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Strafrecht – Nur wer auf öffentlichem Verkehrsgrund fährt kann sich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit im Verkehr strafbar machen.

Tathandlung des § 316 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB ) ist das Führen eines Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr. Nach § 2 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) bedarf der Fahrerlaubnis, wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt. Der Begriff des Straßenverkehrs im Sinne der §§ 315 b ff. StGB entspricht dem des StVG und bezieht sich auf Vorgänge im öffentlichen Verkehrsraum.
Erfasst werden zum einen alle Verkehrsflächen, die nach dem Wegerecht des Bundes und der Länder oder der Kommunen dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind (z.B. Straßen, Plätze, Brücken, Fußwege).
Ein Verkehrsraum ist darüber hinaus auch dann öffentlich, wenn er ohne Rücksicht auf eine Widmung und ungeachtet der Eigentumsverhältnisse entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch tatsächlich so genutzt wird.
Für die Frage, ob eine Duldung des Verfügungsberechtigten vorliegt, ist nicht auf dessen inneren Willen, sondern auf die für etwaige Besucher erkennbaren äußeren Umstände (Zufahrtssperren, Schranken, Ketten, Verbotsschilder etc.) abzustellen. Eine Verkehrsfläche kann zeitweilig „öffentlich“ und zu anderen Zeiten „nicht-öffentlich“ sein.
Die Zugehörigkeit einer Fläche zum öffentlichen Verkehrsraum endet mit einer eindeutigen, äußerlich manifestierten Handlung des Verfügungsberechtigten, die unmissverständlich erkennbar macht, dass ein öffentlicher Verkehr nicht (mehr) geduldet wird.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 30.01.2013 – 4 StR 527/12 – hingewiesen und die Verurteilung eines Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Abs. 1 StGB aufgehoben, der ohne im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein, in alkoholbedingt absolut fahruntüchtigem Zustand mit einem Pkw auf einem privaten Parkplatzgelände gefahren war, nachdem die Zufahrt zu dem zunächst frei zugänglichen Parkplatzgelände von dem Parkplatzbetreiber mittels der dort befindlichen Schranke geschlossen und der Angeklagte zuvor erfolglos aufgefordert worden war, seinen noch auf dem Parkplatz stehenden Pkw vom Parkplatz zu fahren, damit die Schranke geschlossen werden kann.
Denn, wie der BGH in dieser Entscheidung ausführt, nachdem der Angeklagte zum Verlassen des Parkplatzes aufgefordert und daraufhin die Schranke der Zufahrt geschlossen worden war, gehörte das Parkplatzgelände, auf dem der Pkw stand, nicht mehr zum öffentlichen Verkehrsraum. Der Wille des Verfügungsberechtigten, den Parkplatz ab diesem Zeitpunkt der Allgemeinheit nicht mehr zur Verfügung zu stellen, war nach außen manifest geworden. Dies war für jedermann unmissverständlich erkennbar.

 

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Haftung des Tennistrainers beim Tennisunterricht – Pflicht zur Vermeidung von Verletzungsrisiken.

Auf Grund der Überlegenheit in allen fachlichen Belangen bei gleichzeitiger Unerfahrenheit und Weisungsunterworfenheit des Schülers, der jenem in weitem Umfang vertraut, besteht eine umfassende Verpflichtung eines jeden Sporttrainers, alle für seine Schüler von der Sportausübung selbst ausgehenden Gefahren zu beherrschen und weitestgehend zu vermindern. Hierdurch entstehen für einen Sporttrainer in der jeweiligen Sportart vielgestaltige Warn- und Instruktionspflichten sowie insbesondere umfassende Schutz- und Fürsorgepflichten.

Ein Tennistrainer hat danach dafür Sorge zu tragen, dass während des Unterrichts keine Tennisbälle im Bewegungsradius bzw. Laufweg des Schülers liegen bzw. liegen bleiben. Gegebenenfalls muss er vor einem Ballwechsel, seinen Schüler anweisen, aus dem Spielfeld die Bälle zu entfernen, die sich neben oder hinter dem Schüler im Spielfeld befinden. Ansonsten verletzt er seine Pflichten aus dem als Dienstvertrag im Sinne von § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) zu qualifizierenden Trainingsvertrages und haftet seinem Schüler gegenüber gemäß §§ 280 Abs. 1, 253 BGB auf Schadensersatz, wenn dieser beim Ballwechsel auf einen im Spielfeld liegen gebliebenen Tennisball tritt, stürzt und sich dabei verletzt.

