Tag Drohungen

OLG Oldenburg entscheidet: Nach Trennung von Eheleuten muss Ehemann der Ehefrau die Wohnung überlassen

…. wenn die Ehefrau vom Ehemann in erheblichem Maße bedroht worden ist und für sie aufgrund dessen eine Gefährdungslage besteht.

Trennen Eheleute sich und können sie sich nicht einigen, wer von ihnen die ehemals gemeinsame Wohnung zur alleinigen Nutzung erhalten soll, kann das Gericht

  • gemäß § 1361b Abs. 1 Sätze 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden, die auch dann gegeben sein kann, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist, auf Verlangen eines Ehegatten ihm die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung zusprechen,

wobei nach § 1361b Abs. 2 Sätze 1 und 2 BGB in der Regel die gesamte Wohnung dem Ehegatten zur alleinigen Benutzung dann zuzusprechen ist,

  • wenn dieser von dem anderen Ehegatten widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, der Gesundheit oder der Freiheit verletzt oder ihm eine solche Verletzung oder die Verletzung des Lebens widerrechtlich angedroht worden ist und
    • entweder weitere Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind
    • oder dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist.

In einem Fall, in dem nach der Trennung der Eheleute, der Ehemann, der zunächst aus der ehemals gemeinsamen Wohnung ausgezogen war,

  • seiner Ehefrau auf dem Anrufbeantworter erheblich gedroht,
  • sowie sich durch Aufbrechen der Terrassentür gewaltsam Zugang zur Wohnung verschafft hatte,

ist deswegen vom 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg die Wohnung der Ehefrau zugesprochen worden (Beschlüsse vom 31.01.2017 – 4 UFH 1/17 – und vom 29.03.2017 – 4 UF 12/17 –).

Der Senat hielt es nämlich für plausibel, dass der Mann seine Drohungen auch umsetzen könnte und sah es wegen dieser Gefährdungslage für die Ehefrau als verhältnismäßig an, ihr die Wohnung zuzuweisen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 29.05.2017 – Nr. 32/2017 –).

Was getrennt lebende, gemeinsam sorgeberechtigte Eltern wissen sollten, wenn ein Elternteil mit dem Kind verreisen möchte

Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,

  • ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich (§ 1687 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),
  • während die Befugnis zur Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens allein der Elternteil hat, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält (§ 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Danach bedarf es, wenn der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, mit dem Kind eine Urlaubsreise unternehmen will, nicht generell der Zustimmung des mitsorgeberechtigten anderen Elternteils.

  • Liegen jedoch Umstände vor, nach denen eine Reise besondere Gefahren mit sich bringt, die mit dem Reiseziel zusammenhängen und die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehen, ist die Durchführung einer solchen Reise nicht mehr von der Alleinentscheidungsbefugnis aus § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB gedeckt.

Solche besonderen, mit dem Reiseziel zusammenhängenden Risiken bestehen dann, wenn das Land in das die Reise gehen soll, beispielsweise in letzter Zeit mehrfach Ziel terroristischer Anschläge war bzw. es Drohungen extremistischer Gruppen mit Anschlägen in der Touristenregion gibt.

Derartige Gefahrenlagen schließen zwar Urlaubsreisen in diese Region nicht aus, weshalb sich Eltern weiterhin dafür entscheiden können, mit ihren Kindern dort ihren Urlaub zu verbringen.
Allerdings setzt dies, wenn die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, voraus, dass die Entscheidung von beiden Eltern getragen wird.

Bestehen hinsichtlich der Gefährlichkeit der Urlaubsreise zwischen den Eltern Meinungsverschiedenheiten kann der Elternteil, der mit dem Kind die Reise unternehmen will, beim Familiengericht zwar nach § 1628 BGB beantragen, ihm (im Wege einstweiliger Anordnung nach § 49 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)) die Entscheidung zu übertragen.
Jedoch können die gegenwärtigen Verhältnisse in einem Land einer Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB auf den die Reise beabsichtigenden Elternteil entgegenstehen.
Maßgebend für die Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis ist nämlich

  • weder der Wille des Kindes und dessen Freude auf den Urlaub, noch die eventuellen finanziellen Folgen eines Rücktritts von der Reise,
  • sondern, ob sich die Haltung der Eltern als Ausübung der Elternverantwortung darstellt, ob also die Befürchtungen des einen Elternteils, dass die Reise nicht gefahrlos durchgeführt werden kann, von vornherein unbegründet sind oder begründet sein können.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 21.07.2016 – 5 UF 206/16 – hingewiesen.