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Was, wer eine Pauschalreise gebucht hat, über die kostenfreie Stornierungsmöglichkeit wissen sollte,

…. insbesondere in Folge der Corona-Pandemie.

Nach § 651h Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann,

  • wer mit einem Reiseveranstalter einen Pauschalreisevertrag (§ 651a Abs. 1 – 3 BGB) geschlossen hat,

vor Beginn von der gebuchten Reise 

  • entschädigungslos

dann zurücktreten und den vollen schon (an)gezahlten Reisepreis vom Reiseveranstalter zurückverlangen, wenn  

  • am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe 

unvermeidbare, außergewöhnliche 

  • Umstände

auftreten, die 

  • die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen. 

Gemäß Erwägungsgrund 31 der auf Vollharmonisierung zielenden Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen liegen derartige Umstände, 

  • welche es dem Reisenden ermöglichen sollen, ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten, 

zum Beispiel dann vor, wenn etwa 

  • wegen des Ausbruchs einer schweren Krankheit am Reiseziel erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit bestehen.

Ob dies, wie erforderlich, 

  • zum Zeitpunkt der gebuchten Reise der Fall sein wird, 

ist bei einer vor Reiseantritt abgegebenen Rücktrittserklärung durch eine 

  • Prognoseentscheidung

zu beurteilen, im Rahmen welcher danach zu fragen ist, 

  • ob die konkrete Reise aus einer ex-ante-Betrachtung heraus erheblich beeinträchtigt sein wird. 

Die Frage,

  • von welchem Gefährdungsgrad an insoweit eine erhebliche Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, 

lässt sich dabei 

  • nicht in Form einer festen Größe, sondern 

nur fallweise unter Berücksichtigung des konkreten Inhalts des Reisevertrags beantworten, wobei zu berücksichtigen ist, zum einen 

  • mit welcher Wahrscheinlichkeit, für welche Rechtsgüter Gefahren drohen 

und zum anderen auch 

  • ob der konkreten Reise, wie etwa im Falle von Abenteuerreisen, ein gewisses Gefahrenpotential bereits immanent ist.

Im Falle einer Gefahr für Leib und Leben 

  • wegen des Auftretens eines Hurrikans 

reicht jedenfalls eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 25% aus. 

Für eine Beeinträchtigung der Reise 

  • durch die COVID-19-Pandemie, 

wird es insoweit,

  • jedenfalls solange es noch keinen effektiven Schutz gegen das Virus gibt,

für eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB ausreichen, wenn ein

  • konkretes Risiko für einen erheblichen Gesundheitsschaden 

besteht, weil am Reiseort im Vergleich 

  • zum Wohnort des Reisenden und 
  • der Zeit der Reisebuchung 

ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht.

Handelt es sich bei der gebuchten Reise beispielsweise um eine Kreuzfahrt, 

  • bei welcher eine große Anzahl Menschen eng miteinander in Berührung kommen, 

besteht die konkrete, 

  • letztlich vom Zufall abhängige 

Gefahr, dass es an Bord zu einem Infektionsgeschehen kommt und damit zugleich 

  • nicht nur die konkrete Gefahr einer eigenen Gesundheitsgefährdung, 
  • sondern – auch für nicht infizierte Passagiere – darüber hinaus die Gefahr, dass das ganze Schiff unter Quarantäne gestellt würde, Landgänge untersagt würden und Passagiere unter Quarantänebedingungen auf dem Schiff festsitzen,

so dass auch infolgedessen eine erhebliche Beeinträchtigung der geplanten Reise konkret zu befürchten sein kann (so Amtsgericht (AG) Stuttgart, Urteil vom 13.10.2020 – 3 C 2559/20 –).

Übrigens:
Eine für den Reisezeitraum geltende Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ist keine Voraussetzungen für einen Rücktritt gem. § 651h Abs. 3 BGB, stellt aber ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände dar (AG Frankfurt, Urteil vom 11.08.2020 – 32 C 2136/20 (18) –).