Darauf hat das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) in Bremen mit Urteil vom 13.03.2013 – 1 U 13/12 – hingewiesen und hierzu, unter Verweis auf ein eingeholtes Gutachten eines auch in der Trainerausbildung und der Lehrkommission des deutschen Tennisbundes tätigen Sachverständigen, u. a. ausgeführt:

Zur Vermeidung eines auch beim Tennisspielen gegebenen Verletzungsrisikos, welches sich insbesondere durch das Auftreten von Bandverletzungen realisiert, bestehen sowohl bei der Ausbildung von Tennistrainern als auch in der Trainingspraxis konkrete Anforderungen beim Umgang mit „herumliegenden Bällen im Tennisunterricht“, die im Tennis-Lehrplan aufgeführt werden. Danach dürfen aus Sicherheitsgründen keine Bälle im Bewegungsradius bzw. Laufweg des Schülers liegen. In der Trainingspraxis werden beim Spielen mit vielen Bällen immer wieder Bälle im Spielfeld liegen. Darum müssen Trainer und Schüler aus Sicherheitsgründen dafür sorgen, dass sich im Bewegungsradius des Schülers keine Bälle befinden. Liegen Tennisbälle in der Nähe des Schülers und hat er sie nicht selbst entfernt, so hat der Trainer den Ballwechsel sofort zu unterbrechen und ihn zu bitten, die Bälle zu entfernen. Sollte es aufgrund des Zuspiels dazu kommen, dass der Schüler in die Nähe der herumliegenden Bälle läuft, so muss der Tennistrainer dies unmittelbar und sofort deutlich mitteilen, z.B. durch den Ruf „Stopp Ball“. Bei Übungen am Netz dürfen keine Tennisbälle im Spielfeld neben und hinter dem Schüler liegen. Bälle, die im Sichtfeld des Schülers in unmittelbarer Nähe des Tennisnetzes liegen, können dort verbleiben, solange sie sich nicht in seinem Bewegungsradius befinden. Ebenso können bei Übungen am Netz Bälle in der Nähe des hinteren Begrenzungszaunes liegen bleiben. Bei Übungen im Grundlinienbereich können Bälle im Netzbereich und am hinteren Begrenzungszaun liegen. Bei allen Übungsformen ist darauf zu achten, dass sich kein Ball im Spielfeld befindet. Dies gilt insbesondere für Tennisbälle, die nicht im Sichtbereich des Übenden – also hinter und neben ihm – liegen.

 

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Betreuungsverfahren – Anhörung und Begutachtung dürfen gegen den Willen eines Betroffenen nicht in dessen Wohnung erfolgen.

Im Verfahren zur Bestellung eines Betreuers hat das Gericht den Betroffenen gemäß § 278 Abs. 1 S. 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) vor der Bestellung eines Betreuers persönlich anzuhören. Es hat sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. Diesen persönlichen Eindruck soll sich das Gericht in dessen üblicher Umgebung verschaffen, wenn es der Betroffene verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient und der Betroffene nicht widerspricht (§ 278 Abs. 1 S. 2 und 3 FamFG).
Ferner hat gemäß § 280 Abs. 1 FamFG eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden.
Ebenso wenig, wie ein Betroffener dabei gegen seinen Willen in seiner Wohnung angehört werden darf, darf der Sachverständige einen Betroffenen gegen dessen Willen in dessen Wohnung untersuchen.
Entzieht sich ein Betroffener einer richterlichen Anhörung, sieht § 278 Abs. 5 FamFG für einen solchen Fall die Vorführung eines Betroffenen vor und wirkt ein Betroffener an einer Begutachtung nicht mit, kann das Gericht gemäß § 283 Abs. 1 und 3 FamFG auch nur seine Vorführung anordnen und gegebenenfalls die Befugnis aussprechen, die Wohnung des Betroffenen zu betreten. Letztere Maßnahme dient freilich allein dem Ziel, die Person des Betroffenen aufzufinden, um ihn der Untersuchung (in den Räumlichkeiten des Sachverständigen) zuzuführen.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 17.10.2012 – XII ZB 181/12 – entschieden.

