Tag Erbrecht

Ein Pflichtteilsberechtigter, welche Auskünfte kann er vom Erben verlangen?

Nach § 2314 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Pflichtteilsberechtigter der nicht Erbe ist, vom Erben Auskunft über den Bestand des Nachlasses verlangen.
Der danach zur Auskunftserteilung verpflichtete Erbe hat dem Pflichtteilsberechtigten ein

  • (schriftliches) Bestands- oder Vermögensverzeichnis nach § 260 BGB,
  • welches grundsätzlich vollständig und einheitlich alle Aktiv- und Passivwerte des Nachlasses aufführen muss,

vorzulegen.

  • Der Pflichtteilsberechtigte hat daher nach ständiger Rechtsprechung Anspruch auf Auskunft über alle beim Erbfall tatsächlich vorhandenen
    • Nachlassgegenstände (reale Nachlassaktiva) und
    • Nachlassverbindlichkeiten (Passiva).
  • Über den tatsächlichen Bestand hinaus auf die Vermögensdispositionen, die der Erblasser zu Lebzeiten getroffen hat, erstreckt sich die Auskunftspflicht des Erben grundsätzlich nicht.
  • Eine Ausnahme gilt für den sogenannten fiktiven Nachlassbestand, also für
    • ausgleichungspflichtige Zuwendungen des Erblassers (§ 2316 BGB in Verbindung mit §§ 2050 ff. BGB) und
    • für ergänzungspflichtige Schenkungen i. S. v. § 2325 BGB, d. h. über unentgeltliche Zuwendungen, die der Erblasser innerhalb seiner letzten zehn Lebensjahre an Dritte gemacht hat.

Für den Auskunftsanspruch nach § 2325 BGB ist nicht Voraussetzung, dass das Vorliegen einer Schenkung feststeht und ob der Auskunftsberechtigte Anhaltspunkte für eine Schenkung nachweisen muss, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

  • Jedenfalls bei ausreichenden Anhaltspunkten für möglicherweise pflichtteilsrelevante Vorgänge muss sich die Auskunft auf alle Umstände erstrecken, deren Kenntnis wesentlich ist für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe ein Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht werden kann.

Grundsätzlich besteht im Rahmen des Auskunftsanspruchs gemäß § 2314 BGB keine allgemeine Pflicht

  • zur Rechenschaftslegung oder
  • gar zur Vorlage von Belegen;
  • vielmehr kann die Vorlage von Belegen nur ausnahmsweise dann verlangt werden, wenn es auf diese ankommt, um dem Pflichtteilsberechtigten die Schätzung des Wertes seines Anspruches zu ermöglichen, wie beispielsweise bei gemischten Schenkungen oder schwer einzuschätzenden Vermögensobjekten wie Unternehmens- oder Gesellschaftsbeteiligungen.

Ist eine vom Erben erteilte Auskunft nicht vollständig,

  • kann der Pflichtteilsberechtigte in der Regel nicht die Vervollständigung, beispielsweise die Ergänzung der bereits erteilten Auskunft über die Zusammensetzung des Hausrats der Immobilie des Erblassers,
  • sondern statt dessen nur, wie in dem Fall, dass Grund zu der Annahme besteht, dass das Bestandsverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, vom Erben die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit und Vollständigkeit des Bestandsverzeichnisses verlangen (§ 260 Abs. 2 BGB).

Ausnahmen hiervon werden aber bejaht, wenn

Eine solche Unvollständigkeit liegt auch dann vor, wenn Angaben zu den wertbildenden Faktoren, wie Größe, Alter, Herkunft, Material, Motiv, von im Inventarverzeichnis aufgelisteten Teppichen und Bildern weitgehend fehlen. Ohne Kenntnis von solchen (weiteren) wertbildenden Faktoren ist eine genauere Einschätzung der Verkehrswerte nämlich nicht möglich.
Dass nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf Wertermittlung in Betracht kommt, soweit für die Bewertung einzelner Nachlassgegenstände die Hilfe eines Sachverständigen erforderlich ist und deshalb in der Regel für eine Auskunft eine solche Bezeichnung des Nachlassgegenstandes genügt, mit deren Hilfe der Pflichtteilsberechtigte die Ermittlung des Wertes durch einen Sachverständigen beantragen kann (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.01.2004 – 13 U 25/03 –), ändert an dem Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft über die wertbildenden Merkmale von Nachlassgegenständen nichts, weil nur mit Hilfe dieses Wissens der Pflichtteilsberechtigte eine sachgerechte Entscheidung treffen kann, ob er den Erben zusätzlich auf Wertermittlung in Anspruch nehmen will.

