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Strafrecht – Notwehr und Überschreitung der Notwehr – Wann liegt was vor?

Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden (§ 32 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB )). 
Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig (§ 32 Abs. 1 (StGB )).
Eine Entschuldigung wegen einer Überschreitung der Grenzen der Notwehr nach § 33 Strafgesetzbuch (StGB ) setzt voraus, dass der Täter in einer objektiv gegebenen Notwehrlage (§ 32 Abs. 2 StGB ) bei der Angriffsabwehr die Grenzen des Erforderlichen aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschritten hat.

Objektiv in einer Notwehrlage befindet sich, wer einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff ausgesetzt ist (§ 32 Abs. 2 StGB ).

  • Gegenwärtig ist ein Angriff bereits dann, wenn sich die durch das Verhalten der Angreifer begründete Gefahr so verdichtet hat, dass ein Hinausschieben der Abwehrhandlung unter den gegebenen Umständen entweder deren Erfolg gefährden oder den Verteidiger zusätzlicher nicht mehr hinnehmbarer Risiken aussetzen, d.h., bei einem Zuwarten also die Gefahr bestehen würde, nicht mehr rechtzeitig reagieren zu können oder wichtige Handlungsoptionen zu verlieren.
  • Rechtswidrig ist ein Angriff, wenn er in Widerspruch zur Rechtsordnung steht.

Wird von dem Angegriffenen in einer Notwehrlage ein Gegenangriff auf Rechtsgüter der Angreifer geführt (sog. Trutzwehr), kann darin nur dann eine Angriffsabwehr (Verteidigung) gesehen werden, wenn in diesem Vorgehen auch tatsächlich der Wille zum Ausdruck kommt, der drohenden Rechtsverletzung entgegenzutreten. 
Dass dem Angegriffenen die Notwehrlage bekannt war, reicht dazu nicht aus. 
Die subjektiven Voraussetzungen der Notwehr sind erst dann erfüllt, wenn der Gegenangriff zumindest auch zu dem Zweck geführt wurde, den vorangehenden Angriff abzuwehren. Dabei ist ein Verteidigungswille auch dann noch als relevantes Handlungsmotiv anzuerkennen, wenn andere Beweggründe (Vergeltung für frühere Angriffe, Feindschaft etc.) hinzutreten. Erst wenn diese anderen Beweggründe so dominant sind, dass hinter ihnen der Wille das Recht zu wahren ganz in den Hintergrund tritt (Angriff lediglich zum Anlass genommen, gegen Angreifer Gewalt zu üben), kann von einem Abwehrverhalten keine Rede mehr sein.

Handelte der Angegriffene in einer objektiv gegebenen Notwehrlage auch mit Verteidigungswillen, ist zu prüfen, ob die Grenzen des Erforderlichen überschritten worden sind.
Eine in einer objektiven Notwehrlage begangene Tat ist nach § 32 Abs. 2 StGB gerechtfertigt, wenn

  • sie zu einer sofortigen und endgültigen Abwehr des Angriffs führt und
  • es sich bei ihr um das mildeste Abwehrmittel handelt, das dem Angegriffenen in der konkreten Situation zur Verfügung stand.

Ob dies der Fall ist, d. h.,

  • ob das konkrete Verteidigungsverhalten tatsächlich erforderlich war, um den Angreifer von seinem Angriffsvorhaben abzubringen oder
  • ob es dem Angegriffenen möglich gewesen wäre, den gegen ihn geführten Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit schonender als geschehen zurückzuweisen,

