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Pkw-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung und fester Laufzeit – Zum Charakter und zur Wirksamkeit der Minderwertausgleichsklausel.

Bei einem Leasingvertrag über einen Pkw mit Kilometerabrechnung und einer festen Laufzeit wird durch die Vertragsklauseln,

  • dass die Leasing-Raten, eine vereinbarte Sonderzahlung und eine Mehrkilometerbelastung Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeuges sind,
  • das Fahrzeug bei Rückgabe in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden sowie verkehrs- und betriebssicher sein muss, normale Verschleißspuren nicht als Schaden gelten und
  • wenn das Fahrzeug bei Rückgabe nach Ablauf der bei Vertragsabschluss vereinbarten Leasing-Zeit nicht dem Zustand entspricht, der Leasingnehmer zum Ersatz des entsprechenden Schadens verpflichtet ist,

ein Anspruch des Leasinggebers begründet, der aufgrund seiner leasingtypischen Amortisationsfunktion in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht als vertraglicher Erfüllungsanspruch zu charakterisieren ist (BGH, Urteil vom 24.04.2013 – VIII ZR 265/12 –).

Dem steht nicht entgegen, dass der Leasingnehmer nach dem Wortlaut der Klausel „zum Ersatz des entsprechenden Schadens“ verpflichtet wird. Die Begriffe „Minderwert“ und „Schaden“ werden hier synonym gebraucht; dies gilt ebenso für die Begriffe „Ausgleich“ und „Ersatz“ (BGH, Urteil vom 14.11.2012 – VIII ZR 22/12 –).

Daher kommt es nicht darauf an, ob der Leasing-Geber durch die Rückgabe des Fahrzeugs in schlechterem als dem vertragsgemäßen Zustand keinen Schaden erleidet oder sogar besser gestellt wird, weil er das Fahrzeug in jedem Fall zum vorab kalkulierten Restwert an den Lieferanten veräußern kann und er zusätzlich gegen den Leasingnehmer noch einen Minderwertausgleichsanspruch hat.
Der Minderwertausgleich tritt wirtschaftlich und rechtlich an die Stelle des ursprünglichen Anspruchs des Leasinggebers auf Rückgabe des Fahrzeugs in einem vertragsgerechten Erhaltungszustand.
Er ist ein vertraglicher Erfüllungsanspruch mit Amortisationsfunktion, dem der Leasingnehmer schadensrechtliche Einwände nicht entgegenhalten kann.
Aus dem Grund scheitert der Anspruch auf Minderwertausgleich auch nicht an einer fehlenden Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ).

Die in Teilen der Instanzrechtsprechung und des Schrifttums geäußerten Bedenken gegen die Wirksamkeit der in Rede stehenden Minderwertausgleichsklausel teilt der Senat nicht.
Ihrer Wirksamkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass dem Leasingnehmer kein Recht zur Nacherfüllung eingeräumt wird und dass der Anspruch des Leasinggebers auf Minderwertausgleich nicht voraussetzt, dass der Leasinggeber dem Leasingnehmer zuvor entsprechend § 281 Abs. 1 BGB erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt hat.

Dabei mag dahingestellt bleiben, ob der der Schadensersatznorm des § 281 Abs. 1 BGB zugrunde liegende Rechtsgedanke überhaupt auf den Anspruch auf Minderwertausgleich als vertraglichen Erfüllungsanspruch übertragbar ist.

Soweit mit der Forderung nach Fristsetzung zur Leistung und Nacherfüllung Aktionsmöglichkeiten des Leasingnehmers für die Zeit nach Vertragsablauf angesprochen sind, steht dem schon der Umstand im Wege, dass der Leasingnehmer nach Vertragsablauf nicht mehr zum Besitz des Leasingfahrzeugs berechtigt ist.

