Kündigung eines Wohnraummietvertrages wegen Eigenbedarfs.

Kündigung eines Wohnraummietvertrages wegen Eigenbedarfs.

Vermietet ein Vermieter Wohnraum auf unbestimmte Zeit, obwohl er

  • entweder entschlossen ist oder
  • zumindest erwägt,

ihn alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen,

In diesen Fällen darf ein Vermieter dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten,

  • wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt.

Kein Rechtsmissbrauch liegt dagegen vor, wenn das künftige Entstehen eines Eigenbedarfs für den Vermieter

  • zwar im Rahmen einer „Bedarfsvorschau“ erkennbar gewesen wäre,
  • der Vermieter aber bei Mietvertragsabschluss
    • weder entschlossen gewesen ist, alsbald Eigenbedarf geltend zu machen,
    • noch ein solches Vorgehen erwogen, also ernsthaft in Betracht gezogen hat.

Denn bei verständiger und objektiver Betrachtung bringt ein Vermieter dadurch,

  • dass er dem Mieter einen unbefristeten Mietvertrag anbietet und
  • nicht von sich aus Angaben über den Stand und die mögliche Entwicklung seiner familiären und persönlichen Verhältnisse (etwa Heranwachsen von Kindern, drohende Trennung von Familienangehörigen, Erkrankung, berufliche Veränderungen) macht,

regelmäßig nicht zum Ausdruck,

  • dass er die Möglichkeit eines alsbaldigen Eigenbedarfs unaufgefordert geprüft hat und
  • nach derzeitigem Erkenntnisstand ausschließen kann.

Würde vom Vermieter bei Abschluss eines Mietvertrags eine solche Lebensplanung verlangt werden, würde dessen verfassungsrechtlich verbürgte Freiheit missachtet, über die Verwendung seines Eigentums innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei zu bestimmen.

Für die – in erster Linie dem Tatrichter obliegende – Beurteilung, ob ein Vermieter

  • entschlossen war, alsbald Eigenbedarf geltend zu machen oder
  • ein solches Vorgehen ernsthaft in Betracht gezogen hat,

darf allerdings nicht allein auf seine Darstellung abgestellt werden. Vielmehr kommt es auf eine Würdigung der Gesamtumstände an. Dabei kann auch auf objektive (äußere) Umstände zurückgegriffen werden, sofern diese tragfähige Anhaltspunkte für den Kenntnisstand des Vermieters bilden.

Dass den Vermieter keine Verpflichtung zu einer „Bedarfsvorschau“ trifft, stellt den Mieter nicht schutzlos. Will er das Risiko künftiger Entwicklungen nicht auf sich nehmen, kann er für einen gewissen Zeitraum einen beiderseitigen Ausschluss der ordentlichen Kündigung oder einen einseitigen Ausschluss der Eigenbedarfskündigung vereinbaren.

Darauf hat, wie die Pressestelle des Bundesgerichtshofs (BGH) am 04.02.2015 – Nr. 16/2015 – mitteilte, der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 04.02.2015 – VIII ZR 154/14 – in einem Fall hingewiesen, in dem

  • ein Vermieter seinem Wohnungsmieter, mit dem er 2011 einen unbefristeten Mietvertrag abgeschlossen hatte, 2013 wegen Eigenbedarfs gekündigt und den Eigenbedarf damit begründet hatte, dass seine 20 Jahre alte Tochter, die nach ihrem im Juni 2012 abgelegten Abitur ein Jahr in Australien verbracht habe, nach Deutschland zurückkehren werde und er die Wohnung für sie benötige und
  • der Mieter der Kündigung u. a. mit der Begründung widersprochen hatte, der Eigenbedarf sei für den Vermieter bei Abschluss des Mietvertrags vorhersehbar gewesen.

Der BGH hat das Urteil des Landgerichts (LG), das die Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs für unwirksam erachtete, aufgehoben und den Rechtsstreit an das LG zurückverwiesen, damit dieses noch die erforderlichen Feststellungen dazu trifft, ob die vom Mieter bestrittene Eigenbedarfssituation oder die von ihm geltend gemachten Härtegründe (§ 574 BGB) vorliegen.

 


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