muss aus der Sicht eines objektiven und umfassend über den Sachverhalt unterrichteten Dritten in der Situation des Angegriffenen entschieden werden. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung an. Da das Notwehrrecht nicht nur dem Schutz der bedrohten Individualrechtsgüter des Angegriffenen, sondern auch der Verteidigung der durch den rechtswidrigen Angriff negierten Rechtsordnung dient, kommen als alternativ in Betracht zu ziehende Abwehrhandlung grundsätzlich nur Maßnahmen in Betracht, die die bedrohte Rechtsposition gegen den Angreifer durchsetzen. 
Das Gesetz verlangt von einem rechtswidrig Angegriffenen nicht, dass er die Flucht ergreift oder auf andere Weise dem Angriff ausweicht, weil damit ein Hinnehmen des Angriffs verbunden wäre und weder das bedrohte Recht, noch die in ihrem Geltungsanspruch infrage gestellte Rechtsordnung gewahrt blieben. 
Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn besondere Umstände das Notwehrrecht einschränken, etwa weil dem Angriff eine vorwerfbare Provokation des Angegriffenen vorausgegangen ist oder der Angegriffene sich sehenden Auges in Gefahr begeben hat.

  • Hat sich der Angegriffene bei der Abwehr des Angriffs in den Grenzen des Erforderlichen gehalten, entfällt damit die Rechtswidrigkeit seiner Tat, wobei die Notwehr dann nicht nur den Eingriffen in die Rechtsgüter des Angreifers die Rechtswidrigkeit nimmt, sondern (ausnahmsweise) auch die Verletzung von Universalrechtsgütern rechtfertigt, wenn deren Begehung untrennbar mit der erforderlichen Verteidigung verbunden ist.
  • Ergibt sich dagegen, dass die Grenzen des Erforderlichen überschritten worden sind, muss geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 33 StGB vorliegen. 
    Dabei ist zu beachten, dass eine Exkulpierung nach dieser Vorschrift nur zu rechtfertigen ist, wenn sich der Angegriffene aufgrund der Bedrohung durch den Angreifer in einem psychischen Ausnahmezustand mit einem Störungsgrad befunden hat, der eine erhebliche Reduzierung seiner Fähigkeit das Geschehen zu verarbeiten zur Folge hatte.
  • War dies der Fall, kann ein entschuldigender Notwehrexzess auch dann noch anzunehmen sein, wenn die Überschreitung der Notwehrgrenzen durch andere (sthenische) Affekte (Wut, Zorn etc.) mitverursacht worden ist.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 25.04.2013 – 4 StR 551/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Verletzung des Persönlichkeitsrechts – Geldentschädigung nur bei schwerer Verletzung.

Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden (§ 253 Abs. 2 BGB ).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber auch dem durch eine schuldhafte Verletzung seines Persönlichkeitsrechts Betroffenen im Hinblick auf den Schutzauftrag aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) Ersatz des immateriellen Schadens zuzubilligen. Jedoch ist insoweit nur unter besonderen Voraussetzungen das unabweisbare Bedürfnis anzuerkennen, einem Betroffenen wenigstens einen gewissen Ausgleich für ideelle Beeinträchtigungen durch eine Geldentschädigung zu gewähren.
Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Verletzung des Persönlichkeitsrechts als schwer anzusehen ist und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann.
Ob ein derart schwerer Eingriff in den Eigenwert der Persönlichkeit anzunehmen ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind besonders die Art und Schwere der zugefügten Beeinträchtigung, aber auch der Grad des Verschuldens und gegebenenfalls Anlass und Beweggrund des Handelns zu berücksichtigen.

Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung, die, mögen ihr auch „pönale Elemente“ nicht ganz fremd sein – keine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist, steht – anders als beim Schmerzensgeld – regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 29.01.2013 – 2 StR 525/12 –, unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 05.10.2004 – VI ZR 255/03 – hingewiesen.

 

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Wenn der Begünstigte einer vom Erblasser noch zu Lebzeiten auf den Todesfall getroffenen Verfügung und der Erbe des Erblassers verschiedene Personen sind – Verhältnis zueinander.

Hat der Erblasser noch zu Lebzeiten eine Verfügung zugunsten Dritter auf den Todesfall getroffen, indem er beispielweise eine Lebensversicherung abgeschlossen und in dem Lebensversicherungsvertrag gegenüber dem Versicherer – im Folgenden jeweils als Versicherer bezeichnet – als Bezugsberechtigten einen Dritten benannt hat – im Folgenden jeweils als Begünstigter bezeichnet – ist zu unterscheiden, zwischen

  • dem Deckungsverhältnis, das ist die dem Begünstigten im Rahmen des Lebensversicherungsvertrages eingeräumte Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung, und
  • dem Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis) zwischen dem verfügenden Erblasser und dem Begünstigten.

