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Hat der umgangs-, aber nicht sorgeberechtigter Elternteil das Recht auf Teilnahme an der Einschulungsfeier seines Kindes?

Das Umgangsrecht nach § 1684 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beinhaltet regelmäßig zwar auch das Recht zur Teilnahme an 

  • besonderen Ereignissen 
  • wie einer Einschulungsfeier des Kindes,

jedoch steht dieses Recht auf Teilnahme an der Einschulungsfeier seines Kindes dem umgangs-, aber nicht sorgeberechtigten Elternteil dann nicht zu, wenn 

  • die Gefahr besteht, 

dass es bei einem Aufeinandertreffen der Elternteile zum 

  • Austausch von Feindseligkeiten oder 
  • zu familiären Auseinandersetzungen 

kommt, weil eine solche Eskalation auf offener Bühne mit, angesichts

  • der mit dem Ereignis der Einschulung verbundenen hohen Erwartungen und 
  • der besonderen Gefühlslage des Kindes hierbei (einerseits Stolz und Vorfreude, andererseits Aufregung und Respekt), 

schlimmstenfalls ernsthaft zu befürchtenden 

  • traumatischen Folgen für das Kind 

verhindert werden muss.

Darauf hat der 2. Senat des Pfälzischen Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken mit Beschluss vom 30.08.2021 – 2 UFH 2/21 – hingewiesen und in einem Fall, in dem Eheleute getrennt lebten, 

  • zwischen ihnen ein außergewöhnlich tiefgreifender Trennungskonflikt bestand, eine vernünftige Kommunikation nicht mehr möglich war sowie der Austausch von Feindseligkeiten drohte, 

die elterliche Sorge für ihr Kind auf 

  • die Kindesmutter 

übertragen und 

  • dem Kindesvater 

ein Umgangsrecht im Umfang von zwei Stunden wöchentlich unter Begleitung des Kinderschutzbundes zugesprochen war, den 

  • Antrag des Kindesvaters 

abgelehnt, der Kindesmutter,

  • die ihm dies verweigerte,

aufzuerlegen, ihn an der Einschulungsfeier des Kindes teilnehmen zu lassen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Zweibrücken).

BGH entscheidet wann ein in Deutschland ansässiger Käufer den in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ansässigen Verkäufer

…. auch dann, wenn die Verpflichtung aus dem Kaufvertrag am Wohnsitz des Verkäufers zu erfüllen war, vor einem deutschen Gericht auf Schadensersatz verklagen kann.  

Mit Urteil vom 20.07.2021 – VI ZR 63/19 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein in 

  • Deutschland ansässiger Käufer 

von einem 

  • in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ansässigem Verkäufer 

ein Kraftfahrzeug 

  • mit einem am Wohnsitz des Verkäufers abgeschlossenen Kaufvertrag 

erworben, dieses dort auch übergeben erhalten und nachfolgend mit der Begründung, 

  • aufgrund vorsätzlich falscher Angaben des Verkäufers über den Zustand des Kraftfahrzeuges in einer auf einer Internetplattform eingestellten Verkaufsanzeige den Kaufvertrag abgeschlossen und 
  • den vereinbarten Kaufpreis an den Verkäufer überwiesen zu haben,

Schadensersatzansprüche gegen den Verkäufer mit der Begründung geltend gemacht hatte, entschieden, dass bei einer solchen, ausschließlich 

  • auf § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 263 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), 
  • also ausschließlich auf einen Anspruch aus Delikt  

gestützten Schadensersatzklage sich die gerichtliche Zuständigkeit 

nach Art. 7 Nr. 2 dieser Vorschrift beurteilt und somit der 

  • Gerichtsstand der unerlaubten Handlung am Sitz des Käufers in Deutschland 

eröffnet ist.  

Wer einen Angriff provoziert sollte wissen, dass er in seinem Notwehrrecht eingeschränkt sein und

…. sich deshalb nicht ohne weiteres auf Notwehr nach § 32 Strafgesetzbuch (StGB) berufen kann. 