Wichtig zu wissen, wenn eine bei einem Reiseveranstalter gebuchte Pauschalreise wegen Corona nicht durchgeführt wird

Mit Urteil vom 15.10.2020 – 32 C 2620/20 (18) – hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt entschieden, dass ein Reiseveranstalter, der

  • wegen der Corona-Pandemie

eine von Kunden gebuchte Pauschalreise  

  • vor deren Beginn storniert, d.h. vor Reisebeginn von dem geschlossenen Pauschalreisevertrag (§ 651a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) nach § 651h Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BGB zurücktritt 

und 

  • den Kunden die von ihnen (an)gezahlten Reisekosten nicht innerhalb von 14 Tagen nach Stornierung zurückzahlt,

automatisch, also ohne gesonderte Mahnung, 

verschuldensunabhängig in Zahlungsverzug gerät.

Daran ändern, so das AG, 

  • weder ein vom Reiseveranstalter dem Kunden gemachtes, aber nicht akzeptiertes Gutscheinangebot,
  • noch Liquiditäts- und Organisationsschwierigkeiten des Reiseveranstalters

etwas (so auch AG Bad Iburg, Urteil vom 29.10.2020 – 4 C 404/20, 4 C 398/20 –).

BFH entscheidet: Urenkel können bei einer Schenkung oder einem Erwerb von Todes wegen jedenfalls dann nur einen Freibetrag von 100.000 € beanspruchen

…. wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind.

Mit Beschluss vom 27.07.2020 – II B 39/20 (AdV) – hat der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in einem Fall, in dem eine Urgroßmutter 

  • ihren beiden Urenkeln 

eine Immobilie geschenkt 

  • und ihre Tochter (der Großmutter der Urenkel) hieran einen Nießbrauch erhalten 

hatte, entschieden, dass   

  • Urenkeln

für eine Schenkung jedenfalls dann lediglich der 

  • Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro 

zusteht, wenn 

  • Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind.

Begründet hat der Senat dies damit, dass nach § 16 Abs. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i.V.m. § 15 Abs. 1 ErbStG steuerfrei bleibt in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht 

  • gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG der Erwerb 
    • der Kinder und Stiefkinder und der Kinder und Stiefkinder verstorbener Kinder in Höhe von 400.000 €, 
  • gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG der Erwerb 
    • der Kinder und Stiefkinder der Kinder in Höhe von 200.000 € sowie 
  • gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG der Erwerb 
    • der Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder in Höhe von 100.000 €,

dass nach dem Wortlaut dieser Vorschrift und der Systematik des ErbStG der Begriff „Kinder“ in § 16 Abs. 1 ErbStG eindeutig 

  • nicht Kindeskinder oder weitere Abkömmlinge meint, 
  • sondern Kinder 

und dass dies im Falle des § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG auch für die doppelte Verwendung des Wortes „Kinder“ gilt, so dass 

  • jedenfalls dann, wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind

„Kinder der Kinder“ ausschließlich 

  • die Enkel sind, 
  • nicht die Urenkel.

Dürfen Kranarm oder -ausleger eines auf einem Grundstück aufgestellten Baukrans über den Luftraum des Nachbargrundstücks

…. schwenken bzw. muss der Eigentümer des Nachbargrundstücks dies dulden oder wann kann er Unterlassung verlangen? 

Mit Urteil vom 15.10.2020 – 8 U 5531/20 – hat das Oberlandesgericht (OLG) München in einem Fall, in dem Eigentümer von Nachbargrundstücken darüber stritten, 

  • ob der Kranarm eines zu Bauzwecken auf dem einen Grundstück aufgestellten Baukrans über den Luftraum des anderen Grundstücks schwenken darf,

entschieden, dass 

  • das (Über)Schwenken eines Baukrans über den Luftraum eines Nachbargrundstücks 

unter das 

  • Hammerschlags- und Leiterrecht gem. Art. 46 b Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BayAGBGB) 

fällt, das vorsieht, dass Eigentümer und Nutzungsberechtigte eines Grundstücks dulden müssen, 