Beide Rechtsverhältnisse unterliegen sowohl hinsichtlich der durch sie begründeten Rechtsbeziehungen als auch mit Blick auf die Anfechtung von Willenserklärungen dem Schuldrecht. Erbrechtliche Bestimmungen finden insoweit keine Anwendung.

Die Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung verschafft dem Begünstigten im Versicherungsfall eine im Deckungsverhältnis jedenfalls insoweit unentziehbare Rechtsstellung, als der Erbe des Erblassers diese Bezugsberechtigung nicht mehr ändern oder widerrufen kann.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beantwortet grundsätzlich allein das Valutaverhältnis, für das in dem vorliegenden Fall nur eine Schenkung in Betracht kommt, ob der Begünstigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zu dem Erben des Erblassers behalten darf. 
Die Erklärung des Erblassers gegenüber dem Versicherer, es werde dem Begünstigten eine Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung eingeräumt, enthält zugleich den konkludenten Auftrag an den Lebensversicherer, dem Begünstigten nach Eintritt des Versicherungsfalles das Schenkungsangebot des Erblassers zu überbringen.

Der insoweit mit Botendiensten beauftragte Versicherer erfüllt diesen Auftrag im Regelfall durch Auszahlung der Versicherungssumme an den Begünstigten, weil darin konkludent das Schenkungsangebot des Erblassers zum Ausdruck kommt. Dieses Angebot kann der Begünstigte durch Annahme des Geldes konkludent annehmen (§ 518 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )).

Wird allerdings der Botenauftrag des Versicherers vom Erben des Erblassers widerrufen, bevor es dem Versicherer gelungen ist, das Schenkungsangebot dem Begünstigten zu übermitteln, kommt ein wirksamer Schenkungsvertrag zwischen dem Erblasser und dem Begünstigten nicht zustande.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 10.04.2013 – IV ZR 38/12 – hingewiesen.

Offen gelassen hat der BGH in dieser Entscheidung,

  • ob auch der vom Erblasser mit Benennung eines Bezugsberechtigten konkludent erteilte Botenauftrag an den Versicherer zu einem echten Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall oder aber zu einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte führt, aus dem eigene Schadensersatzansprüche des Begünstigten gegen den Versicherer im Falle der pflichtwidrigen Ausführung entstehen können,
  • ob der Schutzzweck eines solchen Vertrages gerade auch darauf gerichtet sein kann, mit der Übermittlung des Schenkungsangebots einem Widerruf des Botenauftrages durch den hierzu berechtigten Erben zuvorzukommen und mithin einen Schaden des Begünstigten zu verhindern sowie
  • ob bei der vom Versicherer zu beachtenden Sorgfalt generelle Abweichungen von den allgemeinen Anforderungen aus § 276 BGB in Betracht kommen können, im Hinblick darauf, dass der Versicherer durch den Auftrag in einen Konflikt zwischen den Interessen des Begünstigten und des Erben geraten könnte und keine unzumutbaren Anforderungen an ihn gestellt werden dürfen.

 

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Gewährleistung beim Haus- bzw. Wohnungskauf – Grundwasserbelastung als Sachmangel?

