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Dieselgate – Besitzer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs sollten wissen, dass durch ein Software-Update

…. der bei Auslieferung des Fahrzeugs bestehende Mangel

  • auch dann nicht vollständig beseitigt wird,

wenn das Fahrzeug aus technischer Sicht durch das Update so aufgerüstet werden kann bzw. worden ist, dass es

  • einerseits nunmehr sämtlichen gesetzlichen Vorschriften entspricht,
  • andererseits aber die Motorleistung dennoch so gut ist wie bei der Auslieferung, und
  • es durch die Software auch nicht zu Schäden am Abgasrückführungssystem, am Partikelfilter oder am Motor kommen kann.

Darauf hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Ravensburg mit Urteil vom 09.01.2018 – 2 O 171/17 – hingewiesen.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass die ursprüngliche Manipulationssoftware sich – trotz nachträglichem Update – negativ auf die Verkäuflichkeit des Fahrzeugs auswirkt, so dass ihm weiterhin ein merkantiler Minderwert anhaftet, der,

  • da der Verkauf zur gewöhnlichen Verwendung des Fahrzeugs gehört,

einen selbständigen Mangel gem. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt.

Die Tatsache, dass Fahrzeughersteller überhaupt zu dem Mittel gegriffen hat, eine unzulässige Software in Hunderttausende von Fahrzeugen einzubauen, lasse, so die Kammer, nämlich Raum für den Verdacht,

  • dass es mit einem bloßen Software-Update nicht getan sein kann, wenn das Fahrzeug alle Vorschriften erfüllen soll und gleichwohl die Leistung und Haltbarkeit des Fahrzeugs absolut gleichwertig sein soll zum ursprünglichen Auslieferungszustand

und dieser fortbestehende Verdacht verborgener Qualitätsmängel drücke sich,

  • ungeachtet des Software-Updates,

in einem niedrigeren Verkaufspreis aus, der auf dem Gebrauchtwagenmarkt für ein solches Fahrzeug zu erzielen ist.

Auch werde einen durchschnittlich informierten Käufer, so die Kammer weiter,

  • weder eine mögliche Bestätigung des Kraftfahrbundesamtes (KBA), dass die Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der mit dem Update versehenen Fahrzeuge herzustellen,
  • noch eine schriftliche Bestätigung des Herstellers, dass bei dem Fahrzeug nach Installation des Software-Updates keine qualitativen Einbußen vorliegen,

beruhigen, weil ihm dies keine Sicherheit gebe, dass das Fahrzeug

  • nach dem Update der Software tatsächlich die gleiche Leistung und Haltbarkeit aufweist,
  • wie sie das Fahrzeug in der ursprünglichen Konfiguration hatte.

Hinzu komme, dass

  • wegen des sehr breiten Echos in den Medien, das der Einbau der Manipulationssoftware gefunden habe und
  • der Diskussion über mögliche Fahrverbote,

vom Abgasskandal betroffene Fahrzeuge tendenziell vorzeitig verkauft werden,

  • deshalb auf längere Zeit ein Überangebot derartiger Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt bestehen wird und
  • dies den Preis zusätzlich nach unten drückt.

(Weitere) Neuigkeiten vom Dieselgate: OLG Hamm geht offensichtlich davon aus, dass Käufer eines vom sog. Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs

…. vom Kaufvertrag, auch ohne vorherige Fristsetzung zur Mängelbeseitigung, zurücktreten können.

In einem Fall, in dem

  • ein Käufer von einem Autohändler einen gebrauchten Audi A 6 2.0 TDI erworben hatte,
  • in den vom Hersteller ein mit einer Manipulationssoftware ausgestatteter Dieselmotor eingebaut war und

der Käufer von dem Autohändler die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangte, hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in der mündlichen Berufungsverhandlung (Az.: 28 U 232/16) am 11.01.2018 zu erkennen gegeben, dass

  • die Abschaltvorrichtung des Fahrzeugmotors als Sachmangel des Fahrzeugs (§ 434 Abs. 1. S. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) zu beurteilen,
  • von einer für den Käufer unzumutbaren Nachbesserung, die eine hierauf gerichtete Fristsetzung entbehrlich macht (§ 440 Satz 1 BGB) und
  • auch von einem erheblichen Fahrzeugmangel (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) auszugehen sein könnte.