Darauf hat das OLG Karlsruhe mit Urteil vom 09.12.2014 – 8 U 187/13 – hingewiesen.

 

Wenn Erblasser mit seiner ersten Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament errichtet hatte.

Ist von einem

  • nach Scheidung wiederverheiratetem Ehemann
  • in einem während seiner ersten Ehe errichteten Testament seine erste Ehefrau als Erbin eingesetzt worden,

kann seine im Testament nicht berücksichtigte zweite Ehefrau das Testament (sofern es nicht schon nach § 2077 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam sein sollte) nach dem Tode des Ehemanns regelmäßig anfechten.

Das hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 28.10.2014 – 15 W 14/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Erblasser

  • 2003, während seiner ersten Ehe, mit seiner ersten Ehefrau ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sich die Eheleute wechselseitig zum alleinigen Erben des Erstversterbenden eingesetzt hatten, wobei in einem Nachtrag dazu zwischen den Eheleuten vereinbart worden war, dass das Testament auch im Falle der Ehescheidung gelten sollte

sowie

  • 2012, nach seiner Scheidung und seiner Wiederheirat, mit seiner zweiten Ehefrau, ein notarielles Testament, das einen Widerruf seiner früheren letztwilligen Verfügung beinhaltete, der ersten Ehefrau allerdings nicht übermittelt worden war.   

Die nach dem Tod des Erblassers erklärte und damit begründete Anfechtung des Testaments aus dem Jahr 2003 durch die zweite Ehefrau, dass sie als Pflichtteilsberechtigte übergangen worden sei, hat der 15. Zivilsenat des OLG Hamm für wirksam erachtet und aufgrund dessen festgestellt, dass die erste Ehefrau nicht Erbin geworden ist.

Zwar sei, wie der Senat ausführte, das Testament aus dem Jahre 2003 nicht nach § 2077 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Scheidung unwirksam geworden. Denn die damaligen Eheleute hätten ihr gemeinschaftliches Testament ausdrücklich durch den Weitergeltungsnachtrag entsprechend der Regelung des § 2077 Abs. 3 BGB ergänzt.
Der Erblasser hätte sich deshalb von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments gemäß § 2271 Abs. 1 BGB nur durch eine Widerrufserklärung nach der für den Rücktritt von einem Erbvertrag geltenden Vorschrift des § 2296 BGB befreien können, die nach § 2296 Abs. 2 BGB der ersten Ehefrau gegenüber abzugeben gewesen wäre bzw. bei einer in ihrer Abwesenheit abgegeben Widerrufserklärung ihr hätte zugehen müssen, um wirksam zu sein (§§ 130 Abs. 1 S. 1, 132 Abs. 1 BGB).
Da der Erblasser zu seinen Lebzeiten aber versäumt hatte, seiner ersten Ehefrau den in dem notariellen Testament aus dem Jahr 2012 erklärten Widerruf zu übermitteln, war der Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments aus dem Jahr 2003 nicht wirksam.

Das gemeinschaftliche Testament aus dem Jahr 2003 Testament war aber deshalb unwirksam, weil die nach § 2080 Abs. 3, § 2079 S. 1 BGB anfechtungsberechtigte zweite Ehefrau es wirksam angefochten hatte.
Die von ihr innerhalb der mit dem Tode des Erblassers beginnenden Jahresfrist (§ 2082 BGB) formgerecht gegenüber dem Nachlassgericht (§ 2081 Abs. 1 BGB) erklärte Anfechtung führte gemäß § 142 Abs. 1 BGB dazu, dass die vom Erblasser in diesem gemeinschaftlichen Testament verfügte Erbeneinsetzung der ersten Ehefrau als von Anfang an nichtig anzusehen war.

Sachlich begründet war die Anfechtung, weil der Anfechtungsgrund nach § 2079 S. 1 BGB durchgriff. Nach dieser Vorschrift kann eine letztwillige Verfügung u.a. dann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, der erst nach der Errichtung pflichtteilsberechtigt geworden ist.
Der Tatbestand dieses Anfechtungsgrundes lag hier zweifelsfrei vor, weil die zweite Ehefrau erst dadurch pflichtteilsberechtigt geworden ist, dass sie 2012 die Ehe mit dem Erblasser geschlossen hat (§ 2303 Abs. 2 BGB).
§ 2079 S. 2 BGB begründet eine gesetzliche Vermutung dafür, dass der Erblasser bei Kenntnis der Sachlage den neu hinzugetretenen Pflichtteilsberechtigten nicht übergangen hätte, seine Unkenntnis also kausal für die getroffene Verfügung war.
Ausgeschlossen ist eine Anfechtung in einem solchen Fall nur dann, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde. Hiervon war im vorliegenden Fall nicht auszugehen.
Nach dem seinerzeit vereinbarten Nachtrag sollte das Testament des Jahres 2003 nämlich nur bei der Scheidung weitergelten. Dafür, dass es nach dem Willen des Erblassers auch im Falle seiner Wiederverheiratung weitergelten sollte, gab es keine konkreten Anhaltspunkte.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 14.01.2015 mitgeteilt.

