Tag Betreuungsrecht

Betreuungsverfahren – Wann einem Betroffenen ein Verfahrenspfleger bestellt werden muss.

Werden die Interessen eines Betroffenen im Betreuungsverfahren nicht von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten (vgl. § 276 Abs. 4 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)) hat ihm das Gericht nach § 276 Abs. 1 FamFG einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist.
Nach § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG ist die Bestellung in der Regel erforderlich, wenn der Gegenstand des Verfahrens die Bestellung eines Betreuers zur Besorgung aller Angelegenheiten des Betroffenen oder die Erweiterung des Aufgabenkreises hierauf ist.
Nach § 276 Abs. 2 Satz 1 FamFG kann von der Bestellung in den Fällen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Nach § 276 Abs. 2 Satz 2 FamFG ist die Nichtbestellung zu begründen.
Der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt es, ob die den Tatsacheninstanzen obliegende Entscheidung ermessensfehlerfrei getroffen worden ist.

Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für einen Betroffenen ist regelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrensgegenstand die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt.
Für einen in diesem Sinne umfassenden Verfahrensgegenstand spricht, dass die vom Gericht getroffene Maßnahme die Betreuung auf Aufgabenkreise erstreckt, die in ihrer Gesamtheit alle wesentlichen Bereiche der Lebensgestaltung des Betroffenen umfassen und damit in die Zuständigkeit des Betreuers fallen.
Selbst wenn einem Betroffenen nach der Entscheidung letztlich einzelne restliche Bereiche zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung verblieben sind, entbindet dies jedenfalls dann nicht von der Bestellung eines Verfahrenspflegers, wenn die verbliebenen Befugnisse den Betroffenen in seiner konkreten Lebenssituation keinen nennenswerten eigenverantwortlichen Handlungsspielraum belassen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 26.06.2013 – XII ZB 59/13 – hingewiesen.

 

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Betreuungsrecht – Keine Betreuung bei Vorsorgevollmacht.

Gemäß § 1896 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 BGB bezeichneten Personen gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.
Aufgrund dieser Vorschrift ist die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung grundsätzlich nachrangig zu einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht.

Eine zu einer bestehenden Vorsorgevollmacht parallel angeordnete Betreuung ist aufheben.

Ist eine Vorsorgevollmacht „in allen persönlichen Angelegenheiten“ erteilt, die auch „Aufenthalts- und Unterbringungsregelungen“ umfasst und zur Vermeidung einer rechtlichen Betreuung dienen sollte, kann die Reichweite der Vollmacht dahingehend ausgelegt werden, dass der verwendete Begriff der „Unterbringungsregelungen“ in so einem Fall nicht nur die Heimunterbringung als solche, sondern auch die Vertretung bei den im Zusammenhang damit stehenden weiteren unterbringungsähnlichen Maßnahmen umfasst.

Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers allerdings dann nicht entgegen, wenn

  • Zweifel an der Wirksamkeit der erteilten Vollmacht bestehen oder
  • bestimmte Tatsachen den Bevollmächtigten als ungeeignet erscheinen lassen (beispielsweise bei erheblichen Zweifeln an der Redlichkeit eines Bevollmächtigten in vermögensrechtlichen Angelegenheiten des Betroffenen oder am Einsatz der Vollmacht zum Wohl des Betroffenen oder bei einer konkreten Gefahr des Vollmachtmissbrauchs),

mit der Folge, dass dann eine Vollbetreuung einzurichten ist.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) in den Beschlüssen vom 28.03.2012 – XII ZB 629/11 – und 13.02.2013 – XII ZB 647/12 – hingewiesen.

Vorsorgevollmachten (aber auch Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung) können der Bundesnotarkammer zur Eintragung in das Zentrale Vorsorgeregister übermittelt werden.
Von dieser Möglichkeit sollte Gebrauch gemacht werden, weil dann sichergestellt ist, dass Gerichte rechtzeitig erfahren, ob und ggf. was ein Betroffener in betreuungsrechtlicher Hinsicht verfügt hat.

 

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Betreuungsverfahren – Erledigung durch Tod des Betreuten.

