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Zum Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts.

Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, so kann der Eigentümer nach § 917 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden.

Ausgeschlossen sein kann der Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts dann, wenn das Grundstück auf einem öffentlichen Weg mit Kraftfahrzeugen unmittelbar erreichbar ist.

Zwar schließt die Verbindung eines Grundstücks mit einem öffentlichen Weg ein Notwegrecht nicht von vornherein aus.
Der öffentliche Weg, der auch nur ein Feldweg sein kann, muss für eine ordnungsmäßige Benutzung des notleidenden Grundstücks geeignet sein. Entscheidend ist, ob die ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks die Einräumung des Notwegs über ein Nachbargrundstück notwendig macht.

Die ordnungsmäßige Benutzung des notleidenden Grundstücks bestimmt sich dabei nach objektiven Gesichtspunkten. Maßgebend ist die danach angemessene, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Grundstücks entsprechende Nutzung.
Eine nur einem persönlichen Bedürfnis des Eigentümers oder eines Nutzungsberechtigten entsprechende oder eine nur provisorische Nutzung gibt daher keinen Anspruch auf einen Notweg nach § 917 BGB.

Eine in diesem Sinn ordnungsmäßige Grundstücksbenutzung setzt bei einem Wohngrundstück in der Regel die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen voraus.
Dies ist zur Gewährleistung elementarer Bedürfnisse objektiv erforderlich, so etwa im Hinblick auf die Müllentsorgung oder die Belieferung mit Brennstoffen oder sperrigen Gütern.
Ebenfalls zur ordnungsgemäßen Benutzung eines Wohngrundstücks gehört die Möglichkeit, dieses mit dem eigenen Kraftfahrzeug anzufahren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es nicht lediglich um das Abstellen von Kraftfahrzeugen auf dem Grundstück, sondern um dessen Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen geht.

An dieser Erreichbarkeit fehlt es nicht bereits dann, wenn das Kraftfahrzeug nicht bis vor den Eingangsbereich des auf einem Grundstück aufstehenden Gebäudes fahren kann.
Vielmehr ist es ausreichend, wenn das Kraftfahrzeug unmittelbar an das Wohngrundstück heranfahren kann und der Eingangsbereich von dieser Stelle aus in zumutbarer Weise – auch mit sperrigen Gegenständen – erreicht werden kann.

Der Gesichtspunkt, dass das Erreichen des Hauseingangs bei einem Auffahren auf das Grundstück erleichtert möglich wäre, rechtfertigt kein Notwegrecht.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 18.10.2013 – V ZR 278/12 – hingewiesen.

 

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Mietrecht – Zur Mietminderung bei falscher Angabe der Wohnfläche im Wohnraummietvertrag.

Nach § 536 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) hat der Mieter nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten, wenn

  • die Mietsache einen Mangel aufweist und
  • dieser Mangel die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mindert.

 

Voraussetzung für das Vorliegen eines Mangels ist, dass der tatsächliche Zustand (Ist-Zustand) hinter dem vertraglich vereinbarten Zustand (Soll-Zustand) zurückbleibt.

Die Angabe einer Wohnfläche in einem Mietvertrag stellt aufgrund der Bedeutung für die Parteien und die jeweils für die andere Seite erkennbaren Folgen nicht nur eine reine Objektbeschreibung, sondern eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Daran ändert auch der Zusatz „ca.“ im Mietvertrag nichts (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 10.03.2010 – VIII ZR 144/09 –).

Weicht die tatsächliche Fläche von der im Mietvertrag angegebenen Quadratmeterzahl um mehr als 10 % nach unten ab, besteht nach der Rechtsprechung des BGH eine tatsächliche Vermutung dafür, dass auch die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, ohne dass es auf einen Nachweis einer konkreten Beeinträchtigung des Mieters durch die Flächenabweichung ankommt.
Dass eine Flächenabweichung von mehr als 10% vorliegt muss der Mieter darlegen und beweisen.

Abweichungen bis 10% lösen die Rechtsfolge „unwiderlegliche tatsächliche Vermutung“ nicht aus.