In diesem Beschluss hat der BGH auch darauf hingewiesen, dass nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG das Beschwerdegericht im Beschwerdeverfahren zwar von einer Anhörung absehen kann, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Allerdings kann im Beschwerdeverfahren dann nicht von einer Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen abgesehen werden, bei denen das Gericht des ersten Rechtszugs zwingende Ver¬fahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen, d. h., im Falle einer vom Amtsgericht fehlerhaft durchgeführten Anhörung muss das Beschwerdegericht die Anhörung des Betroffenen wiederholen.

 

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Mietrecht – Voraussetzungen einer Mietminderung.

Gemäß § 536 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht.
Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können.
Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken, wie etwa Immissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist.
Voraussetzung für die Annahme einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung sind zwei übereinstimmende Willenserklärungen. Hierfür reicht es allerdings nicht aus, dass der Mieter bei Vertragsschluss einen, beispielsweise von außen auf die Mietsache einwirkenden Umstand – wie etwa den in der Wohnung zu vernehmenden Straßenlärm – in einer für ihn vorteilhaften Weise wahrnimmt (etwa: „ruhige Lage“) und er sich (möglicherweise auch) wegen dieses Umstands dafür entscheidet, die Wohnung anzumieten. Zur konkludent geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung wird dieser Umstand vielmehr nur, wenn der Vermieter aus dem Verhalten des Mieters nach dem objektiv zu bestimmenden Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB ) erkennen musste, dass der Mieter die Fortdauer dieses bei Vertragsschluss bestehenden Umstands über die unbestimmte Dauer des Mietverhältnisses hinweg als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung ansieht, und der Vermieter dem zustimmt. Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Mieters genügt für die Annahme einer diesbezüglichen Willensübereinstimmung selbst dann nicht, wenn sie dem Vermieter bekannt ist. Erforderlich ist jedenfalls, dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert.
Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB ) nach der Verkehrsanschauung bestimmt.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 19.12.2012 – VIII ZR 152/12 – hingewiesen und ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben, in dem diesem Urteil zugrunde liegenden Fall, entschieden, dass eine vorübergehende erhöhte Lärmbelastung, bedingt durch eine infolge von Straßenbauarbeiten geänderte Verkehrsführung, unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer jedenfalls dann, wenn sie sich innerhalb der in Innenstadtlagen üblichen Grenzen hält, keinen zur Minderung berechtigenden Mangel darstellt.

 

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Gerichtliche Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Betreuten – Verfahren in Unterbringungssachen und mögliche Verfahrensfehler.

Wird eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung eines Betreuten nach § 1906 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) i. V. m. § 312 Nr. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)) nicht nur vorläufig durch einstweilige Anordnung (vgl. hierzu §§ 331 bis 334 FamFG), sondern längerfristig (vgl. hierzu § 329 FamFG) genehmigt, hat nach § 321 Abs. 1 FamFG vor Erteilung einer Genehmigung nach § 323 Abs. 1 FamFG eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Unterbringungsmaßnahme stattzufinden.
Nach § 30 Abs. 2 FamFG ist diese entsprechend der Zivilprozessordnung (ZPO) durchzuführen. Danach bedarf es zwar nicht zwingend eines förmlichen Beweisbeschlusses (vgl. § 358 ZPO). Jedoch ist die Ernennung des Sachverständigen dem Betroffenen, wenn nicht förmlich zuzustellen, so doch zumindest formlos mitzuteilen, damit dieser gegebenenfalls von seinem Ablehnungsrecht nach § 30 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 406 ZPO Gebrauch machen kann.
Ferner hat der Sachverständige den Betroffenen gem. § 321 Abs. 1 S. 2 FamFG vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Dabei muss er schon vor der Untersuchung des Betroffenen zum Sachverständigen bestellt worden sein und ihm den Zweck der Untersuchung eröffnen. Andernfalls kann der Betroffene sein Recht, an der Beweisaufnahme teilzunehmen, nicht sinnvoll ausüben.
Schließlich muss das Sachverständigengutachten zwar nicht zwingend schriftlich erfolgen, wenn auch eine schriftliche Begutachtung vielfach in Anbetracht des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs angezeigt erscheint. Jedenfalls aber muss das Gutachten namentlich Art und Ausmaß der Erkrankung im Einzelnen anhand der Vorgeschichte, der durchgeführten Untersuchung und der sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlich begründen.