Ein von einem Verkäufer erworbenes Hausgrundstück ist auch dann mit einem Sachmangel i.S. des § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) behaftet, wenn zwar nicht der Boden, aber das durch das Grundstück fließende Grundwasser mit giftigen Schadstoffen belastet ist. 
Unerheblich in diesem Zusammenhang ist, dass das Grundwasser, auf das sich das Eigentumsrecht des Verkäufers am Grundstück nicht erstreckt, nicht Teil der Kaufsache ist. Die den Mangel auslösende Beschaffenheit der Kaufsache wird in diesem Fall durch die tatsächliche Beziehung des Grundstücks zu seiner Umwelt begründet, hier durch dessen Nachbarschaft zu einem kontaminierten Grundstück, von dem aus Schadstoffe über das Grundwasser emittiert werden. Dass ein Sachmangel in den wirtschaftlichen, sozialen oder rechtlichen Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt begründet sein kann, die die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache beeinflussen, entspricht der ständigen Rechtsprechung. Nach dem seit dem 01.01.2002 neu geregeltem Kaufrecht, das die frühere Unterscheidung zwischen Fehlern (§ 459 Abs. 1 BGB a. F.) und zugesicherten Eigenschaften (§ 459 Abs. 2 BGB a. F.) eingeebnet hat, sind solche von einem benachbarten Grundstück ausgehende, über die Luft oder – wie hier – das Grundwasser übertragene Umwelteinwirkungen, die den zum verkauften Grundstück gehörenden Erdkörper durchströmen, als eine (negative) Beschaffenheit der Kaufsache i. S. des § 434 Abs. 1 BGB anzusehen und zwar auch dann, wenn das verkaufte Grundstück selbst nicht kontaminiert ist.

Dies ergibt sich, wenn die Kaufvertragsparteien

  • weder eine so genannte negative Beschaffenheitsvereinbarung vereinbart (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB ),
  • noch eine besondere Verwendung nach dem Vertrag vorausgesetzt (§ 434 Abs.1 S. 2 Nr. 1 BGB ) haben,

aus § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB.

Nach dieser Vorschrift ist eine Sache nur dann frei von Sachmängeln, wenn

  • sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und
  • eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Die in der Vorschrift genannten Merkmale der Sache (Verwendungseignung und übliche Beschaffenheit) müssen kumulativ vorliegen, damit die Sache mangelfrei ist.

Auch wenn schädigende Einwirkungen durch die in dem Grundwasser enthaltenen Giftstoffe weder auf die Grundstücksbewohner noch auf die Anpflanzungen zu erwarten sind und die Kaufsache deshalb zur gewöhnlichen Verwendung (zum Wohnen) geeignet sein mag, weist die Kaufsache jedenfalls aber nicht die übliche Beschaffenheit eines zu Wohnzwecken genutzten Grundstücks auf.
Zu dieser Beschaffenheit gehört die Freiheit von nicht nur unerheblichen Kontaminationen des Grundwassers. Mit Giftstoffen sind nämlich besondere Gefahren und Risiken verbunden, die ein Käufer in der Regel ohne weiteres nicht hinzunehmen bereit ist. Solche ergeben sich schon daraus, dass die Höhe des Grundwasserstands nicht konstant ist und in besonderen Situationen (Hochwasserlagen) das Grundwasser an die Erdoberfläche treten und in die Untergeschosse eindringen kann. Auch gehört es nicht zur üblichen Beschaffenheit eines bebauten Grundstücks, dass bei Baumaßnahmen auf dem Grundstück, die eine Grundwasserhaltung erfordern, besondere Schutzmaßnahmen zur Dekontamination des an die Oberfläche geförderten Grundwassers notwendig sind. 
Dass solche Baumaßnahmen in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. 
Abgesehen davon, dass es im Rahmen von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf die objektive Beschaffenheit von Sachen gleicher Art und somit auf eine abstrakte Sichtweise ankommt, können Baumängel, Um- oder Ausbauten am Gebäude oder auch außergewöhnliche Ereignisse eine Grundwasserhaltung erfordernde Baumaßnahmen vor Ablauf der üblichen Nutzungsdauer des Hauses erforderlich machen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 30. 11. 2012 – V ZR 25/12 – hingewiesen.

 

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Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache nach Rücktritt vom Kaufvertrag – Wo kann geklagt werden?

