angabe eines Mindestpreises ein.
Zum Zeitpunkt des Abbruchs war der Kläger mit einem Gebot von 7,10 Euro Höchstbietender.
Er verlangte vom Beklagten die Herausgabe des PKW für 7,10 Euro und war der Ansicht, es sei ein Kaufvertrag zustande gekommen, der den Beklagten verpflichte, den PKW für diesen Preis abzugeben.

Die Klage ist erfolglos geblieben, weil nach Auffassung des OLG Hamm das erste Ebay-Angebot des Beklagten wirksam zurückgezogen und demzufolge bereits kein Kaufvertrag abgeschlossen worden sei.
Ein bei Ebay eingestelltes Angebot stehe unter dem Vorbehalt, dass kein Widerrufgrund nach den Ebay-Bedingungen gegeben sei.
Ein Widerrufgrund liege u.a. dann vor, wenn dem Anbieter beim Einstellen des Angebots ein Fehler unterlaufen sei. Das könne auch ein Fehler bei der Angabe des Mindestpreises sein.
Im Falle eines Widerrufgrundes könne der Anbieter sein Angebot zurückziehen und damit wirksam widerrufen.
Darauf, ob es nach den gesetzlichen Bestimmungen auch anfechtbar sei, komme es dabei nicht an.
Im vorliegenden Fall stehe fest, dass dem Sohn des Beklagten beim ersten Angebot ein Fehler bei der Eingabe des Mindestpreises unterlaufen sei.
Dabei sei es unerheblich, ob der Sohn den Mindestpreis fehlerhaft eingegeben oder ob das System einen an sich richtig eingegebenen Mindestpreis fehlerhaft nicht akzeptiert habe.
In beiden Fällen liege ein zum Widerruf berechtigender Fehler vor.
Einen solchen gebe es zwar nicht, wenn es den Beklagten nach der Einstellung des ersten Angebotes lediglich gereut hätte, keinen Mindestpreis eingegeben zu haben.
Letzteres treffe auf den zu beurteilenden Fall aber nicht zu.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 10.12.2013 mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Zur Durchgriffsmöglichkeit des Vertrags- oder bindend eingesetzten Schlusserben auf einen Zweitbeschenkten.

Bei einer den Vertragserben oder den bindend eingesetzten Schlusserben beeinträchtigenden Schenkung kann die Herausgabe des Geschenks gemäß § 2287 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) auch von einem Dritten, der den Gegenstand unentgeltlich vom Beschenkten erlangt hat, unter den Voraussetzungen des § 822 BGB verlangt werden.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 20.11.2013 – IV ZR 54/13 – hingewiesen.

Hat ein Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern (§ 2287 Abs. 1 BGB ).
Diese Regelung ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf wechselbezügliche letztwillige Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testaments, das nach dem Tod des erstverstorbenen Ehegatten unwiderruflich geworden ist, entsprechend anzuwenden.

Der Vertragserbe oder der bindend eingesetzte Schlusserbe kann gemäß § 2287 Abs. 1 i.V.m. § 822 BGB auch vom Zweitbeschenkten Herausgabe des Geschenks verlangen.
§ 2287 BGB verweist hinsichtlich der Rechtsfolgen auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Hierbei handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung, so dass jedenfalls die §§ 818-821 BGB Anwendung finden.
Der Senat hat die Frage einer Anwendung auch von § 822 BGB in einer älteren Entscheidung offengelassen (Urteil vom 19.03.1981 – IVa ZR 30/80 –).

Der Senat beantwortet die Frage nunmehr dahin, dass § 822 BGB unabhängig von seiner dogmatischen Einordnung auch im Rahmen von § 2287 Abs. 1 BGB zumindest entsprechend anzuwenden ist. Hierfür spricht der Sinn und Zweck der §§ 2287, 822 BGB, wonach der unentgeltliche Erwerb des Dritten weniger schutzwürdig ist als das Interesse des Vertrags- bzw. Schlusserben die Erbschaft ungeschmälert von beeinträchtigenden Schenkungen zu erhalten.
Die Wertung des § 822 BGB, dass der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese an den Gläubiger herauszugeben hat, soweit infolge der Zuwendung die Verpflichtung des ersten Empfängers entfallen ist, beansprucht auch in den Fällen des § 2287 BGB Geltung.
Anderenfalls hinge es vom Zufall zeitlicher Abfolge ab, ob der Gläubiger seinen Anspruch noch gegen den ursprünglich Beschenkten gemäß § 2287 Abs. 1 BGB durchsetzen kann oder dies wegen unentgeltlicher Weitergabe des Geschenks nicht mehr möglich wäre.
Abgesehen davon würde Manipulationen bei der Weitergabe des Geschenks Tür und Tor geöffnet.