Das Verfahren betreffend die Anordnung einer Betreuung erledigt sich insgesamt mit dem Tod eines Betreuten, weil von diesem Zeitpunkt an nicht mehr entschieden zu werden braucht, ob und welche Maßnahmen zum Schutz des Betroffenen ergriffen werden müssen.
Daher wird, wenn von einem beschwerdeberechtigten Verfahrensbeteiligten gegen eine in der Vorinstanz angeordnete Betreuung Beschwerde eingelegt worden ist und der Betreute im Laufe des Beschwerdeverfahrens verstirbt, diese Beschwerde infolge der durch den Tod des Betroffenen eingetretenen Erledigung regelmäßig unzulässig, weil eine Sachentscheidung durch das Beschwerdegericht nicht mehr ergehen kann.

Im Verfahren der Beschwerde gegen eine Betreuungsanordnung kann nach dem Tod des Betroffenen von den gem. § 303 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) beschwerdeberechtigten Angehörigen oder Vertrauenspersonen kein Feststellungsantrag nach § 62 FamFG gestellt werden. Denn für diesen Antrag fehlt ihnen die erforderliche Antragsberechtigung. Denn § 62 FamFG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der „Beschwerdeführer“ selbst durch die erledigte Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist. Demgemäß kann nur derjenige Beteiligte nach § 62 FamFG antragsbefugt sein, dessen eigene Rechtssphäre betroffen ist und der ein berechtigtes Feststellungsinteresse nach § 62 Abs. 2 FamFG hat. Hieraus hat der Senat bereits abgeleitet, dass dem Verfahrenspfleger des Betroffenen trotz seines Beschwerderechts kein eigenes Antragsrecht nach § 62 FamFG zusteht. Nichts anderes gilt für den nach § 303 Abs. 2 FamFG privilegierten Personenkreis und zwar selbst dann nicht, wenn der Beschwerdeführer Erbe des verstorbenen Betroffenen ist.
Auch ist es in einem erledigten Betreuungsverfahren aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, Angehörigen eines verstorbenen Betroffenen – etwa im Wege einer teleologisch erweiternden Auslegung von § 62 Abs. 2 FamFG – durch einen Fortsetzungsfeststellungsantrag die Geltendmachung eines postmortalen Rehabilitationsinteresses zu ermöglichen.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 24. 10. 2012 – XII ZB 404/12 – entschieden.

 

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Betreuungsrecht – Dauer der Überprüfungsfrist für angeordnete Betreuung.

Gemäß § 286 Abs. 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ist der Zeitpunkt, bis zu dem das Gericht über die Aufhebung oder Verlängerung der angeordneten Betreuung zu entscheiden hat, in der Beschlussformel zu bezeichnen.

Durch die Bezeichnung der Frist wird festgelegt, wann eine erneute Überprüfung der Notwendigkeit von Amts wegen erfolgt. Dies begründet einen Anspruch des Betroffenen, mit Ablauf der Frist über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung von Amts wegen unter erneuter Durchführung tatsächlicher Ermittlungen (§ 26 FamFG) zu entscheiden. Die Anordnung einer zu lang bemessenen Überprüfungsfrist beeinträchtigt den Betroffenen in seinen Rechten.

Zwar steht es dem Betroffenen frei, jederzeit vor Ablauf der Überprüfungsfrist eine Aufhebung der Betreuung zu beantragen (§ 1908 d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )). Für die Durchführung tatsächlicher Ermittlungen in einem solchen Aufhebungsverfahren bedarf es jedoch greifbarer Anhaltspunkte für eine Veränderung der der Betreuerbestellung zu Grunde liegenden tatsächlichen Umstände, die – wenn sie dem Gericht nicht bereits auf anderem Wege bekannt gemacht worden sind – namentlich vom Betroffenen vorzubringen sind. Daher vermittelt die Möglichkeit, einen Aufhebungsantrag nach § 1908 d Abs. 1 BGB zu stellen, keine Rechtsposition, die mit der von Amts wegen nach Fristablauf vorzunehmenden Überprüfung gleichwertig wäre.