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.06.2013 – 13 U 53/13 – entschieden, dass, wenn ein Käufer nach beiderseitiger Erfüllung des Kaufvertrages und nach Rücktritt vom Kaufvertrag auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache klagt, auch nach neuem Schuldrecht einheitlicher Erfüllungsort für alle Rückgewähransprüche der Ort ist, an dem sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts vertragsgemäß befindet.
Danach kann sich ein Kläger in einem solchen Fall gemäß §§ 29, 35 Zivilprozessordnung (ZPO) mit Erfolg auf den besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsorts berufen.
Nach § 29 Abs. 1 ZPO besteht für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis ein besonderer Gerichtsstand an dem Ort, an dem die streitige Vertragspflicht zu erfüllen ist. Bei gegenseitigen Verträgen ist der Erfüllungsort für die Verbindlichkeiten beider Vertragsteile grundsätzlich einzeln und gesondert zu bestimmen; nur ausnahmsweise kann ein einheitlicher Gerichtsstand angenommen werden. Die streitige Vertragspflicht ist in einem Fall wie dem vorliegenden, der Kaufpreisrückzahlungsanspruch gemäß §§ 346 Abs. 1, 326 Abs. 5, 437 Nr. 2, 440 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ).

Für die Frage der örtlichen Zuständigkeit kommt es nicht darauf an, ob der Kläger die zum Rücktritt berechtigenden Tatsachen beweisen kann. Tatsachen, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit einer Klage notwendigerweise erheblich sind (sog. doppelrelevante Tatsachen) werden erst bei Prüfung der Begründetheit festgestellt; für die Zulässigkeit genügt dann die schlüssige Behauptung durch den Kläger.

Der Erfüllungsort für den Kaufpreisrückzahlungsanspruch bestimmt sich mangels gesetzlicher Sonderregelung nach § 269 BGB. Gemäß Abs. 1 dieser Vorschrift kann sich der Erfüllungsort aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, ergeben, wenn eine Vereinbarung über den Erfüllungsort nicht getroffen wurde. Ist weder eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, noch eine konkludente Vereinbarung ersichtlich, ergeben die Umstände in einem Fall wie dem vorliegenden, dass Erfüllungsort für den Kaufpreisrückzahlungsanspruch der Ort ist, an dem sich die Kaufsache bei Zugang der Rücktrittserklärung vertragsgemäß befunden hat.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe folgt damit der Meinung, die auch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 04.09.2012 – 3 U 99/11 – vertreten hat.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Können Wohnungseigentümer den Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen beschließen?

Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluss den Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen jedenfalls dann beschließen, wenn das Landesrecht eine entsprechende eigentumsbezogene Pflicht vorsieht. Das gilt unabhängig davon, ob sich die öffentlich-rechtliche Pflicht

  • an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Verband,
  • an die Mitglieder der Gemeinschaft als Mitberechtigte an dem bebauten Grundstück oder
  • an den einzelnen Wohnungseigentümer

richtet. 
Es bedarf daher keiner Entscheidung, wer von ihnen Adressat der maßgeblichen Vorschrift der landesrechtlichen Bauordnung ist, nach der in Wohnungen bestimmte Räume jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben müssen und die ferner anordnet, dass vorhandene Wohnungen bis zu einem bestimmten Termin mit Rauchwarnmeldern auszurüsten sind.

Die sachenrechtliche Einordnung von Rauchwarnmeldern hindert die Annahme einer Beschlusskompetenz nicht. Zwar besteht für Maßnahmen am Sondereigentum generell keine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer; dies gilt auch dann, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften die Maßnahmen erfordern. Werden in Umsetzung eines Mehrheitsbeschlusses Rauchwarnmelder in Wohnungen angebracht, kommt es jedoch nicht zu einem Eingriff in das Sondereigentum.

Rauchwarnmelder, die aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer angebracht worden sind, stehen nicht im Sondereigentum. Offen bleiben kann, ob es sich bei ihnen um wesentliche Bestandteile des Gebäudes oder um Zubehör handelt.