Der Sachverständige muss nach § 321 Abs. 1 S. 4 HS 2 FamFG Arzt mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Ergibt sich die Qualifikation nicht ohne weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen.
Ist der Sachverständige nicht hinreichend qualifiziert, darf sein Gutachten nicht verwertet werden. Denn eine erheblich in Freiheitsrechte eines Betroffenen eingreifende Unterbringungsmaßnahme lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Voraussetzungen hierfür verlässlich festgestellt sind (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 19.01.2011 – XII ZB 256/10 –).

Ferner hat das Gericht nach § 319 Abs. 1 S. 1 FamFG einen Betroffenen vor einer Unterbringungsmaßnahme persönlich anzuhören und sich von diesem einen persönlichen Eindruck zu verschaffen.
Diese Vorschrift sichert im Unterbringungsverfahren nicht nur den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Durch sie soll auch sichergestellt werden, dass sich das Gericht vor der Entscheidung über den mit einer Unterbringung verbundenen erheblichen Grundrechtseingriff einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft, durch den es in die Lage versetzt wird, namentlich ein eingeholtes Sachverständigengutachten zu würdigen.

Die Anhörung des Betroffenen hat grundsätzlich erst nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens und – sofern die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 317 Abs. 1 S. 1 FamFG erforderlich ist – unter Hinzuziehung und in Anwesenheit des Verfahrenspflegers zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 15.02.2012 – XII ZB 389/11 –).
Ein Betroffener kann nämlich erst nach Vorlage des Gutachtens dazu angehört werden und das Gericht kann auch erst dann das Sachverständigengutachten unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks des Betroffenen hinreichend würdigen.

Kann das Gericht bereits vor der Anhörung des Betroffenen die Erforderlichkeit einer Verfahrenspflegerbestellung erkennen, ist ein Verfahrenspfleger bereits vor der abschließenden Anhörung des Betroffenen zu bestellen.
Das Betreuungsgericht muss dann durch die rechtzeitige Bestellung eines Verfahrenspflegers und dessen Benachrichtigung zum Anhörungstermin sicherstellen, dass dieser an der Anhörung des Betroffenen teilnehmen kann. Außerdem steht dem Verfahrenspfleger ein eigenes Anhörungsrecht zu.

Wird das gerichtliche Verfahren den geschilderten Anforderungen nicht gerecht, leidet es an Verfahrensmängeln durch die ein Betroffener in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 Grundgesetz (GG) verletzt sein kann.

Hat das Erstgericht zwingend gebotene Verfahrenshandlungen unterlassen, sind diese, wenn Beschwerde eingelegt worden ist, vom Beschwerdegericht im Beschwerdeverfahren nachzuholen.
Denn im Beschwerdeverfahren findet nicht nur eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung statt. Das Beschwerdegericht tritt vielmehr in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts (vgl. § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG) und entscheidet unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu (BGH, Beschluss vom 21. 11. 2012 – XII ZB 306/12 –).