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 08.07.2021 – 980 Ds 858 Js 24821/20 – hingewiesen und einen Angeklagten, weil er 

  • nachdem es zwischen ihm und anderen zu einem Streit und Handgreiflichkeiten ungeklärten Ausgangs gekommen war, 

einem erkennbar betrunkenen und körperlich unterlegenen, 

  • an der vorausgegangen Auseinandersetzung 

Beteiligten,

  • der sich bereits ca. 20 m vom Geschehen entfernt hatte, 

„komm doch!“ und „wehr dich!“ hinterhergerufen und 

  • als dieser Folge leistete und zu einem Schlag ausholte, so 

gegen den Kopf geschlagen hatte, 

  • dass dieser zu Boden ging und mit dem Kopf auf den Asphalt aufschlug, 

wegen vorsätzlicher Körperverletzung 

  • nach § 223 Abs. 1 StGB 

zu einer Geldstrafe verurteilt.

Dass der Schlag des Angeklagten gegen den Kopf des anderen nicht 

  • durch Notwehr nach § 32 StGB 

gerechtfertigt war, ist vom AG damit begründet worden, dass, 

  • auch wenn der zu Boden Geschlagene zuerst zu einem Schlag ausgeholt hatte, 

vorliegend die Grenzen der rechtfertigenden Notwehr überschritten wurden, weil, wer einen anderen,

  • wie hier durch die Aufforderung, zu kommen und sich zu wehren,

vorwerfbar zu einem Angriff auf sich provoziert, gehalten ist, 

  • sofern die konkrete Situation, wie hier, es zulässt, 

sich zunächst auf bloße Schutzwehr zu beschränken und dem Angriff auszuweichen (Quelle: Pressemitteilung des AG Frankfurt).

Übrigens:
Infos dazu, 

  • wann eine Notwehrlage besteht, 
  • wie man sich in einer Notwehrlage verteidigen darf und 
  • wann das Notwehrrecht eine Einschränkung erfährt, 

finden sich in unserem Blog:

Arbeitgeber dürfen unter Wahrung billigen Ermessens den Arbeitsort von Arbeitnehmern durch Weisung neu bestimmen und

…. demzufolge grundsätzlich auch die Rückkehr aus Homeoffice anordnen.

Darauf hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München mit Urteil vom 26.08.2021 – 3 SaGa 13/21 – in einem Fall hingewiesen, in dem ein Arbeitgeber seinem 

  • sonst im Büro arbeitenden 

Mitarbeiter gestattet hatte, seine Tätigkeit als Grafiker von zuhause aus zu erbringen und später von dem Arbeitgeber gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet worden war, dass dieser seine Tätigkeit als Grafiker 

  • wieder unter Anwesenheit im Büro 

zu erbringen habe. 

Arbeitgeber können danach gemäß § 106 Satz 1 GewO durch Weisung die Rückkehr aus Homeoffice dann anordnen, wenn

  • der Arbeitsort weder im Arbeitsvertrag noch kraft späterer ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung der Parteien auf die Wohnung des Arbeitsnehmers festgelegt wurde,
  • ein Recht des Arbeitnehmers die Arbeitsleistung von zuhause zu erbringen aufgrund einer (Corona-)Arbeitsschutzverordnung (ArbSchV) nicht (mehr) besteht und
  • betriebliche Gründe einer (weiteren) Erledigung von Arbeiten im Homeoffice entgegenstehen (Quelle: Pressemitteilung des LAG München).

OLG Köln entscheidet: Kein Schmerzensgeld für einen wegen einer Mulde auf einem Gehweg gestürzten Fußgänger

Mit Beschluss vom 08.04.2020 hat der 7. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln die Klage eines Fußgängers abgewiesen, der die Stadt Köln, wegen seiner 

  • bei einem Sturz auf einem Gehweg in der Kölner Südstadt 

erlittenen Verletzungen, mit der Begründung auf Zahlung von Schmerzensgeld verklagt hatte, dass er über eine 

  • von etwa 10 nebeneinanderliegenden Pflastersteinen gebildete 

Kante gestolpert sei, die er,

  • da er eine Getränkekiste getragen habe, 

nicht habe sehen können.

Begründet hat der Senat die Klageabweisung damit, dass es sich bei der 

  • durch die Pflastersteine gebildeten 

Kante um keine, für einen 

  • aufmerksamen und 
  • sorgfältigen

Fußgänger bei Benutzung des Gehweges  

  • nicht erkennbare und 
  • nicht mehr beherrschbare 

Gefahrenquelle gehandelt habe. 