  • Sind Rauchwarnmelder als wesentliche Bestandteile im Sinne von § 94 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) anzusehen, folgt bereits aus der Vorschrift des § 5 Abs. 2 WEG, dass sie nicht im Sondereigentum stehen können.
  • Handelt es sich bei Rauchwarnmeldern hingegen schon nicht um wesentliche Bestandteile, sondern um Zubehör, stehen diese regelmäßig im Eigentum dessen, der die Anschaffung und Installation veranlasst hat. 
    Bei einem auf einem Beschluss der Eigentümer beruhenden Einbau ist dies im Zweifel die Gemeinschaft als Verband. 
    Rauchwarnmelder, die ein Wohnungseigentümer in seinen Räumen bereits selbst angebracht hat, stehen bei einer Einordnung als Zubehör zwar in dessen Eigentum. 
    Die Wohnungseigentümer sind hierdurch aber nicht gehindert, den Einbau von (neuen) Rauchwarnmeldern zu beschließen. Inwieweit sie bei der Beschlussfassung darauf Rücksicht nehmen müssen, dass einzelne Eigentümer ihrer Einbaupflicht bereits nachgekommen sind, ist eine Frage der ordnungsgemäßen Verwaltung, nicht aber der Beschlusskompetenz.

Der Einbau von Rauchwarnmelder ist mit keinem unzulässigen Eingriff in das Sondereigentum verbunden. Befestigt werden sie an den nach § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Zimmerdecken. Dass Zutritt zur Wohnung gewährt werden muss und dass durch den Einbau Sondereigentum (z.B. eine Tapete) berührt sein kann, hat der Wohnungseigentümer hinzunehmen; ein hierdurch entstehender Schaden ist ihm zu ersetzen (vgl. § 14 Nr. 4 WEG).

Schreibt die landesrechtliche Bauordnung vor, dass Rauchwarnmelder so betrieben werden müssen, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird, umfasst die Beschlusskompetenz auch Entscheidungen über eine regelmäßige Kontrolle und Wartung der Rauchwarnmelder.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 08.02.2013 – V ZR 238/11 – entschieden.

 

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Reitunfall – Sturz von fremdem Pferd – Halterhaftung – Mitverschulden.

Verletzt sich ein Reiter bei einem Sturz von einem fremden Pferd kann die Haftung des Halters des Reitpferdes aus § 833 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) nicht mit der Begründung verneint werden, der Reiter habe nicht bewiesen, dass ihm das Pferd zum Reiten überlassen worden sei.
Das „Überlassen“ des Pferdes ist nämlich kein von dem Verletzten zu beweisendes Tatbestandsmerkmal des § 833 S. 1 BGB. Die Voraussetzungen für die Halterhaftung nach dieser Vorschrift sind vielmehr (schon) gegeben, wenn sich in dem Reitunfall eine spezifische Tiergefahr (als ungeschriebene Voraussetzung des § 833 BGB ) verwirklicht hat, die sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten äußerte. 
Ob der Reiter das Pferd mit oder ohne Einverständnis desjenigen, der die tatsächliche Sachherrschaft über das Pferd ausübte, reiten wollte, ist für die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 833 Satz 1 BGB grundsätzlich unerheblich und kann regelmäßig nur im Rahmen eines etwaigen – vom Schädiger zu beweisenden – Mitverschuldens im Sinne des § 254 BGB Berücksichtigung finden. 
Die Tierhalterhaftung kann nämlich auch dann eingreifen, wenn sich jemand einem Tier unbefugt nähert.

Allerdings kann eine Haftung des Tierhalters trotz Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 833 Satz 1 BGB ausnahmsweise entfallen.

Bei der Tierhalterhaftung hat der sechste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine vollständige Haftungsfreistellung auch des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erwogen, wenn beispielsweise der Geschädigte sich mit der Übernahme des Pferdes oder der Annäherung an ein solches bewusst einer besonderen Gefahr aussetzt, die über die normalerweise mit dem Reiten oder der Nähe zu einem Pferd verbundenen Gefahren hinausgeht. 
Das kann etwa der Fall sein,

  • wenn ein Tier erkennbar böser Natur ist oder erst zugeritten werden muss oder
  • wenn der Ritt als solcher spezifischen Gefahren unterliegt, wie beispielsweise beim Springen oder bei der Fuchsjagd oder
  • der Geschädigte sich dem Halter im vorwiegend eigenen Interesse an seinem reiterlichen Ruf mit der Bitte um Überlassung eines weigerlichen und erregten Pferdes geradezu aufgedrängt hat.