Ein Mangel kann aber auch bei einer Flächenabweichung von unter 10% vorliegen. Hier bleibt es bei der gesetzlichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Der Mieter muss die konkrete Gebrauchsbeeinträchtigung darlegen und im Prozess bei entsprechendem Bestreiten auch beweisen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Dortmund mit Urteil vom 26.11.2013 – 425 C 7773/12 – hingewiesen.
Vgl. auch Blog „Mietrecht – Mietminderung, wenn die Quadratmeterzahl der tatsächlich überlassenen Mietfläche unter der vertraglich vereinbarten Quadratmeterzahl liegt“.

 

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Zur Wirksamkeit eines mit einer Anwaltsempfehlung verbundenen Schadenfreiheitssystems mit variabler Selbstbeteiligung in der Rechtsschutzversicherung.

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 04.12.2013 – IV ZR 215/12 – entschieden, dass die durch §§ 127, 129 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 3 Abs. 3 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) gewährleistete freie Anwaltswahl finanziellen Anreizen eines Versicherers in Bezug auf eine Anwaltsempfehlung nicht entgegensteht, wenn die Entscheidung über die Auswahl des Rechtsanwalts beim Versicherungsnehmer liegt und die Grenze des unzulässigen psychischen Drucks nicht überschritten wird.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die klagende Rechtsanwaltskammer von der Beklagten – einem Rechtsschutzversicherer – unter anderem verlangt, die Verwendung von Bestimmungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2009) zu unterlassen, die ein Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung im Zusammenhang mit einer Anwaltsempfehlung betreffen.
Die Bedingungen sehen eine Rückstufung von maximal 150 € pro Schadenfall vor, wobei diese durch Zeitablauf in den Folgejahren wieder ausgeglichen werden kann.
Im Schadenfall unterbleibt allerdings diese Rückstufung – und damit in der Regel eine höhere Selbstbeteiligung beim nächsten Versicherungsfall -, wenn der Versicherungsnehmer einen Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt.

Das Landgericht (LG) hat die auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gerichtete Klage abgewiesen, da die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten das Recht des Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl nicht verletzten und keine gravierende Einflussnahme auf seine Auswahlentscheidung vorliege.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht (OLG) die Beklagte unter anderem dazu verurteilt, die Verwendung der streitgegenständlichen Bestimmungen in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu unterlassen.

Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Mit dem heutigen Urteil hat der BGH das Urteil des OLG aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG zurückgewiesen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Recht auf freie Anwaltswahl im Zuge der Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 22.06.1987 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung (87/344/EWG) im VVG verankert wurde und § 127 VVG deshalb richtlinienkonform auszulegen ist.

Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs schließt die Freiheit der Anwaltswahl nicht jegliche Anreizsysteme des Versicherers in Bezug auf die vom Versicherungsnehmer zu treffende Entscheidung aus, welchen Anwalt er mandatiert.
Die Grenze zur Verletzung des Rechts auf freie Anwaltswahl wird erst überschritten, wenn die Vertragsgestaltung einen unzulässigen psychischen Druck zur Mandatierung des vom Versicherer vorgeschlagenen Anwalts ausübt.
Das ist bei den von der Beklagten verwendeten Versicherungsbedingungen nicht der Fall.
Das Berufungsgericht hat diese richtlinienkonforme Auslegung nicht berücksichtigt und infolgedessen das Recht auf freie Anwaltswahl aus § 127 VVG zu Unrecht als verletzt angesehen.
Ebenso wenig wie § 127 VVG berührt das streitgegenständliche Schadenfreiheitssystem die durch § 3 Abs. 3 BRAO geschützte freie Anwaltswahl in rechtlich erheblicher Weise.
Da auch andere Ansprüche – insbesondere wettbewerbsrechtliche, soweit sie Gegenstand des Verfahrens geworden sind – nicht durchgreifen, hat der BGH das landgerichtliche Urteil wiederhergestellt.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 04.12.2013 – Nr. 196/2013 – mitgeteilt.

 

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Mietrecht – Zum Kündigungsrecht des Vermieters bei unerlaubter Untervermietung.

In seinem Urteil vom 04.12.2013 – VIII ZR 5/13 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) sich mit der Frage befasst,

  • ob der Vermieter ein Mietverhältnis kündigen kann, wenn er eine zuvor erteilte Untervermietungserlaubnis widerruft, der Untermieter die Wohnung aber nicht sogleich räumt.
     

