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OLG Oldenburg spricht fünfjährigem Jungen wegen der Folgen eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers 800.000 Euro

…. Schmerzensgeld zu.

Mit Urteil vom 18.03.2020 – 5 U 196/18 – hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg einem Jungen, der, 

  • als er fünf Jahre alt war,

infolge eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers bei der Behandlung einer bakteriellen Meningitis,

  • u.a. beide Unterschenkel verloren hatte,
  • der in der Folgezeit wachstumsbedingt fast zwanzig Operationen zur Versorgung der Stümpfe über sich hatte ergehen lassen müssen,
  • der sein gesamtes Leben auf den Rollstuhl angewiesen sein wird und 
  • bei dem aufgrund des massiven Krankheitsverlaufs große Teile der Körperoberfläche durch Nekrosen dauerhaft entstellt sind,

ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro zuerkannt.

Dass hier ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro angemessen ist, hat das OLG mit 

  • der Schwere der Verletzungen, 
  • dem Leiden und dessen voraussichtlicher lebenslanger Dauer, 
  • der subjektiven Wahrnehmung der Beeinträchtigungen für den Verletzten, 
    • nämlich dem täglich wiederkehrenden Bewusstsein um den lebenslangen Verlust der bisherigen Lebensqualität und 
  • dem Ausmaß des Verschuldens des Schädigers 

begründet.

Danach kann im Fall 

  • schwerster und dauerhafter Schädigungen, die ein Geschädigter in jungen Jahren bewusst erlebt und 
  • von denen anzunehmen ist, dass sie ihn lebenslang in der Lebensführung erheblich beeinträchtigen werden, 

ein Schmerzensgeld in dieser Höhe gerechtfertigt sein.

Wichtig zu wissen für Benutzer von Pedelecs, denen vorgeworfen wird, mit einem Pedelec in alkoholbedingt

…. fahruntüchtigem Zustand gefahren zu sein.

Mit Beschluss vom 14.07.2020 – 2 Rv 35 Ss 175/20 – hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe in einem Fall, in dem die Staatsanwaltschaft dem Fahrer eines Pedelecs, 

  • der auf öffentlicher Straße mit einer Alkoholkonzentration von 1,59 Promille im Blut mit dem Pedelec gefahren war, 

zur Last gelegt hat, sich der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr 

  • nach § 316 Abs. 1, Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) 

schuldig gemacht zu haben, darauf hingewiesen, dass es, 

  • nach vorläufiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage,

für Fahrer von handelsüblichen Elektrofahrrädern (Pedelecs) mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h, 

  • nicht den für Führer von Kraftfahrzeugen geltenden Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille, sondern 

den für Fahrradfahrer geltenden Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,6 Promille für anwendbar erachtet.

Für den – von der Staatsanwaltshaft – angeklagten Pedelec-Fahrer bedeutet das:

Der Pedelec-Fahrer war 

  • (noch) nicht unwiderlegbar absolut fahruntüchtig, 

so dass nur, 

  • wenn bei ihm (zusätzliche) alkoholtypische Ausfallerscheinungen vorgelegen haben sollten,

eine Bestrafung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr

  • unter dem Gesichtspunkt der relativen Fahruntüchtigkeit

erfolgen könnte.

Sind alkoholtypische Ausfallerscheinungen bei dem Pedelec-Fahrer nicht feststellbar, wäre er,  

  • trotz seiner Blutalkoholkonzentration von 1,59 Promille zum Fahrzeitpunkt, 

freizusprechen, da 

  • handelsübliche Pedelecs mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsrechts sind (§ 1 Abs. 3 StVG) und somit

auch eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 Straßenverkehrs-Gesetz (StVG),

  • – Führen eines Kraftfahrzeugs mit mindestens 0,25 Milligramm/Liter Alkohol in der Atemluft oder mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut – 

nicht vorliegt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe). 

Übrigens:
Wie man seine Blutalkoholkonzentration ermitteln kann, wird in dem Blog

erläutert.