Nach Ansicht der Kammer können Fußgänger nämlich nicht nur keine vollständige Gefahrlosigkeit erwarten, sondern müssen 

  • sich den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen, 
  • die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihnen erkennbar darbietet und 

auch dann,

  • wenn sie einen sperrigen Gegenstand, wie eine Getränkekiste, tragen und 
  • hierdurch ihre Sicht beeinträchtigt wird, 

mit gewissen Unebenheiten rechnen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).  

AG München entscheidet: Kein Schadensersatzanspruch für Autofahrer bei Anstoß an einen knapp fünf Zentimeter in eine Parkbucht

…. hineinragenden Begrenzungsstein.  

Mit Urteil vom 24.07.2019 – 155 C 5506/19 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem eine Autofahrerin 

  • auf dem Parkplatz eines Supermarktes 

beim Rückwärtseinparken in eine Parkbucht gegen den 

  • auf der Stirnseite zur Sicherung der dort befindlichen Hauswand 

vom Grundstückseigentümer plazierten, 

  • aus Naturstein bestehenden, sich farblich von der Hauswand absetzenden und aufgrund seiner Struktur 

stellenweise knapp 5 cm in die Parkbucht hineinreichenden Begrenzungsstein gestoßen war, entschieden, dass die Autofahrerin den 

  • bei dem Anstoß 

an ihrem Fahrzeug entstandenen Schaden 

  • nicht von dem Grundstückseigentümer ersetzt verlangen kann.

Begründet hat das AG dies damit, dass die Fahrzeugbeschädigung überwiegend auf das 

  • eigene Verschulden 

der Autofahrerin zurückzuführen sei, da Autofahrer vor dem rückwärtigen Einfahren in mit Begrenzungssteinen versehenen Parklücken verpflichtet seien, 

  • diese zu prüfen, 

bei der gebotenen Prüfung 

  • das geringfügige Hineinragen von Teilen des Begrenzungssteins aufgefallen wäre 

und daraufhin ein verständiger und umsichtiger Fahrzeugführer 

  • von einem vollständigen Einparken in die Parklücke Abstand genommen oder 
  • den Einparkvorgang rechtzeitig abgebrochen hätte (Quelle: Pressemitteilung des AG München).

Was biologische Väter, die die (bestehende) rechtliche Vaterschaft eines anderen anfechten und die eigene Vaterschaft

…. feststellen lassen wollen, wissen müssen. 

Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann die Vaterschaft eines Mannes, 

  • der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war (§ 1592 Nr. 1 BGB),
  • dessen Vaterschaft, weil das Kind innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung der Ehe durch Tod des Mannes geboren wurde gemäß § 1593 BGB besteht oder
  • der die Vaterschaft anerkannt hat (§1592 Nr. 2 BGB), 

wenn zwischen diesem rechtlichen Vater und dem Kind 

  • keine sozial- familiäre Beziehung besteht oder 
  • im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat (vgl. §§ 1600 Abs. 2 und Abs. 3 BGB),

angefochten werden von dem Mann, der 

  • an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben und
  • leiblicher (biologischer) Vater des Kindes ist.

Der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung, die für das 

  • Recht

zur Anfechtung der Vaterschaft,

eine notwendige Verfahrensvoraussetzung ist, um Anfechtungen durch jedermann zu vermeiden, bedarf es dabei, 

  • wie der 6. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken mit Beschluss vom 08.04.2021 – 6 UF 19/21 – entschieden hat,

dann ausnahmsweise nicht, wenn  

  • aufgrund des übereinstimmenden Vorbringens der Beteiligten 

die biologische Vaterschaft des Anfechtenden unterstellt werden kann.

Begründet hat der Zivilsenat dies damit, dass, wenn 

  • die Beteiligten des Verfahrens und 
  • insbesondere die Kindesmutter 

übereinstimmend von der leiblichen Vaterschaft des Antragstellers ausgehen, die Vorlage einer Versicherung an Eides statt als Schutz vor einer Anfechtung ins Blaue hinein nicht erforderlich ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Zweibrücken).

Übrigens:
Zum Beginn der Anfechtungsfrist vgl. 

und dazu, unter welchen Voraussetzungen biologische Väter, solange die rechtliche Vaterschaft eines anderen besteht, ein Recht auf Umgang erlangen können, vgl.