Zeitnah vor dem Rückgabetermin bei Vertragsablauf hindert die Minderwertausgleichsklausel den Leasingnehmer dagegen selbstredend nicht, das Leasingfahrzeug auf Mängel, Schäden und Abweichungen vom gewöhnlichen Erhaltungszustand begutachten zu lassen, soweit er diese nicht selbst zu erkennen oder zu beurteilen vermag, und für deren Beseitigung bis zur Rückgabe zu sorgen.

Gibt der Leasingnehmer das Fahrzeug hingegen erst mit Vertragsablauf zurück, ohne die zur Vermeidung einer Wertminderung erforderlichen Maßnahmen ergriffen zu haben, so begibt er sich der Möglichkeit, die Verpflichtung zum Minderwertausgleich in Geld durch eine kostengünstigere Vornahme der erforderlichen Arbeiten abzuwenden.
Dass die in Rede stehende Klausel für diesen Fall keine nachvertragliche Abhilfemöglichkeit vorsieht, benachteiligt den Leasingnehmer nicht unangemessen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 17.07.2013 – VIII ZR 334/12 – hingewiesen.

Vergleiche hierzu auch Blog „Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung und fester Laufzeit – Leasingnehmer muss beschädigungsbedingten Minderwertausgleich auch dann zahlen, wenn Leasinggeber bei Weiterverkauf den von ihm kalkulierten Restwert erzielt“.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Erblasser darf die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung aufgrund letztwilliger Verfügung erhalten soll, nicht einem anderen überlassen.

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat mit Beschluss vom 22.05.2013 – 31 Wx 55/13 – entschieden, dass ein Testament, in dem der Erblasser (lediglich) verfügt, „Erbe soll sein, wer sich bis zu meinem Tode um mich kümmert“, nichtig ist.
Denn eine ausdrückliche Bestimmung der Person des Bedachten habe der Erblasser damit nicht getroffen und diese könne auch nicht im Wege der Anwendung der allgemeinen Auslegungsgrundsätze i. S. der §§ 133, 2084 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) festgestellt werden.
Ein solches Testament lasse nämlich bereits offen, an welche Art von Kümmern der Erblasser gedacht habe, ob mit diesem Begriff also die körperliche Pflege gemeint war, die Hilfe bei der anfallenden Hausarbeit, eine seelische Stütze, die Erledigung finanzieller Angelegenheiten oder nur allgemein ein Schenken von Aufmerksamkeit.
Insofern stehe der Inhalt einer solchen Erbeinsetzung – nach Ansicht des OLG München – nicht im Einklang mit den Anforderungen an eine wirksame Verfügung i. S. des § 2065 Abs. 2 BGB.
Danach kann der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung auf Grund letztwilliger Verfügung erhalten soll, nicht einem anderen überlassen.
Dies bedeutet, dass der Erblasser im Hinblick auf die Individualisierung eines Bedachten seinen Willen nicht in der Weise unvollständig äußern darf, dass es einem Dritten überlassen bleibt, nach Belieben oder Ermessen den Erblasserwillen in wesentlichen Teilen zu ergänzen.
Nur die Bezeichnung, nicht die Bestimmung darf also einem Dritten übertragen werden.
Dann müssen aber die Hinweise im Testament so genau sein, dass eine jede mit genügender Sachkunde ausgestattete Person den Bedachten bezeichnen kann, ohne dass deren Ermessen auch nur mitbestimmend ist.

 

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Pferdekauf – Haftet der vom Verkäufer mit der Ankaufsuntersuchung beauftragte Tierarzt gegenüber dem Käufer?

Ein vom Verkäufer eines Pferdes beauftragter Tierarzt haftet gegenüber dem Käufer für Fehler bei einer Ankaufsuntersuchung, auch wenn er mit dem Verkäufer insoweit einen Haftungsausschluss vereinbart hat.

Das hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 05.09.2013 – 21 U 143/12 – entschieden, unter Hinweis darauf, dass er einer dem möglicherweise entgegenstehenden, vom 12. Zivilsenat des OLG Hamm im Urteil vom 29.05.2013 – 12 U 178/12 – vertretenen Auffassung, nicht folge.

