Kraftfahrzeugsachschadensersatz nach Unfall – Kein Anspruch auf Zahlung der vom Sachverständigen angesetzten Reparaturkosten soweit diese die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten übersteigen.

Kraftfahrzeugsachschadensersatz nach Unfall – Kein Anspruch auf Zahlung der vom Sachverständigen angesetzten Reparaturkosten soweit diese die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten übersteigen.

Lässt der Geschädigte einen Kraftfahrzeugsachschaden sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren, den der eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat, und unterschreiten die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten, so beläuft sich auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten.
Der Geschädigte hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Zahlung des vom Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten übersteigt.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 03.12.2013 – VI ZR 24/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war unstreitig, dass der beklagte Haftpflichtversicherer dem Kläger den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Fahrzeugschaden zu ersetzen hat.
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, in dem die Reparaturkosten auf brutto 8.346,72 € (netto 7.014,05 €) beziffert worden waren, ließ der Kläger sein Fahrzeug auf der Grundlage des Gutachtens bei der Firma O. nach Maßgabe des Gutachtens sach- und fachgerecht instand setzen.
Die Firma O. stellte dem Kläger Reparaturkosten in Höhe von brutto 7.492,22 € (netto 6.295,98 €) in Rechnung.
Der Kläger rechnete den Schaden gegenüber der Beklagten auf der Grundlage des Gutachtens ab.
Diese regulierte den Schaden unter Zugrundelegung der tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten in Höhe von 7.492,22 €.

Mit der Klage verlangte der Kläger weiteren Schadensersatz in Höhe von 718,07 €.
Diesen Anspruch errechnete er unter Zugrundelegung des vom Gutachter festgestellten Nettoreparaturaufwandes in Höhe von 7.014,05 € und der von ihm tatsächlich für die Instandsetzung gezahlten Mehrwertsteuer in Höhe von 1.196,24 €, wobei er die von der Beklagten gezahlten Reparaturkosten in Höhe von 7.492,22 € in Abzug brachte.

Das Amtsgericht (AG) hat der Klage stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Die Revision ist begründet. Der VI. Zivilsenat des BGH hat das Klagevorbringen als unschlüssig angesehen, die Klage abgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt:

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist bei der fiktiven Abrechnung eines Kraftfahrzeugsachschadens von folgenden Grundsätzen auszugehen.
Der Geschädigte darf, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht grundsätzlich ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt.

Allerdings ist unter Umständen – auch noch im Rechtsstreit – ein Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder „freien“ Fachwerkstatt möglich, wenn der Schädiger darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.
Die Verweisung des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit lässt der erkennende Senat deshalb zu, weil die Angaben des Sachverständigen in seinem Gutachten zur Höhe der voraussichtlich anfallenden Reparaturkosten keinesfalls stets verbindlich den Geldbetrag bestimmen, der im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) zur Herstellung erforderlich ist.

Bei fiktiver Abrechnung ist der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln.
Der Geschädigte, der nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen, disponiert hier dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf einer objektiven Grundlage zufrieden gibt.
Hinweise der Schädigerseite auf Referenzwerkstätten dienen dazu, der Behauptung des Geschädigten entgegenzutreten, der vom Sachverständigen ermittelte Betrag gebe den zur Herstellung erforderlichen Betrag zutreffend wieder.
Kann die Schädigerseite die zumutbare Möglichkeit der Inanspruchnahme einer preiswerteren Werkstatt ausreichend darlegen und notfalls beweisen, ist auf der Grundlage der preiswerteren Reparaturmöglichkeit abzurechnen.

Angesichts dieser Rechtslage versteht es sich von selbst, dass auf der Grundlage einer preiswerteren Reparaturmöglichkeit abzurechnen ist, wenn ein Verweis der Schädigerseite darauf nicht einmal erforderlich ist, weil der Geschädigte die Möglichkeit einer vollständigen und fachgerechten, aber preiswerteren Reparatur selbst darlegt und sogar wahrgenommen hat.

Der Vortrag des Geschädigten, trotzdem sei der vom Sachverständigen angegebene Betrag zur Herstellung erforderlich, ist dann unschlüssig.
Eine abweichende Betrachtung würde dazu führen, dass der Geschädigte an dem Schadensfall verdient, was dem Verbot widerspräche, sich durch Schadensersatz zu bereichern.

Deshalb beläuft sich auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten, wenn der Geschädigte seinen Kraftfahrzeugsachschaden sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren lässt, den der eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat, und die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten unterschreiten.
Der Geschädigte hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Zahlung des vom Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten übersteigt.

Auf die umstrittene Frage, ob bei fiktiver Abrechnung unter Umständen tatsächlich aufgewendete Umsatzsteuer neben den vom Sachverständigen ermittelten Nettoreparaturkosten ersetzt verlangt werden kann, wenn der Geschädigte sich mit einer Eigen-, Teil- oder Billigreparatur zufrieden gibt, kommt es für die vorliegende Fallgestaltung nicht an. Denn unstreitig ist der Schaden am Fahrzeug des Klägers vollständig und fachgerecht nach den Vorgaben des Sachverständigen beseitigt worden.

Vgl. hierzu auch den Blog „Fiktive Fahrzeugschadensberechnung nach Verkehrsunfall – Verweis auf günstigere Reparaturmöglichkeit noch im Rechtsstreit möglich“.

 

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