OLG Frankfurt entscheidet, wann bei einem Suizid auf Bahngleisen die Erben des Suizidenten gegenüber dem Lokführer nicht haften

Mit Urteil vom 24.06.2020 – 16 U 265/19 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem sich ein Mann in Suizidabsicht auf Bahngleise begeben, dort von einem Güterzug,

  • dessen Lokführer dies trotz einer sofort eigeleiteten Schnellbremsung nicht hatte vermeiden können,

erfasst sowie tödlich verletzt worden, 

  • der Lokführer aufgrund dessen danach knapp zwei Jahre arbeitsunfähig krankgeschrieben 

und der Erbe des Suizidenten von dem Arbeitgeber des Lokführers auf Ersatz 

  • der an den Lokführer gezahlten Heilbehandlungskosten sowie der fortgezahlten Dienstbezüge in Höhe von insgesamt gut 90.000 Euro

verklagt worden war, die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass nach den überzeugenden Feststellungen des angehörten Sachverständigen 

  • der Suizid von dem Suizidenten in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen worden sei, somit

der Suizident dem Lokführer den Schaden nicht schuldhaft zugefügt habe (§ 827 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und eine Ersatzpflicht der Beklagten aus Billigkeitsgründen (§ 829 BGB) deswegen nicht bestehe,

  • nachdem die Vermögensverhältnisse des Suizidenten sich nicht besser darstellen als die des Geschädigten. 

Danach haften die Erben eines Suizidenten,

  • der sich von einem Zug überfahren lässt, 

dem Zugführer nach §§ 823, 1922 Abs. 1 BGB für den diesem dadurch entstandenen Schaden dann nicht, wenn   

  • der Suizid von dem Suizidenten in einem die freie Willensentschließung ausschließenden Zustand begangen worden ist

und ist in einem solchen Fall bei der Beurteilung, 

  • ob eine Ersatzpflicht der Erben aus Billigkeitsgründen nach § 829 BGB besteht,

bei der Vergleich der Vermögenslagen des Suizidenten und des geschädigten Zugführers eine freiwillige Haftpflichtversicherung des Suizidenten in dessen Vermögen nicht einzubeziehen, weil, so das OLG,

  • das Risiko, dass der Versicherungsnehmer einen Schaden herbeiführt, für den er nicht verantwortlich ist, grundsätzlich nicht versichert ist und 
  • wenn damit kein Versicherungsschutz besteht, dieser auch keinen Vermögenswert darstellen kann.

Beachte:
Nicht jeder Suizid wird automatisch in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen. 

Andererseits spricht, dass eine Suizidhandlung bewusst und akribisch geplant worden ist, nicht für die Schuldfähigkeit eines Suizidenten. 

Somit bedarf es zur Beantwortung der Frage, 

  • ob ein Suizident für einen durch sein Handeln dem Lokführer zugefügten Schaden verantwortlich gewesen ist oder nicht, 

stets der Einholung eines Sachverständigengutachtens (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt).

VG Berlin entscheidet: Festival-Veranstalter kann verpflichtet werden für stark lärmbelästigte Anwohner

…. Ersatzunterkünfte bereitzustellen.

Mit Urteil vom 19.06.2020 – 10 K 349.19 – hat die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin entschieden, dass die lärmschutzrechtliche Genehmigung, die dem Veranstalter des 

  • 2019 im Berliner Olympiastadion stattgefundenen 

zweitägigen Lollapalooza-Festivals 

  • von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz der Stadt Berlin 

erteilt worden war, mit der Auflage,

  • für diejenigen Anwohner eine angemessene Ersatz-Unterbringung zur Verfügung zu stellen, deren Wohnungen sich im besonders betroffenen Nahbereich des Veranstaltungsgeländes befinden,

versehen und diesbezüglich,

  • wegen der tieffrequenten Geräusche, 

pauschalierend auf den Innenpegel in den betroffenen Wohnräumen abgestellt werden durfte.

Begründet hat die Kammer das damit, dass die Behörde das ihr insoweit zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe, da

  • auch dann, wenn die Durchführung eines Festivals für eine Stadt von herausragender Bedeutung ist,

die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und angesichts 

  • der massiven Belastung des Standortes durch zahlreiche Veranstaltungen sowie 
  • der Stärke und Dauer der Lärmbelastung durch das Festival, 

besondere Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Anwohner gerechtfertigt gewesen seien (Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin).

Infos über die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung

In einer Vorsorgevollmacht können Volljährige,

  • solange sie geschäftsfähig sind,

regeln, 

  • welche ihrer rechtlichen Angelegenheiten wer besorgen soll, 

wenn sie krankheitsbedingt hierzu nicht mehr selbst in der Lage sind und 

  • dadurch vermeiden, dass im Betreuungsfall, der beispielsweise nach einem Verkehrsunfall oder einem Schlaganfall eintreten kann, vom Gericht ein Betreuer, den sie möglicherweise nicht wollen, bestellt wird.