In dem der Entscheidung des 21. Zivilsenat des OLG Hamm vom 05.09.2013 zu Grunde liegenden Fall erwarb die Klägerin von einem Pferdeverkäufer im Jahre 2010 eine laut Kaufvertrag vier Jahre alte Schimmelstute als Reitpferd zum Kaufpreis von 2.700 €.
Das angegebene Alter entsprach dem im Pferdepass aufgeführten Geburtsdatum des Tieres. Der Kaufvertrag sollte im Falle der erfolgreichen Durchführung einer Ankaufsuntersuchung durch die beklagte Tierarztpraxis wirksam werden.

Der Verkäufer beauftragte daraufhin den beklagten Tierarzt mit der Ankaufsuntersuchung.
Diese führte der Beklagte auf der Grundlage von Vertragsbedingungen durch, die Ansprüche der Käuferin ihm gegenüber ausschlossen.
In dem über die Ankaufsuntersuchung erstellten Protokoll, das die Käuferin in der Folgezeit billigte, vermerkte der Tierarzt nicht, dass das Tier noch ein vollständiges Milchgebiss hatte und deshalb – entgegen den Angaben im Pferdepass – noch keine vier Jahre alt sein konnte.

Nachdem die Klägerin erfahren hatte, dass das gekaufte Pferd erst ca. 2 1⁄2 Jahre alt war, hat sie von dem Beklagten Schadensersatz verlangt und diesen mit ihren Aufwendungen für das Pferd bis zum Erreichen des vierten Lebensjahres begründet. Zuvor habe das Tier, so ihre Begründung, einen Minderwert gehabt, weil es nicht als Reitpferd einzusetzen gewesen sei. In Kenntnis des tatsächlichen Alters hätte sie von dem Ankauf im Jahre 2010 abgesehen.

Der 21. Zivilsenat des OLG Hamm, der der Klägerin ca. 4.500 € Schadensersatz zugesprochen hat, vertritt die Auffassung, dass der zwischen dem Verkäufer und dem beklagten Tierarzt im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Pferdekaufs abgeschlossene Vertrag über die Durchführung einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung eine Schutzwirkung für den Kaufinteressenten entfalte. Ihm gegenüber hafte der Tierarzt für Fehler bei der Ankaufsuntersuchung.

Diese Haftung könne im Vertrag zwischen dem Verkäufer und dem Tierarzt nicht ausgeschlossen werden. Eine Haftungsfreizeichnung nur zu Lasten der Käuferin – wie sie der vorliegende Vertrag enthalte – sei unwirksam.

Bei der Untersuchung der Stute habe der Tierarzt eine Pflicht verletzt, weil er die Käuferin auf die sich aus dem Milchgebiss ergebenden Zweifel an dem im Pferdepass angegebenen Geburtsdatum nicht hingewiesen habe. In Kenntnis des tatsächlichen Alters von gut zwei Jahren hätte die Klägerin das Pferd nicht erworben, so dass ihr der Beklagte den Schaden zu ersetzen habe, der ihr durch den Erwerb des Tieres aufgrund des fehlerhaften Befundes entstanden sei.
Dieser setze sich aus Unterbringungs-, Verpflegungs- und Behandlungskosten für die Stute in Höhe insgesamt ca. 4.500 € zusammen. Die Kosten seien entstanden, bis das Pferd das Alter von vier Jahren erreicht habe.

Das hat der Pressedezernent des Oberlandesgerichts Hamm am 04.10.2013 mitgeteilt.

 

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Strafrecht – Zur Berechnung der Blutalkoholkonzentration bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit eines Täters.

Eine im Urteil vorgenommene Berechnung der Blutalkoholkonzentration (BAK) ist regelmäßig nur dann nachvollziehbar, wenn sich ihm die angewandte Methode – bei fehlender Blutprobe ist das die Widmark-Formel – und auch die Anknüpfungstatsachen wie Körpergewicht, Trinkbeginn und -ende, Mengenangaben und Alkoholgehalt sowie die der Berechnung zu Grunde liegenden (Rück-)Rechnungswerte wie Resorptionsdefizit, Reduktionsfaktor und Abbaugeschwindigkeit entnehmen lassen.

