Tag Diesel

Dieselgate: Am Bundesgerichtshof wird für die sog. Diesel-Sachen ein künftig extra dafür zuständiger Hilfsspruchkörper

…. eingerichtet.

Die Eingänge am Bundesgerichtshof (BGH) in Rechtsstreitigkeiten 

  • über Schadensersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen, 

die den Vorwurf einer 

  • unzulässigen Abschalteinrichtung bei einem Kraftfahrzeug mit Dieselmotor 

zum Gegenstand haben (sog. Diesel-Sachen), sind anhaltend hoch. 

Aufgrund dessen sind der VI. sowie der VII. Zivilsenat, 

  • die für diese Verfahren derzeit zuständig sind, 

überlastet.

Das Präsidium des BGH hat deshalb 

  • von der Möglichkeit des § 21e Abs. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) Gebrauch gemacht und 

beschlossen, mit Wirkung zum 01.08.2021 vorübergehend einen 

  • VIa. Zivilsenat als 

Hilfsspruchkörper einzurichten

Dieser wird für die, 

  • ab diesem Zeitpunkt 

neu eingehenden, sog. Diesel-Sachen zuständig sein (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Dieselgate: Was Besitzer eines Mercedes-Diesel wissen sollten

Daimler steht (schon seit längerem) in Verdacht der Abgasmanipulation.

Für Diesel-Geländewagen vom Typ Mercedes-Benz GLK 220 erfolgte auf Anordnung des Kraftfahrbundesamtes (KBA) bereits im Juni 2019 ein Rückruf, weil in den Fahrzeugen eine

  • – nur im Prüfmodus, nicht dagegen im Straßenverkehr aktivierte –

sog. Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung dafür gesorgt haben soll, dass die Grenzwerte für den Stockoxid-Ausstoß im Prüfmodus nicht überschritten werden.

Nun hat das Kraftfahrbundesamt (KBA) ein Anhörungsverfahren eröffnet, weil die zwischen 2006 und 2018 gebauten Vorgängermodelle des aktuellen Typs Transporter Mercedes Sprinter mit einer „unzulässigen Abschaltvorrichtung“ ausgestattet worden sein sollen.

  • Eine Computerfunktion für die Steuerung des Sprinter-Motors OM 651 soll dafür gesorgt haben, dass der Grenzwert für Stickoxide von 180 Milligramm pro Kilometer nur beim gesetzlichen Prüfzyklus eingehalten wird, aber nicht im täglichen Betrieb.

Daimler droht deswegen ein weiterer Zwangsrückruf (Quelle: Merkur.de).

Übrigens:
Bereits entschieden, dass Käufer von Mercedes-Dieselfahrzeugen,

  • die nach den Feststellungen der Gerichte mit unzulässigen Abschalteinrichtungen (in verschiedenen Formen) ausgestattet waren,

von den Daimler AG

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB

Schadensersatz verlangen können, haben bisher u.a.,

Nach diesen (allerdings noch nicht rechtskräftigen) Entscheidungen muss die Daimler AG

  • die Fahrzeuge zurücknehmen und
  • den Käufern den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer, aber zuzüglich Zinsen, erstatten.

Dieselgate: Auch das Kammergericht ist der Ansicht, dass der Hersteller der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge

…. die Fahrzeugkäufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat.

In der Verhandlung von zwei Klagen (4 U 51/19, 4 U 9/19)

  • von Käufern eines Diesel-Pkw mit einer sog. Abschalteinrichtung

hat der 4. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) in Berlin am 20.08.2019 darauf hingewiesen, dass er eine Haftung des Fahrzeugherstellers aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

für gegeben erachtet (so auch die Oberlandesgerichte (OLG) Köln, Beschlüsse vom 03.01.2019 – 18 U 70/18 – und vom 29.04.2019 – 16 U 30/19, 1 0138/18; Koblenz, Urteil vom 12.06.2019 – 5 U 1318/18 –; Karlsruhe, Beschluss vom 05.03.2019 – 13 U 142/18 – sowie Urteil vom 18.07.2019 – 17 U 160/18 –).

