Tag Alkoholabhängigkeit

Wichtig zu wissen: Gegen den freien Willen eines Volljährigen darf ein Betreuer für ihn nicht bestellt werden

Nach § 1896 Abs. 1a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darf gegen den freien Willen eines Volljährigen für ihn auch dann kein Betreuer bestellt werden,

  • wenn er auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung
  • seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann.

Daher muss vor der Bestellung eines Betreuers stets festgestellt werden, ob der Betroffene in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen.

Die beiden für eine freie Willensbildung entscheidenden Kriterien sind

  • die Einsichtsfähigkeit eines Betroffenen und
  • dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln.

Fehlt es an einem dieser beiden Elemente,

  • liegt kein freier Wille vor,
  • sondern nur ein natürlicher Wille.

Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit eines Betroffenen voraus,

  • im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und
  • gegeneinander abzuwägen.

Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden.

  • Auch ein an einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung leidender Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern.
  • Der Betroffene muss allerdings Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass
    • er seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und
    • auf der Grundlage dieser Einschätzung die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen kann.

Ist ein Betroffener zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss es ihm weiter möglich sein,

Übrigens:
Alkoholismus ist für sich gesehen keine psychische Krankheit bzw. geistige oder seelische Behinderung im Sinne von § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB und aus einer Alkoholabhängigkeit kann für sich genommen und dem darauf beruhenden Mangel an Steuerungsfähigkeit in Bezug auf den Konsum von Alkohol auch nicht auf ein Unvermögen zur freien Willensbildung geschlossen werden (BGH, Beschlüsse vom 13.04.2016 – XII ZB 95/16 – und vom 27.04.2016 – XII ZB 7/16 –).

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 07.12.2016 – XII ZB 458/15 – hingewiesen.

Wann kann einem zur Tatzeit alkoholisiertem Straftäter eine Strafmilderung gewährt werden und wann nicht?

Nach § 49 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) kann die Strafe bei einem Täter gemildert werden, wenn bei Begehung der Straftat seine Steuerungsfähigkeit aufgrund vorausgegangenen Alkoholgenusses erheblich im Sinne von § 21 StGB vermindert war.

  • Versagt werden kann dem Täter eine solche Strafmilderung allerdings dann, wenn die Verminderung des Schuldgehalts durch den in § 21 StGB beschriebenen Defektzustand durch andere schulderhöhende Umstände ausgeglichen wird.
  • Dies ist insbesondere bei selbstverschuldeter Trunkenheit der Fall, jedenfalls dann, wenn sich aufgrund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung für den Täter vorhersehbar erhöht hat.

Voraussetzung für die Versagung der Strafmilderung ist jedoch stets, dass dem Täter die Alkoholaufnahme zum Vorwurf gemacht werden kann.

  • Nicht zum Vorwurf gemacht werden kann die Alkoholaufnahme einem Täter in der Regel, wenn er alkoholkrank ist oder ihn der Alkohol zumindest weitgehend beherrscht.
  • Lediglich dann, wenn der Täter vorwerfbar ihm angebotene Maßnahmen zur Bekämpfung seiner Sucht unterlässt oder sich der Täter in eine Situation begibt, in der sich das Risiko alkoholbedingter Straftaten vorhersehbar deutlich erhöht, kann auch bei bestehender Alkoholabhängigkeit die Strafmilderung versagt werden.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Beschluss vom 27.12.2016 – 2 (10) Ss 656/16 – hingewiesen.