Macht der Angeklagte Angaben zu Art und Menge des vor der Tat konsumierten Alkohols, so ist der Tatrichter nicht gezwungen, diese Trinkmengenangaben schlechthin hinzunehmen.

Führen Angaben, für deren Richtigkeit es keine Beweise gibt, rechnerisch zu medizinisch unrealistischen Werten oder sind sie mit dem erwiesenen Verhalten nicht vereinbar, so darf der Tatrichter sie allerdings auch nicht ohne Weiteres als insgesamt unbrauchbar verwerfen, sondern hat eine Kontrollberechnung mit dem höchstmöglichen Abbauwert vorzunehmen und zusätzlich vom höchstmöglichen Resorptionsdefizit von 30 % auszugehen.

Darauf hat das Kammergericht (KG) mit Beschluss vom 12.04.2012 – (4) 121 Ss 57/12 (86/12) – hingewiesen.

Vergleiche in diesem Zusammenhang auch die Blogs „Wie errechnet man bei sich aus der Menge des getrunkenen Alkohols die Blutalkoholkonzentration (BAK) in Promille?“ und „Strafrecht – Bedeutung der errechneten Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit bei der Beurteilung der strafrechtlichen Schuldfähigkeit eines Täters“

 

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Zum Bereicherungsanspruch bei Nichteintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolgs – Wenn Erwartung enttäuscht wird.

Einem berechtigten Besitzer (beispielsweise einem Pächter oder Mieter), der in der begründeten Erwartung künftigen Eigentumserwerbs auf einem Grundstück Bauarbeiten vornimmt oder vornehmen lässt (beispielsweise ein Gebäude errichtet), kann nach § 812 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) ein Bereicherungsanspruch zustehen, wenn diese Erwartung später enttäuscht wird.
Soweit teilweise nicht auf eine begründete, sondern auf eine berechtigte Erwartung abgehoben wird, ist damit ein sachlicher Unterschied nicht verbunden.
Begründet ist eine solche Erwartung bereits dann, wenn die Bebauung und der spätere Eigentumserwerb auf einer tatsächlichen Willensübereinstimmung zwischen dem Bauenden und dem Grundstückseigentümer beruhen.
Schon dann nämlich ist für jeden verständigen Grundstückseigentümer klar, dass ihm die mit dem in Aussicht genommenen Eigentumserwerb des Bauwerks einhergehende Wertsteigerung des Grundstücks nicht verbleiben soll.
Will er für den Fall, dass es zu einem späteren Eigentumserwerb doch nicht kommt, einen Ausgleich ausschließen, ist er gehalten, einer ihm erkennbaren Erwerbserwartung entgegenzutreten; die für den Bereicherungsausgleich erforderliche tatsächliche Willensübereinstimmung kommt dann nicht zustande.

Ein Bereicherungsausgleich scheitert auch nicht daran, dass der Mieter oder Pächter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses grundsätzlich verpflichtet ist, Einrichtungen, Aufbauten und sonstige bauliche Anlagen zu entfernen, was selbst dann gilt, wenn der Vermieter oder Verpächter den Maßnahmen zugestimmt hat. Hiervon nicht erfasst wird die Sonderkonstellation, dass ein Grundstück in der begründeten, später aber enttäuschten Erwartung eines künftigen Eigentumserwerbs bebaut worden ist.
Eine solche – für Miet- und Pachtverträge atypische – Erwartung steht der Annahme einer abschließenden Regelung durch die miet- und pachtrechtlichen Gesetzesbestimmungen entgegen.
Da eine begründete Erwartung voraussetzt, dass die Aussicht auf einen späteren Eigentumserwerb von einer tatsächlichen Willensübereinstimmung mit dem Grundstückseigentümer getragen wird, erscheint ein Bereicherungsausgleich auch nicht unbillig.

