Familienrecht – Kann sich Ehefrau, wenn sie Ehebruch begeht und die hieraus folgende mögliche Nichtvaterschaft gegenüber dem Ehemann verschweigt, schadensersatzpflichtig machen?

Familienrecht – Kann sich Ehefrau, wenn sie Ehebruch begeht und die hieraus folgende mögliche Nichtvaterschaft gegenüber dem Ehemann verschweigt, schadensersatzpflichtig machen?

Ein Ehemann kann von seiner (geschiedenen) Ehefrau wegen eines von ihr begangenen Ehebruchs, aus dem ein Kind hervorgegangen ist, grundsätzlich keinen Ersatz des Vermögensschadens verlangen, der ihm durch die Unterhaltszahlung an das scheineheliche Kind entstanden ist.

Die Ehe steht außerhalb der Rechtsverhältnisse, deren Verletzung allgemeine Ansprüche auf Ersatz von Vermögensschäden auslösen kann. Eine die Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft der Ehegatten beeinträchtigende Ehestörung – wie insbesondere ein Ehebruch – stellt einen innerehelichen Vorgang dar. Solche Ehestörungen sind nicht in den Schutzzweck der deliktischen Haftungstatbestände einbezogen. Insoweit verdrängt das Ehe- und Familienrecht die Deliktsregeln.

Dies schließt allerdings nicht aus, dass bei Hinzutreten weiterer schädigender Umstände die besondere Deliktsregel des § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) zur Anwendung kommen kann.
Nach § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Diese Norm kann ausnahmsweise auch im Bereich der Störung der innerehelichen, geschlechtlichen Beziehung zwischen den Ehegatten, insbesondere durch einen Ehebruch, eingreifen, wenn zu dem Ehebruch ein weiteres, sittenwidriges schädigendes Verhalten des Ehegatten hinzutritt und dieser dabei mit – gegebenenfalls bedingtem – auf eine Schadenszufügung gerichtetem Vorsatz handelt.
Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 826 BGB sind mithin eröffnet, wenn sich die Wertmaßstäbe für das Sittenwidrigkeitsurteil nicht aus der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern aus eigenständigen Wertungsbereichen ergeben.
Das ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn die Ehefrau den begangenen Ehebruch nicht von sich aus offenbart und den Ehemann damit in dem Glauben lässt, das Kind stamme von ihm. Allein die Tatsache, dass die Ehefrau den Treuebruch verschwiegen hat, begründet keine sittenwidrig schädigende Handlung i. S. von § 826 BGB. Denn es besteht keine schadensersatzrechtlich sanktionierte Pflicht, dem anderen Ehegatten einen Ehebruch zu offenbaren.

Ein Fall des § 826 BGB kann aber vorliegen, wenn die Ehefrau, die bei einem Ehebruch ein Kind empfangen hat, Zweifel des Ehemanns an der Abstammung des Kindes durch unzutreffende Angaben bzw. durch ausdrückliches Leugnen des Ehebruchs zerstreut oder wenn sie den Ehemann durch eine arglistige Täuschung oder auf andere Weise, etwa auch durch Drohungen, an der Erhebung der Ehelichkeitsanfechtungsklage hindert.

Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 826 BGB vorliegen, ist die Frau nach erfolgreicher Anfechtung der (ehelichen) Vaterschaft aber grundsätzlich verpflichtet, ihrem (geschiedenen) Ehemann Auskunft darüber zu erteilen, wer ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat, also wer als Vater des Kindes in Betracht kommt.

Kommt die Frau dieser Verpflichtung nicht oder nur unzureichend nach, kann der (geschiedene) Ehemann allerdings möglicherweise weder den auf ihn übergegangenen Anspruch auf Unterhaltsregress nach § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB durchsetzen, noch wird er die Frau aus dem Gesichtspunkt einer Regressvereitelung in Folge einer unzureichenden Auskunft auf Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1 S. 1, 242 BGB in Anspruch nehmen können. Denn ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt einer Regressverhinderung kann den Anspruchsteller nur so stellen, wie er stünde, wenn die auskunftspflichtige Mutter den tatsächlichen Vater benannt hätte und damit der Scheinvaterregress nach § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB eröffnet wäre. Die Unterhaltsleistung durch den Scheinvater an das Kind hat gem. § 1607 Abs. 3 BGB zur Folge, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den tatsächlichen Vater auf den Leistenden übergeht. Dabei behält der übergegangene Anspruch seine Rechtsnatur als Unterhaltsanspruch.
Das bedeutet, dass sich die Höhe der Regressforderung nicht nach dem richtet, was der Scheinvater an Unterhalt geleistet hat, sondern danach, welchen Unterhaltsanspruch das Kind gegenüber seinem tatsächlichen Vater hat.
Die Werthaltigkeit des übergegangenen Anspruchs hängt mithin in erster Linie von der Leistungsfähigkeit des leiblichen Vaters ab. Um einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB schlüssig zu begründen, müsste der (geschiedene) Ehemann also darlegen, in welcher Höhe er bei dem tatsächlichen Vater hätte Regress nehmen können, was ihm ohne die Auskunft nicht möglich ist.

Darauf, sowie, dass der (geschiedene) Ehemann indes nicht rechtlos gestellt sei, weil er die Frau auf Auskunft in Anspruch nehmen und gegebenenfalls auf die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hinwirken bzw. bei nicht gehöriger Erfüllung die Vollstreckung betreiben kann, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 20.02.2013 – XII ZB 412/11 – hingewiesen.
Dass es aber auch Fallgestaltungen geben mag, bei denen ein Auskunftsverfahren ergebnislos bleiben kann, etwa wenn sich die Frau tatsächlich – aus nachvollziehbaren Gründen – nicht mehr erinnern kann, war dem BGH dabei bewusst.

Auch wenn von ihr deswegen kein Schadensersatz verlangt werden kann, kann das Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes, aber andere für die Frau nachteilige Folgen haben. Es kann ein sich auf den Unterhaltsanspruch auswirkendes offensichtliches schwerwiegendes Fehlverhalten i. S. des § 1579 Nr. 7 BGB darstellen (BGH, Urteil vom 15.02.2012 – XII ZR 137/09 –), zu einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs führen (BGH, Beschluss vom 21.03.2012 – XII ZB 147/10 –) und die Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB begründen (BGH, Urteil vom 27.06.2012 – XII ZR 47/09 –).

 

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