Tag Baum

Weil ein Porsche durch einen umstürzenden Straßenbaum beschädigt wurde, muss die Stadt ca. 38.000 Euro Schadensersatz zahlen

Mit Urteil vom 30.10.2020 – 11 U 34/20 – hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in einem Fall, in dem in einer Stadt, eine am Straßenrand stehende ca. 16 m hohe Esche, 

  • die, wie Baumkontrolleure der Stadt bereits vor längerer Zeit nach einer Sichtprüfung festgestellt hatten, morsch war und Pilzbefall hatte, 

quer über die Straße, 

  • auf einen gerade vorbeifahrenden Porsche 911 Carrera Cabriolet 

gestürzt war, entschieden, dass die Stadt, 

  • wegen Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht,

dem Fahrzeugeigentümer den 

  • an seinem Porsche 

entstandenen Schaden,

  • wobei es sich im Wesentlichen um Reparaturkosten und die Entschädigung für einen Nutzungsausfall handelte,

ersetzen muss,

  • gemindert um 20 % wegen der von dem Porsche ausgehenden Betriebsgefahr.

Begründet hat der Senat dies damit, dass gewisse von Straßenbäumen ausgehende Gefahren, 

  • die nicht durch menschliches Handeln entstanden sind, 
  • sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, 

zwar als unvermeidbar hingenommen werden müssen, wegen der hier 

  • bei der vorangegangenen Sichtprüfung festgestellten 

Defektsymptomen und Krankheitsanzeichen des Baumes

  • – nämlich des Pilzbefalls und der Morschung – 

aber, 

  • um Verkehrsteilnehmer vor Astbruch und Umsturz zu schützen,

weitergehende Untersuchungen unter Zuhilfenahme eines Sondierstabs erforderlich gewesen wären, so die bei dem Baum 

  • fortgeschrittene vorhandene Kernfäule im Inneren des Stammes 

hätte festgestellt und durch die 

  • dann erforderliche unverzügliche Fällung des Baumes 

ein Stürzen des Baumes auf den Porsche hätte verhindert werden können.

Wenn das Auto auf einem angemieteten, unter einem Baum gelegenen, Pkw-Stellplatz durch von dem Baum herabtropfendes Harz

…. beschädigt wird, kann der Stellplatzmieter von dem Vermieter

  • weder Ersatz der an seinem Fahrzeug entstandenen Schäden verlangen,
  • noch die Beseitigung des Baumes. 

Das hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 07.04.2020 – 33 S 1/20 – entschieden.

Begründet hat das LG dies damit, dass, nachdem

  • der Baum bei Abschluss des Mietvertrages schon vorhanden war, 
  • es allgemein bekannt ist, dass bei Bäumen mit dem Absondern von Harz gerechnet werden muss und 
  • eine bestimmte Beschaffenheit des Stellplatzes insoweit von den Mietvertragsparteien vorliegend nicht getroffen worden war,

der Stellplatz nicht mangelhaft gewesen ist sowie auch keine Verkehrssicherungspflicht für Vermieter besteht, den Mieter vor drohenden Gefahren zu schützen, die, wie hier, 

  • nicht auf einem menschlichen Handeln oder Unterlassen, sondern 

auf Gegebenheiten der Natur, 

  • wie dem Herabfallen von Früchten oder 
  • dem eine natürliche Reaktion eines Baumes darstellenden Absondern von Harz, 

beruhen, 

  • da solche Gefahren als unvermeidbar auf eigenes Risiko hingenommen werden müssen (Quelle: juris Das Rechtsportal). 

LG Magdeburg entscheidet: Wandern im Wald erfolgt in der Regel auf eigene Gefahr

Mit Urteil vom 04.03.2020 – 10 O 701/19 – hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg die Klage eines Mannes abgewiesen, der,

  • weil er beim Wandern auf einem Weg in einem touristisch beworbenen Wald durch einen um- und auf ihn stürzenden Baum schwer verletzt worden war,

von dem für das Waldgrundstück Verkehrssicherungspflichtigen mit der Begründung, dass

  • bei Durchführung einer Baumschau deutlich erkennbar gewesen wäre, dass der Baum abgestorben gewesen sei und
  • deswegen hätte gefällt werden müssen,

Schmerzensgeld verlangt hatte.