Dieser Ausgleich kann allerdings rechtsgeschäftlich ausgeschlossen werden.

Da der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen der begründeten, später aber enttäuschten Erwartung eines späteren Eigentumserwerbs auf die Abschöpfung des Wertzuwachses gerichtet ist, den das Grundstück infolge von Baumaßnahmen erfahren hat, ist eine Klage unschlüssig, wenn der Kläger nur zum Wert der in das Grundstück eingebrachten Sachen vorträgt.
Selbst wenn man eine tatsächliche Vermutung oder eine Beweiserleichterung dahin annehmen wollte, dass dieser Wert der Wertsteigerung des Grundstücks zumindest näherungsweise entspricht, macht dies einen Vortrag des darlegungspflichtigen Klägers zu der Werterhöhung des Grundstücks nach der den Zivilprozess bestimmenden Beibringungsmaxime nicht entbehrlich.

Der Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung entsteht erst dann, wenn der Nichteintritt des bezweckten Erfolges feststeht und verjährt nach § 195 BGB i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 19.07.2013 – V ZR 93/12 – hingewiesen.

Vgl. zu der obigen Frage auch die Urteile des BGH vom 22.03.2013 – V ZR 28/12 – sowie vom 17.07.2013 – IV ZR 309/12 – und den Blog „Erbrecht – Wenn Geldleistung in Erwartung eines späteren Eigentumserwerbs infolge Erbeinsetzung erfolgt und der bezweckte Erfolg wegen Vorversterbens des Leistenden nicht eintreten kann“.

 

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Zivilprozess – Zur Hinweispflicht des Gerichts auf entscheidungserhebliche Umstände.

Das Gericht muss – in Erfüllung seiner prozessualen Fürsorgepflicht – gemäß § 139 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) Hinweise auf seiner Ansicht nach entscheidungserhebliche Umstände, die die betroffene Partei erkennbar für unerheblich gehalten hat, grundsätzlich so frühzeitig vor der mündlichen Verhandlung erteilen, dass die Partei die Gelegenheit hat, ihre Prozessführung darauf einzurichten und schon für die anstehende mündliche Verhandlung ihren Vortrag zu ergänzen und die danach erforderlichen Beweise anzutreten.

Erteilt es den Hinweis entgegen § 139 Abs. 4 ZPO erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben.

Das Urteil darf in dem Termin erlassen werden, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, wenn die Partei in der mündlichen Verhandlung ohne Weiteres in der Lage ist, umfassend und abschließend Stellung zu nehmen.

Ist das nicht der Fall, soll das Gericht auf Antrag der Partei Schriftsatznachlass gewähren, § 139 Abs. 5 ZPO.

Wenn es offensichtlich ist, dass die Partei sich in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend erklären kann, so muss das Gericht – wenn es nicht in das schriftliche Verfahren übergeht – auch ohne einen Antrag auf Schriftsatznachlass die mündliche Verhandlung vertagen, um Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Erlässt das Gericht in diesem Fall ein Urteil, ohne die Sache vertagt zu haben, verstößt es gegen den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 04.07.2013 – VII ZR 192/11 – hingewiesen.

 

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Strafrecht – Täuschung des Lesegeräts einer Selbstbedienungskasse durch Einscannen eines falschen Strichcodes.

Wer das Lesegerät einer Selbstbedienungskasse mit einem falschen Strichcode „täuscht“ und so für seine Ware einen zu geringen Preis bezahlt, begeht einen strafbaren Diebstahl nach § 242 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB ) und keinen Computerbetrug nach § 263 a Abs. 1 StGB.