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Beklagte von dem Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1994 eine Wohnung in Berlin gemietet. 
Im Mietvertrag heißt es: 
„Eine Untervermietung bis zu zwei Personen ist gestattet. Diese Untervermietungsgenehmigung kann widerrufen werden. Bei Aufgabe der Wohnung sind die Untermieter zum gleichen Zeitpunkt zu entfernen“.

Im Jahr 2010 erwarb die Klägerin das Eigentum an der Wohnung. 
Im Dezember 2011 widerrief sie die Untervermietungserlaubnis und kündigte zugleich das Mietverhältnis gegenüber dem Beklagten wegen unerlaubter Untervermietung fristlos.

Zu diesem Zeitpunkt führte der Beklagte im Anschluss an eine von ihm ausgesprochene Kündigung bereits einen Räumungsprozess gegen seine Untermieter, denen er seit 2002 die Wohnung untervermietet hatte. 
Im Februar 2012 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis erneut.

Das Amtsgericht (AG) hat die Räumungsklage der Klägerin abgewiesen.
Das Landgericht (LG) hat ihr stattgegeben.

Die vom BGH zugelassene Revision des Beklagten hatte Erfolg.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass der Beklagte seine vertraglichen Pflichten aus dem Mietvertrag nicht verletzt hat und die Klägerin deshalb nicht gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt war. 
Dabei konnte offen bleiben, ob der Beklagte, wie das Berufungsgericht angenommen hat, angesichts des Widerrufs der Untervermietungserlaubnis verpflichtet war, das Untermietverhältnis zu beenden und für einen Auszug der Untermieter zu sorgen. 
Denn der Beklagte hat im Anschluss an seine Kündigung einen Räumungsprozess gegen die Untermieter betrieben und damit alle rechtlich zulässigen und erforderlichen Schritte unternommen, um eine Beendigung des Untermietverhältnisses und einen Auszug der Untermieter herbeizuführen. 
Der Beklagte hat seine vertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin auch nicht dadurch verletzt, dass er mit den Untermietern am 21.02./06.03.2012 einen Räumungsvergleich unter Bewilligung einer Räumungsfrist bis 30.06.2012 abschlossen hat. 
Denn mit der anderenfalls erforderlichen Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens hätte eine Räumung jedenfalls nicht deutlich früher erreicht werden können.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 04.12.2013 – Nr. 195/2013 – mitgeteilt.

 

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Tödliche Thrombose nach Skiunfall – Schadensersatzklage gegen Arzt wegen unterlassener Thromboseprophylaxe abgewiesen.

Eine durch Knieverletzungen infolge eines Skiunfalls bei einem 64jährigen Patienten ausgelöste Thrombose kann zu einer Lungenembolie führen, an deren Folge der Patient verstirbt, ohne dass dem Orthopäden, der den Patienten 2 Tage vor der Lungenembolie behandelt hat, eine unzureichende Thromboseprophylaxe vorgeworfen werden kann.

Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 18.10.2013 – 26 U 119/12 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der seinerzeit 64jährige Ehemann der Klägerin im Februar 2009 im Skiurlaub verunfallt.
Er zog sich eine Distorsion beider Kniegelenke und eine Innenbandläsion eines Kniegelenks zu. Mit einer Kniemanschette und zwei Gehhilfen versorgt kehrte er Anfang März 2009 nach Hause zurück und stellte sich in der Praxis der beiden beklagten Orthopäden vor. Nach ärztlicher Untersuchung wurde dort die Manschette entfernt und der Patient an eine radiologische Praxis verwiesen, in der ca. 10 Tage später ein MRT erfolgen sollte. Bereits zwei Tage nach der Behandlung bei den Beklagten erlitt der Patient infolge einer Thrombose eine Lungenembolie und kollabierte.
Notärztlich wiederbelebt entwickelte sich bei dem Patienten ein Hirnödem, durch welches er wenige Tage später verstarb.

Mit der Begründung, dass die Beklagten behandlungsfehlerhaft eine ausreichende Thromboseprophylaxe unterlassen hätten, hat die hinterbliebene Ehefrau Schadensersatz verlangt.

Die Klage ist erfolglos geblieben.

