Tag Einzelhandelsgeschäft

Corona-Pandemie: OVG für das Land Schleswig-Holstein kippt das Öffnungsverbot für Outlet-Center und setzt es wegen Verstoßes

…. gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz (GG)) vorläufig außer Vollzug.

Mit unanfechtbarem Beschluss vom 24.04.2020 – 3 MR 9/20 – hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Schleswig-Holstein auf Antrag der Betreiberin eines Outlet-Centers in Neumünster,

  • das über 122 Ladengeschäfte verfügt, von denen 121 Ladengeschäfte unter 800 Quadratmeter groß sind,

das

  • sich aus § 6 Abs. 3 der aktuellen SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung der schleswig-holsteinischen Landesregierung vom 18.04.2020 ergebende

Gebot.

  • das Outlet-Center (weiterhin) zu schließen,

vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Der Senat ist der Ansicht, dass die weitere Schließung des Outlet-Centers

  • gegenüber anderen Einzelhandelsgeschäften und Einkaufszentren, deren Öffnungsmöglichkeiten mittlerweile gelockert worden sind,

eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung darstellt und hat dies damit begründet,

  • dass nicht erkennbar sei, warum die Umsetzung besonderer Hygiene- und Zugangsmaßnahmen in einem Outlet-Center nicht mindestens ebenso zu gewährleisten sei wie in Fußgängerzonen, Einkaufsstraßen und Einkaufszentren,
  • dass aufgrund der von der Antragstellerin bereits ergriffenen umfangreichen Steuerungs-, Kontroll- und Hygienemaßnahmen sowie der Schließung von Gastronomie und Spielplätzen auf ihrem Gelände dem Besuch des Outlet-Centers auch kein „Eventcharakter“ zukomme

und dass der Verordnungsgeber, wenn er ein „Anfahren“ der wirtschaftlichen Betätigung für vertretbar halte,

  • vergleichbare Sachverhalte auch vergleichbar regeln,
  • sich im Übrigen die Grundrechtspositionen potentiell Betroffener vor Augen führen und
  • sorgsam prüfen müsse, ob es gegenüber einem absoluten Öffnungsverbot mildere, aber gleich wirksame Mittel gebe (Quelle: Pressemitteilung des OVG Schleswig).

Corona-Krise: VG Hamburg kippt die Begrenzung von Verkaufsflächen auf 800 m² und erlaubt einem Einzelhändler auf seinen Antrag hin

…. sein Einzelhandelsgeschäft vorläufig ohne Rücksicht auf die Größe der Verkaufsfläche,

  • unter Beachtung der normierten technischen und organisatorischen Vorkehrungen zur Reduzierung des Infektionsrisikos,

zu betreiben.

Mit Beschluss vom 21.04.2020 – 3 E 1675/20 – hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Hamburg durch einstweilige Anordnung entschieden, dass die Hamburgische SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung,

  • soweit diese den Betrieb von Verkaufsstellen des Einzelhandels, deren Verkaufsfläche nicht auf 800 m² begrenzt ist, für den Publikumsverkehr untersagt,

nicht nur

  • die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Grundgesetz (GG) unverhältnismäßig beschränkt,

sondern,

  • mangels eines geeigneten Differenzierungsgrundes zwischen Verkaufsflächen von bis zu 800 m² und über 800 m²

auch

  • gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.

Dass die Freie und Hansestadt Hamburg das ihr zustehende Verordnungsermessen mit Blick auf die von ihr getroffene Differenzierung zwischen

  • Verkaufsstellen des Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche bis 800 m², die öffnen dürfen, und
  • größeren Verkaufsstellen, die lediglich bis zu dieser Größe öffnen dürfen,

überschritten hat, hat die Kammer damit begründet, dass diese Differenzierung, nachdem

  • die für alle für den Publikumsverkehr geöffneten Verkaufsstellen geltenden spezifischen Vorgaben – nämlich die Möglichkeiten einer physischen Distanzierung – in großflächigen Einzelhandelsgeschäften zumindest ebenso gut umsetzbar sind, wie in kleineren Einrichtungen,
  • auch für die Annahme, dass von großflächigen Einzelhandelsgeschäften eine hohe Anziehungskraft für potentielle Kunden mit der Folge ausgeht, dass allein deshalb zahlreiche Menschen die Straßen der Innenstadt und die Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs benutzen werden, keine gesicherte Tatsachenbasis vorliegt, vielmehr diese Anziehungskraft bereits durch die Ermöglichung des Betriebs aller Einzelhandelsgeschäfte bis 800 m² besteht und
  • die befürchtete Infektionsgefahr, die von Menschen ausgeht, die sich im öffentlichen Raum bewegen und dort aufhalten, im gleichen Maß besteht, wenn die Anziehungskraft von attraktiven und nah beieinanderliegenden kleinen Verkaufsstellen des Einzelhandels ausgeht,

nicht geeignet ist, den mit ihr verfolgten Zweck,

  • die Infektionsgefahren zu reduzieren,

umzusetzen.