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Bundesjagdgesetz (BJagdG) – Ohne rechtzeitige Anmeldung kein Anspruch auf Ersatz eines Wildschadens.

Wer landwirtschaftliche Flächen bewirtschaftet, die zu einem Jagdbezirk gehören, dessen Anspruch auf Ersatz von Wildschäden (§§ 29, 30 BJagdG) erlischt nach § 34 BJagdG, wenn er den Schadensfall nicht binnen einer Woche, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erhalten hat oder bei Beobachtung gehöriger Sorgfalt erhalten hätte, bei der zuständigen Behörde anmeldet.
Die Wochenfrist ist eine von Amts wegen zu beachtende Ausschlussfrist, deren Versäumen den Anspruch zum Erlöschen bringt.
Die Beweislast für die Einhaltung der Frist trifft den Geschädigten. Hierbei hängt die Ausschlusswirkung nicht davon ab, ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Beweisschwierigkeiten auftreten. Ist die Frist versäumt, bedarf es keiner weiteren Feststellungen zur Schadensursache. Nach der gesetzlichen Wertung soll der Schadensfall dann vielmehr zum Nachteil des Geschädigten abgeschlossen sein.
Die gesetzlich vorgeschriebene Anmeldung bezieht sich dabei nur auf den Schaden, von dem der Berechtigte in der Wochenfrist Kenntnis erhalten hat oder bei Erfüllung seiner Kontrollobliegenheit hätte erhalten können.
Schadensfall im Sinne des § 34 Satz 1 BJagdG ist insoweit der durch das Eindringen von Schadwild in die landwirtschaftlich genutzten Flächen konkret entstandene Schaden. Ein zeitlich späterer Schaden ist nicht Gegenstand der Anmeldung, zumal es diesbezüglich zunächst ebenfalls der zeitnahen und zuverlässigen Ermittlung ihres Verursachers bedarf. Deshalb sind neue Schäden grundsätzlich zusätzlich zu melden.

Ist nur ein Teil eines Schadens rechtzeitig gemeldet, ein Teil dagegen versäumt worden, so geht dies zulasten des Geschädigten, wenn sich der Schaden nicht mehr zuordnen lässt und auch eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO mangels greifbarer Anhaltspunkte unzulässig ist.
Der Geschädigte geht dann seines Ersatzanspruchs in vollem Umfang verlustig.

Darauf hat das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 28.03.2013 – 13 S 173/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Wenn bei einer rechtmäßigen polizeilichen Durchsuchung die vermietete Wohnung beschädigt wird – Ansprüche des Vermieters gegen den Staat?

Wird im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens aufgrund einer richterlichen Anordnung die von dem Beschuldigten angemietete Wohnung durchsucht und werden dabei von der Polizei das zum Einsteigen benutzte Fenster beschädigt und der Teppichboden verunreinigt, kann der Vermieter der Wohnung dann Ersatz des ihm entstanden Schadens vom Staat verlangen?

Da es um die Entschädigung eines Nichtbeschuldigten geht, besteht in derartigen Fällen zwar kein Anspruch auf Entschädigung nach § 2 Abs. 1, 2 Nr. 4 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) und, wenn die Durchsuchung der Wohnung, auch in ihrer konkreten Durchführung, rechtmäßig war (§§ 102, 105 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO )), kein Schadensersatzanspruch nach § 839 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ), Art. 34 Grundgesetz (GG).

In Betracht kommt aber ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff.

Ansprüche aus enteignendem Eingriff kommen dann in Betracht, wenn an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahmen bei einem Betroffenen unmittelbar zu Nachteilen führen, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen.

Wird in Fällen wie dem vorliegenden, das Eigentum eines Vermieters für Zwecke der Strafverfolgung und damit im öffentlichen Interesse in Anspruch genommen und der Vermieter einem staatlichen Eingriff ausgesetzt, der ihn anders als andere Eigentümer zu einer Aufopferung im öffentlichen Interesse zwingt, handelt es sich hierbei um ein Sonderopfer, das entschädigungslos hinzunehmen dem Einzelnen nicht zuzumuten ist.