Die konkrete Bemessung der Überprüfungsfrist wird von der Erforderlichkeit der Maßnahme (§ 1896 Abs. 2 BGB ) nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt. Diese Umstände hat der Tatrichter von Amts wegen zu ermitteln (§ 26 FamFG). Gemäß § 280 Abs. 3 Nr. 5 FamFG hat sich das über die Notwendigkeit der Betreuung einzuholende Gutachten auch auf die voraussichtliche Dauer der Maßnahme zu erstrecken. Die gutachterliche Stellungnahme über die voraussichtliche Dauer der Maßnahme ist wesentlicher Anhaltspunkt für die Bestimmung der Überprüfungsfrist. Will der Tatrichter von der gutachterlichen Stellungnahme abweichen, indem er die nach § 286 Abs. 3 FamFG festzusetzende Überprüfungsfrist zum Nachteil des Betroffenen über die vom Sachverständigen als erforderlich bezeichnete Dauer der Maßnahme hinaus ausdehnt, muss er die hierfür tragenden Gründe in dem Beschluss darlegen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 14. 11. 2012 – XII ZB 344/12 – hingewiesen.

 

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Betreuungsverfahren – Anhörung und Begutachtung dürfen gegen den Willen eines Betroffenen nicht in dessen Wohnung erfolgen.

Im Verfahren zur Bestellung eines Betreuers hat das Gericht den Betroffenen gemäß § 278 Abs. 1 S. 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) vor der Bestellung eines Betreuers persönlich anzuhören. Es hat sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. Diesen persönlichen Eindruck soll sich das Gericht in dessen üblicher Umgebung verschaffen, wenn es der Betroffene verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient und der Betroffene nicht widerspricht (§ 278 Abs. 1 S. 2 und 3 FamFG).
Ferner hat gemäß § 280 Abs. 1 FamFG eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden.
Ebenso wenig, wie ein Betroffener dabei gegen seinen Willen in seiner Wohnung angehört werden darf, darf der Sachverständige einen Betroffenen gegen dessen Willen in dessen Wohnung untersuchen.
Entzieht sich ein Betroffener einer richterlichen Anhörung, sieht § 278 Abs. 5 FamFG für einen solchen Fall die Vorführung eines Betroffenen vor und wirkt ein Betroffener an einer Begutachtung nicht mit, kann das Gericht gemäß § 283 Abs. 1 und 3 FamFG auch nur seine Vorführung anordnen und gegebenenfalls die Befugnis aussprechen, die Wohnung des Betroffenen zu betreten. Letztere Maßnahme dient freilich allein dem Ziel, die Person des Betroffenen aufzufinden, um ihn der Untersuchung (in den Räumlichkeiten des Sachverständigen) zuzuführen.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 17.10.2012 – XII ZB 181/12 – entschieden.

In diesem Beschluss hat der BGH auch darauf hingewiesen, dass nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG das Beschwerdegericht im Beschwerdeverfahren zwar von einer Anhörung absehen kann, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Allerdings kann im Beschwerdeverfahren dann nicht von einer Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen abgesehen werden, bei denen das Gericht des ersten Rechtszugs zwingende Ver¬fahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen, d. h., im Falle einer vom Amtsgericht fehlerhaft durchgeführten Anhörung muss das Beschwerdegericht die Anhörung des Betroffenen wiederholen.

 

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Gerichtliche Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Betreuten – Verfahren in Unterbringungssachen und mögliche Verfahrensfehler.

Wird eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung eines Betreuten nach § 1906 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) i. V. m. § 312 Nr. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)) nicht nur vorläufig durch einstweilige Anordnung (vgl. hierzu §§ 331 bis 334 FamFG), sondern längerfristig (vgl. hierzu § 329 FamFG) genehmigt, hat nach § 321 Abs. 1 FamFG vor Erteilung einer Genehmigung nach § 323 Abs. 1 FamFG eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Unterbringungsmaßnahme stattzufinden.
Nach § 30 Abs. 2 FamFG ist diese entsprechend der Zivilprozessordnung (ZPO) durchzuführen. Danach bedarf es zwar nicht zwingend eines förmlichen Beweisbeschlusses (vgl. § 358 ZPO). Jedoch ist die Ernennung des Sachverständigen dem Betroffenen, wenn nicht förmlich zuzustellen, so doch zumindest formlos mitzuteilen, damit dieser gegebenenfalls von seinem Ablehnungsrecht nach § 30 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 406 ZPO Gebrauch machen kann.
Ferner hat der Sachverständige den Betroffenen gem. § 321 Abs. 1 S. 2 FamFG vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Dabei muss er schon vor der Untersuchung des Betroffenen zum Sachverständigen bestellt worden sein und ihm den Zweck der Untersuchung eröffnen. Andernfalls kann der Betroffene sein Recht, an der Beweisaufnahme teilzunehmen, nicht sinnvoll ausüben.
Schließlich muss das Sachverständigengutachten zwar nicht zwingend schriftlich erfolgen, wenn auch eine schriftliche Begutachtung vielfach in Anbetracht des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs angezeigt erscheint. Jedenfalls aber muss das Gutachten namentlich Art und Ausmaß der Erkrankung im Einzelnen anhand der Vorgeschichte, der durchgeführten Untersuchung und der sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlich begründen.