Das lässt darauf schließen, dass nach Ansicht des Senats, Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs auch dann

  • zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt sind bzw. waren,

die dem Verkäufer vorher keine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt haben bzw. hatten (Pressemitteilung des OLG Hamm vom 11.01.2018).

Neues vom Dieselgate: OLG Köln beabsichtigt zugunsten eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugbesitzers zu entscheiden und

…. die von dem Fahrzeugverkäufer gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts (LG) Aachen vom 07.07.2017 – 8 O 12/16 – eingelegte Berufung,

  • mit dem er zur Rückabwicklung des Fahrzeugverkaufs verurteilt worden war,

als unbegründet zurückzuweisen.

In dem Fall, in dem ein Käufer von einem Händler einen gebrauchter VW Beetle erworben hatte,

  • in den vom Hersteller ein 1,6 Liter Dieselmotor der Baureihe EA 189 eingebaut war,
  • der aufgrund einer speziellen Steuerungssoftware auf dem Prüfstand einen anderen Betriebsmodus mit anderen Emissionswerten verwendete als im Straßenverkehr,

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln mit Beschluss vom 20.12.2017 – 18 U 112/17 – darauf hingewiesen, dass

  • das Fahrzeug bei der Übergabe mangelhaft war,
    • da ein vernünftiger Durchschnittskäufer davon ausgehen könne, dass ein von ihm erworbenes Fahrzeug entweder zu Recht zugelassen oder zulassungsfähig sei, wozu gehöre, dass der Hersteller die für den Fahrzeugtyp erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen nicht durch Täuschung erwirkt habe und
    • das Fahrzeug durch die Verwendung der Manipulations-Software nicht entsprechend dieser Erwartung beschaffen gewesen sei,
  • es sich dabei nicht nur um eine unerhebliche Pflichtverletzung gehandelt und
  • der Mangel den Käufer, nach Ablauf der von ihm gesetzten zweiwöchigen Frist zur Beseitigung des Mangels, zu dem von ihm erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt habe.

Danach kann der Käufer das erworbene Fahrzeug dem Verkäufer zurückgeben und von diesem

  • die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Entschädigung für die gezogenen Nutzungen verlangen sowie,
  • da von ihm nachträglich ein Navigationssystem, Radioblenden und ein abschließbares Handschuhfach eingebaut worden waren, auch die Erstattung des Betrages, um den diese Zusatzausstattung den Wert des Fahrzeugs erhöht hat (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln vom 11.01.2018).

Dieselgate – LG Nürnberg-Fürth entscheidet: Vom Abgasskandal betroffene Autobesitzer können vom Fahrzeughersteller Schadensersatz verlangen

…. sind also nicht auf die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Verkäufer beschränkt.

Das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth (Az.: 9 O 7324/16) hat im Fall eines Käufers, der von einem Händler ein Dieselfahrzeug erworben hatte, in das vom Hersteller, ohne Kenntnis des Händlers, ein Motor eingebaut worden war,

  • der eine gesetzlich unzulässige Abschalteinrichtung (Art. 3 Nr. 10 und Art. 5 Absatz 2 Satz 1 VO/EG 715/2007) aufwies,
  • mittels derer, zur Umgehung der geltenden Abgaswerte, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf optimiert wurden,

entschieden, dass

  • der Fahrzeughersteller, wegen eines als mittelbarer Täter (§ 25 Absatz 1 Fall 2 Strafgesetzbuch (StGB)) durch den unwissenden Händler begangenen Betruges (§ 263 Absatz 1 StGB) zum Nachteil des Käufers,
  • dem Käufer gegenüber aus § 823 Abs. 2 BGB auf Ersatz der ihm aus dem Fahrzeugkauf entstandenen Schäden haftet

und

  • der Käufer, ohne dass es hierzu einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedarf, dem Händler als Verkäufer gegenüber, zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt ist (§§ 323 Absatz 1, 346 Absatz 1, 349, 437 Nr. 2 BGB), weil
    • dem Fahrzeug bei Übergabe (§ 446 Satz 1 BGB) die (technisch) übliche Beschaffenheit (§ 434 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) gefehlt hat,
    • nicht sicher feststeht, dass auf Grund des angebotenen Updates keine weiteren Schäden am Motor auftreten und er für die übliche Dauer halten wird, ein Frist zur Nacherfüllung somit wegen Unzumutbarkeit entbehrlich (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB) und
    • der Mangel ungesetzlichen Abschaltens der erhöhten Verbrennung von Stickoxiden bei Fahrten auf Straßen auch erheblich, d.h. ein Rücktritt vom Kaufvertrag nicht nach § 323 Absatz 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist (Quelle: Pressemitteilung des LG Nürnberg-Fürth).