In einer Patientenverfügung können Volljährige 

  • für den Fall ihrer Einwilligungsunfähigkeit, 

schriftlich bestimmen, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe 

  • einwilligen oder 
  • sie untersagen.

Wichtige weitere Informationen dazu finden Sie u.a. in folgenden unserer Blogs,

Reiseveranstalter muss einer Reisenden wegen Sturz von einer Massageliege Schmerzensgeld und Schadensersatz zahlen

Mit Urteil vom 30.10.2019 – 2-24 O 28/18 – hat die Reiserechtskammer des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem die Klägerin für sich und ihren Lebensgefährten eine zweiwöchige Pauschalreise nach Teneriffa gebucht hatte, 

  • die auch fünf Massageanwendungen beinhaltete und 

nach der Massage am vierten Urlaubstag beim Absteigen von der von dem Masseur verwendeten 

  • nicht höhenverstellbaren, klappbaren, transportablen 

Massageliege mit der Liege umgekippt war und sich dabei 

  • eine Fraktur am Handgelenk und Prellungen an Kopf und Arm, die zu einem zweiwöchigen Taubheitsgefühl in der linken Körperhälfte führten, 

zugezogen hatte, entschieden, dass der Reiseveranstalter 

  • der Klägerin – unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von ihr von einem Drittel – ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.333,33 € zahlen muss 

und die Klägerin darüber hinaus auch Anspruch 

  • auf Minderung des Reisepreises, 
  • auf Ersatz nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von jeweils 50 % anteilig für die verbleibenden Urlaubstage und 
  • auf Erstattung eines Haushaltsführungsschadens hat, da sie nach ihrer Rückkehr mehrere Wochen ihren Haushalt nicht versorgen konnte.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass die mobile Massageliege

  • zwar für stationäre Anwendungen zugelassen war, aber, 

nachdem sie leicht kippen konnte, zum Schutz der Gäste 

  • Vorkehrungen dagegen 

hätten getroffen werden müssen und 

  • diesen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht 

der Reiseveranstalter sich zurechnen lassen muss.  

Ein Mitverschulden von einem Drittel muss sich die Klägerin deshalb anrechnen lassen, da sie, 

  • weil ihr Oberkörper unbekleidet war, zwar nachvollziehbar das Angebot des männlichen Masseurs, ihr beim Absteigen von der Liege zu helfen, abgelehnt hatte, aber statt dessen 

um Hilfestellung einer weiblichen Mitarbeiterin hätte bitten können (Quelle: Pressemitteilung LG Frankfurt am Main).

Angabe Preis 1 Euro auf eBay führt dann nicht zu einem wirksamen Kaufvertrag über 1 Euro, wenn für den Interessenten, der

…. einen Euro geboten hat, ersichtlich nicht ein Sofort-Kaufangebot abgegeben werden sollte, sondern vom Anbieter eine Versteigerung gewollt war.

Mit Beschluss vom 14.05.2020 – 6 U 155/19 – hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem von einem Anbieter

  • auf der Internetauktionsplattform eBay 

ein BMW 318d, Erstzulassung April 2011, Laufleistung 172.000 km, wie folgt angeboten worden war,

  • „Preis: Euro 1,00; Fahrzeug muss innerhalb drei Tagen noch Auktionsende – vom Höchstbietenden abgeholt und bar vor Ort gezahlt werden…, Sofortkaufangebote sind gerne erwünscht“, 

ein an dem Erwerb Interessierter einen Euro geboten und – automatisiert – den Zuschlag erhalten hatte, danach 

  • vor regulärem Auktionsende, 

vom Anbieter die Auktion beendet sowie dem Bieter mitgeteilt worden war, 

  • dass der Preis von einem Euro als Start- und nicht als Sofortkaufpreis gemeint gewesen sei,

den Bieter darauf hingewiesen, dass seine erhobene Schadensersatzklage gegen den Anbieter,

  • mit der er von diesem 13.000 Euro forderte, die er seiner Ansicht nach für ein vergleichbares Fahrzeug aufbringen müsste,

keine Aussicht auf Erfolg hat.

Dass hier 

  • kein wirksamer Kaufvertrag 

zustande gekommen ist und der Bieter demzufolge 

  • auch keinen Anspruch auf Schadensersatz hat, 

hat der Senat damit begründet, dass 

  • bei Auslegung des Verkaufsangebots aus dem Empfängerhorizont 

eindeutig war, dass es sich bei der Angabe „Preis: Euro 1,00″, 

  • die an sich für ein Sofort-Kauf-Angebot steht, 

ersichtlich um ein Versehen des Anbieters gehandelt und dieser das Fahrzeug hatte versteigern,

  • nicht aber für einen Euro verkaufen 

wollen, so dass das Gebot des Bieters zu keinem Kaufvertrag geführt habe.