Eine fühlbare Beeinträchtigung des betroffenen Eigentums, die für die Annahme eines nicht hinzunehmenden Sonderopfers ausreicht, liegt bei der gezielten Beschädigung beziehungsweise Zerstörung von Eigentum durch strafprozessuale Zwangsmaßnahmen – abgesehen von Bagatellfällen – bereits in der Substanzverletzung. Deshalb scheidet der Ersatzanspruch in solchen Fällen auch dann nicht aus, wenn der eingetretene Schaden nur ein paar Hundert Euro beträgt.
Ob dem Vermieter möglicherweise ein Anspruch auf Schadensersatz gegen seinen Mieter zusteht ist unerheblich. Die Regelung des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach dann, wenn einem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last fällt, dieser – beziehungsweise die haftpflichtige Körperschaft (Art. 34 Satz 1 GG) – nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag, gilt nicht für andere selbständige Erstattungsansprüche gegen den Staat. Auch kann das Vorliegen eines Sonderopfers nicht vom Fehlen einer solchen anderweitigen Ersatzmöglichkeit abhängig gemacht werden.
Von dem Abverlangen eines Sonderopfers im öffentlichen Interesse und damit einem gleichheitswidrigen, entschädigungspflichtigen staatlichen Verhalten kann allerdings regelmäßig dann keine Rede sein, wenn sich der nachteilig Betroffene freiwillig in eine gefährliche Situation begeben hat, deren Folgen dann letztlich von ihm herbeigeführt und grundsätzlich selbst zu tragen sind.
Keinen Anspruch aus enteignendem Eingriff hat deshalb ein Vermieter, der weiß beziehungsweise davon erfährt oder dem es sich aufdrängen muss, dass seine vermietete Wohnung für die Begehung von Straftaten, beispielsweise die Lagerung von Diebesgut, von Drogen in nicht unerheblicher Menge benutzt wird oder werden soll, und der Vermieter gleichwohl den Mietvertrag abschließt oder von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 14.03.2013 – III ZR 253/12 – hingewiesen.

 

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Ordnungswidrigkeitenverfahren – Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgeräts – Beiziehung und Zurverfügungstellung zur Einsicht?

Befindet sich die Bedienungsanleitung eines angewandten standarisierten Messverfahrens bei der Gerichtsakte hat das Tatgericht auf entsprechendes Akteneinsichtsgesuchs diese dem Verteidiger zur Verfügung zu stellen. Gleiches gilt für die Unterlagen, die das Tatgericht dem von ihm beauftragten Sachverständigen für sein Gutachten zur Verfügung stellt, was sich bereits daraus ergibt, dass diese Unterlagen Teil der Gerichtsakte sind und damit von dem umfassenden Akteneinsichtsrecht (§§ 46 Abs.1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG), 147 Strafprozessordnung (StPO)) erfasst sind.

Anders verhält es sich hingegen, wenn die Bedienungsanleitung des standarisierten Messverfahrens nicht bei der Gerichtsakte ist. In diesem Fall ist das Tatgericht grundsätzlich nicht verpflichtet, derartige Unterlagen vom Hersteller oder der Polizei auf Antrag der Verteidigung beizuziehen. Lehnt das Tatgericht einen derartigen pauschalen Antrag auf Beiziehung ab, begründet dies in der Regel weder einen Verstoß nach § 338 Nr. 8 StPO, noch einen nach § 244 StPO.

Hält der Tatrichter eine Einsicht in die Bedienungsanleitung des Messgeräts für seine Überzeugungsbildung für notwendig und macht er damit seine Überzeugungsbildung von der Kenntnis des Inhalts dieser Anleitungen abhängig, dann muss er diese ordnungsgemäß als Beweismittel ins Verfahren einbringen, damit er sie in seiner Beweiswürdigung verwenden kann.
Hält der Tatrichter hingegen die Kenntnisnahme oder Einsicht in die Bedienungsanleitung für seine Überzeugungsbildung nicht für notwendig, weil in aller Regel das Beweismittel für den ordnungsgemäßen Aufbau des konkreten Messgeräts der Messbeamte ist der die angegriffene Messung vorgenommen hat und das Tatgericht seine Überzeugungsbildung alleine auf dessen Zeugenaussage stützt, muss er die Bedienungsanleitung auch nicht beiziehen wenn sich aus der Aussage keine begründeten Zweifel ergeben, die die Beiziehung zu Beweiszwecken notwendig erscheinen lässt.
Hat das Tatgericht nach den Angaben des Messbeamten keine Zweifel daran, dass dieser das Messgerät ordnungsgemäß aufgebaut hat, reicht diese bloße Feststellung in den Urteilsgründen grundsätzlich aus.
Nur wenn sich tatsachenfundierte begründete Zweifel ergeben, dass der Aufbau der Messstelle nicht ordnungsgemäß war und dieser Fehler sich ebenfalls tatsachenfundiert begründet generell auf die Messung auswirkt und im konkreten Fall tatsachenfundiert begründet auch ausgewirkt hat und zwar dergestalt, dass sich die konkrete Messung gegenüber dem Betroffenen nicht mehr durch die technisch eigebauten Toleranzen kompensiert als unverwertbar herausstellt, ist das Tatgericht verpflichtet dazu nähere Ausführungen zu machen.
Tut es das nicht, besteht die Möglichkeit, dies mit einer zulässigen Verfahrensrüge in der Rechtsbeschwerde zu rügen.
Abstrakten Anträgen, die erst auf die Ermittlung möglicher Fehler gerichtet sind, ohne dass dafür konkrete tatsachenbelegte Anhaltspunkte ersichtlich sind, hat der Tatrichter hingegen nicht nachzugehen. Derartige einem Beweisantrag vorgelagerte Ermittlungen sind ureigene Aufgabe desjenigen, der diese Ermittlungen für notwendig hält.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt mit Beschluss vom 12.04.2013 – 2 Ss-OWi 173/13 – entschieden.