 

Wann ist eine Person „verschollen“ nach dem Verschollenheitsgesetz?

Ein Auswanderer in die USA ist nicht bereits deshalb für tot nach dem Verschollenheitsgesetz (VerschG) zu erklären, weil er seit mehr als einem Vierteljahrhundert keinen direkten Kontakt zu seiner Schwester aufgenommen und die gemeinsame Mutter kurz vor ihrem Tod erklärt hat, dass der Sohn nicht mehr lebe.

Darauf hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Beschluss vom 12.11.2014 – 2 W 56/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der 1958 geborene Betroffene 1984 in die USA ausgewandert, hatte dort eine US-Bürgerin geheiratet und im Bundesstaat Arizona eine Autowerkstatt betrieben.
Nachdem 2001 seine Mutter sowie 2012 sein Vater verstorben und Alleinerbin nach dem verstorbenen Vater dessen zweite Ehefrau geworden war, machte die Schwester des Betroffenen, die letztmals 1995 etwas von diesem gehört hatte, den Pflichtteil am väterlichen Erbe geltend, verlangte diesen so zu berechnen, als würde der Betroffene, ihr Bruder, nicht mehr leben und beantragte beim Amtsgericht Kiel ihn für Tod zu erklären. Dabei gab sie an, dass die gemeinsame Mutter kurz vor ihrem Tod geäußert habe, dass der Bruder kinderlos verstorben sei.

Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens nach dem VerschG wurde der Betroffene vom Amtsgericht (AG) Kiel mit einem im Februar 2014 an der Gerichtstafel ausgehängten sowie auch in den Kieler Nachrichten veröffentlichten Aufgebot aufgefordert, sich bis Anfang April 2014 zu melden und nach Ablauf dieser Frist nach dem Verschollenheitsgesetz für tot erklärt.

Auf die von der Alleinerbin eingelegten Beschwerde hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen OLG die Entscheidung des AG Kiel, in der der Betroffene für tot erklärt worden war, aufgehoben.

Die Aufhebung der Todeserklärung erfolgte, weil die Schwester des Betroffenen schon nicht ausreichend glaubhaft gemacht hatte, dass „ernstliche Zweifel an dem Fortleben“ des vermissten Bruders bestehen (§ 1 VerschG) und dieser somit verschollen ist.
Für die Annahme der Verschollenheit genüge es, wie der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen OLG ausgeführt hat, nicht, dass die Schwester zu ihrem Bruder keinen Kontakt mehr gehabt habe, seit er vor circa 30 Jahren in die USA ausgewandert sei, und seine Anschrift nicht kenne. Denn dass der Bruder auch nach dem Tod der Mutter im Jahre 2001 keinen Kontakt zu der Schwester gesucht habe, sei jedenfalls angesichts seines geringen Interesses an der Familie in Deutschland ohne Weiteres auch im Falle seines Fortlebens erklärbar.
Der Betroffene sei aus freien Stücken in die USA ausgewandert und habe den Kontakt zu Teilen seiner Familie bewusst abgebrochen. Selbst wenn die Mutter vor ihrem Tod ohne Angabe von Details erklärt haben sollte, dass ihr Sohn verstorben sei, könne dies unter Berücksichtigung ihres früheren Verhaltens auch daran liegen, dass sie nicht über ihren Sohn habe reden wollen.
Das Lebensalter des im Jahr 1958 geborenen Betroffenen lasse es auch nicht als wahrscheinlich erscheinen, dass er bereits verstorben ist. Über körperliche oder psychische Erkrankungen sei ebenso wenig bekannt wie über besondere Gefahren für sein Leben.
Die Schwester habe auch keinerlei weitere Tatsachen genannt, die auf ein Ableben des Bruders hindeuten.
Eine Vielzahl weiterer Ermittlungsmöglichkeiten sei nicht genutzt worden. Dabei hätte es nahe gelegen, zumindest auf dem ohne Schwierigkeiten zugänglichen Weg über das Internet Informationen einzuholen, um etwas über das Schicksal des Bruders zu erfahren. Das sei bisher nicht geschehen, obwohl bei einer Internetrecherche über Suchmaschinen sich erfolgversprechende Ermittlungsansätze zum Auffinden des Bruders oder zur Klärung seines Verbleibs hätten ergeben können.