  • dass das Grundstück von dem Eigentümer oder dem Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks und von diesem beauftragten Personen zwecks Errichtung, Veränderung, Instandhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage betreten wird, 
  • auf ihrem Grundstück Gerüste und Geräte aufgestellt werden oder auf dieses übergreifen sowie 
  • die zu den Arbeiten erforderlichen Baustoffe über das Grundstück gebracht oder dort niedergelegt werden, wenn und soweit 
    • das Vorhaben anders nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann, 
    • die mit der Duldung verbundenen Nachteile oder Belästigungen nicht außer Verhältnis zu dem von dem Berechtigten erstrebten Vorteil stehen und 
    • das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht,

dass allerdings hierbei,

  • also bei einem „Übergreifen von Geräten“ auf das Nachbargrundstück, das ein Überschwenken eines Baukrans darstellt,

das sich aus Art. 46 b Abs. 3 BayAGBGB ergebende Verfahren einzuhalten ist, nämlich,

  • dass die Absicht, das Recht auszuüben, sowie Art und Dauer der Arbeiten mindestens einen Monat vor deren Beginn dem Eigentümer und Nutzungsberechtigten des betroffenen Grundstücks von dem die Arbeiten veranlassenden Eigentümer oder Nutzungsberechtigten anzuzeigen sind, wobei, 
    • wenn ein Betroffener, dem Anzeige zu machen ist, unbekannten Aufenthalts oder nicht alsbald erreichbar ist und er auch keinen Vertreter bestellt hat, statt der Anzeige an diesen Betroffenen die Anzeige an den unmittelbaren Besitzer genügt,

dass eine diesbezügliche vollständige Anzeige gem. Art. 46 b Abs. 3 BayAGBGB Voraussetzung ist für die Ausübung des Rechts, so dass 

  • bei einer nicht erfolgten bzw. unvollständigen Anzeige der Nachbar die Inanspruchnahme seines Grundstücks wegen verbotener Eigenmacht gem. §§ 858, 862 BGB, auch dann, wenn ihn eine entsprechende Duldungspflicht treffen könnte, untersagen kann 

und dass, 

  • sollte auf eine erfolgte Anzeige hin, der Eigentümer des betroffenen Grundstücks sich nicht erklären, dessen Grundstück ohne Weiteres für die Durchführung der Arbeiten betreten und genutzt werden darf,
  • während, wenn der Eigentümer des betroffenen Grundstücks dem Berechtigten das Recht verweigert, 
    • dieser das Recht – außer in dem Fall des Notstands (§ 904 BGB) – nicht im Wege der Selbsthilfe durchsetzen darf, 
    • sondern Duldungsklage erheben muss und das Nachbargrundstück erst auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung in Anspruch nehmen darf.

Übrigens:
Da gem. Art. 124 Satz 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) die landesgesetzlichen Vorschriften, 

  • welche das Eigentum an Grundstücken zugunsten der Nachbarn noch anderen als den im Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmten Beschränkungen unterwerfen, 

unberührt bleiben und zu diesen landesgesetzlichen Vorschriften nach allgemeiner Meinung auch die 

  • landesrechtlichen Hammerschlags- und Leiterrechte

gehören, können sich die die Arbeiten auf ihrem Grundstück Durchführenden zur Rechtfertigung ihres Tuns nicht auf § 905 S. 2 BGB berufen, wonach 

  • ein Eigentümer Einwirkungen nicht verbieten kann, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat.

Was Eltern schulpflichtiger Kinder über die Maskenpflicht an Schulen und die Befreiung hiervon wissen sollten

Mit Beschluss vom 26.10.2020 – 20 CE 20.2185 – hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in einem Fall, in dem zwei in Bayern lebende Grundschülerinnen, 

  • bei der Schule 

ärztliche Atteste vorgelegt hatten, in denen 

  • ohne weitere Begründung 

bescheinigt worden war, dass sie aus gesundheitlichen Gründen keine Masken in der Schule tragen könnten und diese Atteste von der Grundschule 

  • als nicht hinreichend aussagekräftig 

zurückgewiesen worden waren, entschieden, dass die Atteste zur Glaubhaftmachung 

  • aus gesundheitlichen Gründen von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit zu sein 

nicht ausreichen, vielmehr hierfür erforderlich ist, die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, die 

  • nachvollziehbare Befundtatsachen sowie 
  • eine Diagnose 

enthält.