Das hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 08.08.2013 – 5 RVs 56/13 – entschieden und damit die Revision eines Angeklagten gegen das Berufungsurteil des Landgerichts – unter Korrektur des Schuldspruches – als unbegründet verworfen.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Angeklagte in einem Supermarkt die Zeitschrift Playboy im Wert von 5 € an der Selbstbedienungskasse mit nur 1,20 € „bezahlt“, indem er an der Kasse nicht den Strichcode des Playboy, sondern den aus einer „WAZ“ herausgerissenen Strichcode über den geringeren Betrag von 1,20 € eingescannt hatte.
Auf dieselbe Art und Weise hatte er kurz darauf einen „Stern“ im Wert von 3,40 € für 1,20 € „eingekauft“.

Das Landgericht hatte dieses Vorgehen als strafbaren Computerbetrug bewertet und den Angeklagten zu einer Geldstrafe verurteilt.

Auf die Revision des Angeklagten hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm die verhängte Geldstrafe bestätigt, die Taten aber als strafbaren Diebstahl beurteilt.

Der Angeklagte habe zwar keinen Computerbetrug begangen, weil der manipulierte Datenverarbeitungsvorgang der Kasse noch keine Vermögensminderung bewirkt, sondern nur die Voraussetzungen für eine vermögensmindernde Tat – die nachfolgende Mitnahme der Zeitschriften – geschaffen habe.
Es liege aber ein strafbarer Diebstahl vor.
Der Angeklagte habe fremde Sachen weggenommen, um sich diese rechtswidrig zuzueignen. Die Zeitschriften seien ihm nicht übereignet worden, weil er diese zuvor nicht mit den ihnen zugewiesenen Strichcodes eingescannt habe.
Zu den tatsächlich eingescannten Preisen habe der Geschäftsinhaber nicht verkaufen wollen. Beide Zeitschriften habe der Angeklagte auch ohne Einverständnis des Geschäftsinhabers mitgenommen. Nachdem er zuvor einen nicht zu den Zeitschriften passenden Strichcode eingescannt hatte, seien die Bedingungen für einen vom Geschäftsinhaber gebilligten Gewahrsamswechsel beim Passieren der Kasse nicht erfüllt gewesen.

Das hat der Pressedezernent des Oberlandesgerichts Hamm am 01.10.2013 mitgeteilt.

 

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Flug verpasst wegen nicht zu vertretender Maßnahmen bei Sicherheitskontrolle – Besteht Entschädigungsanspruch?

Mit Urteil vom 12.08.2013 – 1 U 276/12 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main einem Reisenden, der aufgrund einer länger dauernden Sicherheitskontrolle am Flughafen Frankfurt seinen Flug nicht mehr erreichte, eine Entschädigung zugesprochen und damit die vorausgegangene Entscheidung des Landgerichts bestätigt.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall wollte der Kläger im Juli 2011 vom Flughafen Frankfurt aus einen Flug antreten, der um 4.20 Uhr starten sollte.
Im Sicherheitskontrollbereich wurde der Kläger aufgehalten, weil der Verdacht entstanden war, in seinem als Handgepäck mitgeführten Rucksack könnten sich gefährliche Gegenstände befinden. Wie für diese – häufig vorkommenden – Fälle vorgesehen, wurde von der Bundespolizei der Entschärfertrupp informiert, der um diese Uhrzeit nur eine Rufbereitschaft unterhält, weshalb es rund drei Stunden dauerte, bis die Personen der Entschärfertruppe die erforderlichen Überprüfungsmaßnahmen vor Ort durchführen konnten.
Hierbei konnte der Verdacht, dass sich im Rucksack des Klägers gefährliche Gegenstände befanden, entkräftet werden. Tatsächlich führte der Kläger darin lediglich eine Kamera, zwei Ladegeräte, ein Handy sowie Bekleidung und die später verfallenen Flugtickets mit.
In der Zwischenzeit war allerdings das Flugzeug, das der Kläger erreichen wollte, abgeflogen. Der Kläger buchte deshalb für sich und seinen Reisebegleiter Tickets für einen anderen Flug.
Die hierfür aufgewandten Kosten in Höhe von 911,98 € sind Gegenstand der Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland als Dienstherrin der Bundespolizei.