Kommt eine entsprechende Anwendung von § 822 BGB und damit eine Durchgriffsmöglichkeit auf den Zweitbeschenkten in Betracht, so setzt dies zunächst voraus, dass ursprünglich ein Herausgabeanspruch gegen den Erstbeschenkten bestanden hat, wobei sich dieser, wenn der Erstbeschenkte zu der Zeit, zu der der Anspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB von dem Vertrags- bzw. Schlusserben geltend gemacht werden kann bereits verstorben ist, gegen die vertraglichen bzw. gesetzlichen Erben des Erstbeschenkten richtet.

Der Anspruch aus § 822 BGB setzt ferner voraus, dass die Verpflichtung des ursprünglichen Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung gerade infolge der unentgeltlichen Zuwendung des Erlangten an den Dritten ausgeschlossen ist.
Der Dritte haftet daher nur subsidiär.
Es verbleibt mithin bei der Haftung des Empfängers, wenn die Weitergabe des Erlangten erst nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt ist (§ 818 Abs. 4 BGB ) oder wenn der Empfänger gemäß §§ 819 f. BGB verschärft haftet.
Die verschärfte Haftung tritt ein, sobald der Beschenkte von der Bindung des Erblassers an den Erbvertrag oder das gemeinschaftliche Testament und von dessen Beeinträchtigungsabsicht Kenntnis erlangt, wobei eine Inanspruchnahme des verschärft haftenden Bereicherungsschuldners allerdings dann ausscheidet, wenn sich die Befreiung von der Leistungspflicht aus allgemeinen Vorschriften, z.B. gemäß § 275 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit der Herausgabe, ergibt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

BVB erwirkt einstweilige Verfügung gegen Wahlwerbung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Die Borussia Dortmund GmbH & Co.KG aA (BVB ) hat bei dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm gegen den Kreisverband Dortmund der Partei DIE RECHTE eine einstweilige Verfügung erwirkt, die dem Kreisverband untersagt, Werbeplakate zur Kommunalwahl in Dortmund zu verwenden, die den auf einem Querbalken in gelber und schwarzer Farbe unterlegten Spruch „von der Südtribüne in den Stadtrat“ zeigen.

In dem dem Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Hamm vom 09.12.2013 – 6 W 56/13 – zugrunde liegenden Fall beabsichtigte der Dortmunder Kreisverband der Partei DIE RECHTE mit einem Foto ihres Spitzenkandidaten auf Wahlplakaten unter Verwendung des auf einem Querbalken in gelber und schwarzer Farbe unterlegten Spruchs „von der Südtribüne in den Stadtrat“ um Stimmen für die im Mai 2014 anstehende Kommunalwahl in Dortmund zu werben.
Die klagende Borussia Dortmund GmbH & Co.KG aA sieht in der Verwendung des Begriffs „Südtribüne“ im Zusammenhang mit der gelbschwarzen Farbkombination auf dem Querbalken einen rechtswidrigen Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht.
Sie verlangte von dem beklagten Kreisverband, diese Wahlwerbung zu unterlassen.

Der 6. Zivilsenat des OLG Hamm hat dem beklagten Kreisverband der Partei die in Frage stehende Wahlwerbung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt.

Danach verletzt die beabsichtigte Wahlwerbung das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin.
Auch wenn der BVB nicht namentlich genannt werde, verwende die Wahlwerbung Elemente, mit denen die bekannte Fußballmannschaft identifiziert werde und erwecke den Eindruck, der BVB billige die plakatierte Werbung.
Dieser Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei erheblich und rechtswidrig.
Das Interesse des BVB, nicht im Zusammenhang mit der Wahlwerbung einer politischen Partei dargestellt zu werden, überwiege gegenüber der in Frage stehenden Ausübung der Rechte der Partei, sich politisch zu betätigen und im Wahlkampf die eigene Meinung zu äußern.
Diese Rechte könne der beklagte Kreisverband auch ohne eine auf den BVB Bezug nehmende Wahlwerbung ausüben.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 09.12.2013 mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Bundesverfassungsgericht – SPD darf Mitgliederabstimmung über das Zustandekommen einer Großen Koalition durchführen.

