Tag Ausmaß

Was Eigentümer einer Erdgeschosswohnung mit Sondernutzungsrecht an einer Terrasse wissen sollten

Mit Urteil vom 29.08.2018 – 485 C 5290/18 WEG – hat das Amtsgericht (AG) München entschieden, dass Wohnungseigentümer eine

  • ohne die erforderliche Zustimmung aller Miteigentümer

vergrößerte Terrassenpflasterung auf entsprechende Aufforderung hin wieder entfernen und

  • die Terrasse auf das sich aus dem Grundrissplan ergebende Ausmaß zurückbauen müssen.

Dass für die Zulässigkeit einer solchen baulichen Veränderung die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich ist, hat das AG damit begründet,

  • dass die Vergrößerung einer Terrasse eine intensivere Nutzung des Gemeinschaftseigentums ermögliche und zu Lärmemissionen führen könne,
  • dass insoweit bereits die Gefahr einer intensiveren Nutzung des Gemeinschaftseigentums, an dem einem Wohnungseigentümer hinsichtlich der Terrassen- und Gartenflächen ein Sondernutzungsrecht zustehe, eine nicht hinzunehmende Beeinträchtigung darstelle,
    • ohne dass es darauf ankomme, ob eine solche Nutzung derzeit stattfinde oder beabsichtigt sei

und

  • dass ferner ein nicht hinzunehmender optischer Nachteil vorliegt, wenn die Veränderung – wie in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall –
    • jedenfalls von darüber liegenden Balkonen ohne weiteres einsehbar ist und
    • sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise deswegen beeinträchtigt fühlen kann, weil die Veränderung sich objektiv nachteilig auf das äußere Bild der Wohnanlage auswirkt.

Übrigens:
Eigentümer, die ohne die erforderliche Zustimmung der Miteigentümer eine bauliche Veränderung vorgenommen haben,

  • können sich nicht darauf berufen können,

dass solche bauliche Veränderungen auch von anderen Eigentümern vorgenommen worden sind.
Denn, so das AG, auch im Wohnungseigentumsrecht gelte der Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“ und beeinträchtigte Wohnungseigentümer seien nicht verpflichtet, gegen alle Störer gleichmäßig vorzugehen (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 22.03.2019).

Wann haben Fluggäste, deren Flug verspätet gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Ankunftszeit am Zielflughafen

…. ankommt, Anspruch auf eine Ausgleichszahlung?

Einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO)

in Höhe von

  • 250 Euro bei Flügen über eine Entfernung von 1.500 km oder weniger,
  • 400 Euro bei allen Flügen innerhalb der EU über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km sowie
  • von 600 Euro bei allen anderen Flügen,

haben Fluggäste,

  • unbeschadet eines weitergehenden Schadensersatzanspruches,

dann, wenn

  • ihr Flug erst mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr das Endziel erreicht hat,
  • der Flug
    • angetreten worden ist von einem Flughafen in einem EU-Land oder
    • bei Antritt von einem Flughafen in einem Drittstaat zu einem Flughafen in einem EU-Land, durchgeführt worden ist von einem Flugunternehmen mit Firmensitz in der EU
  • die Fluggäste
    • nicht kostenlos (wie beispielsweise mitunter kostenlos mitreisende Kleinkinder (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2015 – X ZR 35/14 –) oder
    • zu einem reduzierten Tarif gereist sind, der für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar verfügbar ist

und

  • die Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch von dem Flugunternehmen dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären (Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO).

Endziel eines Fluges ist

  • der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein,
  • bei direkten Anschlussflügen der Zielort des letzten Fluges.

Bei der Bestimmung des Ausmaßes der Verspätung ist abzustellen auf den Zeitpunkt,

Maßgebend für die Entfernungsberechnung und damit für die Höhe des Ausgleichszahlungsanspruchs ist,

  • wenn es sich um einen Flug mit Anschlussflügen gehandelt hat,

die Luftlinienentfernung zwischen dem Startflughafen und dem Endzielflughafen,

  • die nach der Großkreisentfernung (vgl. Art. 7 Abs. 4 FluggastrechteVO) zu ermitteln ist,

unabhängig von der tatsächlich zurückgelegten Flugstrecke, also

  • die Luftlinienentfernung, die ein Direktflug zwischen dem Start- und dem Zielflughafen zurücklegen würde,

was bedeutet, dass bei einem gebuchten Flug

  • beispielsweise von Rom über Brüssel nach Hamburg,
  • der in Hamburg mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Ankunftszeit ankommt,

sich die Höhe des Ausgleichs der dem Fluggast zusteht, richtet nach

  • der Luftlinienentfernung zwischen dem Startflughafen Rom und dem Zielflughafen Hamburg
  • und nicht nach der Luftlinienentfernung zwischen Rom und Brüssel zuzüglich der Luftlinienentfernung zwischen Brüssel und Hamburg (so EuGH, Urteil vom 07.09.2017 in der Rechtssache C-559/16).