Das Bewusstsein der besonderen Gefährdung ist dabei stets Voraussetzung, um ein Handeln des Geschädigten auf eigene Gefahr annehmen zu können; ob unter diesem Blickpunkt die Haftung des Tierhalters von vornherein entfällt, kann nur nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles entschieden werden.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 30.04.2013 – VI ZR 13/12 – hingewiesen.

 

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Strafrecht – Gefährliche Körperverletzung „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung” durch Schläge mit der Hand?

Grundsätzlich können auch Schläge mit der bloßen Hand in das Gesicht oder gegen den Kopf des Opfers eine das Leben gefährdende Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 Strafgesetzbuch (StGB ) sein und den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung erfüllen. Dies setzt jedoch Umstände in der Tatausführung oder individuelle Besonderheiten beim Tatopfer voraus, welche das Gefahrenpotential der Handlung im Vergleich zu einer „einfachen” Körperverletzung (§ 223 StGB ) deutlich erhöhen.
Die Rechtsprechung hat dies etwa angenommen bei mehreren wuchtigen Faustschlägen gegen den Kopf eines 9 Wochen alten Säuglings, bei massiven Schlägen gegen den Kopf des (alkoholisierten) Tatopfers sowie bei zahlreichen Schlägen in das Gesicht und gegen den Kopf einer an einer Hauswand fixierten Geschädigten, die zu längerer Bewusstlosigkeit und schweren Verletzungen führten.
Solche, eine Gefahr für das Leben des Opfers potentiell begründende Umstände müssen vorliegen und der Täter muss bei Ausführung der von ihm konkret gewollten und umgesetzten Tathandlungen die allgemeine Gefährlichkeit seines Tuns in der konkreten Situation für das Leben des Opfers erkannt haben.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 16. 01. 2013 – 2 StR 520/12 – hingewiesen.

 

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Fahrzeugbeschädigung in Waschanlage – Wann haftet der Autowaschanlagenbetreiber?

Wird ein Fahrzeug in einer Wagenwaschanlage beschädigt, kommt eine Haftung des Betreibers der Waschanlage für die an dem Fahrzeug entstandenen Schäden zum einen aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht, zum andern gemäß § 631 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB aus einer Verletzung vertraglicher Schutzpflichten in Betracht.

Die Haftung aus § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) setzt zunächst voraus, dass der geltend gemachte Schaden im Herrschaftsbereich des Autowaschanlagenbetreibers, also während des Waschvorgangs aufgetreten ist.

Steht dies fest, muss der Schaden sodann gem. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB auf einer objektiven Pflichtverletzung des Betreibers der Waschanlage beruhen.
Ist das Fahrzeug während des Waschvorgangs beschädigt worden, ist diese Anspruchsvoraussetzung ebenfalls nachgewiesen.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung bedarf nämlich einer differenzierten Betrachtung:

  • Lediglich bei nicht auf einen Erfolg bezogenen Pflichten trägt der Gläubiger den vollen Beweis für die Pflichtverletzung.
  • Demgegenüber ergibt sich bei erfolgsbezogenen Pflichten der Beweis der objektiven Pflichtverletzung bereits daraus, dass die Leistung nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß erbracht wurde. Hat der Schuldner nach dem Vertragsinhalt die erfolgsbezogene Pflicht, einen Schaden zu vermeiden, wird durch den Nachweis des Schadens zugleich die Pflichtverletzung bewiesen.

Da die von dem Betreiber einer Waschanlage zu beachtenden Schutzpflichten, Wagenbesitzer vor Schäden zu bewahren, im vorgenannten Sinne „erfolgsbezogene“ Pflichten darstellen, ist auch die Pflichtverletzung des Betreibers der Waschanlage schon deshalb als bewiesen zu betrachten, weil der Wagen beim Durchlaufen der Anlage zu Schaden gekommen ist. 
Eines weitergehenden dezidierten Sachvortrags des Geschädigten zu den Umständen der Schadensentstehung und eventuell hieraus abzuleitender Defizite des Autowaschanlagenbetreibers bei der Beachtung der Schutzpflichten bedarf es demgemäß nicht.