Der Sachverständige muss nach § 321 Abs. 1 S. 4 HS 2 FamFG Arzt mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Ergibt sich die Qualifikation nicht ohne weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen.
Ist der Sachverständige nicht hinreichend qualifiziert, darf sein Gutachten nicht verwertet werden. Denn eine erheblich in Freiheitsrechte eines Betroffenen eingreifende Unterbringungsmaßnahme lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Voraussetzungen hierfür verlässlich festgestellt sind (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 19.01.2011 – XII ZB 256/10 –).

Ferner hat das Gericht nach § 319 Abs. 1 S. 1 FamFG einen Betroffenen vor einer Unterbringungsmaßnahme persönlich anzuhören und sich von diesem einen persönlichen Eindruck zu verschaffen.
Diese Vorschrift sichert im Unterbringungsverfahren nicht nur den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Durch sie soll auch sichergestellt werden, dass sich das Gericht vor der Entscheidung über den mit einer Unterbringung verbundenen erheblichen Grundrechtseingriff einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft, durch den es in die Lage versetzt wird, namentlich ein eingeholtes Sachverständigengutachten zu würdigen.

Die Anhörung des Betroffenen hat grundsätzlich erst nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens und – sofern die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 317 Abs. 1 S. 1 FamFG erforderlich ist – unter Hinzuziehung und in Anwesenheit des Verfahrenspflegers zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 15.02.2012 – XII ZB 389/11 –).
Ein Betroffener kann nämlich erst nach Vorlage des Gutachtens dazu angehört werden und das Gericht kann auch erst dann das Sachverständigengutachten unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks des Betroffenen hinreichend würdigen.

Kann das Gericht bereits vor der Anhörung des Betroffenen die Erforderlichkeit einer Verfahrenspflegerbestellung erkennen, ist ein Verfahrenspfleger bereits vor der abschließenden Anhörung des Betroffenen zu bestellen.
Das Betreuungsgericht muss dann durch die rechtzeitige Bestellung eines Verfahrenspflegers und dessen Benachrichtigung zum Anhörungstermin sicherstellen, dass dieser an der Anhörung des Betroffenen teilnehmen kann. Außerdem steht dem Verfahrenspfleger ein eigenes Anhörungsrecht zu.

Wird das gerichtliche Verfahren den geschilderten Anforderungen nicht gerecht, leidet es an Verfahrensmängeln durch die ein Betroffener in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 Grundgesetz (GG) verletzt sein kann.

Hat das Erstgericht zwingend gebotene Verfahrenshandlungen unterlassen, sind diese, wenn Beschwerde eingelegt worden ist, vom Beschwerdegericht im Beschwerdeverfahren nachzuholen.
Denn im Beschwerdeverfahren findet nicht nur eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung statt. Das Beschwerdegericht tritt vielmehr in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts (vgl. § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG) und entscheidet unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu (BGH, Beschluss vom 21. 11. 2012 – XII ZB 306/12 –).

Hat sich eine angefochtene Entscheidung durch Aufhebung der angefochtenen Unterbringungsgenehmigung oder Entlassung des Betroffenen in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG auf Antrag aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat.
Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbar. Voraussetzung ist – neben einem auf die Feststellung gerichteten Antrag -, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt. Das Feststellungsinteresse ist in der Regel anzunehmen, wenn ein schwerwiegender Grundrechtseingriff vorliegt (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) oder eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Die Feststellung, dass der Betroffene durch die angefochtenen Entscheidungen in seinen Rechten verletzt ist, kann grundsätzlich auch auf einer Verletzung des Verfahrensrechts beruhen. Die gerichtliche Anordnung oder Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff.
Antragsbefugt nach § 62 FamFG ist allerdings nur derjenige Beteiligte, dessen Rechtssphäre betroffen ist, also der Untergebrachte, nicht der Verfahrenspfleger und auch nicht ein anderer Verfahrensbeteiligter (BGH, Beschluss vom 15.02.2012 – XII ZB 389/11 –).
Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme i. S. v. § 62 FamFG kann nur in dem bereits anhängigen Beschwerdeverfahren gestellt werden und die Feststellung muss im Beschwerderechtszug erfolgen.
Ein isoliertes (nachträgliches) Feststellungsverfahren vor einem erstinstanzlichen Gericht steht insoweit nicht zur Verfügung. Die solcher (nachträglicher) Antrag auf Feststellung bei dem erstinstanzlichen Gericht ist nicht statthaft (BGH, Beschluss vom 10.10.2012 – XII ZB 660/11 –).