Danach können Wanderer,

  • da sie auf eigene Gefahr Waldwege betreten,

grundsätzlich nicht erwarten, dass der Waldbesitzer Sicherungsmaßnahmen

  • gegen waldtypische Gefahren

ergreift, sondern müssen Wanderer mit waldtypischen Gefahren,

  • auch auf Waldwegen,

rechnen und kommt eine Haftung von Waldbesitzern grundsätzlich nicht in Betracht

  • für waldtypische Gefahren, wie das Umstürzen eines Baumes,

sondern nur

Versicherungsnehmer sollten beachten, dass es vom Wortlaut der Versicherungsbedingungen abhängen kann

…. ob eine Versicherung zahlen muss oder nicht.

Diese bittere Erfahrung musste ein Versicherungsnehmer machen, der, nachdem eine auf seinem Grundstück stehende Scheinzypresse hatte gefällt werden müssen,

  • weil ein Sturm ihren Wurzelballen derart gelockert hatte, dass sie in Schieflage geraten war und drohte, auf das Haus zu fallen,

die Kosten für die Fällung des bruchgefährdeten Baumes von seiner Wohngebäudeversicherung ersetzt haben wollte.

Die Versicherung lehnte unter Berufung auf die Versicherungsbedingungen, nach denen zu ersetzten (nur) sein sollten,

  • Schäden, die dadurch entstehen, dass der Sturm (…), Bäume (…) auf versicherte Sachen wirft oder
  • Maßnahmen, die der Versicherungsnehmer zur Abwendung eines unmittelbar drohenden versicherten Schadens oder Minderung des Schadens, für sachgerecht halten durfte,

eine Schadensregulierung ab und bekam vom Amtsgericht (AG) München Recht.

Dieses entschied mit Urteil vom 06.04.2017 – 155 C 510/17 –, dass ein Versicherungsfall nach dem Wortlaut der Versicherungsvereinbarung deshalb (noch) nicht vorgelegen habe, weil

  • der Baum durch das Sturmereignis nicht auf das Haus des Versicherungsnehmers geworfen, sondern, ohne das Gebäude zu beschädigen, lediglich über diesem in Schieflage geraten und
  • die Fällung auch nicht erfolgt sei
    • wegen eines unmittelbar bevorstehenden erneuten Sturms und dem dann gerade und nur dadurch drohenden Umbruch oder Bruch des Baumes,
    • sondern wegen des aufgrund der eigenen Schwerkraft des Baumes oder anderer (nicht versicherter) Umwelteinflüsse drohenden Umstürzens oder Brechens (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 20.10.2017).

Der Fall zeigt, dass es in Versicherungsfragen stets empfehlenswert ist, die Beratung eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Anwalts der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Versicherungsrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen.

Haften Eigentümer eines baumbestandenen Grundstücks für Rückstauschäden,

…. die durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle entstehen?

Mit Urteil vom 24.08.2017 – III ZR 574/16 – hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass, wenn durch Wurzeleinwuchs in städtische Abwasserkanäle deswegen Rückstauschäden entstehen,

  • beispielsweise weil die Leistungsfähigkeit des Regenwasserkanals durch den Wurzeleinwuchs stark eingeschränkt ist,
  • infolge dessen nach einem starken Regenfall die anfallenden Wassermassen nicht mehr abgeleitet werden können und
  • es darauf hin in einem Nachbaranwesen zum Austritt von Wasser aus einem unterhalb der Rückstauebene gelegenen Bodenlauf in den Keller kommt,

eine Haftung des Eigentümers des Grundstücks, auf dem der entsprechende Baum steht,

  • zwar nicht von vornherein ausgeschlossen ist,
  • jedoch nur unter besonderen Umständen in Betracht kommt.

Danach hängt die Frage, ob dem Eigentümer des baumbestandenen Grundstücks in einem solchen Fall eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen ist, ab,

  • von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls,
  • insbesondere davon, ob und in welchem Umfang bzw. mit welcher Kontrolldichte der Eigentümer des baumbestandenen Grundstücks im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht für einen auf seinem Grundstück stehenden Baum Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen auch in Bezug auf die mögliche Verwurzelung eines Abwasserkanals durchführen muss.

Zu berücksichtigen sind dabei

  • die räumliche Nähe des Baums und seiner Wurzeln zu dem Abwassersystem sowie Art bzw. Gattung, Alter und Wurzelsystem (Flachwurzler, Herzwurzler, Tiefwurzler) des Baums und
  • welche Art von Kontrollpflichten dem Grundstückseigentümer im Einzelfall zumutbar sind.

