Wünscht sich eine Arbeitnehmerin ein Kind und entscheidet sie sich wegen der eingeschränkten Zeugungsfähigkeit ihres Partners zur Herbeiführung einer Schwangerschaft für eine künstliche Befruchtung, hat sie
- wenn es durch Inseminationen zu Fehlzeiten bei der Arbeit kommt,
in der Regel keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG).
Darauf hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 26.10.2016 – 5 AZR 167/16 – hingewiesen.
Begründet hat der Senat dies damit, dass ein Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen hat, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft,
- bei einer Frau aber ein allein durch die Zeugungsunfähigkeit des Partners bedingter unerfüllter Kinderwunsch, ohne dass dadurch bei ihr körperliche oder seelische Beeinträchtigungen mit Krankheitswert hervorgerufen werden, entgeltfortzahlungsrechtlich nicht als Krankheit anzusehen ist,
- ebensowenig die mit einer künstlichen Befruchtung vorgenommenen Eingriffe und Maßnahmen eine Heilbehandlung darstellen, wenn vor Beginn der künstlichen Befruchtung eine Erkrankung nicht vorgelegen hat und
- wenn erst durch eine künstliche Befruchtung willentlich und vorhersehbar eine Arbeitsunfähigkeit bedingte Erkrankung herbeigeführt worden ist, ein Entgeltfortzahlungsanspruch auch wegen Verschuldens i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG ausgeschlossen ist.
Ein Entgeltfortzahlungsanspruch kann demzufolge lediglich dann bestehen, wenn eine künstliche Befruchtung nach allgemein anerkannten medizinischen Standards vom Arzt oder auf ärztliche Anordnung vorgenommen und anschließend eine Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit aufgetreten ist, mit deren Eintritt nicht gerechnet werden musste.
Übrigens:
Als Beginn der Schwangerschaft ist bei einer In-vitro-Fertilisation,
- bei der entnommene Eizellen mit präparierten Spermien befruchtet und
- anschließend in den Uterus der Frau transferiert werden mit dem Ziel der Einnistung,
die Einsetzung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter anzusehen,
- der Zeitpunkt der Verbindung einer befruchteten Eizelle mit dem Organismus der Frau durch den Embryonentransfer.
Da damit ein Zustand erreicht ist, der demjenigen einer durch natürliche Befruchtung herbeigeführten Schwangerschaft entspricht,
- findet ab dem Embryonentransfer das Mutterschaftsgesetz (MuSchG) Anwendung und
- kann somit für Zeiträume danach ein Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG, unter den weiteren in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen, in Betracht kommen.