Abgesehen davon, so der Senat weiter, habe der Anbieter durch die sofortige Erklärung gegenüber dem Kaufinteressenten, 

  • dass der Preis als Startpreis, 
  • nicht als Sofort-Kaufpreis, 

gemeint gewesen und 

  • deshalb die Transaktion abgebrochen worden sei,

sein Verkaufsangebot wirksam angefochten (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main).   

Hinweis:
Zur Anfechtbarkeit eines Sofortverkaufsangebots wegen Erklärungsirrtums vgl. auch Amtsgericht (AG) München, Urteil vom 9.3.2017 – 274 C 21792/16 –.   

Reisender, der in einem Hotel auf Mallorca in der niedrigsten, anstelle der gebuchten höchsten Suitenkategorie untergebracht worden war,

…. darf den Reisepreis nicht nur um 50% mindern, sondern hat wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit auch Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von weiteren 50% des Reisepreises.

Das hat die Reiserechtskammer des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 19.12.2019 – 2-24 O 55/19 – in einem Fall entschieden, in dem der Kläger 

  • für sich und zwei weitere Personen 

eine 10-tägige Pauschalreise nach Mallorca in einer „WU Suite“ mit – laut Reiseprospekt – einem separaten Schlafzimmer in einem Hotel gebucht hatte,

  • in der Buchungsbestätigung die Unterbringung in einer „Suite“ ausgewiesen,

und die Unterbringung der Reisegruppe 

  • nicht in einem Zimmer der Kategorie „WU Suite“, sondern 

in der niedrigsten Suitenkategorie des Hotels, nämlich einer kleineren Juniorsuite mit kombiniertem Wohn- und Schlafraum erfolgt war, 

  • in dem sich neben einem Doppelbett ein Schlafsofa und später noch ein hinzugestelltes Feldbett befanden und 
  • die Reisenden sich einen Schrank teilen mussten.

Als gerechtfertigt angesehen hat die Kammer eine Minderung des Reisepreises um 50% deshalb, da, 

  • auch wenn die Buchungsbestätigung den Zusatz „WU“ nicht enthalten hatte, aus objektiver Sicht davon auszugehen war, dass eine Suite und keine Juniorsuite gebucht worden, somit 

vertraglich eine Unterbringung in einer WU Suite geschuldet und durch die Unterbringung in der niedrigsten, anstelle der gebuchten höchsten Suitenkategorie, 

  • wegen des Fehlens nicht nur von gleichwertigen, komfortablen Schlafmöglichkeiten, sondern auch einem adäquaten Rückzugsbereich für die dreiköpfige Reisegruppe, 

der Zweck der Reise – die Erholung – grundlegend berührt worden war sowie 

  • darüber hinaus 

als Ersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit eine Entschädigung in Höhe von weiteren 50% des Reisepreises deswegen, weil

  • die Reise – während der gesamten Reisezeit – erheblich beeinträchtigt war.

Hingewiesen hat die Kammer in ihrer Entscheidung ferner, dass ein Abhilfeangebot des Reiseveranstalters, 

  • in ein anderes Hotel umzuziehen, 

dann nicht angenommen werden muss, wenn das andere Hotel nicht gleichwertig ist, 

  • etwa in Bezug auf die Strand- bzw. Insellage (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt am Main).   

Was sowohl Mieter, die die Mietwohnung vertragsgemäß unrenoviert übernommen haben, als auch deren Vermieter, wissen sollten

Mit Urteilen vom 08.07.2020 – VIII ZR 163/18 und VIII ZR 270/18 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in zwei Verfahren, in denen den Mietern jeweils eine unrenovierte Wohnung als vertragsgemäß überlassen worden, die Übertagung der Schönheitsreparaturen auf sie in den Formularmietverträgen, 

  • mangels Zahlung eines angemessenen finanziellen Ausgleichs durch den Vermieter, 

unwirksam und somit an die Stelle 

  • der unwirksamen Schönheitsreparaturklauseln 

die 

  • gesetzlich (§ 535 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) normierte Erhaltungspflicht des Vermieters 

getreten war (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 18.03.2015 – VIII ZR 185/14 – und vom 22.08.2018 – VIII ZR 277/16 –), entschieden, dass die Mieter,