Danach besteht der Schaden von Käufern solcher Fahrzeuge

  • zum einen in dem Minderwert aufgrund der Betroffenheit vom Abgas-Skandal sowie
  • zum anderen in der Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit

und kommt es bei der Frage des Schadens nicht darauf an,

  • ob das Software-Update nachträglich durchgeführt worden ist,

da darin kein Verzicht auf Schadenersatz liegt.

  • Allerdings bestehe, so der Senat, der Schadenersatzanspruch nur abzüglich eines Nutzungswertersatzes unter Zugrundelegung einer Regellaufleistung der Fahrzeuge von 300.000 km.

Davon, dass der Fahrzeughersteller vorsätzlich gehandelt hat, wofür das billigend Inkaufnehmen genügt, geht der Senat aus, weil, wie er ausgeführt hat,

  • es angesichts der Reichweite der unternehmerischen Entscheidung, eine Software mit Abschaltvorrichtung konzernweit einzusetzen, eher fern liege, dass die entsprechenden Vorgänge mit Aufträgen in Millionenhöhe und Einbindung Dritter alleine durch Entscheidungsträger unterhalb der Vorstandsebene verantwortet worden sind und
  • der Fahrzeughersteller dem entsprechenden Vortrag der Fahrzeugkäufer bisher nicht ausreichend entgegen getreten sind,
    • insbesondere trotz interner Ermittlungen nicht mitgeteilt worden sei, wer die Entscheidungsträger waren.

Auch hafte, so der Senat weiter, der Fahrzeughersteller jedenfalls für seinen Leiter der Entwicklungsabteilung als sog. „Verrichtungsgehilfen“ aus § 831 BGB (Quelle: Pressemitteilung des KG).

Dieselgate: Wichtig zu wissen für Besitzer eines PKW Mercedes Benz mit Dieselmotor

Mit Urteil vom 09.05.2019 – 23 O 220/18 – hat das Landgericht (LG) Stuttgart darauf hingewiesen, dass, wenn in einem PKW Daimler Typ Mercedes – wie es vorliegend in einem ML 250 Bluetec 4Matic der Fall war –

  • die zur Reduktion des Stickoxidausstoßes (NOx) eingesetzte Abgasrückführung bei niedrigen Außentemperaturen reduziert wird (sog. „Thermofenster“),

dies eine (unzulässige) Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO 715/2007 darstellt,

  • dabei unerheblich ist, in welchem Maß die Abgasrückführung reduziert wird, da Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO 715/2007 nicht nach dem Grad der Veränderung des Emissionskontrollsystems differenziert,
  • eine solche Abschalteinrichtung nicht ausnahmsweise nach Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG VO 715/2007 zum Zwecke des Motorschutzes zulässig ist, wenn andere technische Lösungen – nach der jeweils besten verfügbaren Technik, unabhängig davon, ob diese wirtschaftlich erheblich teurer sind – vorhanden sind,
  • eine solche Abschalteinrichtung, die aus Motorgesichtspunkten nahezu ununterbrochen arbeitet (bei Außentemperaturen von unter 14° Celsius) und damit den Zielsetzungen der Verordnung zuwiderläuft, nicht notwendig und damit unzulässig i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) EG VO 715/2007 ist,
  • für das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) EG VO 715/2007 den Hersteller die volle primäre Darlegungs- und Beweislast trifft,

dass, wenn darüber hinaus, wie auch bei dem obigen Fahrzeug,

  • während des Durchfahrens des „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) eine erhöhte Menge an benötigtem Harnstoff (AdBlue) im SCR-System beigemischt wird, während dies im realen Fahrbetrieb nicht der Fall ist und
  • die konkrete Softwareprogrammierung beinhaltet, dass die Regeneration von SCR-Katalysatoren, die für die Effizienz der Abgasreinigung erforderlich ist, beinahe ausschließlich in den ersten 20 – 25 Minuten des Fahrzeugbetriebes erfolgt, also der Zeit, die der übliche NEFZ-Zyklus braucht,

es sich dabei ebenfalls um eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EG VO 715/2007 handelt und entschieden, dass

  • dem Käufer eines mit einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattetem Fahrzeugs gegen den Hersteller des Motors wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung ein Anspruch auf Ersatz des durch den Erwerb des Fahrzeugs erlittenen Schadens zusteht,
  • der sowohl auf § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als auch auf § 831 BGB gestützt werden („Wahlfeststellung“) kann.