Außergewöhnliche Umstände i.S.v. Art. 5 Abs. 3 der FluggastrechteVO, die einem Ausgleichsanspruch wegen erheblicher Verspätung entgegenstehen, sind beispielsweise

  • Sabotageakte oder terroristische Handlungen,
  • Naturereignisse wie etwa ein Vulkanausbruch oder eine Kollision mit Vögeln,
  • vom Maschinenhersteller oder der zuständigen Behörde entdeckte versteckte, die Flugsicherheit beeinträchtigende Fabrikationsfehler bei bereits in Betrieb genommenen Maschinen,
  • aber auch eine behördliche Anordnung, die Auswirkungen auf den Flugbetrieb hat oder ein den Betrieb beeinträchtigender Streik (nicht jedoch ein wilder Streik (EuGH, Urteil vom 17.04.2018 in der Rechtssache C-195/17)).

Keine außergewöhnlichen Umstände sind dagegen

  • wilde Streiks,
  • stattgefundene Kollisionen zwischen einem Flugzeug oder einem Fahrzeug, das bei der Beförderung von Fluggästen im Luftverkehr notwendigerweise eingesetzt wird, wie beispielsweise einem Treppenfahrzeug oder einem Gepäckwagen und
  • ein unerwartet auftretendes technisches Problem, wie beispielsweise ein unerwartet defekt gewordenes Teil, das erst geliefert und eingebaut werden musste (EuGH, Urteil vom 17.09.2015 in der Rechtssache C-257/14).

Was, wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat oder abschließen will, wissen sollte

Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat, nach der bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit

  • vorliegt, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich auf Dauer (mindestens sechs Monate) außer Stande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben

oder

  • dann vermutet wird, wenn die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außer Stande gewesen ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben und in dieser Zeit auch keine andere Tätigkeit ausgeübt hat, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht

und wegen geltend gemachter Berufsunfähigkeit Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung begehrt, muss im Streitfall nachweisen, dass er bedingungsgemäß berufsunfähig ist.

In Fällen, in denen ein Versicherungsnehmer

  • an Schmerzen leidet,
  • deren Ursache sich nicht klären lässt,

kann zwar eine Krankheit im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung in Betracht kommen.

In prozessualer Hinsicht stellt sich in einem solchen Fall für den Versicherungsnehmer

  • jedoch das Problem der Beweisbarkeit,
  • da es sich bei Schmerzen und deren Ausmaß um subjektive Empfindungen handelt (Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, Urteil vom 11.01.2002 – 10 U 786/01 –; Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth, Urteil vom 12.12.2005 – 2 O 1626/05 –).

Zusätzlich ist dabei zu berücksichtigen, dass,

  • wenn die versicherte Person nicht sechs Monate ununterbrochen außerstande war, ihren bisherigen Beruf auszuüben, also keine vermutete Berufsunfähigkeit in Betracht kommt,

die Feststellung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit

Den Nachweis, dass

  • subjektiv empfundene Schmerzen
  • objektiv die Annahme der Berufsunfähigkeit rechtfertigen,

kann der Versicherungsnehmer im Wesentlichen auf zwei Wegen führen, nämlich

  • entweder durch den Nachweis körperlicher Ursachen
  • oder durch den Nachweis psychischer bzw. psychosomatischer Bedingtheit, die ihrerseits Krankheitswert aufweisen kann, wie insbesondere eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung.

Der Nachweis körperlicher Ursachen setzt voraus, dass

  • der Versicherungsnehmer unter Schmerzen leidet bzw. litt und
  • was entscheidend ist, sich zur Überzeugung des Gerichts objektiv feststellen lässt, dass diese Schmerzen – insbesondere nach ihrem Ausmaß – die Annahme der Berufsunfähigkeit rechtfertigen, wozu nicht nur erforderlich ist,
    • dass die Beeinträchtigungen des Versicherungsnehmers über „normale“, mit der von ihm verrichteten körperlichen Arbeit typischerweise verbundene Belastungsschmerzen hinausgingen,
    • sondern auch, dass die Schmerzen nach ihrem Ausmaß einer Berufsausübung entgegenstehen und
      • entweder prognostisch eine dauerhafte Berufsunfähigkeit zu erwarten ist oder
      • dieser Zustand zumindest für einen Zeitraum von sechs Monaten ununterbrochen andauerte.

Darauf hat der 12. Senat des OLG Karlsruhe mit Urteil vom 06.09.2016 – 12 U 79/16 – hingewiesen.