Das in erster Instanz angerufene Landgericht gab der Klage statt, im Wesentlichen mit der Begründung, der Bundesrepublik sei ein Organisationsverschulden zur Last zu legen, denn sie hätte dafür Sorge tragen müssen, dass die Überprüfung verdächtigen Gepäcks auch in der Nachtzeit schneller vonstatten gehen könne.

Die hiergegen gerichtete Berufung der beklagten Bundesrepublik wies das OLG Frankfurt am Main zurück, allerdings mit einer anderen Begründung als das Landgericht.

Nach Auffassung des OLG kann der Kläger von der Beklagten wegen der Kontrollmaßnahmen eine Entschädigung nach aufopferungsrechtlichen Grundsätzen verlangen.
Von einer Aufopferung spricht man, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff der Staatsgewalt Rechts- oder Lebensgüter verletzt werden und dies für den betroffenen Bürger ein Sonderopfer darstellt. Der Eingriff muss dabei durch das Allgemeinwohl bestimmt sein. Der Aufopferungsanspruch wird durch Spezialgesetze verdrängt und gewährt eine Entschädigungsleistung in Geld.

Eine Entschädigung nach aufopferungsrechtlichen Grundsätzen könne der Kläger verlangen, weil die Annahme, in dem Rucksack befänden sich möglicherweise gefährliche Gegenstände, nicht dadurch entstanden sei, dass der Kläger gefährlich aussehende Gegenstände mitführte, sondern durch gewisse „Überlagerungen“ auf dem Röntgenbild des Kontrollgeräts. Deshalb habe der Kläger die Umstände, die den Verdacht begründeten, nicht selbst zu verantworten. Auch die zeitliche Verzögerung, die dazu führte, dass er und sein Reisebegleiter den gebuchten Flug versäumten, habe der Kläger nicht zu verantworten. Die Verzögerung beruhe vielmehr darauf, dass die Beklagte aus Haushaltserwägungen nachts ihren Entschärfertrupp nur in Rufbereitschaft vorhalte und die herbeigerufenen Beamten deshalb erst nach längerer Anfahrt am Flughafen eintrafen. Der Kläger müsse zwar im Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit Kontrollmaßnahmen hinnehmen. Es sei ihm aber nicht zuzumuten, den infolge dieser Maßnahmen entstandenen zusätzlichen Nachteil – den Verfall der Flugtickets und den notwendigen Erwerb zweier Ersatztickets – zu tragen. Ein solcher Nachteil entstehe anderen Fluggästen bei Sicherheitskontrollen im regulären Tagesbetrieb in der Regel nicht und stelle deshalb – entgegen der Auffassung der Beklagten – kein allgemeines Lebensrisiko dar, sondern belaste den Kläger insoweit mit einem Sonderopfer, für das er Entschädigung verlangen könne.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mitgeteilt.

 

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Strafrecht – Trunkenheit im Verkehr – Fahruntüchtigkeit.

Das Landgericht (LG) Gießen hat mit Beschluss vom 12.09.2013 – 7 Qs 141/13 – darauf hingewiesen, dass, auch wenn der für Alkohol existierende Grenzwert von 1,1 Promille nur knapp unterschritten und andere berauschende Mittel (beispielsweise THC, Amphetamin) nachgewiesen sind, Fahruntüchtigkeit nur bei Feststellung konkreter Ausfallerscheinungen gegeben ist.

Nach § 316 Strafgesetzbuch (StGB ) macht sich strafbar, wer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr sicher zu führen.
Dies ist – unabhängig von der Fahrweise – stets der Fall, wenn auf den Fahrer eines Kraftfahrzeugs zum Zeitpunkt der Fahrt ein Blutalkoholgehalt von 1,1‰ oder mehr einwirkt (beim Fahrradfahrer sind es 1,6‰).
Liegt die alkoholische Beeinflussung allerdings unter diesem Wert oder wirken auf den Fahrer „andere berauschende Mittel“ ein, müssen weitere Tatsachen hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Fahrzeugführers infolge Enthemmung sowie geistig-seelischer und körperlicher Leistungsausfälle so erheblich herabgesetzt ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr über eine längere Strecke, und zwar auch bei plötzlichem Auftreten schwieriger Verkehrslagen, sicher zu führen.