Mit Beschluss vom 06.12.2013 – 2 BvQ 55/13 – hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) den Antrag des Antragstellers, der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine Abstimmung ihrer Mitglieder über das Zustandekommen einer Großen Koalition durchzuführen, abgelehnt.

Der Antragsteller hatte gerügt, die geplante Abstimmung verstoße gegen Art. 38 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz (GG), weil sie das Recht der freien Entscheidung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages in unzulässiger Weise einschränke und weil sie das Ergebnis der Bundestagswahl verfälsche. Die Abgeordneten der SPD, die überwiegend von Nichtmitgliedern gewählt worden seien, würden dadurch letztlich von einer Entscheidung ausgeschlossen und damit der Partei einen zu weitgehenden Einfluss zugewiesen.

Das BVerfG hat in seinem antragsabweisenden Beschluss ausgeführt, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung hier schon nicht in Betracht kommt, weil eine diese Abstimmung beanstandende Verfassungsbeschwerde unzulässig wäre.

Angefochten von jedermann im Wege der Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) mit der Behauptung, dadurch in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein, können nämlich nur Akte der öffentlichen Gewalt und mit der Durchführung einer Abstimmung über einen Koalitionsvertrag unter ihren Mitgliedern übt die SPD keine öffentliche Gewalt aus.

Öffentliche Gewalt ist vornehmlich der Staat in seiner Einheit, repräsentiert durch irgendein Organ.
Parteien sind nicht Teil des Staates. Zwar kommt ihnen aufgrund ihrer spezifischen verfassungsrechtlich abgesicherten Vermittlungsfunktion zwischen Staat und Gesellschaft eine besondere Stellung zu; sie wirken in den Bereich der Staatlichkeit aber lediglich hinein, ohne ihm anzugehören.
Jedenfalls der Abschluss einer Koalitionsvereinbarung zwischen – im Übrigen grundrechtsberechtigten – politischen Parteien und die dem vorangehende oder nachfolgende parteiinterne Willensbildung wirken nicht unmittelbar und dergestalt in die staatliche Sphäre hinein, dass sie als – auch in einem weit verstandenen Sinn – staatliches Handeln qualifiziert werden könnten.
Koalitionsvereinbarungen bedürfen vielmehr weiterer und fortlaufender Umsetzung durch die regelmäßig in Fraktionen zusammengeschlossenen Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die als Vertreter des ganzen Volkes jedoch an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG).
Diese Vorschrift gewährleistet für jeden der nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gewählten Abgeordneten sowohl die Freiheit in der Ausübung seines Mandats als auch die Gleichheit im Status der Vertreter des ganzen Volkes.
So setzt sich insbesondere die Gleichheit der Wahl in der gleichen Mitwirkungsbefugnis aller Abgeordneten fort und hält damit auch in den Verzweigungen staatlich-repräsentativer Willensbildungsprozesse die demokratische Quelle offen, die aus der ursprünglichen, im Wahlakt liegenden Willensbetätigung jedes einzelnen Bürgers fließt.

Die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion in Bund und Ländern ist zwar verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt:
Das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu (Art. 21 Abs. 1 GG), weil ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen kann.
Die von Abgeordneten – in Ausübung des freien Mandats – gebildeten Fraktionen sind im Zeichen der Entwicklung zur Parteiendemokratie notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens und maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung.
Im organisatorischen Zusammenschluss geht die Freiheit und Gleichheit des Abgeordneten jedoch nicht verloren. Sie bleibt innerhalb der Fraktion bei Abstimmungen und bei einzelnen Abweichungen von der Fraktionsdisziplin erhalten und setzt sich zudem im außengerichteten Anspruch der Fraktion auf proportionale Beteiligung an der parlamentarischen Willensbildung fort.
Wie die politischen Parteien diesen parlamentarischen Willensbildungsprozess innerparteilich vorbereiten, obliegt unter Beachtung der – jedenfalls hier – nicht verletzten Vorgaben aus Art. 21 und 38 GG sowie des Parteiengesetzes grundsätzlich ihrer autonomen Gestaltung.