Der 26. Zivilsenat des OLG Hamm konnte nach der Anhörung eines medizinischen Sachverständigen nicht feststellen, dass die Beklagten behandlungsfehlerhaft eine Thromboseprophylaxe unterlassen haben.
Das Abnehmen der Kniemanschette und die Aufforderung an den Patienten, das verletzte Bein schmerzadaptiert voll zu belasten, seien eine seinerzeit ausreichende Behandlung gewesen.
Für eine weitere Abklärung eines Thromboserisikos habe es keine anamnestischen oder klinischen Anhaltspunkte gegeben.
Ohne diese Anhaltspunkte sei auch eine medikamentöse Prophylaxe nicht indiziert gewesen. Eine sich erst anbahnende Thrombose sei klinisch nicht zu diagnostizieren.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 04.12.2013 mitgeteilt.

 

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Steuerrecht – Kapitalabfindungen berufsständischer Versorgungswerke sind seit 2005 steuerpflichtig; sie sind aber ermäßigt zu besteuern.

Kapitalabfindungen, die von berufsständischen Versorgungswerken ihren Versicherten gewährt werden, sind steuerpflichtig, wenn sie ab dem 01.01.2005, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Alterseinkünftegesetzes, dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
Seitdem werden die einmaligen Leistungen ebenso wie die laufenden Renten der berufsständischen Versorgungswerke mit dem sog. Besteuerungsanteil, der im Jahr 2005 50 % betrug und der jährlich ansteigt, der Besteuerung unterworfen.
Vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes konnte die Kapitalleistung demgegenüber in den meisten Fällen steuerfrei vereinnahmt werden.

Mit Urteil vom 23.10.2013 – X R 3/12 – hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die auf der Neuregelung beruhende Steuerpflicht dem Sinn und Zweck der neugeregelten Alterseinkünftebesteuerung mit dem Übergang zur nachgelagerten Besteuerung entspricht und weder den Gleichheitssatz verletzt noch gegen das Rückwirkungsverbot verstößt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger im März 2009 eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe von 350.000 € von seinem Versorgungswerk erhalten.
Diese wurde vom Finanzamt mit dem Besteuerungsanteil von 58 % besteuert, während der Kläger der Auffassung war, die Abfindung sei nicht steuerbar.

Das Finanzgericht (FG) und auch der BFH sahen dies anders.

Die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte sei ausdrücklich auch auf andere als lediglich laufende Rentenleistungen, und damit auch auf einmalige Zahlungen, anzuwenden, die nach dem 31.12.2004 zugeflossen seien. Für eine Einschränkung dieser Vorschrift bestehe keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit.
Da aber für den Bereich der Basisversorgung lediglich Rentenzahlungen typisch sind und die Versorgungswerke nur Abfindungen zahlen dürfen, die auf vor 2005 bezahlten Beiträgen beruhen, hat der BFH eine atypische Zusammenballung von Einkünften bejaht und insoweit auf die Kapitalleistung die Fünftelregelung gemäß § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) angewendet.

Das hat die Pressestelle des Bundesfinanzhofs am 04.12.2013- Nr. 84 – mitgeteilt.

 

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Steuerrecht – Umsatzsteuer: Kein ermäßigter Steuersatz für Frühstücksleistungen an Hotelgäste.

Bei Übernachtungen in einem Hotel unterliegen nur die unmittelbar der Beherbergung dienenden Leistungen des Hoteliers dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %.
Frühstücksleistungen an Hotelgäste gehören nicht dazu; sie sind mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu versteuern, auch wenn der Hotelier die „Übernachtung mit Frühstück“ zu einem Pauschalpreis anbietet.

Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 24.04.2013 – XI R 3/11 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall betrieb die Klägerin ein Hotel, in dem sie ausschließlich „Übernachtungen mit Frühstück“ anbot. Im Zimmerpreis war das Frühstück mit einem bestimmten Anteil kalkulatorisch enthalten.

Für den auf das Frühstück entfallenden Teil des Gesamtpreises forderte das Finanzamt den Regelsteuersatz.

Zu Recht, wie der BFH nun befand, weil die Frühstücksleistungen nicht unmittelbar der Vermietung dienen.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ermäßigt sich die Umsatzsteuer von 19 % der Bemessungsgrundlage (sog. Regelsteuersatz) auf 7 % für „die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen.
Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind“. Die Vorschrift ist mit Wirkung vom 01.01.2010 in das UStG eingefügt worden (sog. Hotelsteuer).
Dass die Steuerbegünstigung für Übernachtungen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auch das Frühstück umfassen sollte, war zudem im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich erörtert und beschlossen worden.