Was, wer nach dem Tod eines (Ruhestands)Beamten nach dem Beamtenversorgungsgesetz Anspruch auf Sterbegeld hat, wissen muss

Pauschales Sterbegeld, das 

  • beispielsweise nach Art. 33 Abs. 1 und Abs. 2 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG))

beim Tode eines Beamten oder einer Beamtin, eines Ruhestandsbeamten oder

einer Ruhestandsbeamtin 

  • in Höhe der doppelten Bruttobezüge des Sterbemonats, 

dem Ehegatten, den Abkömmlingen des Verstorbenen oder auf Antrag anderen Verwandten gewährt wird, 

  • wenn sie zur Zeit des Todes mit dem oder der Verstorbenen in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben,

ist nicht steuerfrei, sondern eine 

  • Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit i.S.v. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG), 

die der Sterbegeldbegünstigte 

  • versteuern

muss, dem das Sterbegeld,

  • das nicht den Erben zusteht und 
  • nicht in den Nachlass fällt, 

zugeflossen ist.

Darauf hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 19.04.2021 – VI R 8/19 – hingewiesen und in einem Fall, in dem den von einer 

  • Pension beziehenden, 

verstorbenen Ruhestandsbeamtin 

  • als Erben eingesetzten 

Kindern nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ein Sterbegeld 

  • in Höhe der doppelten Bruttobezüge des Sterbemonats der Erblasserin 

zustand, das, 

  • nach Abzug von einbehaltener Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag, 

auf Antrag eines der Kinder, 

  • mit Einverständnis der Geschwister, 

auf das von diesem Kind allein verwalteten Konto der Erblasserin überwiesen worden war, entschieden, dass das Sterbegeld 

  • nicht der Erbengemeinschaft, sondern 

dem über das Konto der Erblasserin allein verfügungsberechtigtem Kind zugeflossen und das Sterbegeld von diesem Kind, 

  • dessen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit es erhöht hat,

zu versteuern ist.

Dass das Sterbegeld nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist, hat der BFH damit begründet, dass diese Steuerbefreiung nur für Bezüge in Betracht komme, die wegen 

  • Hilfsbedürftigkeit

bewilligt werden und dies bei einem pauschal gewährten Sterbegeld, 

  • das nur den Zweck habe, den Hinterbliebenen die Bestreitung der mit dem Tod des Beamten zusammenhängenden besonderen Aufwendungen zu erleichtern, d.h. z.B. die Kosten für die letzte Krankheit und die Bestattung des Beamten zu tragen,
  • das unabhängig von anlässlich des Todesfalls tatsächlich entstandenen Kosten ausbezahlt wird und 
  • sich nicht an einer typisierend vermuteten Hilfsbedürftigkeit des Empfängers orientiert,

nicht der Fall sei. 

Eine gebuchte Pauschalreise vor Reiseantritt kostenfrei stornieren – wann ist das möglich?

Von einem mit einem Reiseveranstalter geschlossenen Pauschalreisevertrag (§ 651a Abs. 1 – 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) kann 

  • vor Reiseantritt jederzeit 

(wieder) zurückgetreten werden (§ 651h Abs. 1 Satz 1 BGB).

Wird der Rücktritt von einem Pauschalreisevertrag vor Reiseantritt erklärt, 

  • verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis (§ 651 h Abs. 1 S. 2 BGB) und 

kann vom Reiseveranstalter,

  • ohne dass diesem nach § 651 h Abs. 1 S. 3 BGB eine angemessene Entschädigung (Rücktritts- bzw. Stornogebühr) zusteht,

die Rückzahlung des vollen schon (an)gezahlten Reisepreises innerhalb von 14 Tagen verlangt werden (§ 651h Abs. 5 BGB, vgl. dazu Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main, Urteil vom 15.10.2020 – 32 C 2620/20 (18) –), wenn (der Rücktritt darauf gestützt werden kann, dass)

  • am Bestimmungsort oder 
  • in dessen unmittelbarer Nähe 

unvermeidbare, außergewöhnliche 

  • Umstände

auftreten, die die 

  • Durchführung der Pauschalreise oder 
  • die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort 

erheblich beeinträchtigen bzw. mit gewisser Wahrscheinlichkeit erheblich beeinträchtigen werden (§ 651 h Abs. 3 BGB).