Dieselgate: Für Schadensersatzklagen der vom VW-Abgasskandal betroffenen Autokäufer gegen die Volkswagen-AG müssen Rechtsschutzversicherungen Deckungsschutz gewähren

Mit Beschluss vom 21.09.2017 – I-4 U 87/17 – hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf darauf hingewiesen, dass für auf Rückabwicklung der Kaufverträge gerichtete Schadensersatzklagen von vom sogenannten VW-Abgasskandal betroffenen Autokäufern gegen die Volkswagen-AG

  • hinreichende Erfolgsaussichten bestehen und

Rechtsschutzversicherer für solche Klagen eine Deckungszusage erteilen müssen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • bereits mehrere Landgerichte (LG) in erster Instanz einen Schadensersatzanspruch eines Kraftfahrzeugkäufers gegen die Volkswagen-AG wegen des Inverkehrbringens von Dieselfahrzeugen mit manipulierter Abgassoftware, unter anderem gemäß § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (wegen sittenwidriger vorsätzlichen Schädigung) bejaht haben (vgl. LG Krefeld, Urteile vom 04.10.2017 – 2 O 19/17 – und vom 19.07.2017 – 7 O 147/16 –; LG Osnabrück, Urteil vom 28.06.2017 – 1 O 29/17 –; LG Arnsberg, Urteil vom 14.06.2017 – 1 O 25/17 –; LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16 –; LG Baden-Baden, Urteil vom 27.04.2017 – 3 O 163/16 –; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 – 2 O 118/16 –; LG Kleve, Urteil vom 31.03.2017 – 3 O 252/16 – sowie LG Karlsruhe, Urteil vom 22.03.2017 – 4 O 118/16 –),
  • nach dem bisherigen Verhalten der Volkswagen-AG nichts dafür spreche, dass sie freiwillig Schadensersatzanspruch leisten werde und eine streitige Auseinandersetzung vermeidbar wäre und
  • es den vom sogenannten VW-Abgasskandal betroffenen Autokäufern nicht zuzumuten sei, trotz hinreichender Erfolgsaussichten mit rechtlichen Schritten gegen die Volkswagen-AG zuzuwarten (Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf vom 26.10.2017).

Dieselgate – LG Krefeld stellt fest, dass der Fahrzeughersteller dem Käufer gegenüber schadensersatzpflichtig ist

…. und der Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen und damit mangelhaften Fahrzeugs

  • nicht auf die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Verkäufer beschränkt ist,
  • sondern auch den Hersteller auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann.

Mit Urteil vom 04.10.2017 – 2 O 19/17 – hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Krefeld entschieden, dass die Ausstattung der vom sog. VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge mit einer den Abgasausstoß manipulierenden Motorsoftware

  • eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Käufer durch den Hersteller gem. § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt, die

den Hersteller verpflichtet,

  • dem Käufer Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeugs mit der manipulierenden Motorsoftware resultieren und
  • dass einer auf Feststellung dieser Ersatzpflicht gerichteten Klage, die gemäß § 32 Zivilprozessordnung (ZPO) auch im Gerichtsbezirk des Kaufvertragsschlusses erhoben werden kann, nicht das Feststellungsinteresse fehlt.

Danach fehlt das Feststellungsinteresse für eine Feststellungsklage gegen den Fahrzeughersteller dann nicht, wenn

  • von diesem das Recht des Fahrzeugkäufers auf Schadensersatz ernstlich bestritten wird und
  • die Schadenshöhe deswegen insgesamt noch nicht endgültig beziffert werden kann, weil
    • über den bereits bezifferbaren Schaden (insbesondere der ggf. zurückzuzahlende Kaufpreis) hinausgehend mit hinreichender Wahrscheinlichkeit noch unbezifferbare Schäden entstehen können,
    • etwa dadurch, dass, wegen des (noch) nicht aufgespielten Software-Updates die Gefahr der Stilllegung des Fahrzeugs droht.