Allerdings kann sich der Beklagte entlasten.
Gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entfällt die Schadensersatzpflicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
Die Rechtsfrage, welche Sorgfalt ein Betreiber einer Waschanlage aufwenden muss, um den Verkehr vor Schäden zu bewahren, ist Einzelfall bezogen zu beantworten.
Im Grundsatz gilt, dass derjenige, der einen Verkehr eröffnet, alle Vorkehrungen treffen muss, um Schäden Dritter tunlichst zu vermeiden. Allerdings ist eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, im praktischen Leben nicht zu erreichen. Der Verkehrssicherungspflichtige muss nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Vielmehr genügen solche Vorkehrungen, die zur Beseitigung der Gefahren erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind solche Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der Verkehrskreise für notwendig und ausreichend erachtet, um andere Personen – hier die Kunden einer Selbstwaschanlage – vor Schäden zu bewahren.
Weiterhin fließt in die Beurteilung auch das in den entsprechenden Verkehrskreisen branchenübliche Schutzniveau ein: Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB ) ist im Regelfall genügt, wenn der erreichte Sicherheitsstandard der in dem entsprechenden Bereich herrschenden Verkehrserwartung entspricht. 
Schließlich sind Ausmaß und Größe der Gefahr sowie die Schadenswahrscheinlichkeit in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. 
Diese Kriterien stehen miteinander in Wechselwirkung: Je größer die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung und je schwerer der drohende Schaden, desto weitgehendere Sicherungsmaßnahmen sind zu ergreifen.
Auch ist von Relevanz, ob der eingetretene Schaden auf eine Funktionsstörung der Anlage selber zurückzuführen ist, oder auf einer unsachgemäßen Bedienung durch einen Vorbenutzer beruht.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken mit Urteil vom 28.03.2013 – 4 U 26/12 – hingewiesen.

 

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Mietrecht – Feuchtigkeitserscheinungen bzw. Schimmelbildung in Mietwohnung – Unter welchen Voraussetzungen ist Mietminderung zulässig?

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) obliegt dem Vermieter nach der sogenannten Gefahrkreistheorie der Beweis, dass Schimmel nicht auf bauseitige Ursachen zurückzuführen ist. Der Vermieter muss also den Beweis führen, dass aus technisch-handwerklicher Sicht auszuschließen ist, dass der Schimmel auf die Bausubstanz zurückzuführen ist und nicht etwa muss der Mieter beweisen, dass der Schimmel auf die Bausubstanz zurückzuführen ist.

Erst wenn der Vermieter diesen Beweis geführt hat, muss der Mieter beweisen, dass er das Auftreten von Schimmel bzw. Feuchtigkeitserscheinungen nicht durch ein vertragswidriges (falsches) Heiz- und Lüftungsverhalten zu vertreten hat.

Kann ein Mieter, ohne dass mit seinem Wohnverhalten ein besonderes Risiko verbunden wäre, mit dem ihm zumutbaren, üblichen und damit vertragsgemäßem Heiz- und Lüftungsverhalten Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelbildung nicht verhindern, sind Wohnräume auch dann, wenn sie aus bautechnischer Sicht modernen Standards entsprechen, gleichwohl mangelhaft im mietrechtlichen Sinn. Eine Minderung der Miete kann in einem derartigen Fall in Betracht kommen.

Darauf hat das Landgericht (LG) Konstanz mit Urteil vom 20.12.2012 – 61 S 21/12 A – hingewiesen und entschieden, dass, wenn der schriftliche Mietvertrag zum Lüftungsverhalten keine zusätzlichen Vereinbarungen enthält, Mieter nicht zu einem fünf- bis sechsmaligen Lüften verpflichtet sind, sondern als geschuldetes, übliches und zumutbares Lüftungsverhalten höchstens eine tägliche Lüftung von dreimal gefordert werden kann. An das Lüftungsverhalten jedenfalls von Mietern, die sich tagsüber nicht durchgängig in den Mieträumen aufhalten, würden ansonsten überzogene Anforderungen gestellt, die mit einem üblichen und zeitgemäßen Wohnverhalten nicht in Einklang zu bringen sind.

 

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