 

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Strafrecht – Strafprozess – Anforderungen an Beweisantrag.

Ein Beweisantrag im Sinne des § 244 Abs. 3 bis 6 Strafprozessordnung (StPO) setzt

  • die konkrete und bestimmte Behauptung einer Tatsache und
  • die Benennung eines bestimmten Beweismittels

voraus, mit dem der Nachweis der Tatsache geführt werden soll.

Bei einem Antrag auf Vernehmung eines Zeugen kommen als Beweisbehauptung nur solche Tatsachen in Betracht, die der benannte Zeuge aus eigener Wahrnehmung bekunden kann (also nur solche Umstände oder Geschehnisse, die der Zeuge selbst mit einem seiner fünf Sinne wahrgenommen hat).

Ist aus dem Inhalt des Beweisbegehrens ein verbindender Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Zeugen nicht ohne weiteres erkennbar, ist für das Vorliegen eines Beweisantrages weiterhin erforderlich, dass der Antragsteller näher darlegt, weshalb der Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema bekunden können soll.
Die Ausführungen zur Konnexität im weiteren sollen dem Gericht eine sachgerechte Prüfung und Anwendung der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 StPO ermöglichen, wobei hier – anders als bei der Bestimmtheit der von dem benannten Zeugen wahrgenommenen Beweistatsache – der Ablehnungsgrund der völligen Ungeeignetheit des Beweismittels nach § 244 Abs. 3 S. 2 Alt. 3 StPO im Vordergrund steht. Durch den Bezug auf die völlige Ungeeignetheit, die nur aus dem Beweismittel selbst in Beziehung zu der Beweisbehauptung ohne Rückgriff auf das bisherige Beweisergebnis abgeleitet werden darf, werden die unter dem Gesichtspunkt der Konnexität im weiteren Sinne erforderlichen Angaben zugleich auf solche beschränkt, die die Wahrnehmungssituation (Wahrnehmungsmöglichkeit) des benannten Zeugen betreffen.
Ausführungen zur inhaltlichen Plausibilität der Beweisbehauptung können dagegen vom Antragsteller in diesem Zusammenhang nicht verlangt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlt einem Antrag, mit dem zum Nachweis einer bestimmten Beweistatsache ein bestimmtes Beweismittel bezeichnet wird, die Eigenschaft eines nach § 244 Abs. 3 bis 6 StPO zu bescheidenden Beweisantrages, wenn

  • die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und
  • ohne begründete Vermutung für ihre Richtigkeit aufs Geratewohl ins Blaue hinein aufgestellt wurde.

Ob eine solche nicht ernstlich gemeinte Beweisbehauptung gegeben ist, beurteilt sich aus der Sicht eines verständigen Antragstellers auf der Grundlage der von ihm selbst nicht in Frage gestellten Tatsachen, wobei zu beachten ist, dass es dem Antragsteller grundsätzlich nicht verwehrt sein kann, auch solche Tatsachen unter Beweis zu stellen,

  • die er lediglich für möglich hält oder
  • nur vermutet.

