Nottestament vor drei Zeugen bei naher Todesgefahr

Nottestament vor drei Zeugen bei naher Todesgefahr

Gemäß § 2250 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Erblasser,

  • der sich in so naher Todesgefahr befindet, dass er seinen letzten Willen voraussichtlich nicht mehr vor einem Notar (vgl. §§ 2231 Nr. 1, 2232 BGB) oder dem Bürgermeister (vgl. § 2249 BGB) beurkunden lassen kann,
  • sein Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten.

 

Dabei gehört zu den zwingenden Erfordernissen für den Errichtungsakt auch

  • die Aufnahme einer Niederschrift (§ 2250 Abs. 3 Satz 1 BGB),
  • die von den Zeugen unterschrieben werden muss (§ 2250 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 3 Satz 1 Beurkundungsgesetz (BeurkG) und § 2249 Abs. 1 S. 5 BGB).

 

Das Mitwirken von drei und nicht nur von zwei Zeugen ist unerlässlich für die Formwirksamkeit eines Testamentes gemäß § 2250 Abs. 2 BGB. Denn bei einem solchen Nottestament, bei dem wegen naher Todesgefahr weder ein Notar (§ 2232 BGB) noch ein Bürgermeister (§ 2249 BGB) hinzugezogen werden kann, übernehmen drei Zeugen die Beurkundungsfunktion.
Die Zeugen werden

  • hier nicht von einer Beurkundungsperson als zusätzliche Überwachungs-, Schreib- oder Genehmigungszeugen zugezogen,
  • sondern das Testament wird vor ihnen selbst errichtet.

 

Damit treten sie gewissermaßen an die Stelle der Amtsperson und übernehmen die Beurkundungsfunktion. Das bedeutet, dass alle drei Zeugen für die richtige Auffassung der Erklärung des Erblassers verantwortlich sind.
Zu diesem Zweck müssen Sie

  • gemeinsam bei der Erklärung zugegen sein und
  • diese anhören.
  • Darüber hinaus obliegt Ihnen die Verantwortung dafür, dass der erklärte letzte Wille zutreffend im Sinne des Erblassers schriftlich niedergelegt wird.

 

Um das zu gewährleisten, ist die Verlesung der über die letztwillige Erklärung aufzusetzenden Niederschrift angeordnet (§ 2250 Abs. 3 Satz 2 BGB i. V. m. § 13 Abs. 1 BeurkG), damit der Erblasser alsdann zum Ausdruck bringen kann, ob er bei der Abgabe seine Erklärungen richtig verstanden worden ist und ob die angefertigte Niederschrift seinem letzten Willen entspricht.
Ist das der Fall, dann muss der Erblasser die Niederschrift durch ausdrückliche Erklärung oder auf sonstige Weise genehmigen.
Dabei kann sich die Notwendigkeit ergeben, ein Zeichen oder eine Gebärde des Erblassers entweder im Sinne einer Zustimmung oder als Ablehnung zu deuten.
Hierzu sind wiederum anstelle einer Urkundsperson die drei Zeugen berufen, denen damit eine weitere, besondere Kontrollfunktion übertragen ist.

Erst wenn der Erblasser die Niederschrift nach der übereinstimmenden Beurteilung der drei Zeugen genehmigt hat, steht mit der vom Gesetz geforderten Sicherheit fest, dass ihr Inhalt der Erklärung über den letzten Willen entspricht.
Unter diesem Gesichtspunkt ist das Verlesen und die Genehmigung der Niederschrift durch den Erblasser ein ebenso wesentlicher Bestandteil der Testamentserrichtung wie die Abgabe der letztwilligen Erklärung selbst, und der Zweck der gesetzlichen Bestimmung des § 2250 Absatz 2 BGB erfordert demgemäß zur Gültigkeit des Nottestaments in gleicher Weise wie bei der Erklärung des Erblassers auch bei dem Verlesen und der Genehmigung der Niederschrift die Anwesenheit sämtlicher drei Zeugen.
Für diese Mitwirkung der Zeugen

  • genügt es nicht, dass sie die Erklärungen des Erblassers nur hören und richtig wiedergeben können,
  • sondern sie müssen auch die Absicht und das Bewusstsein ihrer gemeinsamen Mitwirkung und Verantwortung bei der Testamentserrichtung gehabt haben.

 

Als mitwirkende Zeugen können deshalb nur Personen gelten,

  • die zur Mitwirkung herangezogen worden sind oder
  • von sich aus ihrer Bereitwilligkeit zur Mitwirkung und die Übernahme der damit verbundenen Verantwortung erklärt haben.

 

Es genügt deshalb nicht, wenn neben zwei mitwirkenden Zeugen eine weitere Person bei der Errichtung des Testamentes zugegen war und die Erklärungen des Erblassers mit angehört hat, wenn sie nicht zugleich das Bewusstsein und den Willen hatte, für den Vorgang als dritter Zeuge mit verantwortlich zu sein.

Haben von den drei mitwirkenden Zeugen nur ein Zeuge oder zwei Zeugen die aufgenommene Niederschrift unterschrieben, dann ist dieser Mangel gemäß § 2250 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 2249 Abs. 6 BGB unschädlich, wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass das Testament die Erklärung des Erblassers zuverlässig wiedergibt.
Denn bei der fehlenden Unterschrift eines Zeugen handelt es sich um einen Formfehler, der „bei Abfassung der Niederschrift“ über die Errichtung des Testamentes unterlaufen ist, und der unter den Voraussetzungen des § 2249 Abs. 6 BGB unschädlich ist.

Darauf hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin mit Beschluss vom 29.12.2015 – 6 W 93/15 – hingewiesen.

 


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