Solche unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände stellen beispielsweise 

  • Naturkatastrophen oder 
  • schwere Krankheitsausbrüche mit bestehenden erheblichen Risiken für die menschliche Gesundheit  

am Reiseziel zum Reisezeitpunkt dar und ein erhebliches Indiz für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände stellt darüber hinaus eine 

  • amtliche Reisewarnung für das konkrete Reiseziel 

dar.

Ob für die Beurteilung 

  • des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände und 
  • damit der Berechtigung deswegen vom Reisevertrag zurückzutreten,  

allein 

  • auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung 

abzustellen ist, also allein maßgeblich ist, ob 

  • aus ex-ante Sicht zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung die Prognose zutreffend erschien, 

dass   

  • mit einer gewisse Wahrscheinlichkeit zum Reisezeitpunkt eine konkrete erhebliche Beeinträchtigung der Reise durch außergewöhnliche Umstände vorliegen wird, 

beispielsweise

  • wegen des Auftretens eines Hurrikans eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 25% Gefahr für Leib und Leben oder
  • COVID-19 pandemiebedingt am Reiseort im Vergleich zum Wohnort des Reisenden und der Zeit der Reisebuchung ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko und damit ein konkretes Risiko für einen erheblichen Gesundheitsschaden 

bestehen wird und es unerheblich ist, wenn sich im Nachhinein 

ist streitig.

Allerdings soll eine solche 

  • ex ante 

Betrachtung zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Reisenden jedenfalls dann nicht maßgeblich sein,

  • sondern die volle Rückzahlung des Reisepreises verlangt werden können,  

wenn der Reiseveranstalter die Reise vor Reisebeginn 

  • selbst aufgrund eines unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstands 

absagt.

Das hat die 24. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main mit 

entschieden und damit begründet, dass die Frage, 

  • ob eine Prognose-Entscheidung des Reisenden hinsichtlich des Auftretens unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung zutreffend war, 

sich nur dann stellen kann, wenn die Gefahr von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen, 

  • wegen der der Reisende den Rücktritt erklärt hat, 

sich tatsächlich später nicht realisiert hat. 

Wichtig zu wissen für Arbeitnehmer, die sich im Urlaub wegen Kontaktes mit einer an Covid-19 erkrankten Person in Quarantäne

…. begeben müssen.

Mit Urteil vom 03.08.2021 – 3 Ca 362 b/21 – hat das Arbeitsgericht (ArbG) Neumünster in einem Fall, in dem ein Arbeitnehmer,

  • dem auf Antrag vom Arbeitgeber Urlaub gewährt worden war,

sich im Urlaub 

  • – ohne selbst infiziert zu sein – 

aufgrund eines Kontaktes mit einer an Covid-19 erkrankten Person auf Anordnung in 

  • Quarantäne

begeben musste, entschieden, dass die 

  • Quarantänetage auf den Urlaub angerechnet 

werden. 

Das ArbG Neumünster hat es abgelehnt § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG),

  • der bestimmt, dass, wenn ein Arbeitnehmer während des Urlaubs erkrankt, die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet werden, 

auf den Fall der Anordnung einer Quarantäne analog anzuwenden und hat dies u.a. damit begründet, dass 

  • es sich bei § 9 BUrlG um eine nicht verallgemeinerungsfähige Ausnahmevorschrift handelt und 
  • eine klare Grenzziehung bei der Frage, wer das Risiko für die Urlaubsstörung trägt, nur möglich und praktikabel ist, wenn allein auf die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers abgestellt wird (Quelle: Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts (LArbG) Kiel).

Das bedeutet:
Bei einer während des Urlaubs angeordneten Quarantäne werden die Quarantänetage 

  • nicht wie Krankheitstage 

behandelt und besteht, 

auch dann, wenn Arbeitnehmer während eines gewährten Urlaubs wegen einer 

  • Infektion mit dem Coronavirus 

auf behördliche Anordnung in Quarantäne müssen, ein 

  • Anspruch auf Nach- bzw. Rückgewährung von Urlaubstagen 

nur, sofern für den 

  • Quarantänezeitraum Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Zeugnis 

nachgewiesen werden kann.