  • wenn (nach längerer Zeit) eine wesentliche Verschlechterung des Dekorationszustandes eingetreten ist,

vom Vermieter die Durchführung einer Renovierung bzw. von Schönheitsreparaturen verlangen können, sie sich allerdings dann 

  • an den hierfür anfallenden Kosten (regelmäßig zur Hälfte) beteiligen müssen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass der Vermieter, 

  • nach der ihn treffenden Erhaltungspflicht,

(erst) bei einer wesentlichen Verschlechterung des anfänglichen Dekorationszustandes (und dann nur) den (vertragsgemäßen) Anfangszustand,

  • also den Zustand der Wohnung 

wiederherstellen muss, 

  • der bei Besichtigung und Anmietung durch den Mieter bestanden hat,

eine solche Wiederherstellung des (vertragsgemäßen) Anfangszustandes in der Regel aber weder praktikabel, noch wirtschaftlich sinnvoll, sondern allein eine Durchführung von Schönheitsreparaturen, 

  • durch die der Vermieter die Wohnung in einen frisch renovierten Zustand versetzt,

im Interesse vernünftiger Mietvertragsparteien sowie sach- und interessengerecht erscheint und der Mieter,

  • nachdem hierbei auch die Gebrauchsspuren aus der Zeit vor dem gegenwärtigen Mietverhältnis beseitigt werden,

nach Durchführung der Schönheitsreparaturen eine Wohnung mit einem besserem als dem vertragsgemäßen Zustand bei Mietbeginn erhält,

  • der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) 

es gebietet, die jeweiligen Interessen der Vertragspartner in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.

Damit kann in einem solchen Fall der Vermieter, 

  • wenn der Mieter die Vornahme von Schönheitsreparaturen verlangt, 

die Kostenbeteiligung des Mieters nach Art eines Zurückbehaltungsrechts einwenden und

der Mieter, 

  • wenn der Vermieter mit der Durchführung der geforderten Renovierung in Verzug geraten ist, 

Zahlung eines Kostenvorschusses nach § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB nur unter Berücksichtigung einer angemessenen Kostenbeteiligung fordern (Quelle: Pressemitteilung des BGH).    

Mein Rat zur Vermeidung von Problemen:
In solchen Fällen vor einem Renovierungsverlangen miteinander reden und regeln, was gemacht werden soll, wieviel es kostet und wer wieviel davon zahlt. 

Wichtig zu wissen, wenn die Abrechnung eines Verkehrsunfallschadens (fiktiv) auf Grundlage eines Privatgutachtens erfolgt

Rechnet ein Geschädigter, 

  • dessen Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt wurde, 

die Reparaturkosten auf der Grundlage eines eingeholten Privatgutachtens (fiktiv) ab, 

  • unter Zugrundelegung der von dem Gutachter auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelten üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt,

muss er sich gemäß § 254 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

  • vom Schädiger 

auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer 

  • mühelos und ohne Weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt 

verweisen lassen, wenn der Schädiger 

  • darlegt sowie ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und 
  • gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden (dazu, wann eine Reparatur in einer freien Fachwerkstatt für den Geschädigten unzumutbar sein kann, vgl. Bundesgerichtshofs (BGH), Urteil vom 07.02.2017 – VI ZR 182/16 –).

Für die Bemessung des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten in Geld ist – im Rahmen der Grenzen des Verjährungsrechts – maßgeblich, 

  • materiell-rechtlich der Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung,
    • d.h. der Zeitpunkt in dem dem Geschädigten das volle wirtschaftliche Äquivalent für das beschädigte Recht zufließt, 
  • verfahrensrechtlich regelmäßig der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. 

Das bedeutet, dass 

  • zusätzliche Schäden und 
  • eine Verteuerung der Wiederherstellungskosten 

vor vollständiger Erfüllung, 

  • etwa durch eingetretene Preissteigerungen, die für eine fiktive Reparatur in der (Verweisungs)Werkstatt anfallen würden, 

in der Regel zu Lasten des Schuldners (Schädigers) gehen.

  • Preisveränderungen erst nach vollständiger Erfüllung der Ersatzpflicht, auch wenn sie noch während des gerichtlichen Verfahrens eintreten, spielen dagegen grundsätzlich keine Rolle.

Die genannten Grundsätze finden Anwendung 

  • auch auf die Abrechnung fiktiver Wiederbeschaffungskosten, 

während im Fall der konkreten Schadensabrechnung