Begründet hat der VGH dies damit, dass 

  • anders als etwa bei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder einem Attest zur Befreiung vom Schulbesuch wegen Krankheit 

hier auch Grundrechtspositionen insbesondere von anderen Schülern sowie des Schulpersonals

  • – das Recht auf Leben und Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) –

betroffen seien, für die die Schule eine herausgehobene Verantwortung trage, die Maskenpflicht diene dazu, 

  • andere vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus zu schützen sowie 
  • die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Covid-19 in der Bevölkerung zu reduzieren 

und datenschutzrechtliche Bestimmungen dem grundsätzlich nicht entgegen stehen (Quelle: Pressemitteilung des VGH München).

Wer eine Bürgschaft übernimmt, sollte wissen, dass eine Bürgschaft nicht gemäß § 312g Abs. 1 BGB widerrufbar ist

Mit Urteil vom 22.09.2020 – XI ZR 219/19 – hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem 

  • eine Bank mit einem Kunden einen Kreditvertrag abgeschlossen, 
  • zur Sicherung der Ansprüche der Bank aus dem Kreditvertrag ein Dritter (ein Verbraucher i.S.v. § 13 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) eine Bürgschaft übernommen hatte und 

von dem Verbraucher die Bürgschaftserklärung 

  • nicht in den Geschäftsräumen der Bank, 
  • sondern in der Wohnung des Kreditschuldners 

unterzeichnet worden war, entschieden, dass das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB, 

  • das Verbrauchern bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen zusteht, 

ein Bürge nicht hat.

Begründet hat der Senat dies damit, dass 

  • das 14-tägige Widerrufsrecht nach § 355 BGB i.V.m. § 312b Abs. 1, § 312g Abs. 1 BGB gemäß § 312 Abs. 1 BGB einen Verbrauchervertrag, d.h. einen Vertrag zwischen einem Unternehmer und einen Verbraucher (§ 310 Abs. 3 BGB) voraussetzt,
  • der eine aufgrund dessen vom Unternehmer zu erbringende entgeltliche vertragscharakteristische Leistung zum Gegenstand hat und

diese Voraussetzungen Bürgschaften,

  • die übrigens auch von dem in § 312 Abs. 5 Satz 1 BGB legal definierten Begriff der Finanzdienstleistung nicht erfasst werden, 

nicht erfüllen.

LG München I entscheidet: Betriebsschließungsversicherung muss Betreiberin einer Gaststätte 427.169,86 Euro

…. Entschädigung zahlen.

Mit Urteil vom 22.10.2020 – 12 O 5868/20 – hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts (LG) München I in einem Fall, in dem die Betreiberin einer Gaststätte für die Gaststätte eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen hatte, in deren Versicherungsbedingungen u.a. bestimmt war, 

  • unter § 1 Nr. 1 a Versicherungsumfang, „dass der Versicherer Entschädigung leistet, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2) den versicherten Betrieb […] schließt; […]“
  • unter § 1 Nr. 2 Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger, „dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger sind: 
    a) Krankheiten
    […]
    b) Krankheitserreger
    […]“
  • unter § 3 Ausschlüsse, „[…] dass der Versicherer nicht haftet bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf. […].“

und deren Gaststätte das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege ab dem 21.03.2020 

  • aufgrund des Coronavirus 

geschlossen hatte, entschieden, dass die Betreiberin der Gaststätte von ihrer Versicherung 

  • Entschädigung in Höhe von 427.169,86 Euro 

verlangen kann.

Dass das Corona-Virus vom Versicherungsschutz umfasst sein sollte und demzufolge eine Leistungspflicht der Versicherung besteht, hat das LG u.a. damit begründet, dass

  • eine Anordnung der Schließung der Gaststätte seitens der zuständigen Behörde (vgl. §§ 28 Abs. 1, 32 Satz 1 IfSG in Verbindung mit § 65 Satz 2 Nr. 2 der Bayerischen Zuständigkeitsverordnung (BayZustV) und Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz (GDVG)) vorgelegen,
  • die zuständige Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gehandelt hat,
  • die Gaststätte auch vollständig geschlossen war, da der mögliche Außerhausverkauf eine absolut untergeordnete Rolle spielte, somit also keine unternehmerische Alternative darstellte, auf die sich die Gaststättenbetreiberin verweisen lassen musste und 

der Versicherungsschutz durch die Bedingung unter § 1 Nr. 2 nicht wirksam eingeschränkt worden ist, da diese Klausel, 

  • nachdem der einleitende Satz Leistungsbeschränkung nicht erkennen lässt und
  • auch durch die sich anschließende Formulierung, „dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger sind“, einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht mit der notwendigen Klarheit und Eindeutigkeit vor Augen geführt wird, dass hier ein einschränkender Versicherungsumfang formuliert wird und insoweit negative Abweichungen gegenüber dem maßgeblich in Bezug genommenen IfSG bestehen,

wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) unwirksam ist (Quelle: Pressemitteilung des LG München I). 