Es ist nicht erkennbar, dass die vom Antragsteller beanstandete Abstimmung für die betroffenen Abgeordneten Verpflichtungen begründen könnte, die über die mit der Fraktionsdisziplin verbundenen hinausginge.
Wie diese kann sie nicht von jedermann mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden (§ 90 Abs. 1 BVerfGG).

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Zur Entschädigungspflicht wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens und zum Beibringungsgrundsatz des Entschädigungsklägers.

Nach § 198 Abs. 1 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet.
In zeitlicher Hinsicht erfasst der Begriff des Gerichtsverfahrens nach der Legaldefinition in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG alle Verfahrensstadien von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss.
Der Begriff „Einleitung“ meint alle Formen, mit denen ein Verfahren in Gang gesetzt wird, unabhängig davon, ob dies durch Antrag oder Klageerhebung oder, wie im Strafverfahren, von Amts wegen geschieht.

§ 199 Abs. 1 GVG erstreckt den Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren.
Dieses ist eingeleitet, sobald die Staatsanwaltschaft (§ 160 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO)) oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes (§ 163 StPO) eine Maßnahme trifft, die erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden strafrechtlich vorzugehen.
Dabei ist Beschuldigter derjenige, gegen den polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung geführt werden.
Die Beschuldigteneigenschaft kann nur durch einen Willensakt der zuständigen Strafverfolgungsbehörde begründet werden, der regelmäßig in der förmlichen Einleitung eines Ermittlungsverfahrens liegt.
Ausreichend ist es aber auch, wenn gegen den Betroffenen faktische Maßnahmen ergriffen werden, die erkennbar zum Ziel haben, ihn als Täter einer Straftat zu überführen.

In Strafsachen beginnt der nach § 198 Abs. 1 GVG zu beurteilende Zeitraum für den Beschuldigten aber nicht bereits mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, sondern – der förmlichen Einleitung regelmäßig nachfolgend – erst mit der Eröffnung der Beschuldigung oder mit einer die Person ernsthaft beeinträchtigenden Ermittlungsmaßnahme.

Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 S.1 GVG ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. § 198 Abs. 1 S. 2 GVG benennt die Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind, nur beispielhaft („insbesondere“) und ohne abschließenden Charakter.
Ein weiteres bedeutsames Kriterium zur Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer ist die Verfahrensführung durch das Gericht, die unter Berücksichtigung des den Gerichten zukommenden Gestaltungsspielraums zu den in § 198 Abs. 1 S. 2 GVG benannten Kriterien in Bezug zu setzen ist.
Eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, ist nicht möglich und würde im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit bereits an der Vielgestaltigkeit der Verfahren und prozessualen Situationen scheitern. Mit der Entscheidung des Gesetzgebers, dass sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalles richtet (§ 198 Abs. 1 S. 2 GVG), wurde bewusst von der Einführung bestimmter Grenzwerte für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen. Die Ausrichtung auf den Einzelfall ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des Gesetzes, wird durch dessen Entstehungsgeschichte bestätigt und entspricht dem in den Gesetzesmaterialien klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers.
Der Verzicht auf allgemeingültige Zeitvorgaben schließt es regelmäßig aus, die Angemessenheit der Verfahrensdauer allein anhand statistischer Durchschnittswerte zu ermitteln.
Ebenso wenig kommt ein Evidenzkriterium in dem Sinne in Betracht, dass eine bestimmte Verfahrensdauer schon für sich genommen ohne Einzelfallprüfung als unangemessen eingestuft werden müsste.

Feste Zeitvorgaben können auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 6 Abs. 1 S. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht entnommen werden.
Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat keine festen Zeitgrenzen aufgestellt und beurteilt die Frage, ab wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, stets nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles.

Unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 S. 1 GVG ist die Verfahrensdauer dann, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 S. 2 GVG ausgerichtete und den Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensführung beachtende Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) und Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der „unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens“ (§ 198 Abs. 1 S. 1 GVG) und die ihn ausfüllenden Merkmale im Sinne von § 198 Abs. 1 S. 2 GVG müssen unter Rückgriff auf die Grundsätze näher bestimmt werden, die der EGMR zu Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK und das BVerfG zum Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und zum Justizgewährleistungsanspruch (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) entwickelt haben, zumal diese gefestigte Rechtsprechung dem Gesetzgeber bei der Textfassung des § 198 Abs. 1 GVG zum Vorbild diente.

Bezugspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist als maßgeblicher Zeitraum die Gesamtverfahrensdauer, wie sie § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definiert.
Dies hat zur Konsequenz, dass Verzögerungen, die in einem Stadium des Verfahrens oder bei einzelnen Verfahrensabschnitten eingetreten sind, nicht zwingend die Unangemessenheit der Verfahrensdauer bewirken.
Es ist vielmehr im Rahmen einer abschließenden Gesamtabwägung zu überprüfen, ob Verzögerungen innerhalb einer späteren Phase des Verfahrens kompensiert wurden.
Hierbei muss auch in den Blick genommen werden, dass die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen, mit zunehmender Verfahrensdauer sich verdichtet.

Durch die Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs gemäß § 198 GVG an die Verletzung konventions- und verfassungsrechtlicher Normen (Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG) wird deutlich gemacht, dass die durch die lange Verfahrensdauer verursachte Belastung einen gewissen Schweregrad erreichen muss.
Es reicht nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung aus.
Vielmehr muss die Verfahrensdauer eine Grenze überschreiten, die sich auch unter Berücksichtigung gegenläufiger rechtlicher Interessen für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt.

Bedeutsames Kriterium zur Beurteilung der Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens ist auch die Verfahrensführung durch das Gericht.
Zu prüfen ist, ob Verzögerungen, die mit der Verfahrensführung im Zusammenhang stehen, bei Berücksichtigung des dem Gericht zukommenden Gestaltungsspielraums sachlich gerechtfertigt sind.
Dabei kann die Verfahrensführung nicht isoliert für sich betrachtet werden. Sie muss vielmehr zu den in § 198 Abs. 1 S. 2 GVG benannten Kriterien in Bezug gesetzt werden.
Maßgebend ist, ob das Gericht gerade in Relation zu jenen Gesichtspunkten den Anforderungen an eine angemessene Verfahrensdauer in jedenfalls vertretbarer Weise gerecht geworden ist, wobei das Ausgangsgericht die Sach- und Rechtslage aus seiner Sicht ex ante einschätzen darf.
Bei der Beurteilung des Verhaltens des Gerichts darf der verfassungsrechtliche Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) nicht unberücksichtigt bleiben.
Da die zügige Erledigung eines Rechtsstreits kein Selbstzweck ist und das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands durch das dazu berufene Gericht verlangt, muss dem Gericht in jedem Fall eine angemessene Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen. Es benötigt einen Gestaltungsspielraum, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind.
Erst wenn die Verfahrenslaufzeit in Abwägung mit den weiteren Kriterien im Sinne von § 198 Abs. 1 S. 2 GVG auch bei Berücksichtigung dieses Gestaltungsspielraums sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist, liegt eine unangemessene Verfahrensdauer vor.

Im Entschädigungsprozess gilt – wie auch sonst im Zivilprozess – der Beibringungsgrundsatz. Der Entschädigungskläger muss die Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, die nach seiner Auffassung eine unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens begründen.
Unerheblich ist, ob es sich bei dem Ausgangsverfahren um einen Zivilprozess oder ein Strafverfahren handelt. Nicht anders als im Amtshaftungsprozess hat der Kläger die konkreten gerichtlichen Maßnahmen beziehungsweise Unterlassungen zu benennen, die aus seiner Sicht eine vermeidbare Verzögerung des Rechtsstreits zur Folge hatten. Eine bloße Bezugnahme auf die Akten des Ausgangsverfahrens reicht für einen schlüssigen Klagevortrag nicht aus.
Bei gerichtsorganisatorischen Mängeln und Defiziten sowie sonstigen Umständen, die im Bereich der Justiz liegen und dem Einblick des Klägers entzogen sind, wird demgegenüber seitens der Gerichtsverwaltung Erklärungsbedarf bestehen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 14.11.2013 – III ZR 376/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Mietrecht – Zu den Voraussetzungen unter denen das Gericht bei Feststellung der ortsüblichen Miete die Vermutungswirkung eines qualifizierten Mietspiegels berücksichtigen kann.

