Allein der Umstand, dass der Kunde eines Fitnessstudios berufsbedingt seinen Wohnort wechselt, vermag eine außerordentliche Kündigung eines für einen bestimmten Zeitraumes geschlossenen Vertrags nicht zu rechtfertigen.
Das hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 04.05.2016 – XII ZR 62/15 – entschieden.
Zwar steht, so der Senat, wie sich aus den Vorschriften der §§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1 und 314 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dem Kunden eines Fitnessstudios, der einen Vertrag für einen bestimmten Zeitraum geschlossen hat, weil es sich dabei um ein Dauerschuldverhältnis handelt, unabhängig von der rechtlichen Einordnung eines solchen Fitnessstudiovertrags als Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag, stets ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zu (BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).
- Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (so etwa § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Dabei trägt allerdings der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Leistung abschließt, grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können (BGH Urteil vom 11. November 2010 – III ZR 57/10 – NJW-RR 2011, 916 Rn. 12; vgl. auch § 537 Abs. 1 BGB).
Etwas anderes gilt nur, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere Inanspruchnahme der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist (vgl. BGH, Urteile vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 – und vom 23.10.1996 – XII ZR 55/95 –).
- Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein solcher – nicht in seinen Verantwortungsbereich fallender – Umstand etwa in einer Erkrankung des Kunden gesehen werden.
- Ebenso kann eine Schwangerschaft die weitere Nutzung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen;
der besondere Schutz des Art. 6 Abs. 4 GG und dessen wertsetzende Bedeutung wirken sich insoweit auch auf die Frage der Zurechenbarkeit des Kündigungsgrundes aus (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).
Ein Wohnortwechsel stellt danach grundsätzlich keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags dar (ebenso Landgericht (LG) Bonn Urteil vom 05.08.2014 – 8 S 103/14 –; LG Gießen Urteil vom 15.02.2012 – 1 S 338/11 –; Amtsgericht (AG) Bremen, Urteil vom 16.10.2014 – 10 C 47/14 –; aA AG München, Urteil vom 17.12.2008 – 212 C 15699/08 –).
Die Gründe für einen Wohnortwechsel – sei er auch berufsbedingt – liegen nämlich in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden und sind von ihm – anders als von dem Anbieter der Leistungen – beeinflussbar (vgl. BGH Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 –).
Auch kommt, so der Senat weiter, bei einem Wohnortwechsel eines Fitnessstudiokunden
- weder eine analoge Anwendung des § 46 Abs. 8 Satz 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) in Betracht,
- noch eine Kündigung des Studiovertrages nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.
Bei Anwendung des § 313 BGB ist nämlich ebenfalls zu beachten, dass grundsätzlich jede Partei ihre aus dem Vertrag ersichtlichen Risiken selbst zu tragen hat. Grundsätzlich kann daher derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse, wie hier den Umzug, selbst bewirkt hat, aufgrund dieser Änderung keine Rechte herleiten (BGH, Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 –).