Dass die Fahrzeugkäufer durch Mitarbeiter, d.h. Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) des Herstellers

  • in einer diesem zurechenbaren und für den Abschluss des Kaufvertrages ursächlichen Weise über die Emissionswerte des Fahrzeugs nicht nur getäuscht, sondern auch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sind,

hat die Kammer u.a. damit begründet,

  • dass der Hersteller den Fahrzeugmotor konstruiert sowie hergestellt und die dazugehörende Programmierung der Motorsoftware entweder von einem Mitarbeiter hat vornehmen oder nach entsprechenden Anweisungen sowie Vorgaben von Dritten hat ausführen lassen,
  • auf diese Weise nicht einfach nur die Abgasvorschriften außer Acht gelassen und massenhafte, erhebliche Umweltverschmutzung herbeigeführt, sondern mit der Abschaltvorrichtung zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung dieses Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden und den Verbrauchern geschaffen worden ist, um dem Hersteller einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen oder ihn wettbewerbsfähig zu halten, weil dieser entweder nicht über eine Technik verfügte, um die gesetzlichen Abgasvorschriften einzuhalten, oder weil dieser aus Gewinnstreben den Einbau der ansonsten notwendigen Vorrichtungen unterließ und

die daraus zu entnehmende Gesinnung, aus Unfähigkeit oder Gewinnstreben massenhaft die Käufer der so produzierten Autos bei ihrer Kaufentscheidung zu täuschen, die Wettbewerber zu benachteiligen und die Umwelt so zu schädigen, dass Gesundheitsgefahren drohen, weil die Schadstoffwerte (NOx) erhöht werden,

Vom Dieselgate betroffene Fahrzeugeigentümer sollten wissen, dass das Kraftfahrbundesamt (KFB), wenn sie das Software-Update nicht vornehmen lassen,

…. ihre Fahrzeugdaten an die für sie örtlich zuständige Zulassungsbehörde zur Prüfung in eigener Zuständigkeit weitergeben darf, ob der Betrieb ihres Fahrzeugs wegen Vorliegens eines technischen Mangels untersagt wird.

Der Versuch einer Betroffenen, der vom KFB angekündigt worden war,

  • dass die Zulassungshörde über die Nicht-Teilnahme ihres Diesel-Pkw an der der Volkswagen AG aufgegebenen Rückrufaktion zwecks Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung unterrichtet werden würde

und die dem KFB dies untersagen lassen wollte, scheiterte vor Gericht.

Der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (OLG) entschied mit Beschluss vom 20.09.2017 – 4 MB 56/17 –, dass in einem solchen Fall die Weitergabe der Daten zulässig ist, weil

Darüber sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen, welche Rechte und Möglichkeiten sie in ihrem Einzelfall haben, ist vom Dieselgate betroffenen Fahrzeugeigentümern, die Fragen hierzu haben, zu empfehlen.

Dieselgate – LG Paderborn entscheidet: Fahrzeugerwerber kann vom Hersteller eines manipulierten Dieselfahrzeugs Schadensersatz verlangen

…. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.

Mit Urteil vom 07.04.2017 – 2 O 118/16 – hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Paderborn entschieden, dass ein Fahrzeughersteller der Dieselkraftwagen mit einer Motorsteuerungssoftware ausstattet,

  • die erkennt, ob das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird oder sich auf der Straße befindet und entsprechend das „Verhalten“ des Motors in Bezug auf die Abgase so verändert, dass der Motor
    • während des Prüfstandtests die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte einhält,
    • während unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr das Fahrzeug anderweitig, nämlich mit einer geringeren Abgasrückführungsrate betrieben wird und die im Prüfstand erzielten Stickoxidwerte überschritten werden

sowie unter Verschweigen dieser Softwareprogrammierung in den Verkehr bringt,

  • durch eine gegen die guten Sitten verstoßende schädigende Handlung denen vorsätzlich einen Schaden zufügt,
  • die in dem Glauben sich ein umweltfreundliches Fahrzeug anzuschaffen, ein solches Fahrzeug von einem Verkäufer erwerben

und dass,

  • sofern es sich bei dem Fahrzeughersteller um eine Aktiengesellschaft handelt,
  • deren Haftung aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) iVm § 31 BGB voraussetzt, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15 –),

die schädigende Handlung der Aktiengesellschaft gemäß § 138 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) zuzurechnen ist, wenn

  • die Aktiengesellschaft ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage nicht im ausreichenden Maße nachkommt,
  • welches ihrer Organe Kenntnis von der Optimierung der Motorsteuerungssoftware gehabt und das Inverkehrbringen der mit der Software ausgerüsteten Motoren veranlasst hat (so auch LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16 –).