 

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Betreuungsrecht – Gesetz zur Ermöglichung einer Zwangsbehandlung in Kraft getreten.

Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung am 20.06.2012 – XII ZB 99/12 – und – XII ZB 130/12 – entschieden hatte, dass es an einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage für eine Einwilligung des rechtlichen Betreuers in eine zwangsweise medizinische Behandlung des Betreuten fehlt, hat der Bundestag am 18.02.2013 das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme getroffen.
Durch dieses Gesetz, nach dem eine Zwangsbehandlung im Rahmen einer stationären Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) erfolgen darf, sind § 1906 BGB sowie flankierend hierzu, verfahrensrechtliche Regelungen nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geändert worden. § 1906 BGB, in seiner geänderten, am 19.02.2013 in Kraft getretenen Fassung (vgl. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 9, S. 266), lautet nun:

§ 1906 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil
1.auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder
2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie nur einwilligen, wenn
1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,
3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,
4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und
5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.
§ 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist.

(3a) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Der Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

 

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Betreuungsrecht – Wer muss einen gerichtlich bestellten Berufsbetreuer bezahlen?

Vergütungsschuldner des Berufsbetreuers ist

  • bei Mittellosigkeit des Betreuten die Staatskasse (§§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) in Verbindung mit § 1 Abs. 2 S. 2 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG)) und
  • bei vorhandenem verwertbaren Vermögen der Betreute (§§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 S. 1 VBVG).

Mit der Übernahme der Betreuungskosten erbringt die Staatskasse eine Sozialleistung, die gemäß § 1836 c BGB davon abhängt, dass der Betreute über kein einzusetzendes Vermögen im Sinne des Sozialhilferechts verfügt. Der Betreute soll durch die Kosten der Betreuung nicht in seinen vorhandenen Lebensgrundlagen wesentlich beeinträchtigt werden. Deshalb ist, für die Feststellung, ob der Betreute mittellos oder vermögend ist, auf den Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz abzustellen.

Als mittellos gilt ein Betreuter, der die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten oder nur im Wege gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aufbringen kann (§§ 1908 i Abs. 1, 1836 d BGB ). Das einzusetzende Vermögen bestimmt sich gemäß § 1836 c Nr. 2 BGB nach § 90 Sozialgesetzbuch (SBG) Zwölftes Buch (XII). Danach ist das gesamte verwertbare Vermögen (§ 90 Abs. 1 SGB XII) mit Ausnahme des in § 90 Abs. 2 SGB XII im Einzelnen aufgeführten Schonvermögens einzusetzen, soweit dies keine Härte bedeutet (§ 90 Abs. 3 SGB XII).

Bei der Ermittlung des danach verwertbaren Vermögens kommt es, entsprechend dem Zweck der sozialhilferechtlichen Leistungen einer tatsächlichen Notlage abzuhelfen bzw. einen tatsächlichen Bedarf abzudecken, auf die tatsächlich vorhandenen und tatsächlich verwertbaren Vermögenswerte an. Dabei ist grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, ob den Vermögenswerten Schulden oder Verpflichtungen des Hilfebedürftigen gegenüberstehen.