Das hat die Pressestelle des Bundesfinanzhofs am 04.12.2013 – Nr. 83 – mitgeteilt.

 

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Verkehrsrecht – Zu den Sorgfaltspflichten beim Abbiegen in eine Parkbucht.

Mit Urteil vom 08.11.2013 – I-9 U 89/13 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden, dass

  • das Abbiegen in eine neben der Fahrbahn liegende Parkbox bzw. Parkbucht zwar kein Abbiegen in ein Grundstück i. S. v. § 9 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO) darstellt,
  • allerdings das im Vergleich zum Abbiegen in eine Einmündung im Einzelfall erhöhte Gefährdungspotential in Anwendung des Rechtsgedankens dieser Vorschrift bei der Gewichtung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge im Rahmen der Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 und 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) berücksichtigt werden kann.

Wer mit seinem Fahrzeug in eine neben der Fahrbahn liegende Parkbucht abbiegen will, hat die Sorgfaltspflichten des § 9 Abs. 1 StVO zu beachten, also auch die doppelte Rückschaupflicht gemäß § 9 Abs. 1 S. 4 StVO, die auch für einen Rechtsabbieger, also einen nach rechts in eine Parkbucht Abbiegenden gilt.

  • Nur wenn sich ein Rechtsabbieger so weit rechts eingeordnet hat, dass sein Abstand zum rechten Fahrbahnrand ein Überholen auch durch ein Krad oder Fahrrad nicht zulässt, die bevorstehende Richtungsänderung rechtzeitig angekündigt und seine Geschwindigkeit allmählich ermäßigt hat, darf er darauf vertrauen, dass ihn kein nachfolgendes Fahrzeug rechts zu überholen versucht.
  • Ansonsten muss er damit rechnen, dass ihn andere Fahrzeuge rechts überholen und darf den Abbiegevorgang daher nur nach gewissenhafter Rückschau ausführen.

Ob ein in eine Parkbucht Abbiegender daneben auch die Sorgfaltspflichten des § 9 Abs. 5 StVO beim Abbiegen in ein Grundstück beachten muss, ist umstritten.

  • Teilweise wird vertreten, dass Grundstücke i. S. v. § 9 Abs. 5 StVO alle nicht für den öffentlichen Verkehr bestimmten Flächen seien, also in erster Linie private Grundflächen und Privatwege. Tatsächlich oder rechtlich öffentliche Flächen, die nicht dem fließenden Verkehr dienen, wie Parkplätze, Parktaschen und Parkstreifen neben der Fahrbahn, seien hingegen Straßenteile i. S. v. § 10 StVO und damit von den Grundstücken i. S. v. § 9 Abs. 5 StVO deutlich zu unterscheiden. Nach dieser Auffassung stellen neben der Fahrbahn liegende und dem öffentlichen Verkehr dienende Parkboxen keine Grundstücke dar, so dass § 9 Abs. 5 StVO keine Anwendung findet.
  • Nach der Gegenauffassung stellen Grundstücke i. S. v. § 9 Abs. 5 StVO hingegen alle Verkehrsflächen dar, die nicht dem fließenden Verkehr dienen. Begründet wird dies mit der Funktion dieser Vorschrift, die den besonderen Gefahren Rechnung trage, die mit dem Verlassen des fließenden Verkehr verbunden seien. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung will ein in eine Parkbucht Abbiegender den fließenden Verkehr verlassen, wobei er die besonderen Sorgfaltspflichten des § 9 Abs. 5 StVO beachten müsste.

Der 9. Zivilsenat des OLG Hamm vertritt die Ansicht, dass neben der Fahrbahn liegende Parkbuchten und Parkboxen grundsätzlich keine Grundstücke i. S. v. § 9 Abs. 5 StVO darstellen.
Allerdings ist nach seiner Auffassung zu berücksichtigen, dass auch die mit dem Abbiegen auf Parkstreifen und in Parkboxen verbundenen Gefahren über die mit dem „normalen“ Abbiegen an Kreuzungen und Einmündungen verbundenen Gefahren hinausgehen können. Der rückwärtige Verkehr kann sich hierauf schlechter einstellen, weil eine angesteuerte Parkbox – ebenso wie auch eine Grundstückszufahrt – nicht so eindeutig zu erkennen ist wie eine angesteuerte Einmündung oder Kreuzung.
Dieses im Vergleich zum Abbiegen in eine Einmündung im Einzelfall erhöhte Gefährdungspotential soll in Anwendung des Rechtsgedankens der Vorschrift des § 9 Abs. 5 StVO bei der Gewichtung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge im Rahmen der Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVG berücksichtigt werden können, so dass danach die streitige Frage häufig nicht entscheidungserheblich ist.

