Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage als Mittel der Gefahrenabwehr kann nach Vergehen eines erheblichen Zeitraums seit der Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit bzw. der Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens unverhältnismäßig sein.
Darauf hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg mit Beschluss vom 23.08.2013 – 12 LA 156/12 – hingewiesen.
In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall wurde mit dem auf den Kläger zugelassenen Pkw am 06.08.2009 die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h um 25 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten.
Mit Verfügung vom 16.03.2011 ordnete der Beklagte nach Anhörung des Klägers für das genannte Fahrzeug oder ein Ersatzfahrzeug das Führen eines Fahrtenbuchs für die Dauer von sechs Monaten an, weil der verantwortliche Fahrzeugführer bei dem Verkehrsverstoß nicht habe ermittelt werden können. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren war am 05.11.2009 eingestellt worden.
Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Fahrtenbuchauflage gerichtete Klage abgewiesen.
Der gegen dieses Urteil gerichtete Zulassungsantrag des Klägers, der geltend machte, die Fahrtenbuchanordnung sein nicht mehr zulässig gewesen, da zwischen dem Verkehrsverstoß bzw. der Einstellung des Bußgeldverfahrens und dem angefochtenen Bescheid mehr als 15 Monate verstrichen seien, blieb ohne Erfolg.
In seinem Beschluss hat das OVG Lüneburg ausgeführt, in Fällen, in denen wegen der Erhebung der Klage gegen den Bescheid und ggf. des anschließenden Rechtsmittelverfahrens ein erheblicher Zeitraum seit Tatbegehung bis zur endgültigen Entscheidung verstreicht, werde die weiter bestehende Verhältnismäßigkeit insbesondere damit begründet, dass es anderenfalls der Kläger in der Hand hätte, allein durch das Ausschöpfen von Rechtsmitteln die streitige Anordnung zu Fall zu bringen.
Der zwischen der Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit/Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens und der Anordnung der Fahrtenbuchauflage verstrichene Zeitraum könne dagegen für die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage relevant sein und dazu führen, dass eine Fahrtenbuchauflage als Mittel der Gefahrenabwehr nach Vergehen eines erheblichen Zeitraums als unverhältnismäßig angesehen werden müsse.
Dieses sei aber (noch) nicht der Fall, wenn wie hier zwischen der Begehung des mit einem Punkt zu wertenden Verkehrsverstoßes (06.08.2009) und dem angefochtenen Bescheid (16.03.2011) gut 19 Monate und zwischen der Einstellung des Bußgeldverfahrens (05.11.2009) und der Fahrtenbuchanordnung gut 16 Monate liegen.
Ein solcher zeitlicher Abstand halte sich vielmehr im Rahmen dessen, was der Senat in vergleichbaren Konstellationen als (noch) verhältnismäßig angesehen hat.
Der Umstand, dass es innerhalb dieses Zeitraums offenbar nicht zu einem weiteren vergleichbaren Vorfall gekommen ist, erlaube nicht die Annahme, das Führen des Fahrtenbuchs sei funktionslos (geworden).
Auch eine Verwirkung mit Blick auf den Vertrauensgrundsatz komme vorliegend nicht in Betracht. Der bloße Zeitablauf vermag eine Verwirkung nicht zu begründen. Vielmehr muss neben das Zeitmoment ein schutzwürdiges Vertrauen begründendes Umstandsmoment treten. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte aber kein Verhalten gezeigt, aus dem der Kläger den Schluss ziehen konnte, es solle von einer Fahrtenbuchauflage abgesehen werden.
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