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Arbeitsrecht – Equal Pay – Arbeitsgericht Nürnberg verurteilt Zeitarbeitsunternehmen

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat die Beklagte, ein Zeitarbeitsunternehmen, zur Lohnnachzahlung verurteilt. Dieses hat gegen das Equal-Pay-Gebot, § 10 Abs. 4 S.1 AÜG, verstoßen.
Dem klägerischen Arbeitnehmer stehen nach dem Urteil Lohnansprüche in Höhe von rund 14.000 € brutto zu.

Sachverhalt:
Der Kläger wurde im Zeitraum vom 10.05.2010 bis zum 31.12.2011 bei einem Unternehmen der Versicherungsbranche (=Entleiherunternehmen) eingesetzt. Da der dem Arbeitsverhältnis zu Grunde liegende Tarifvertrag unwirksam ist (BAG Beschluss vom 23.05.2012 – 1 AZB 67/11), gilt der beim Entleiherunternehmen anzuwendende Tarifvertrag der Versicherungswirtschaft. Dieser ist für den Kläger günstiger. Aufgrund der Unwirksamkeit des Tarifvertrages zwischen Kläger und Beklagte greifen nicht die dort normierten Ausschlussfristen. Häufig scheitern Equal-Pay-Klagen an diesem Einwand.
Im Urteil heißt es: “ Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht durch Ablauf einer einzelvertraglichen oder tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Gemäß § 21 des Arbeitsvertrages der Parteien wird zwar auf tarifliche Ausschlussfristen verwiesen. Es handelt sich jedoch um einen Verweis auf einen infolge der Tarifunfähigkeit der CGZP unwirksamen Tarifvertrag, welcher mithin keine Rechtswirkungen zeitigt. Die tarifliche Ausschlussfrist findet daher keine Anwendung. Eine einzelvertragliche Ausschlussfrist ist in der Regelung des § 21 des Arbeitsvertrages nicht vereinbart.“

Fazit: Das Urteil zeigt: Equal-Pay-Ansprüche können bis zur Grenze der Verjährung verfolgt werden. Insbesondere bei längeren Einsätzen bei Entleiherunternehmen entstehen erhebliche Nachzahlungsansprüche im fünfstelligen Bereich.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

 

Arbeitsgerichtsprozess – Prozesskostenhilfe bei Anspruch auf Rechtsschutz durch die Gewerkschaft?

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz für ein arbeitsgerichtliches Verfahren ist ein vermögenswertes Recht i. S. d. § 115 Abs. 3 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Prozesskostenhilfe dient dem Zweck, unbemittelten Personen den Zugang zu den staatlichen Gerichten zu eröffnen. Sie ist als Leistung der staatlichen Daseinsfürsorge und als Bestandteil der Rechtsschutzgewährung eine Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege. Daher tritt der Staat nur ein, wenn die Partei selbst die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann. Dies ist nicht der Fall, wenn die Partei zwar selbst bedürftig ist, jedoch gegen einen Dritten Anspruch auf Bevorschussung, etwa aus dem Unterhaltsrecht oder auf Übernahme der Verfahrenskosten, z. B. durch eine Rechtsschutzversicherung, hat.
Deshalb stellt auch die Möglichkeit eines Arbeitnehmers, zur Durchführung eines Arbeitsgerichtsprozesses gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, Vermögen i. S. v. § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO dar, solange die Gewerkschaft Rechtsschutz nicht abgelehnt hat oder es als sicher erscheint, dass dies geschehen wird.
Etwas anderes gilt nach § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO nur dann, wenn im Einzelfall der Vermögenseinsatz unzumutbar ist. Dies kann bei einer erheblichen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Gewerkschaft und ihrem Mitglied der Fall sein. Dabei ist der Arbeitnehmer zur Begründung seines Prozesskostenhilfeantrags verpflichtet, die Gründe, die für die Unzumutbarkeit sprechen, im Einzelnen darzulegen.

Darauf hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Beschluss vom 05.11.2012 – 3 AZB 23/12 – hingewiesen.

 

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Betriebsbedingt gekündigt? – 3 Maßnahmen welche Sie unbedingt ergreifen sollten!

1. Rasch handeln
Erhält man als Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung, ist rasches Handeln gefragt. Will man gegen die Kündigung vorgehen, muss innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht eingereicht werden.