 

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Prozesskostenhilfe – Folge einer verspäteten Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

Beantragt ein Beklagter Prozesskostenhilfe für seine Verteidigung gegen eine Klage und reicht er die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst ein, nachdem die Klage bereits zurückgenommen wurde, kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht mehr in Betracht.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 17.10.2013 – III ZA 274/13 – hingewiesen.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt nach Abschluss des Verfahrens – etwa durch Klagerücknahme – nur dann in Betracht, wenn zuvor der Prozesskostenhilfeantrag sowie die gemäß § 117 Abs. 2 bis 4 Zivilprozessordnung (ZPO) erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eingegangen sind, der Prozesskostenhilfeantrag mithin vollständig eingereicht worden ist.

Diese Voraussetzungen waren auch in dem Fall gegeben, welcher dem Beschluss des BGH vom 18.11.2009 – XII ZB 152/09 – zugrunde lag.

Ist die (vollumfängliche) Klagerücknahme indes eingegangen, bevor die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten eingereicht worden ist, liegen die Voraussetzungen für eine (rückwirkende) Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor und zwar auch dann nicht, wenn dem Beklagten vom Gericht unter Hinweis auf die in § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO vorgesehene Sanktion vor Eingang der Klagerücknahme eine Frist zur Vorlage der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gesetzt worden und die Einreichung dieser Erklärung innerhalb der eingeräumten Frist erfolgt ist.
Mit einer solchen Fristsetzung soll einem Beklagten im Stadium des noch anhängigen Prozesses (vor der vollständigen Klagerücknahme) vor Augen geführt werden, dass sein Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen werden kann, wenn er die geforderte Erklärung (nebst Belegen) nicht innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist vorlegt. Ein schützenswertes Vertrauen des Beklagten darauf, dass er sich unbeschadet vom weiteren Verfahrensgang bis zum Fristablauf Zeit lassen kann, wird hierdurch nicht begründet. Einem anwaltlich vertretenen Beklagten muss von vornherein bekannt sein, dass es für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Beifügung einer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedarf.

 

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Ordnungswidrigkeitenverfahren – Begeht ein auf dem Beifahrersitz sitzender Fahrlehrer eine Ordnungswidrigkeit, wenn er während einer Ausbildungsfahrt mit dem Handy telefoniert?

Ein auf dem Beifahrersitz sitzender Fahrlehrer darf während einer Ausbildungsfahrt mit einem entsprechend ausgerüsteten Pkw jedenfalls dann mit einem Mobiltelefon telefonieren, wenn der Pkw von einem (schon) fortgeschrittenen Fahrschüler geführt wird.

Das hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf mit Beschluss vom 04.07.2013 – IV-1 RBs 80/13 – entschieden.

Danach ist der Tatbestand des § 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung (StVO) schon deshalb nicht erfüllt, weil der das Mobiltelefon benutzende Fahrlehrer in einem solchen Fall kein Fahrzeug führt.
Zwar gilt gemäß § 2 Abs. 15 S. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) bei Ausbildungsfahrten der Fahrlehrer „im Sinne dieses Gesetzes als Führer des Kraftfahrzeugs“, wenn er den am Steuer sitzenden und noch nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis befindlichen Fahrschüler begleitet.

Diese gesetzliche Fiktion vermag nach Auffassung des 1. Senats für Bußgeldsachen des OLG Düsseldorf jedoch eine Ahndung des Fahrlehrers nach § 23 Abs. 1a StVO nicht zu rechtfertigen.
Soweit in Rechtsprechung und Lehre die Ansicht vertreten wird, dass die Norm eine ordnungswidrigkeitenrechtliche Haftung des die Fahrt nur begleitenden Fahrlehrers gemäß § 23 Abs. 1a S. 1 StVO begründe (so wohl OLG Bamberg, Beschluss vom 24.03.2009 – 2 Ss OWi 127/09 –), folgt der 1. Senats für Bußgeldsachen des OLG Düsseldorf dem nicht.