Übrigens:
Die 12. Zivilkammer des LG München I hat bereits mit Urteil vom 01.10.2020 – 12 O 5895/20 – eine Betriebsschließungsversicherung dazu verurteilt, einem Gastwirt, dessen Gastwirtschaft corona-bedingt geschlossen worden war, eine Entschädigung in Höhe von 1.014.000,00 € zu zahlen.

EuGH entscheidet: Widerrufsrechts bei Kauf von nach Kundenspezifikation angefertigten Waren ist ausgeschlossen auch bei

… noch nicht begonnener Produktion.

Mit Urteil vom 21.10.2020 hat die Sechste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-529/19 entschieden, dass 

das Recht der Verbraucher 

  • im Fernabsatz oder 
  • außerhalb von Geschäftsräumen 

geschlossene Kaufverträge grundsätzlich ohne Angabe von Gründen innerhalb einer Frist von 14 Tagen zu widerrufen, bei Waren, die 

  • nach seinen Kundenspezifikation anzufertigen oder 
  • eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind,

unabhängig davon 

  • ausgeschlossen ist, 

ob der Unternehmer mit deren Herstellung 

  • begonnen hat oder 
  • noch nicht.

Dies ergebe sich, so die Sechste Kammer des EuGH, 

  • nicht nur aus dem Wortlaut, 

sondern entspreche auch 

  • dem Ziel der Richtlinie, 

wonach 

  • das Bestehen oder 
  • der Ausschluss 

des Widerrufsrechts nicht vom Fortschritt der Vertragserfüllung abhängen soll, 

  • über den der Verbraucher üblicherweise nicht informiert wird und 
  • auf den er daher erst recht keinen Einfluss hat.

Was, wer ein (älteres) gebrauchtes Kraftfahrzeug kauft oder verkauft, wissen sollte

Mit Urteil vom 09.09.2020 – VIII ZR 150/18 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem 

  • von dem Käufer eines gebrauchten, neun Jahre alten PKWs, nach der Übergabe des Fahrzeugs gegenüber dem Verkäufer Mängel des Fahrzeugs – u.a in Form von erheblichen Korrosionsspuren am Auspuff – geltend gemacht worden waren,

darauf hingewiesen, dass 

  • soweit nicht gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine diesbezügliche Beschaffenheit ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart worden ist (die vom Verkäufer dann auch geschuldet wird),  

ein bei Gefahrübergang vorliegender, 

entsprechender, gewöhnlicher, 

  • die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender

Verschleiß von Teilen eines für den Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeugs,

  • also ein nicht atypischer oder ungewöhnlicher, 
  • sondern ein „normaler“ (üblicher) durch kontinuierliche Abnutzung eingetretener Verschleiß von Kraftfahrzeugteilen, beispielsweise in Form von Rosterscheinungen,
    • sofern dieser nicht sicherheitsrelevante Teile – wie etwa die Bremsanlage – betrifft,

einen Sachmangel

  • wegen Nichteignung bzw. nur eingeschränkter Eignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung bzw. für die gewöhnliche Verwendung (d.h. für die Verwendung als Fahrzeug im Straßenverkehr) nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 BGB 

nicht begründet und zwar auch dann nicht, wenn 

Übrigens:
Die Vermutung des § 477 Halbs. 1 BGB (früher bis zum 31.12.2017 § 476 Halbs. 1 BGB), 