Nach § 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII gehört zu dem nicht einzusetzenden Vermögen (auch) ein angemessenes Hausgrundstück, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Dabei bestimmt sich die Angemessenheit nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf, der Grundstücksgröße, der Hausgrundgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.
Vom Schutzbereich dieser Vorschrift auch erfasst wird ein Betroffener, der keine Angehörigen hat.
Die Vorschriften zum Schonvermögen sollen gewährleisten, dass die Sozialhilfe nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der vorhandenen Lebensgrundlagen führt. Dem Sozialhilfeempfänger soll ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit erhalten bleiben. Überdies soll verhindert werden, dass die Sozialhilfe, die im Idealfall lediglich eine vorübergehende Hilfe ist, zu einem „wirtschaftlichen Ausverkauf“ führt, damit den Willen zur Selbsthilfe lähmt und zu einer nachhaltigen sozialen Herabstufung führt. Daraus folgt, dass sie in erster Linie dem Schutz des Leistungsberechtigten dienen.
§ 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII will ein Hausgrundstück vor einer Verwertung insoweit schützen, als es dem Leistungsberechtigten oder einer anderen Person der Einsatzgemeinschaft (§ 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII) oder den mit ihnen dort zusammen lebenden Angehörigen, die auch nach dem Tod des Leistungsberechtigten oder der anderen Person der Einsatzgemeinschaft dort wohnen sollen, als Wohnstatt dient.
Nicht aber soll der Schutz des Hausgrundstücks davon abhängig gemacht werden, dass der Leistungsberechtigte Angehörige hat, die nach seinem Tod dort leben sollen. Der Zusatz „und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll“ bezieht sich vielmehr nach Sinn und Wortlaut auf die Angehörigen, die mit dem Leistungsberechtigten oder der anderen Person der Einsatzgemeinschaft in dem Haus wohnen. Diese Angehörigen gehören dann, wenn sie nach dem Tod der genannten Personen in dem Haus wohnen sollen, ebenfalls zu dem durch § 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII geschützten Personenkreis.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 06.02.2013 – XII ZB 582/12 – hingewiesen.

 

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Betreuungsverfahren – Erforderliche Ermittlungen des Gerichts – Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme – Qualifikation des Sachverständigen.

Zu den für die Bestellung eines Betreuers erforderlichen Ermittlungen gehört nach § 280 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme.
Diesem Gutachten muss mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen sein, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung nach § 1896 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) vorliegen; eine Verdachtsdiagnose genügt nicht. Im Übrigen muss sich der Tatrichter davon überzeugen, dass der Sachverständige im Rahmen seiner Begutachtung von einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist.
Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Ergibt sich die Qualifikation nicht ohne Weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen. Die Beauftragung eines Gutachters, der nicht die Voraussetzungen von § 280 Abs. 1 S. 2 FamFG erfüllt, ist als Ausnahme in der Endentscheidung vom Gericht besonders zu begründen. Ist der Sachverständige nicht hinreichend qualifiziert, darf sein Gutachten nicht verwertet werden.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) in den Beschlüssen vom 16.05.2012 – XII ZB 454/11 – und – XII ZB 584/11 – hingewiesen.

Die in Bayern bestellten Landgerichtsärzte (Art. 5 Abs. 3 des bayerischen Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes vom 24.07.2003 [GVBl S. 452] iVm § 4 der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst vom 09.09.1986 [GVBl S. 316]) entsprechen aufgrund ihres Ausbildungsganges und ihrer besonderen praktischen Erfahrungen üblicherweise den Anforderungen, die § 280 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) an die Sachkunde des Sachverständigen stellt.
Ihre Sachkunde ist in der Regel mit der Qualifikation von Ärzten vergleichbar, denen die Facharztbezeichnung zukommt, die sich aber nicht in großem Umfang mit den besonderen forensischen Aufgaben ihres Fachgebietes beschäftigt haben (so BGH, Beschluss vom 16.10.2013 – XII ZB 320/13 –).

 

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Betreuung – Wenn der Betroffene der Einrichtung der Betreuung nicht zustimmt.

Nach § 1896 Abs. 1a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) darf gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden.
Stimmt ein Betroffener der Einrichtung einer Betreuung nicht zu, ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht. Das fachärztlich beratene Gericht hat daher festzustellen, ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung bzw. Behinderung noch zu einer freien Willensbestimmung fähig ist.
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor.
Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB ) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können.
Die Einsichtsfähigkeit in den Grund der Betreuung setzt dabei denknotwendig voraus, dass der Betroffene seine Defizite wenigstens im Wesentlichen zutreffend einschätzen kann. Nur dann ist es ihm nämlich möglich, die für und gegen eine Betreuung sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Beschluss vom 14.03.2012 – XII ZB 502/11 – hingewiesen.

 

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