Bezüglich der Kenntnis des Vorstands des Motorhersteller vom Einsatz einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung obliegt danach dem Motorhersteller eine sekundäre Darlegungslast, mit der Folge,

  • dass der Hersteller sich zum einen nicht mit einem einfachen Bestreiten begnügen kann,
  • sondern die tatsächliche Vermutung in zumutbarem Umfang durch substantiierten Gegenvortrag erschüttern sowie
  • hierfür in zumutbarem Umfang Nachforschungen anstellen sowie konkret mitteilen muss, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat

und

  • dass, falls er dem nicht genügt, der diesbezügliche Vortrag des Käufers im Schadensersatzprozess als zugestanden (§ 138 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO)) gilt.

Übrigens:
Dass auch bei bestimmten anderen Mercedes Diesel Fahrzeugen, nämlich solchen

  • vom Typ C 250 D,
  • vom Typ E 250 CDI sowie
  • vomTyp C 200d

eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut wurde und deswegen Käufer solcher Fahrzeuge von der Daimler AG, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, gegen Übereignung des Fahrzeugs, die Erstattung des Kaufpreises, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, verlangen können, hat das LG Stuttgart mit Urteilen vom 17.01.2019 – 23 O 172/18, 23 O 178/18 sowie 23 O 180/18 – entschieden.

Dieselgate: Nach Ansicht des OLG Köln muss die VW-AG den Käufern nicht nur den Kaufpreis erstatten, sondern den Kaufpreis

…. wegen Entziehung infolge Veranlassung zur Zahlung

  • nicht erst ab Erhebung der Klage, sondern

nach § 849 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • schon vorher,
  • möglicherweise im Einzelfall sogar ab Kaufdatum,

verzinsen.

Mit Beschluss vom 29.04.2019 – 16 U 30/19, 1 0138/18 – hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln darauf hingewiesen, dass durch den Einbau einer unzulässigen Abschaltvorrichtung in Diesel-Fahrzeuge, die die Messung von Stickoxiden auf Prüfständen beeinflusste,

  • die Fahrzeuge einen gravierenden Mangel aufwiesen,
  • der von der VW-AG bewusst herbeigeführt und
  • sodann vor staatlichen Stellen verschleiert worden ist, um zum Zwecke der Gewinnerzielung in großem Umfang Fahrzeuge zu verkaufen, welche als besonders umweltfreundlich gelten und beworben werden sollten,

dass die VW-AG die Fahrzeugkäufer dadurch vorsätzlich geschädigt hat, deswegen aus §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Fahrzeugkäufern auf Schadensersatz haftet und

In solchen Fällen sollen Käufer von vom Abgasskandal betroffener Diesel-Fahrzeuge danach

  • nicht nur den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, ersetzt verlangen können,
  • sondern – und das ist neu – auch in entsprechender Anwendung des § 849 BGB den sogenannten Deliktszins.

Denn nachdem die VW-AG die Käufer durch Täuschung über die Abschaltvorrichtung zur Zahlung des Kaufpreises veranlasst und ihnen so die Summe „entzogen“ habe, müssten die Käufer dafür auch Zinsen erhalten (Quelle: LTO Legal Tribune Daily vom 13.05.2019).

Was Besitzer eines PKW Mercedes Benz mit Dieselmotor wissen sollten

Mit Urteilen vom 17.01.2019 – 23 O 172/18, 23 O 178/18 sowie 23 O 180/18 – hat das Landgericht (LG) Stuttgart entschieden, dass es sich bei der in bestimmten Mercedes Diesel Fahrzeugen zur Reduktion des Stickoxidausstoßes (NOx) eingesetzten sog. Abgasrückführungstechnologie, bei der

  • ein Teil des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt wird und erneut an der Verbrennung teilnimmt,
  • diese Abgasrückführung aber bei kühleren Temperaturen zurückgefahren wird,

unabhängig vom Maß der reduzierten Abgasrückführung,

dass eine solche Abschalteinrichtung nicht ausnahmsweise nach Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG VO 715/2007 zum Zwecke des Motorschutzes zulässig ist, wenn,