Dabei kann – wie der Senat ausführt – dahinstehen, ob schon der Wortlaut des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG („im Sinne dieses Gesetzes“) den Geltungsbereich der Norm ausschließlich auf das Straßenverkehrsgesetz beschränkt und damit die – immerhin auf seiner Grundlage erlassene – Straßenverkehrsordnung nicht erfasst.
Denn jedenfalls nach dem Sinn und Zweck der Norm sowie aus systematischen Gründen reicht die in § 2 Abs. 15 S. 2 StVG vorgesehene Fiktionswirkung nicht in den Bereich der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Haftung hinein.
Nach ihrem Sinn und Zweck dient die Vorschrift dem Schutz des Fahrschülers, indem sie ihn vor einer Strafbarkeit gemäß § 21 StVG bewahrt und an seiner Stelle den Fahrlehrer der zivilrechtlichen Gefährdungshaftung nach § 18 StVG unterwirft.
Ohne die gesetzliche Fiktion des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG würde der Fahrschüler, der während der Ausbildungsfahrt am Steuer sitzt, als Fahrzeugführer die Tatbestände der §§ 21, 18 StVG verwirklichen, was vom Gesetz nicht gewollt ist, denn er soll die erforderliche Fahrerlaubnis erst noch erwerben und dabei als Lernender – zulasten einer Verantwortlichkeit des ihn begleitenden Fahrlehrers – haftungsrechtlich privilegiert werden.

Dass der Fiktion eine über diese Rechtsfolgen hinausgehende, weiterreichende Wirkung nicht zukommen soll, zeigt schon ihr auf das Straßenverkehrsrecht beschränkter Anwendungsbereich, der insbesondere die §§ 315c, 316 Strafgesetzbuch (StGB ) unstreitig nicht erfasst (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 19.12.2005 – 3 Ss 588/05 –), obwohl diese Vorschriften tatbestandlich an das Führen eines Fahrzeuges anknüpfen.
§ 2 Abs. 15 S. 2 StVG verlagert die Verantwortlichkeit vom Fahrschüler auf den Fahrlehrer mithin lediglich partiell, ohne dass er jenseits seines „spezifischen Zusammenhangs mit dem Straßenverkehrsrecht“ in eine „Vorschrift zur strafrechtlichen Mithaftung des Fahrlehrers“ umgedeutet werden könnte.
Eine dahingehende Umdeutung kommt – schon aus systematischen Erwägungen – auch im Bereich der Ordnungswidrigkeiten nicht in Betracht. Andernfalls ergäben sich kaum zu rechtfertigende Wertungswidersprüche (Täterschaft des als Beifahrer angetrunkenen Fahrlehrers im Sinne des § 24a StVG, nicht aber der §§ 315c, 316 StGB ).

Der Fahrlehrer auf dem Beifahrersitz neben einem Fahrschüler ist auch in Anwendung allgemeiner Grundsätze nicht als Fahrzeugführer im Sinne von § 23 Abs. 1a S. 1 StVO anzusehen.
§ 23 Abs. 1a S. 1 StVO ist – ebenso wie die §§ 315c, 316 StGB – ein eigenhändiges Delikt. Es kann nur durch denjenigen verwirklicht werden, der das Fahrzeug in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung lenkt.
Ein Führen allein „durch Worte“ reicht hierfür nicht aus, so dass nach herrschender Meinung der eine Ausbildungsfahrt nur mündlich anleitende Fahrlehrer kein Fahrzeugführer ist, solange er nicht manuell in die Steuerung des Wagens eingreift.

Offen gelassen hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des OLG Düsseldorf, ob dies dann anders zu beurteilen ist, wenn sich der Fahrschüler infolge mangelhafter eigener Fahrkenntnisse „bedingungslos“ oder zumindest „im Wesentlichen“ nach den technischen Anweisungen des Fahrlehrers richtet. Denn in dem von ihm entschiedenen Fall war eine derartige Situation nicht gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass der Fahrlehrer während der Ausbildungsfahrt mit seinem – fortgeschrittenen – Fahrschüler dessen Verkehrsverhalten durch mündliche Anweisungen maßgeblich bestimmt hat, lagen nicht vor

 

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