Nicht ausreichend ist, wenn die bisherige Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Beweisbehauptung ergeben hat oder die unter Beweis gestellte Tatsache objektiv ungewöhnlich oder unwahrscheinlich erscheint oder eine andere Möglichkeit näher gelegen hätte.
Vielmehr wird für erforderlich gehalten, dass

  • die Bestätigung der Beweisbehauptung aufgrund gesicherter bisheriger Beweisaufnahme offensichtlich unwahrscheinlich sein muss, was etwa anzunehmen sein soll, wenn eine Mehrzahl neutraler Zeugen eine Tatsache übereinstimmend bekundet hat und,
  • ohne Beleg für entsprechende tatsächliche Anhaltspunkte, das Gegenteil in das Wissen eines völlig neu benannten Zeugen oder eines Zeugen gestellt wird, dessen Zuverlässigkeit naheliegenden Zweifeln begegnet.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 04.12.2012 – 4 StR 372/12 – hingewiesen.

 

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Strafrecht – Strafprozess – Zeuge vom Hörensagen – Fehlerhafte Beweiswürdigung.

Bekundet ein Zeuge, der Angeklagte habe ihm gegenüber die Tat eingeräumt, dürfen auf die Angaben dieses Zeugen den Angeklagten belastende Feststellungen nur getroffen werden, wenn die Bekundungen dieses Zeugen, der (nur) Zeuge vom Hörensagen ist, durch andere wichtige Gesichtspunkte bzw. Indizien von Gewicht bestätigt und belegt sind.

Als auf „Täterwissen basierend“ können solche Bekundungen nur dann gewertet werden, wenn sich das Gericht hinreichend mit der Möglichkeit auseinander gesetzt hat, ob der Zeuge diese Kenntnisse auch aus anderer Quelle erlangt haben kann.

Die Beweiswürdigung ist ansonsten rechtsfehlerhaft, so dass eine Revision des Angeklagten in einem solchen Fall schon mit der Sachrüge Erfolg hat.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 09.04.2013 – 5 StR 138/13 – hingewiesen.

 

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Betreuungsrecht – Keine Betreuung bei Vorsorgevollmacht.

Gemäß § 1896 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 BGB bezeichneten Personen gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.
Aufgrund dieser Vorschrift ist die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung grundsätzlich nachrangig zu einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht.

Eine zu einer bestehenden Vorsorgevollmacht parallel angeordnete Betreuung ist aufheben.

Ist eine Vorsorgevollmacht „in allen persönlichen Angelegenheiten“ erteilt, die auch „Aufenthalts- und Unterbringungsregelungen“ umfasst und zur Vermeidung einer rechtlichen Betreuung dienen sollte, kann die Reichweite der Vollmacht dahingehend ausgelegt werden, dass der verwendete Begriff der „Unterbringungsregelungen“ in so einem Fall nicht nur die Heimunterbringung als solche, sondern auch die Vertretung bei den im Zusammenhang damit stehenden weiteren unterbringungsähnlichen Maßnahmen umfasst.

Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers allerdings dann nicht entgegen, wenn

  • Zweifel an der Wirksamkeit der erteilten Vollmacht bestehen oder
  • bestimmte Tatsachen den Bevollmächtigten als ungeeignet erscheinen lassen (beispielsweise bei erheblichen Zweifeln an der Redlichkeit eines Bevollmächtigten in vermögensrechtlichen Angelegenheiten des Betroffenen oder am Einsatz der Vollmacht zum Wohl des Betroffenen oder bei einer konkreten Gefahr des Vollmachtmissbrauchs),

mit der Folge, dass dann eine Vollbetreuung einzurichten ist.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) in den Beschlüssen vom 28.03.2012 – XII ZB 629/11 – und 13.02.2013 – XII ZB 647/12 – hingewiesen.

Vorsorgevollmachten (aber auch Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung) können der Bundesnotarkammer zur Eintragung in das Zentrale Vorsorgeregister übermittelt werden.
Von dieser Möglichkeit sollte Gebrauch gemacht werden, weil dann sichergestellt ist, dass Gerichte rechtzeitig erfahren, ob und ggf. was ein Betroffener in betreuungsrechtlicher Hinsicht verfügt hat.

 

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Strafrecht – Verkehrsunfall eines alkoholbedingt fahruntüchtigen Kraftfahrers.

Bei der Prüfung der Frage, ob ein Verkehrsunfall für einen alkoholbedingt fahruntüchtigen Kraftfahrer auf ein pflichtwidriges Verhalten zurückzuführen und vermeidbar war, ist nicht darauf abzustellen, ob der Fahrer in nüchternem Zustand den Unfall und die dabei eingetretenen Folgen bei Einhaltung derselben Geschwindigkeit hätte vermeiden können; vielmehr ist zu prüfen,

  • bei welcher geringeren Geschwindigkeit er – abgesehen davon, dass er als Fahruntüchtiger überhaupt nicht am Verkehr teilnehmen durfte – noch seiner durch den Alkoholeinfluss herabgesetzten Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit bei Eintritt der kritischen Verkehrslage hätte Rechnung tragen können, und
  • ob es auch bei dieser Geschwindigkeit zu dem Unfall und den (diesen) dabei eingetretenen Folgen (Verletzungen) gekommen wäre.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 06.12.2012 – 4 StR 369/12 – hingewiesen.