Hat sich eine angefochtene Entscheidung durch Aufhebung der angefochtenen Unterbringungsgenehmigung oder Entlassung des Betroffenen in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG auf Antrag aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat.
Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbar. Voraussetzung ist – neben einem auf die Feststellung gerichteten Antrag -, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt. Das Feststellungsinteresse ist in der Regel anzunehmen, wenn ein schwerwiegender Grundrechtseingriff vorliegt (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) oder eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Die Feststellung, dass der Betroffene durch die angefochtenen Entscheidungen in seinen Rechten verletzt ist, kann grundsätzlich auch auf einer Verletzung des Verfahrensrechts beruhen. Die gerichtliche Anordnung oder Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff.
Antragsbefugt nach § 62 FamFG ist allerdings nur derjenige Beteiligte, dessen Rechtssphäre betroffen ist, also der Untergebrachte, nicht der Verfahrenspfleger und auch nicht ein anderer Verfahrensbeteiligter (BGH, Beschluss vom 15.02.2012 – XII ZB 389/11 –).
Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme i. S. v. § 62 FamFG kann nur in dem bereits anhängigen Beschwerdeverfahren gestellt werden und die Feststellung muss im Beschwerderechtszug erfolgen.
Ein isoliertes (nachträgliches) Feststellungsverfahren vor einem erstinstanzlichen Gericht steht insoweit nicht zur Verfügung. Die solcher (nachträglicher) Antrag auf Feststellung bei dem erstinstanzlichen Gericht ist nicht statthaft (BGH, Beschluss vom 10.10.2012 – XII ZB 660/11 –).

 

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Strafrecht – Ablehnung eines Schöffen wegen Befangenheit – Nikoläuse für den Staatsanwalt.

Nach §§ 31, 24 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) kann ein Schöffe, ebenso wie ein Richter, wegen Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein (objektiver) Grund bzw. Umstand vorliegt, der, vom Standpunkt des Ablehnenden aus, bei vernünftiger Betrachtung und Erwägung, geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, d. h. begründete Zweifel an der Unbefangenheit wecken bzw. Anlass zu der Annahme bieten kann, der abgelehnte Schöffe bzw. Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könne.
Gemäß § 26 Abs. 2 StPO sind die das Misstrauen in die Unparteilichkeit rechtfertigenden Umstände und wenn ein Fall des § 25 Abs. 2 StPO vorliegt, auch die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens glaubhaft zu machen (§ 26 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Dass ein Richter bzw. Schöffe tatsächlich befangen ist, ist nicht erforderlich. Auch kommt es weder darauf an, ob die Befürchtung des Ablehnenden, der Richter sei ihm gegenüber voreingenommen, begründet ist, noch auf die subjektive Meinung des abgelehnten Richters, ob er befangen sei oder nicht. Abzustellen ist vielmehr auf den Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten, also darauf, ob der Ablehnende vernünftige Gründe für sein Begehren vorbringen kann, die jedem unbeteiligten Dritten einleuchten.
Rein subjektive unvernünftige Vorstellungen und Erwägungen des Ablehnenden scheiden – unabhängig ob der Ablehnende sie tatsächlich hegt oder nur vorschützt, – aus und kommen als Befangenheitsgründe nicht in Betracht.

Einen die Ablehnung rechtfertigenden Grund hat das Landgericht (LG) Koblenz darin gesehen, dass ein Schöffe, in einem Strafverfahren, am 6. Dezember, vor Beginn des 26. Verhandlungstages, zu einem Zeitpunkt, als noch kein Vertreter der Staatsanwaltschaft dort anwesend war, den Sitzungssaal durch das Beratungszimmer betreten, auf den regelmäßig von den Vertretern der Staatsanwaltschaft benutzten Sitzungstisch zwei „Schokoladennikoläuse“ gelegt und sodann den Sitzungssaal wieder verlassen hat.
Es hat deshalb das gegen diesen Schöffen gerichtete und mit diesem Sachverhalt begründete Ablehnungsgesuch des Angeklagten mit Beschluss vom 19. 12. 2012 – 12 KLs 2090 Js 29.752/10 – für begründet erklärt.

 

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Arbeitsrecht – Inhalt eines Arbeitszeugnisses – kein Anspruch auf Dankes- und Wunschformel.

