Der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Räumung von vermietetem Gewerberaum durch einen Dritten, der im Besitz der Mietsache ist, kann nicht auf eine entsprechende Anwendung von § 940a Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) gestützt werden.
Das hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Beschluss vom 24.11.2014 – 2 W 237/14 – entschieden.
Die Vorschrift des § 940 a Abs. 2 ZPO, nach der eine Räumung auch gegen einen Dritten angeordnet werden kann, der im Besitz der Mietsache ist, wenn
- gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und
- der Vermieter von dem Besitzerwerb des Dritten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat,
ist angesichts der klaren Gesetzeslage ausschließlich auf Wohnraummietverhältnisse anwendbar ist (a.A. Landgericht (LG) Hamburg, Urteil vom 27.06.2013 – 334 O 104/13 –).
Wegen der Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung ist auch eine analoge Anwendung des § 940 a Abs. 2 ZPO außerhalb von Wohnraummietverhältnissen nicht möglich. Es fehlt nämlich bereits an der für einen Analogieschluss erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.
Gegen eine Erstreckung des Anwendungsbereichs von § 940 a Abs. 2 ZPO auch auf sonstige Mieträume spricht bereits der klare Wortlaut der Norm, der ausdrücklich von der „Räumung von Wohnraum“ spricht. Auch die Gesetzessystematik spricht gegen die Anwendbarkeit der Norm auf sonstige Mieträume, da der Gesetzgeber die Vorschrift im Zuge des Mietrechtsänderungsgesetzes unter der amtlichen Überschrift „Räumung von Wohnraum“ angesiedelt hat.
Schließlich ergibt sich eindeutig aus den Gesetzgebungsmaterialien zum Mietrechtsänderungsgesetz 2013, dass der Gesetzgeber im Zuge der Reform auf die von ihm als abänderungbedürftig gewerteten Missstände allein bei der Wohnraummiete reagieren und eine vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln gegen dem Vermieter bis dahin unbekannte mitbesitzende Untermieter, Familienmitglieder, Lebenspartner oder sonstige Personen schaffen wollte.
Obwohl im Gesetzgebungsverfahren entsprechende Regelungen auch für das Gewerberaummietrecht angeregt wurden und der Deutsche Mietgerichtstag e.V. in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Mietrechtsänderungsgesetzes ausdrücklich gefordert hatte, in einem § 940 b ZPO die Anwendbarkeit zumindest des § 940 a Abs. 2 BGB auch für Gewerberaummietverträge anzuordnen, hat der Gesetzgeber diese ihm bekannten Anregungen nicht aufgegriffen und sich damit bewusst für eine Beschränkung der Vollstreckungserleichterungen auf das Wohnraummietrecht entschieden.
Daraus folgt aber zwingend, dass die Vorschrift mangels planwidriger Regelungslücke auch nicht analog oder im Sinne eines „Erst-Recht-Schlusses“ auf die Gewerberaummiete angewandt werden kann. Es liegt vielmehr nach dem Willen des Gesetzgebers eine eng auszulegende, auf den Wohnraum zugeschnittene Ausnahmevorschrift vor (vgl. Kammergericht (KG) Berlin, Beschluss vom 05.09.2013 – 8 W 64/13 –; LG Köln, Beschluss vom 12.06.2013 – 1 T 147/13 –).
Gegen eine analoge Anwendung des § 940 a Abs. 2 ZPO auf die Gewerberaummiete spricht außerdem, dass der Gesetzgeber auch für den Fall, dass einer Sicherungsanordnung gemäß § 283a ZPO keine Folge geleistet wird, nur die Räumung von Wohnraum im Wege einstweiliger Verfügung gemäß § 940 a Abs. 3 ZPO zugelassen hat, obgleich eine Sicherungsanordnung auch gegen einen Gewerberaummieter ergehen kann.
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