Nach Auffassung der Kammer

  • ist die installierte Motorsteuerungssoftware als eine gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 iVm Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 verstoßende und damit unzulässige Abschalteinrichtung anzusehen

und

  • besteht der Schaden eines Fahrzeugerwerbers im Sinne des § 826 BGB, dem es darum geht, ein umweltfreundliches Fahrzeug zu erwerben, darin, dass dieser mit einer ungewollten Verbindlichkeit belastet wird, weil er einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Vertrag mit dem Fahrzeugverkäufer geschlossen hat, den er, wenn er Kenntnis davon gehabt hätte, dass das Fahrzeug mit einer Prüfstandsoptimierungssoftware ausgestattet ist, nicht geschlossen hätte.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall verurteilte die Kammer den Fahrzeughersteller zur Rückzahlung des Kaufpreises den der Erwerber an den Verkäufer gezahlt hatte, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Dieselgate – LG Offenburg spricht Fahrzeugerwerber Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller eines manipulierten Dieselfahrzeugs zu

Mit Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16 – hat das Landgericht (LG) Offenburg entschieden, dass

  • dem Erwerber eines Dieselkraftwagens, dem es um den Erwerb eines umweltfreundlichen Fahrzeugs gegangen ist, gegen die Hersteller-Aktiengesellschaft ein Schadensersatzanspruch aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 31 BGB wegen sittenwidriger Schädigung zusteht, wenn
    • diese das Fahrzeug unter Verschweigen einer gemäß Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung in den Verkehr bringt, die dazu führt, dass eine Schadstoffmessung im Neuen Europäischen Fahrzyklus erkannt wird und
    • die Abgaswerte dann, im Gegensatz zum Betrieb im Straßenverkehr, optimiert werden und
  • die Hersteller-Aktiengesellschaft nicht mit Nichtwissen oder „Noch-Nicht-Wissen“ bestreiten kann, dass die Softwareprogrammierung mit Kenntnis des Vorstands erfolgte,
    • sondern, weil es dabei um Umstände geht, welche die interne Organisation der Hersteller-AG betreffen, in die der Fahrzeugerwerber keinen Einblick hat,
    • im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast im Einzelnen darlegen muss, wie es zu einem Einbau der Software ohne Kenntnis des Vorstands gekommen ist.

Dieselgate – Was vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeugkäufer über den Stand der gerichtlich anhängigen Verfahren wissen sollten

Die Pressestelle des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm hat mitgeteilt, dass bei dem dafür zuständige Zivilsenat bis zum 15.04.2017

  • 28 (Berufungs)Verfahren mit Bezügen zum sog. „VW- Abgasskandal“ eingegangen waren und
  • 3 dieser Verfahren abgeschlossen sind,

jedoch ohne, dass es bisher in einem dieser Fälle zu einer Entscheidung durch ein Urteil gekommen ist.

Ein obergerichtliches Urteil in dieser Sache steht danach also noch aus.

Am 27.04.2017 soll eine weitere Verhandlung stattfinden. Für diesen Tag ist die Verhandlung eines Falles einer vom sog. „Abgasskandal“ betroffenen VW-Kundin angesetzt, die bei dem beklagten Autohaus, einem VW-Vertragshändler, einen neuen VW-Beetle, 2,0 l Diesel, gekauft und vom beklagten Autohaus,

  • dem gegenüber sie auch die Anfechtung des Kaufvertrages erklärt hat,

die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung gegen Rückgabe des Fahrzeugs mit der Begründung verlangt,

  • dass bei dem Dieselmotor des von ihr gekauften Fahrzeugs die Abgaswerte mit einer vom Hersteller eingebauten Software in unzulässiger Weise beeinflusst werden.

Gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts (LG), das die Klage mit der Begründung abgewiesen hat,

  • eine arglistige Täuschung durch das beklagte Autohaus liege nicht vor und
  • der aufgrund der manipulierten Abgassoftware bestehende Mangel sei nicht so erheblich, dass er einen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertige,

hat die VW-Kundin Berufung eingelegt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 21.04.2017).