Ordnungswidrigkeitenverfahren – Wann ein Betroffener vom Gericht vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden muss.

Ordnungswidrigkeitenverfahren – Wann ein Betroffener vom Gericht vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden muss.

Legt ein Betroffener gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch ein, muss das Amtsgericht seinem Antrag, ihm von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, entsprechen, wenn der Betroffene sich zur Sache geäußert oder erklärt hat, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde, und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte nicht erforderlich ist (§ 73 Abs. 2 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG)).
Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Entscheidung über den Entbindungsantrag nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt; vielmehr ist das Gericht dann verpflichtet, dem Antrag zu entsprechen.
Der Einspruch des Betroffenen darf in einem solchen Fall vom Gericht nicht nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen werden, sondern das Gericht muss dann in Abwesenheit des Betroffenen verhandeln und seine oder die über seinen Verteidiger abgegebene Einlassung zum Tatvorwurf verwerten (§ 74 Abs. 1 OWiG).

Nicht (mehr) erforderlich ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens zur Identifizierung eines Betroffenen unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht, wenn der Betroffene eingeräumt hat, zu dem im Bußgeldbescheid genannten Tatzeitpunkt das Tatfahrzeug geführt zu haben. Denn die Frage der Fahrereigenschaft ist damit geklärt.

Auch kann die Ablehnung eines Antrages auf Befreiung von der Erscheinenspflicht weder (allein) darauf gestützt werden, dass in Gegenwart des Betroffenen nach Auffassung des Gerichts zuverlässigere Angaben eines Zeugen zu erwarten seien, noch im Falle eines drohenden Fahrverbots darauf, dass insoweit noch Detailfragen – etwa zur Frage des Eintritts einer wirtschaftlichen Existenzkrise bei einem Berufskraftfahrer – zu klären seien, die allein der Betroffene beantworten kann.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg mit Beschluss vom 14.03.2013 – 3 Ss OWi 344/13 – hingewiesen und das Urteil eines Amtsgerichts aufgehoben, das den Antrag eines Betroffenen auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen rechtsfehlerhaft abgelehnt, deshalb sein Fernbleiben in der Hauptverhandlung zu Unrecht als nicht genügend entschuldigt angesehen und seinen Einspruch nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen hatte.

 

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