  • dass das gekaufte Fahrzeug bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt bzw.
  • dass der binnen sechs Monaten nach Übergabe zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz (latent) schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat, 

entbindet den Fahrzeugkäufer nicht davon 

  • darzulegen und 
  • erforderlichenfalls zu beweisen, 

dass sich an der Kaufsache 

Wann kann wegen Beschädigung seines PKWs bei einem Verkehrsunfall der Fahrzeugeigentümer

…. vom Schädiger (ausnahmsweise) die Kosten für die Beschaffung eines gleichwertigen Neufahrzeugs,

  • d.h. Abrechnung des ihm entstandenen Sachschadens auf Neuwagenbasis 

verlangen und nicht nur 

  • die (in der Regel geringeren evtl. auch auf Privatgutachterbasis fiktiven) Kosten für den Reparaturaufwand bzw. ausnahmsweise den diesen um bis zu 30% übersteigenden Betrag, sofern der Geschädigte den Zustand seines Fahrzeugs wie vor dem Unfall wiederherstellt, um es nach der Reparatur weiter zu nutzen, 
    • zuzüglich einer etwaigen Ausgleichsleistung für den merkantilen Minderwert
  • oder die Mittel zur Beschaffung eines mit dem beschädigten Fahrzeug vergleichbaren unfallfreien Fahrzeugs, d.h. die Differenz zwischen dem Netto-Wiederbeschaffungswert zum Zeitpunkt des Unfalls und dem Netto-Restwert (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 10.04.2018 – 9 U 5/18 –).

Eine Abrechnung des ihm entstandenen Sachschadens auf Neuwagenbasis kann ein Fahrzeugeigentümer,

  • dessen Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden ist, 

von dem für den Schaden haftenden Schädiger (nur dann) verlangen, wenn folgende drei (Anspruchs)Voraussetzungen vorliegen:

Das Fahrzeug muss erstens zum Zeitpunkt des Unfalls noch als fabrikneu anzusehen gewesen sein, was angenommen werden kann, 

  • bei einer Laufleistung von noch nicht mehr als 1.000 km, 
  • in Ausnahmefällen bei Vorliegen besonderer Umstände auch 
    • bis zu einer Fahrleistung von 3.000 km oder 
    • einer Gebrauchsdauer von etwa einem Monat (vgl. dazu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 03.11.1981 – VI ZR 234/80 –), 

zweitens muss das Fahrzeug bei dem Unfall erheblich beschädigt worden sein, 

  • was dann nicht der Fall ist, wenn
    • der Unfall lediglich Fahrzeugteile betroffen hat, die im Rahmen einer fachgerecht durchgeführten Reparatur spurenlos ausgewechselt werden können, und die Funktionstüchtigkeit und die Sicherheitseigenschaften des Fahrzeugs, insbesondere die Karosseriesteifigkeit und das Deformationsverhalten nicht beeinträchtigt sind (wie beispielsweise bei der Beschädigung von Anbauteilen wie Türen, Scheiben, Stoßstangen, etc.) oder
    • sich die Beschädigungen mit Hilfe der heutigen Reparatur- und Lackiertechnik in einer Weise beseitigen lassen, die die Neuwertigkeit des Fahrzeugs uneingeschränkt wiederherstellt,
  • sondern in aller Regel erst dann anzunehmen sein wird, wenn 
    • bei dem Unfall tragende oder sicherheitsrelevante Teile, insbesondere das Fahrzeugchassis, beschädigt worden sind und 

und drittens muss der Geschädigte sich tatsächlich ein fabrikneues Ersatzfahrzeug gekauft haben, weil nur bei Nachweis eines Neuwagenkaufs 

  • die Zuerkennung einer den Reparaturaufwand (zuzüglich des merkantilen Minderwerts) übersteigenden und damit an sich unwirtschaftlichen Neupreisentschädigung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dem Bereicherungsverbot zu vereinbaren ist (BGH, Urteil vom 29.09.2020 – VI ZR 271/19 –). 

Das bedeutet, dass 

  • eine fiktive Abrechnung auf Neuwagenbasis nicht möglich und 

auch wenn die erste und zweite der obigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, 

  • bis zum Kauf eines gleichwertigen Neufahrzeugs der Fahrzugeigentümer die Kosten hierfür nicht erstattet verlangen kann und 
  • demzufolge bis dahin auch eine entsprechede Kostenerstattungsklage unbegründet ist.