Dies gilt auch dann, wenn der für Alkohol existierende Grenzwert von 1,1‰ nicht erreicht ist und auf den Fahrer neben dem Alkohol zusätzlich andere berauschende Mittel – beispielsweise THC und Amphetamin – einwirken.

Das Zusammenwirken von Alkohol und Drogen kann zwar das Reaktionsvermögen eines Fahrers und seine Fähigkeit, die Verkehrslage richtig einzuschätzen, beeinträchtigen. Auch eine Überschätzung des eigenen Leistungsvermögens kommt in Betracht.
Dies allein genügt jedoch nicht zum Nachweis der Fahruntüchtigkeit.
Erforderlich ist vielmehr die Feststellung konkreter Ausfallerscheinungen wie etwa eine regelwidrige, unbesonnene, sorglose oder leichtsinnige Fahrweise oder die Beeinträchtigung der Körperbeherrschung, die sich beispielsweise im Stolpern oder Schwanken beim Gehen manifestieren kann.

Rechtsanwalt Ingo-Julian Rösch

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Arbeitsrecht – Wann liegt ein Werk-, wann ein Arbeitsvertrag vor?

Nach § 631 BGB wird der Unternehmer durch einen Werkvertrag zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrags ist die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg.

Gegenstand eines Dienstvertrags nach § 611 Abs. 1 BGB ist dagegen die Tätigkeit als solche. Bei einem Arbeitsverhältnis wird die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden, d.h. in persönlicher Abhängigkeit geleistet.

Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.
Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend.

Einen Streit zwischen den Parteien darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis oder ein Werkvertrag besteht, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 25.09.2013 – 10 AZR 282/12 – entschieden und auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses erkannt.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war der Kläger für den Beklagten mit Unterbrechungen seit 2005 auf der Grundlage von zehn als Werkvertrag bezeichneten Verträgen tätig geworden.
Im letzten Vertrag vom 23.03./01.04.2009 war die „Vorarbeit für die Nachqualifizierung der Denkmalliste für die kreisfreie Stadt und den Landkreis F. sowie für den Landkreis N.“ vereinbart.
Danach war Aufgabe des Klägers, im Rahmen des Nachqualifizierungs- und Revisionsprojekts des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) Bodendenkmäler in einem EDV-gestützten System zu erfassen und nachzuqualifizieren.
Abhängig vom Standort der Ortsakten konnte die Tätigkeit nur in den Dienststellen des BLfD erbracht werden. Einen Schlüssel zu diesen Dienststellen besaß der Kläger nicht. Er hat regelmäßig von 07.30 Uhr bis 17.00 Uhr gearbeitet, über einen zur Verfügung gestellten PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung wurde ihm der Zugang zu den Eingabemasken ermöglicht.
Der Termin zur Fertigstellung der vereinbarten Leistungen wurde anhand der Zahl der im Arbeitsgebiet bekannten archäologischen Fundstellen kalkuliert und auf den 30.11.2009 festgelegt. Dem Kläger war gestattet, die Vergütung i.H.v. 31.200 Euro incl. Mehrwertsteuer nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter Gebiete in Einzelbeträgen von 5.200 Euro abzurechnen.

Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass zwischen den Parteien nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Revision des Beklagten vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts blieb ohne Erfolg.

In seiner Entscheidung hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts darauf hingewiesen, dass bereits die Gestaltung des „Werkvertrags“ erkennen lässt, dass nicht die Herstellung einer Sache oder eines Erfolgs, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet wird.
Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kumulation und Verdichtung der Bindung des Klägers sei in einer Gesamtschau als Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das hat der Pressesprecher des Bundesarbeitsgerichts am 25.09.2013 – Nr. 55/13 – mitgeteilt.

 

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