 

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Ordnungswidrigkeitenverfahren – Teilnahme an einem nicht genehmigten Rennen mit Kraftfahrzeugen.

Gegen einen Teilnehmer an einem nicht genehmigten Rennen mit Kraftfahrzeugen kann nach §§ 29 Abs. 1, 49 Abs. 2 Nr. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO), § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG) eine Geldbuße und ein Fahrverbot verhängt werden.
Ein Rennen im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO ist ein Wettbewerb oder Wettbewerbsteil zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen, bei dem es darum geht, zwischen mindestens zwei Teilnehmern einen Sieger durch Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit zu ermitteln. Eine vorherige Absprache aller Beteiligten bedarf es dabei nicht.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Beschluss vom 05.03.2013 – III-1 RBs 24/13 – hingewiesen.

 

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Nacherfüllungsverlangen – Voraussetzung für die Wirksamkeit.

Will ein Käufer wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache vom Vertrag zurücktreten (§§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )) und setzt dies voraus, dass er dem Verkäufer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat, kann der Käufer als Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB nach seiner Wahl

  • die Beseitigung des Mangels oder
  • die Lieferung einer mangelfreien Sache

verlangen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ist ein solches Nacherfüllungsverlangen nur wirksam, wenn der Käufer auch bereit ist, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm nicht Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat. Denn dem Verkäufer soll es mit der ihm vom Käufer einzuräumenden Gelegenheit zur Nacherfüllung gerade ermöglicht werden, die verkaufte Sache darauf zu überprüfen, ob der behauptete Mangel besteht und ob er bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat, auf welcher Ursache er beruht sowie ob und auf welche Weise er beseitigt werden kann. Der Verkäufer kann von der ihm zustehenden Untersuchungsmöglichkeit nur Gebrauch machen, wenn ihm der Käufer die Kaufsache zu diesem Zweck zur Verfügung stellt.
Bevor er Gelegenheit gehabt hat, die Kaufsache auf die vom Käufer gerügten Mängel zu untersuchen, ist der Verkäufer auch nicht verpflichtet, der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung zuzustimmen. Dies folgt bereits daraus, dass der Verkäufer erst auf Grund einer solchen Untersuchung beurteilen kann, ob die gerügten Mängel bestehen und bereits bei Gefahrübergang vorgelegen haben; nur unter dieser Voraussetzung ist der Verkäufer überhaupt zur Nacherfüllung verpflichtet. Darüber hinaus bedarf es der vorherigen Untersuchung auch im Hinblick auf die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung. Denn von den Feststellungen des Verkäufers zur Ursache eines etwa vorhandenen Mangels und dazu, ob und auf welche Weise dieser beseitigt werden kann, hängt ab, ob sich der Verkäufer auf die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung einlassen muss oder ob er sie nach § 275 Abs. 2 und Abs. 3 BGB oder § 439 Abs. 3 BGB verweigern kann.

Ferner setzt das Nacherfüllungsverlangen eine Zurverfügungstellung am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, voraus. Für dessen Bestimmung ist im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB maßgebend mit der Folge, dass bei einem Fehlen vertraglicher Vereinbarungen über den Erfüllungsort auf die jeweiligen Umstände, insbesondere auf die Natur des Schuldverhältnisses abzustellen ist und dass dann, wenn sich hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen lassen, der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln ist, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz (§ 269 Abs. 2 BGB ) hatte.

Darauf hat der BGH in seinen Urteilen vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08 – und 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 – hingewiesen.

 

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Buchung einer Kreuzfahrt – Pauschalreisevertrag – Kündigungsrecht bei Verhinderung der Anreise durch höhere Gewalt.