  • wofür dem Hersteller eine sekundäre Darlegungslast obliegt,
  • andere technische Lösungen, nach der jeweils besten verfügbaren Technik – unabhängig davon, ob diese wirtschaftlich erheblich teurer sind – vorhanden sind,

und in drei Fällen, in denen Käufer jeweils einen PKW Mercedes Benz erworben hatten, nämlich

  • einen mit einemMotor OM 651, EURO 5, ausgestattetenPKW Mercedes Benz Typ C 250 D,
  • einen mit einemMotor OM 651, EURO 5, ausgestattetenPKW Mercedes BenzTyp E 250 CDI sowie
  • einen mit einemMotor OM 626, EURO 6, ausgestattetenPKW Mercedes BenzTyp C 200d

die Daimler AG,

  • wegen der von ihr in allen diesen Fahrzeugen eingesetzten und bei niedrigen Außentemperaturen reduzierten Abgasrückführung,

u.a. dazu verurteilt, den Käufern den Kaufpreis zu erstatten, abzüglich einer Nutzungsentschädigung und gegen Rückübereignung des Fahrzeugs.

Danach steht Käufern von Fahrzeugen,

  • die über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 verfügen,
  • wegen des Schadens, den sie durch den Kauf eines nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Fahrzeugs erlittenen haben,

gegen den Hersteller wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung ein Schadensersatzanspruch aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu, d.h. Käufer

  • können Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs verlangen, Erstattung des Kaufpreises,
  • müssen sich auf den Kaufpreis zwar eine Entschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs anrechnen lassen,
  • haben andererseits aber aus 849 BGB Anspruch auf Zinsen in Höhe von 4 % ab Bezahlung des Kaufpreises.

 

Dieselgate: Erste Landgerichte entscheiden, dass auch Besitzern eines Mercedes-Diesel mit einer unzulässigen Abgas-Software

…. Schadensersatzansprüche nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegen die Daimler-AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zustehen.

Am 05.06.2018 haben das Landgericht (LG) Karlsruhe (Az.: 18 O 24/18) und am 07.06.2018 das LG Hanau (Az.: 9 O 76/18)

  • die Daimler-AG

jeweils verurteilt, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Mercedes-Diesel,

  • es handelte sich im Verfahren 18 O 24/18 um einen Mercedes-Benz C200 d und im Verfahren 9 O 76/18 um einen Mercedes-Benz Vito,

zurücknehmen und den Eigentümern der Fahrzeuge den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer, zu erstatten (Quelle: Redaktion beck-aktuell).

Käufer von vom Diesel-Abgasskandal betroffener Fahrzeuge sollten wissen warum sie den Autohersteller nur schwer in Anspruch nehmen können

Gekauft wird ein Auto normalerweise nicht vom Hersteller sondern von einem (Vertrags)Händler.

Ist ein gekaufter Pkw mangelhaft kann der Käufer

  • sofern seine Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. hierzu §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1, 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und die dem Kaufvertrag zugrunde liegenden AGBs), bzw.
  • sofern bereits Verjährung eingetreten ist, der Verkäufer die Einrede der Verjährung nicht erhebt oder vor Eintritt der Verjährung auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichtet hat,

vom Verkäufer

  • gemäß § 439 Abs. 1 BGB Nacherfüllung binnen einer angemessenen Frist verlangen und
  • wenn die Nacherfüllungsphase erfolglos verlaufen ist bzw. sich als nicht behebbar erwiesen hat,
    • entweder gegenüber dem Verkäufer die Minderung des Kaufpreises erklären und vom Verkäufer einen Teil des bezahlten Kaupreises, nämlich den Minderwert zurückfordern oder,
    • wenn der Mangel nicht nur unerheblich ist, nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 Abs. 1 BGB gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und vom Verkäufer die Rückzahlung des Kaufpreises, abzüglich des Nutzungswertersatzes für jeden gefahrenen Kilometer, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen.