2. Rat einholen
Dringend zu empfehlen ist eine rechtliche Beratung in Bezug auf die Wirksamkeit der Kündigung. Es gibt immer wieder Fälle, in denen die Kündigung bereits deswegen unwirksam ist, weil gesetzliche Formalitäten missachtet wurden. Das kann den Arbeitsplatz retten!
Das Kündigungsschutzgesetz stellt an die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung aber auch in materieller Hinsicht strenge Anforderungen: Sie ist nur wirksam, wenn sie durch dringende betriebliche Bedürfnisse bedingt ist. Unter 6. haben wir drei typische Urteile aus dem Bereich der betriebsbedingten Kündigung beispielhaft kurz dargestellt.

3. Arbeitsuchend melden
Erhält man eine betriebsbedingte Kündigung, muss man sich innerhalb von drei Tagen nach Erhalt der Kündigung bzw. drei Monate vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden. Ansonsten können Leistungen wie der Bezug von Arbeitslosengeld 1 gekürzt werden.

Nach der Kündigung stellen sich viele Fragen. Wir möchten versuchen eininge zu beantworten:

Was kann man mit einer Kündigungsschutzklage erreichen?
Mit der Klage wird die Wirksamkeit der Kündigung überprüft, d.h.: Stellt sich heraus, dass die Kündigung unwirksam war, behält der Kläger seinen Arbeitsplatz. Häufig wird aber auch ein Vergleich vor Gericht geschlossen, der die Zahlung einer Abfindung als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht. Als grobe Richtlinie gilt hier: Pro Beschäftigungsjahr wird ½ Bruttomonatsgehalt als Abfindung bezahlt. Hat man also 10 Jahre im Betrieb gearbeitet und 3.000 € verdient, so steht einem eine Abfindung in Höhe von 15.000 € zu.

Was kostet ein Rechtsstreit vor Gericht?
Vor Arbeitsgerichten besteht die Besonderheit, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber unabhängig vom Ausgang der Klage in der 1. Instanz die Kosten jeweils selbst tragen müssen. Im Fall eines Vergleiches entstehen keine Gerichtskosten.
Hat man eine Rechtsschutzversicherung, übernimmt diese die Kosten der Klage. Daneben kann man auch Prozesskostenhilfe beantragen unter der Voraussetzung, dass es einem selber nicht möglich ist, die Klage zu finanzieren.

Drei typische Fälle aus dem Bereich der betriebsbedingten Kündigung

Nach Bundesarbeitsgericht 22.5.2003 – 2 AZR 326/02: Unternehmerische Entscheidung
Den Arbeitsgerichten obliegt es nachzuprüfen
a) ob eine unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und
b) ob sie sich betrieblich dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist.
Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein. Die Organisationsentscheidung muss aber ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses sein. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung sich auf eine nach sachlichen Merkmalen genauer bestimmte Stelle bezieht. Ein allgemeiner Beschluss, Personalkosten zu senken, genügt diesen Anforderungen nicht.

Nach Bundesarbeitsgericht 18.10.2006 – 2 AZR 473/05: Sozialauswahl
Im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmern kündigen, die am wenigsten sozial schutzbedürftig sind.
Nach § 1 Abs. 3 bis 5 KSchG ist grundsätzlich die konkret getroffene Sozialauswahl auf die ausreichende oder grob fehlerhafte Gewichtung der sozialen Kriterien zu überprüfen. Es kommt damit auf einen Vergleich zwischen den Sozialdaten des gekündigten Arbeitnehmers und der Arbeitnehmer an, hinsichtlich derer der gekündigte Arbeitnehmer Fehler bei der Sozialauswahl rügt.

Nach Bundesarbeitsgericht 19.6.2007 – 2 AZR 304/06: Betriebsänderung
Im Kündigungsschutzprozess muss regelmäßig der Arbeitgeber die Tatsachen beweisen, die die Kündigung bedingen (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG). Anders kann es bei Betriebsänderungen (z.B. Stilllegungen, Verlegungen, grundlegenden Änderungen der Organisation) sein: Vereinbaren in einem solchen Fall Arbeitgeber und Betriebsrat einen sog. Interessenausgleich und bezeichnen darin die zu Kündigenden namentlich, so ändert sich nach dem Gesetz (§ 1 Abs. 5 KSchG) die beweisrechtliche Lage zu Gunsten des Arbeitgebers. Es greift eine gesetzliche Vermutung dafür ein, dass die Kündigungen durch betriebliche Erfordernisse bedingt sind, d.h. im Kündigungsschutzprozess muss nicht der Arbeitgeber die Betriebsbedingtheit beweisen, sondern der Arbeitnehmer muss die Vermutung der Betriebsbedingtheit widerlegen. Diese Beweislastverschiebung gilt für Beendigungs –und Änderungskündigungen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.