Das hat die Pressestelle des Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgerichts am 20.11.2014 – 16/2014 – mitgeteilt.

 

Die Todeserklärung nach dem Verschollenheitsgesetz.

Ein Verschollener,

  • der das 80. Lebensjahr erreicht haben würde und
  • seit 5 Jahren verschollen ist,

kann für tot erklärt werden.

Darauf hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 07.02.2014 – 15 W 280/13 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der altersverwirrte und desorientierte, 1932 geborene Betroffene, der in einer Wohngruppe für Demenzkranke gelebt hatte, im Juli 2004 nicht in seine Wohngruppe zurückgekehrt.
Eingeleitete Fahndungsmaßnahmen und Presseveröffentlichungen hatten nicht zu seinem Wiederauffinden geführt. Er blieb seitdem verschwunden.

Im Jahre 2012 beantragte der nach § 16 Abs. 2 lit. c) Verschollenheitsgesetz (VerschG) dazu berechtigte Rentenversicherer des Verschollenen, ein Aufgebotsverfahren mit dem Ziel durchzuführen, den Betroffenen für tot zu erklären. In diesem Verfahren erklärte das Amtsgericht (AG) den Verschollenen mit Beschluss für tot.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde des Sohnes des Verschollenen, der den Tod seines Vaters bezweifelte, hatte keinen Erfolg.

Wie der 15. Zivilsenat des OLG Hamm ausführte, war der Betroffene nach § 1 Abs. 1 VerschG verschollen, weil

  • sein Aufenthalt seit längerer Zeit unbekannt war,
  • ohne dass Nachrichten darüber vorlagen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat und
  • ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet waren,

so dass nach § 2 VerschG ein Aufgebotsverfahren mit dem Ziel der Todeserklärung eingeleitet werden durfte.
Denn bei seinem Verschwinden war der Betroffene 72 Jahre alt gewesen. Er litt an einer fortgeschrittenen Alters-Alzheimer-Erkrankung. Aufgrund dessen sprachen, auch wenn er noch körperlich rüstig war, ernsthafte Zweifel gegen das Fortleben des Verschollenen.
Neben den Gefahren, die sich auch in der heutigen urbanen Umwelt immer ergeben, ist nämlich auch zu berücksichtigen, dass die zunehmende cerebrale Degeneration für sich lebensbedrohliche Ausmaße annehmen kann.
Dass er als unbekannte Person, wie der Sohn vermutete, in einer Pflegeeinrichtungen untergekommen sein könnte, war wenig wahrscheinlich, zumal dann versucht worden wäre seine Identität aufzuklären.
Letztlich war auch der Umstand, dass sterbliche Überreste bislang nicht gefunden wurden, was im Übrigen in einem Verschollenheitsfall immer so ist (§ 1 Abs. 2 VerschG), nicht geeignet, im Umkehrschluss von einem Fortleben auszugehen. Denn es sind eine Vielzahl von Möglichkeiten denkbar, die einem Auffinden eines Leichnams bei den hier in Frage stehenden Umständen entgegenstehen können.

Auch lagen die Voraussetzungen für eine Todeserklärung nach dem Verschollenheitsgesetz vor.
Legt man das Jahr 2004 zugrunde, war die Todeserklärung nach § 3 Abs.1 VerschG ab 2012 zulässig, weil ab diesem Zeitpunkt der Verschollene das 80. Lebensjahr vollendet hätte und seit der letzten Nachricht von ihm fünf Jahre verstrichen waren.

Denn § 3 Abs.1 VerschG

  • stellt nicht auf den Zeitpunkt des Verschwindens ab,
  • sondern auf denjenigen der Todeserklärung

und verlangt, dass zu diesem Zeitpunkt (der Todeserklärung)

  • entweder 10 Jahre seit dem Verschwinden verstrichen sind,
  • oder aber der Verschollene zwischenzeitlich das 80. Lebensjahr erreicht hat bzw. erreicht haben würde und fünf Jahre seit dem Verschwinden verstrichen sind.

Letzteres war hier der Fall.