Darauf, dass der Arbeitgeber im Arbeitszeugnis einem Arbeitnehmer „für die Zusammenarbeit dankt und ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute wünscht“, hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch.
Ist er mit einer vom Arbeitgeber in das Zeugnis aufgenommenen Schlussformel, wie beispielsweise „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute“, nicht einverstanden, hat er keinen Anspruch auf Ergänzung oder Umformulierung der Schlussformel, sondern nur Anspruch auf die Erteilung eines Zeugnisses ohne Schlussformel.
Das heißt, er kann lediglich verlangen den Schlusssatz im Zeugnis, „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute“ zu streichen.

Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 11. 12. 2012 – 9 AZR 227/11 – entschieden.

Danach lässt sich aus § 109 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) keine Verpflichtung des Arbeitgebers ableiten, auf die Gesamtnote abgestimmte Schlusssätze zu formulieren. Vielmehr ist ein Arbeitgeber gemäß § 109 Abs. 1 S. 2 und 3 GewO nur verpflichtet, Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit in das Zeugnis aufzunehmen und diese auf Wunsch des Arbeitnehmers um Angaben zu Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis zu ergänzen (qualifiziertes Zeugnis).
Aus dem in § 109 Abs. 2 GewO normierten Grundsatz der Zeugnisklarheit folgt ebenfalls kein Anspruch eines Arbeitnehmers auf einen Schlusssatz wie „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“ Nach § 109 Abs. 2 S. 1 GewO muss das Zeugnis nur klar und verständlich formuliert sein. Diese Voraussetzungen erfüllt eine Formulierung im Zeugnis, wie „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“
Ist ein Arbeitnehmer mit einer solchen vom Arbeitgeber in das Zeugnis aufgenommenen Schlussformel nicht einverstanden, kann er nur die Erteilung eines Zeugnisses ohne diese Formulierung verlangen. Ein Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit einem vom Arbeitnehmer formulierten Schlusssatz besteht dagegen nicht.

Anmerkung:
Die Entscheidung ist äußerst lesenswert, weil sie Ausführungen dazu enthält, warum sich weder unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung ein Anspruch auf eine vom Arbeitnehmer begehrte abschließende Dankes- und Wunschformulierung ergibt, warum sich, unabhängig von dem tatsächlichen Gebrauch von solchen Schlussformeln in der Praxis, sich die Rechtsprechung zum beredten Schweigen in Zeugnissen nicht auf das Fehlen von Schlusssätzen übertragen lässt und wozu der „Wohlwollensgrundsatz“ den Arbeitgeber verpflichtet und wozu nicht.

 

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Versicherungsrecht – Warum die Gesundheitsanfrage bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung richtig beantwortet werden muss.

Beantwortet ein Versicherungsnehmer bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung die Gesundheitsanfrage im Antragsformular objektiv unrichtig, kann der Vertrag von dem Berufsunfähigkeitsversicherer unter Umständen nach § 22 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) wegen arglistiger Täuschung angefochten werden, mit der Folge, dass der Versicherungsnehmer keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung beanspruchen kann.

Von einem arglistigen Verhalten ist auszugehen, wenn der Täuschende weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass er unzutreffende Angaben macht, und dass dadurch bei dem Empfänger seiner Erklärung eine falsche Vorstellung entsteht und diese ihn zu einer Erklärung veranlasst, die er bei richtiger Kenntnis der Dinge nicht oder nicht so abgegeben haben würde. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst nicht nur ein Handeln, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss.
Auf Arglist als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden.
Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist somit, dass der Versicherungsnehmer mit wissentlich falschen Angaben von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeige- und offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache.
Arglistig täuscht im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB damit nur derjenige, dem bei der Beantwortung der Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früherer Behandlungen auch bewusst ist, dass die Nichterwähnung der nachgefragten Umstände geeignet ist, die Entschließung des Versicherers über die Annahme des Vertragsangebots zu beeinflussen.
Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gemacht zu werden pflegt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Denn häufig werden unrichtige Angaben über den Gesundheitszustand auch aus falsch verstandener Scham, aus Gleichgültigkeit, aus Trägheit oder einfach in der Annahme gemacht, dass die erlittenen Krankheiten bedeutungslos seien. Deshalb muss der Versicherer entsprechend den allgemeinen Beweislastregeln nachweisen, dass der Versicherungsnehmer mit Hilfe der Abgabe einer falschen Erklärung auf den Willen des Versicherers einwirken wollte, sich also bewusst war, der Versicherer werde seinen Antrag nicht oder möglicherweise nur unter erschwerten Bedingungen annehmen, wenn der Versicherungsnehmer die Fragen wahrheitsgemäß beantworten würde. Da es sich bei dem Bewusstsein des Versicherungsnehmers um eine innere Tatsache handelt, kann der Beweis in der Praxis meist nur durch einen Indizienbeweis geführt werden.