Ferner wies der Senat darauf hin, dass,

  • wenn die durch kommunale Satzung angeordneten Vorkehrungen, die gegen einen möglichen Rückstau hätten getroffen werden müssen,
  • in dem Nachbaranwesen unzureichend waren,

eine Haftung des Eigentümers des baumbestandenen Grundstücks wegen einer möglichen Verkehrssicherungspflichtverletzung

  • nicht ausgeschlossen sei,
  • sondern nur eine Kürzung des etwaigen Schadensersatzanspruchs wegen Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 1 BGB in Betracht komme (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 24.08.2017 – Nr. 132/2017 –).

Wenn Ast auf Auto fällt – Wann haftet der Grundstückseigentümer für den Schaden

… wegen Verletzung der Überwachungs- und Sicherungspflicht?

Grundstückseigentümer, auf deren Grundstücken sich Bäume befinden, müssen

  • insbesondere dann, wenn die Bäume im Bereich von Verkehrsflächen stehen und
  • damit potenziell andere Personen gefährden können,

grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass von den Bäumen keine Gefahr ausgeht und die Bäume deshalb regelmäßig auf Schäden und Erkrankungen und auf ihre Standfestigkeit untersuchen.

Von Gemeinden und Städten kann diesbezüglich erwartet werden, dass sie

  • Straßenbäume regelmäßig von qualifiziertem Personal darauf kontrollieren lassen,

ob trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder andere Anhaltspunkte dafür vorliegen, die eine nähere Untersuchung der Bäume nahelegen.

Privatleute müssen zwar nicht laufend, aber in angemessenen zeitlichen Abständen

  • eine gründliche äußere Sichtprüfung auf für Laien erkennbare Probleme,
  • wie etwa abgestorbene Teile, Rindenverletzungen oder sichtbarer Pilzbefall durchführen und

wenn solche Probleme erkennbar sind,

  • einen Baumfachmann zuziehen.

Das bedeutet,

  • sind bzw. waren mögliche Instabilitäten eines auf einem Privatgrundstück stehenden Baumes nur für einen Baumfachmann mit forstwirtschaftlichem Wissen erkennbar,
  • nicht aber für einen Laien,

kann,

  • wenn in einem solchen Fall ein Ast herunterfällt und ein unter dem Baum geparktes Auto beschädigt,

dem Grundstückseigentümer keine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden,

  • so dass der Grundstückseigentümer auch für den Schaden nicht haftet.

Darauf hat der 12. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 11.05.2017 – 12 U 7/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG vom 26.06.2017 – Nr. 36/2017 –).

Kann der Vermieter vom Mieter die Beseitigung eines auf dem Balkon angepflanzten Baumes verlangen?

Das Amtsgericht (AG) München hat mit Urteil vom 01.07.2016 – 461 C 26728/15 – in einem Fall, in dem ein Mieter auf der zur Wohnung gehörenden Loggia einen Ahornbaum gehalten hatte,

  • der von einer Topfpflanze über die Jahre hinweg zum Baum herangewachsen war,
  • eine nach außen deutlich sichtbare Krone gebildet hatte und
  • der, weil sich nach Verrottung des ursprünglichen Holzpflanzgefäßes, Erdreich und Wurzeln nun direkt auf dem Betonboden befanden, vom Mieter mit einer durch Starkdübeln in der Hauswand befestigten Stahlseilkonstruktion gegen Windboen gesichert worden war,

der Klage des Vermieters auf Beseitigung des Baums stattgegeben und den Mieter verurteilt, den Ahornbaum samt Erdreich und Wurzelwerk fachgerecht dauerhaft zu entfernen.

Wie das AG ausgeführt hat, hält sich das Anpflanzen von Bäumen, die mehrere Meter hoch werden und von denen die Gefahr ausgeht, dass sie wegen ungenügender Verwurzelung umstürzen, nicht im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs, weil

  • das Halten solcher Bäume in Deutschland auf Balkonen oder Loggien nicht üblich sei und
  • solche Bäume zum Halten auf Balkonen und Loggien auch nicht geeignet seien.

Abgesehen davon, so das AG weiter, stelle eine ohne Erlaubnis des Vermieters angebrachte Stahlsicherung gegen das Umfallen eines Baumes auch einen rechtswidrigen Eingriff in die Sachsubstanz dar.

Hingewiesen hat das AG ferner darauf, dass die Verjährungsfrist für den Beseitigungsanspruch des Vermieters in solchen Fällen erst in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Vermieter von dem unmittelbaren Wachsen des Baumes auf dem Balkon und von der Stahlseilkonstruktion Kenntnis hat oder nur in Folge großer Fahrlässigkeit keine Kenntnis hatte (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 24.02.2017 – 16/17 –).