Bei der dem Tatrichter obliegenden Prüfung, ob eine konkret vom Vermieter verlangte Mieterhöhung nach § 558 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) tatsächlich berechtigt ist, darf die ortsübliche Vergleichsmiete nur auf der Grundlage von Erkenntnisquellen bestimmt werden, die die tatsächlich und üblicherweise gezahlten Mieten für vergleichbare Wohnungen in einer für die freie tatrichterliche Überzeugungsbildung (§ 286 Zivilprozessordnung (ZPO)) hinreichenden Weise ermittelt haben. 
Dabei ist der Tatrichter im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung nicht auf das im Erhöhungsverlangen des Vermieters genannte Begründungsmittel im Sinne des § 558a Abs. 2 BGB beschränkt.

Existiert ein ordnungsgemäßer Mietspiegel (§ 558c BGB, § 558d BGB ), der Angaben für die in Rede stehende Wohnung enthält, so darf dieser vom Tatrichter berücksichtigt werden.

Dabei kommt bei einem Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist (§ 558d Abs. 1 BGB; qualifizierter Mietspiegel), die in § 558d Abs. 3 BGB vorgesehene Vermutung zur Anwendung. 
Der Gesetzgeber misst einem solchen Mietspiegel eine besondere Gewähr für die Richtigkeit und Aktualität der in ihm enthaltenen Daten und breite Akzeptanz zu. Aus diesen Gründen wird von Gesetzes wegen vermutet (§ 292 ZPO), dass die im qualifizierten, die zeitlichen Vorgaben des § 558d Abs. 2 BGB einhaltenden Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben.

Voraussetzung für das Eingreifen der gesetzlichen Vermutung des § 558d Abs. 3 BGB ist jedoch, dass der vom Tatrichter herangezogene Mietspiegel die Tatbestandsmerkmale des § 558d Abs. 1 BGB

  • unstreitig, 
  • offenkundig (§ 291 ZPO) oder 
  • nachweislich 

erfüllt.

Auf eine Prüfung dieser Anforderungen kann nicht schon deswegen verzichtet werden, weil der Mietspiegel von seinem Ersteller als qualifizierter Mietspiegel bezeichnet oder von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als solcher anerkannt und veröffentlicht worden ist. 
Denn diese Umstände beweisen noch nicht, dass die Anforderungen des § 558d Abs. 1 BGB auch tatsächlich vorliegen, der Mietspiegel also nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist. 
Einwendungen gegen die Wissenschaftlichkeit der Datenerhebung und -auswertung ist daher nicht erst im Rahmen der Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 558d Abs. 3 BGB nachzugehen, sondern schon bei Prüfung, ob die – für das Eingreifen der Vermutung erforderlichen – Voraussetzungen des § 558d Abs. 1 BGB gegeben sind.

Von der Partei, die das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels in Abrede stellt, ist allerdings zu verlangen, dass sie im Rahmen des Möglichen substantiierte Angriffe gegen den Mietspiegel vorbringt, sofern die Erstellung des Mietspiegels in allgemein zugänglichen Quellen dokumentiert ist. 
Hierbei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber des Mietrechtsreformgesetzes bei Einführung des qualifizierten Mietspiegels davon ausgegangen ist, dass dessen Erstellung dokumentiert wird. Informationen, die sich aus einer derartigen Dokumentation ergeben, kann die Partei, die den qualifizierten Mietspiegel nicht anerkennen will, nicht mehr mit Nichtwissen bestreiten. Sie muss sich vielmehr mit dem Inhalt der Dokumentation substantiiert auseinandersetzen, soweit dies ohne Fachkenntnisse – etwa auf dem Gebiet der Statistik – möglich ist.

Im Falle eines substantiierten Bestreitens der Voraussetzungen des § 558d Abs. 1 BGB ist über deren Vorliegen – soweit diese nicht offenkundig sind – nach allgemein gültigen Regeln Beweis zu erheben.

Wird das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels, also dessen Ausrichtung an anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen, substantiiert bestritten, muss das Gericht daher – gegebenenfalls unter Einholung amtlicher Auskünfte gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 2 oder § 358a Nr. 2 ZPO – über das Vorliegen der in § 558d Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen Beweis erheben. 
Die Einhaltung/Nichteinhaltung anerkannter wissenschaftlicher Grundsätze wird sich, sofern sie sich nicht bereits – etwa aufgrund der im Mietspiegel oder den hierzu veröffentlichten Erläuterungen enthaltenen (aussagekräftigen) Angaben zum Verfahren der Datengewinnung und -auswertung sowie zu den einzelnen Bewertungsschritten – als offenkundig darstellt oder vom Gericht in eigener Sachkunde beurteilt werden kann – häufig nur durch ein Sachverständigengutachten klären lassen.