Das Verschweigen von Umständen, deren Gefahrerheblichkeit auch aus Sicht des Versicherungsnehmers auf der Hand liegt, also das Verschweigen schwerer oder chronischer Erkrankungen, rechtfertigt grundsätzlich die Annahme einer Täuschung. Hat der Versicherungsnehmer gewisse Umstände – auch Untersuchungen – stark verharmlost oder harmlosere Umstände als den verschwiegenen angegeben, so folgt daraus, dass er sich der Gefahrerheblichkeit tatsächlich bewusst war und das Verschweigen daher auf Arglist schließen lässt. Gleiches gilt, wenn länger zurückliegende, nicht aber aktuelle Krankheiten angegeben werden.

Dagegen spricht gegen Arglist, wenn der Versicherungsnehmer leichtere Erkrankungen oder solche, die von ihm als solche angesehen werden, verschwiegen oder gravierendere Umstände als die verschwiegenen angezeigt hat.
Liegen objektive Falschangaben vor, ist es Sache des Versicherungsnehmers, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen objektiven falschen Angaben gekommen ist.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 05.02.2013 – 12 U 140/12 – hingewiesen.

 

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Betreuungsrecht – Gesetz zur Ermöglichung einer Zwangsbehandlung in Kraft getreten.

Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung am 20.06.2012 – XII ZB 99/12 – und – XII ZB 130/12 – entschieden hatte, dass es an einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage für eine Einwilligung des rechtlichen Betreuers in eine zwangsweise medizinische Behandlung des Betreuten fehlt, hat der Bundestag am 18.02.2013 das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme getroffen.
Durch dieses Gesetz, nach dem eine Zwangsbehandlung im Rahmen einer stationären Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) erfolgen darf, sind § 1906 BGB sowie flankierend hierzu, verfahrensrechtliche Regelungen nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geändert worden. § 1906 BGB, in seiner geänderten, am 19.02.2013 in Kraft getretenen Fassung (vgl. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 9, S. 266), lautet nun:

§ 1906 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil
1.auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder
2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie nur einwilligen, wenn
1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,
3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,
4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und
5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.
§ 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist.

(3a) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Der Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

 

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Ordnungswidrigkeitenrecht – Geldbuße droht auch dann, wenn das vom Fahrzeugführer in der Hand gehaltene Mobiltelefon als Navi genutzt wird.

Nach § 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung (StVO) ist, sofern nicht das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist, dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält.
Unter „Benutzung“ im Sinne dieser Vorschrift ist auch die Nutzung eines Mobiltelefons als Navigationsgerät zu verstehen
Denn der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Eine Benutzung liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung von Bedienfunktionen. Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i. S. d. § 23 Abs. 1a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Gerät in der Hand gehalten wird oder nicht und die Handhabung des Geräts einen Bezug zu einer bestimmungsgemäßen Funktion desselben aufweist. Nach der gesetzgeberischen Intention der 33. Verordnung zur Änderung straßenrechtlicher Vorschriften vom 11.12.2000 soll die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobiltelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung schließt neben dem Gebrauch im öffentlichen Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen ein“. Hierzu zählt auch die Verwendung der Navigationshilfe, weil jegliche Nutzung untersagt wird, soweit das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird, so dass der Fahrzeugführer nicht beide Hände für die Fahraufgabe frei hat, wodurch wiederum erhebliche Gefahren im Straßenverkehr entstehen können.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Beschluss vom 18.02.2013 – III-5 RBs 11/13 – entschieden.

 

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