Wer über ein Reisebüro bei einem Veranstalter eine Kreuzfahrt bucht, schließt einen vom Reisebüro vermittelten Vertrag mit dem Veranstalter über die Durchführung einer Kreuzfahrt ab, bei dem es sich auch dann um einen Reisevertrag im Sinne des § 651a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) handelt, wenn der Reiseveranstalter nicht die Beförderung zum Ausgangsort der Kreuzfahrt übernommen hat, sondern diese von dem Reisenden gesondert gebucht worden ist.
Nach Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (Amtsblatt Nr. L 158 vom 23.06.1990, S. 59-64) ist eine Pauschalreise die im Voraus festgelegte Verbindung von mindestens zwei Dienstleistungen wie Beförderung, Unterbringung oder anderen touristischen Dienstleistungen, die zu einem Gesamtpreis verkauft oder zum Verkauf angeboten wird, wenn eine Leistung länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschließt. Danach muss eine Gesamtheit oder Bündelung von Reiseleistungen vorliegen. Dies ist bei einer Kreuzfahrt der Fall.
Auch wenn der Reiseveranstalter nicht die Beförderung zum Ausgangsort der Kreuzfahrt übernommen hat, sind gleichwohl mehrere Reiseleistungen Bestandteil der Schiffsreise. Dazu gehören die mehrere Tage dauernde Beförderung mit dem Kreuzfahrtschiff, die Unterbringung auf dem Schiff, die Verpflegung, die unter Umständen über die übliche Verpflegung in einem Hotel und damit über eine bloße Nebenleistung hinausgeht und in der Regel weitere Leistungen wie z.B. für die Unterhaltung der Reisenden an Bord vorgesehene Veranstaltungen. Gegenstand des Vertrages zwischen dem Reisenden und dem Veranstalter sind jedenfalls die Leistungen Beförderung und Unterbringung als Gesamtheit, so dass von einem Reisevertrag auszugehen ist.

Ein solcher Vertrag über die Teilnahme an der durchzuführende Kreuzfahrt kann gegenüber dem Veranstalter vom Reisenden gemäß § 651 j Abs. 1 BGB gekündigt werden, wenn infolge höherer Gewalt – beispielsweise durch ein nach einem Vulkanausbruch angeordnetes Flugverbot – dem Reisenden die Anreise zum Ausgangsort der Kreuzfahrt unmöglich oder die Anreise dem Reisenden erheblich erschwert, d. h. mit unzumutbaren Belastungen verbunden ist.
§ 651j BGB gilt für Fälle höherer Gewalt, die die Geschäftsgrundlage berühren; es handelt sich um eine Spezialvorschrift im Bereich der Störung der Geschäftsgrundlage. Anstelle der bei einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB möglichen Anpassung des Vertrags eröffnet § 651j Abs. 1 BGB die Möglichkeit der Kündigung „allein nach Maßgabe dieser Vorschrift“, d.h. bei erheblicher Erschwerung, Gefährdung oder Beeinträchtigung der Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt.

Ist dem Reisenden die Anreise zum Ausgangsort der Kreuzfahrt infolge höherer Gewalt unmöglich oder erheblich erschwert, kann er den Vertrag über die Teilnahme an der Kreuzfahrt auch dann kündigen, wenn die Anreise nicht Bestandteil des Reisevertrags über die Teilnahme an der Kreuzfahrt ist. Das Risiko der Anreise zu dem Ausgangsort der Kreuzfahrt trägt zwar grundsätzlich der Reisende, wenn er die Anreise nicht über den Veranstalter der Kreuzfahrt gebucht hat. Die Gefährdung oder Beeinträchtigung einer Reise durch höhere Gewalt fällt aber weder in den Risikobereich des Reiseveranstalters noch in den des Reisenden. Der Gesetzgeber hat eine Risikoverteilung in § 651j Abs. 2 Satz 1 BGB, der auf § 651e Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 BGB verweist, dahingehend vorgenommen, dass der Reiseveranstalter im Falle der Kündigung den Anspruch auf den Reisepreis verliert, gegebenenfalls aber eine Entschädigung für bereits erbrachte oder noch zu erbringende Aufwendungen verlangen kann, sofern diese Reiseleistungen für den Reisenden noch von Interesse sind.

Liegen die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 651 j Abs. 1 BGB vor und kündigt der Reisende den Vertrag über die Teilnahme an der Kreuzfahrt verliert der Reiseveranstalter nach § 651 j Abs. 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 651e Abs. 3 Satz 1 BGB den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Eine über das Reisebüro an den Reiseveranstalter geleistete Anzahlung kann der Reisende in diesem Fall zurückfordern.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 18.12.2012 – X ZR 2/12 – hingewiesen.
Über den in einem solchen Fall in Betracht kommenden Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters nach § 651e Abs. 3 Satz 2 BGB hat der BGH nicht entschieden, da dieser Anspruch nicht Gegenstand des Verfahrens war.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.