Gleiches gilt, wenn der Fahrzeugmangel darin besteht, dass vom Fahrzeughersteller in das bei einem Händler gekaufte Fahrzeug ein Dieselmotor mit einer Software zur Beeinflussung des Abgasverhaltens hinsichtlich der Stickoxidwerte auf dem Prüfstand eingebaut worden ist,

  • durch die der Motor so gesteuert wird, dass beim Durchlaufen von Testzyklen auf dem Prüfstand eine vom normalen Fahrbetrieb abweichende Einstellung der Abgasrückführung erfolgt, welche dazu führt, dass sich der Ausstoß von Schadstoffen in die Umwelt, insbesondere der Stickoxide, verringert,
  • während im normalen Fahrbetrieb die Stickoxidwerte im Abgas deutlich höher sind

und der Hersteller dies

  • weder bei der Durchführung der offiziellen Testzyklen zwecks Erreichung der Typengenehmigung für das Fahrzeug durch das Kraftfahrtbundesamt und Einstufung in die steuerlich relevante Abgasnorm,
  • noch bei der Bewerbung am Markt offen gelegt hat.

Auch in einem solchen Fall ist es nur sehr schwer möglich den Fahrzeughersteller unmittelbar auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

In Betracht kommen kann ein Schadensersatzanspruch des Fahrzeugkäufers gegen den Fahrzeughersteller nämlich

  • aus § 443 Abs. 1 BGB nur dann,
    • wenn, was der Käufer nachweisen muss, zwischen ihm und dem Hersteller, wozu die einschlägige Werbung nicht genügt, ein Garantievertrag betreffend die Umweltverträglichkeit des Fahrzeuges zustande gekommen ist, der Hersteller also dem Käufer gegenüber die Einhaltung der vorgeschriebenen Abgaswerte garantiert hat,
  • unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung nur dann,
    • wenn – unabhängig von der Frage, ob die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben zum Fahrzeug und zur eingestuften Abgasnorm auch eine Aufklärung über den Einsatz der verwendeten Software bei der Durchführung der Testzyklen erfordert hätte -, die Kaufentscheidung des Käufers nachweislich auf der Verwendung eines entsprechenden Prospektes des Herstellers beruhte,
  • aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB nur dann,
    • wenn ein dem Hersteller anzulastender Betrug zum Nachteil des Fahrzeugkäufers vorliegen würde, was, sofern der Käufer seinen Schaden in dem Vertragsschluss mit dem Vertragshändler und der Belastung mit der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises sieht, schon daran scheitern dürfte, dass es an der für den Betrug erforderlichen Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung fehlt, weil der Vertragsschluss mit dem Vertragshändler insoweit die mittelbare Folge der von dem Hersteller primär beabsichtigten (unmittelbaren) Veräußerung des Fahrzeugs an den Vertragshändler darstellt,
  • sowie aus § 826 BGB nur dann, wenn eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des Käufers vorliegen würde, was schon deshalb zweifelhaft erscheint,
    • weil der Hersteller lediglich damit geworben hat, dass das Fahrzeugmodell im Rahmen der Erlangung der Typengenehmigung auf dem Rollenprüfstand bei Ableistung des Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) die Grenzwerte einer bestimmten Norm eingehalten hat,
    • weitergehende Versprechen dahingehend, dass diese Grenzwerte, insbesondere im Hinblick auf den Stickoxidwert, im Realbetrieb nicht überschritten werden, nicht erfolgt sind und
    • insoweit eine vergleichbare Situation zur Herstellerangabe betreffend den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch vorliegt, bei der dem Käufer bewusst sein muss, dass die angegebenen Werte nicht im Realbetrieb, sondern unter definierten, vom individuellen Realbetrieb abweichenden Testbedingungen ermittelt wurden, die primär darauf abzielen, eine Vergleichbarkeit der Testergebnisse hinsichtlich der Vielzahl von Testungen und Fahrzeugtypen zu erreichen und nicht den Realbetrieb des einzelnen Fahrzeuges abzubilden.

Die 1. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Braunschweig hat mit Urteil vom 29.12.2016 – 1 O 2084/15 – deshalb auch die Klage eines Fahrzeugkäufers abgewiesen, der

  • das vom Hersteller mit einer Software zur Beeinflussung des Abgasverhaltens ausgestattete Fahrzeug bei einem Vertragshändler des Herstellers erworben und

vom Hersteller im Wege des Schadensersatzes Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs verlangt hatte.