Es wird aber durchaus auch Fälle geben, in denen eine ausreichende Klärung aufgrund ergiebiger Erläuterungen im Mietspiegel und ergänzend eingeholter amtlicher Auskünfte, durch Anhörung sachverständiger Zeugen (§ 414 ZPO) – etwa von Experten, die an der Erstellung des Mietspiegels maßgeblich beteiligt waren – oder kraft eigener Sachkunde des Gerichts erreicht werden kann.

Ob im Bestreitensfall ein Sachverständigengutachten erforderlich ist, hängt vorrangig von der Art der gegen den Mietspiegel vorgebrachten Einwendungen, der Aussagekraft der vorhandenen und zugänglichen Dokumentation der Datenerhebung und Datenauswertung, dem Inhalt der Erläuterungen zu der im Mietspiegel angewandten Methodik und der eigenen Sachkunde des Gerichts ab.
In den Fällen, in denen für eine ausreichende Klärung der Streitfragen die Einschaltung eines Sachverständigen unumgänglich ist, wird unter Umständen die Möglichkeit bestehen, auf bereits existierende Gutachten zurückzugreifen. 
Ein in einem anderen Verfahren über die Frage der Einhaltung anerkannter wissenschaftlicher Methoden erhobenes Gutachten kann gegebenenfalls entweder nach § 411a ZPO als Sachverständigenbeweis oder nach §§ 415 ff. ZPO als Urkundenbeweis verwertet werden.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 06.11.2013 – VIII ZR 346/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) – Ausgleichsansprüche bei Annullierung eines Fluges wegen fehlendem Enteisungsmittel.

Fehlendes Enteisungsmittel für Flugzeuge begründet keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung.

Das hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Urteil vom 19.11.2013 – 2 U 3/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger für den 10.12.2010 für 24 Personen einen Flug von Berlin nach Rom gebucht.
Der Flug wurde nicht durchgeführt.
Das beklagte Luftfahrtunternehmen begründete dies damit, dass ein allgemeiner Mangel an Enteisungsmitteln geherrscht habe.

Der Kläger machte auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Fluggastrechteverordnung Ausgleichsansprüche geltend.

Das Landgericht (LG) Potsdam hat die beklagte Fluggesellschaft zur Zahlung einer pauschalen Entschädigung in Höhe von 250,00 € pro Fluggast verurteilt.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Zur Begründung hat der 2. Zivilsenat des OLG ausgeführt, ein Luftfahrtunternehmen müsse dafür sorgen, dass für von ihm eingesetzte Flugzeuge die erforderlichen Betriebsstoffe bereitstehen.
Hierzu zähle bei winterlichen Wetterbedingungen auch Enteisungsmittel.
Nach dem Zweck der Verordnung, Fluggastrechte zu stärken, spiele es keine Rolle, ob die Beschaffung des Enteisungsmittels an dem betroffenen Flughafen einem Dienstleister obliegt.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 24.09.2013 – X ZR 160/12 – zum Fall der Flugannullierung infolge Vogelschlags zwinge nicht zu einer abweichenden Bewertung.
Vogelschlag greife von außen in den Flugbetrieb ein und sei nicht vorhersehbar; die Enteisung gehöre demgegenüber zur vorhersehbar notwendigen Vorbereitung eines Fluges unter winterlichen Bedingungen.
Ein Mangel an Enteisungsmitteln sei auch tatsächlich beherrschbar, denn er lasse sich durch rechtzeitige Beschaffung und Vorratshaltung vermeiden.
Ein im Einzelfall auftretender Lieferengpass mache einen Mangel an Enteisungsmittel nicht seiner Natur nach unbeherrschbar, und zwar auch dann nicht, wenn die entsprechende Bevorratung mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre.
Der Schutz der Fluggäste rechtfertige auch erhebliche negative wirtschaftliche Folgen für das jeweilige Luftfahrtunternehmen.

Der Senat hat gegen die Entscheidung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Das hat die Pressestelle des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 25.11.2013 mitgeteilt.
Vgl. auch Blog „Annullierung oder Verspätung eines Fluges wegen Vogelschlags – Besteht Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung?“

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.