Als Todeszeitpunkt war hier, nachdem die Ermittlungen keinen wahrscheinlichsten Todeszeitpunkt ergeben haben (vgl. § 9 Abs. 2 VerschG), nach § 9 Abs. 3 lit. a) VerschG der 31.12.2007 festzustellen.
Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen des § 3 VerschG, wenn der Verschollene das achtzigste Lebensjahr vollendet hätte, das Ende des dritten Jahres nach dem letzten Jahre, in dem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat, maßgebend.

  • Auch für die Berechnung dieser Frist ist maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Todeserklärung abzustellen.

Denn der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der sachlichen Voraussetzungen für die Todeserklärung kann kein anderer sein als derjenige für die Bestimmung des Todeszeitpunktes.
Es kommt also hier nur darauf an, dass der Verschollene zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung das 80. Lebensjahr vollendet hätte. Da nach dem oben Gesagten das Jahr 2004 das maßgebende Bezugsjahr ist, war hier zwingend von dem Todeszeitpunkt 31.12.2007 auszugehen. 

 

Wann ist ein unvollständiges Ehegattentestament als wirksames Einzeltestament zu behandeln und wann nicht?

Ein mangels Unterschrift der Ehefrau gescheitertes gemeinschaftliches Ehegattentestament (vgl. § 2267 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) ist grundsätzlich kein Einzeltestament nach § 2247 Abs. 1 BGB des den Entwurf verfassenden Ehemanns.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Ehemann den Testamentsentwurf – unabhängig vom Beitritt seiner Ehefrau – als sein Einzeltestament gelten lassen wollte.

Das hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 21.02.2014 – 15 W 46/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der im Mai 2013 im Alter von 74 Jahren verstorbene Erblasser beabsichtigt im Februar 2007 mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zu errichten.
Er hatte einen Entwurf erstellt und diesen selbst unterzeichnet.
Die Unterzeichnung seiner Ehefrau war unterblieben.
Im Testamentsentwurf war vorgesehen, dass der überlebende Ehegatte Vorerbe und eins der 4 gemeinsamen Kinder Nacherbe werden sollte.

Nach Auffassung des 15. Zivilsenats des OLG Hamm stellte das vom Erblasser im Februar 2007 verfasste Schriftstück kein formwirksames Einzeltestament nach § 2247 Abs. 1 BGB dar, sondern lediglich den Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments, so dass im vorliegenden Fall gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.
Zur Begründung seiner Auffassung wies der Senat darauf hin, dass das vom Erblasser im Februar 2007 verfasste Schriftstück als gemeinschaftliches Testament nicht wirksam geworden sei, weil es die Ehefrau nicht unterzeichnet habe (vgl. § 2267 BGB).
Obwohl das Schriftstück vom Erblasser handschriftlich verfasst und unterschrieben worden sei, so dass es den gesetzlichen Formvorschriften eines Einzeltestaments genüge. könne es aber als Einzeltestament hier deshalb nicht aufrechterhalten werden, weil der Wille des Erblassers gefehlt habe, ein einseitiges Testament zu errichten.
Im vorliegenden Fall könne nicht angenommen werden, dass der Erblasser die nach seiner Auffassung gemeinsam mit seiner Ehefrau zu treffenden letztwilligen Verfügungen auch ohne die mit einem gemeinschaftlichen Testament verbundene Verpflichtung beider Ehegatten habe anordnen wollen.
Denn nach dem Entwurf des gemeinschaftlichen Testaments sei es Ziel des Erblassers gewesen, das im hälftigen Eigentum beider Ehegatten stehende Familienheim der Familie zu erhalten. Deswegen sei auch eins der Kinder als Schlusserbe bestimmt worden. Diese Zielsetzung habe aber nur erreicht werden können, wenn auch die Ehefrau durch Mitzeichnung des Testamentsentwurfs eine entsprechende Verpflichtung eingegangen wäre, was jedoch nicht der Fall war.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 27.10.2014 mitgeteilt.

 

Auslegung als Erbverzicht.

Die Erklärung eines Beteiligten in einem notariellen Vertrag, nach der er mit der Zahlung eines Betrages

  • „unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden sei“,

kann als Erbverzicht dieses Beteiligten auszulegen sein.

Das hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 22.07.2014 – 15 W 92/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war ein Familienvater von seiner Ehefrau sowie seiner Tochter und seinem Sohn beerbt und von den drei Erben ein Erbauseinandersetzungsvertrag geschlossen worden.
Darin hatte sich u. a.

  • der Sohn des Erblassers seiner Schwester gegenüber zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages verpflichtet und
  • diese daraufhin erklärt, „dass sie mit dem Empfang dieses Geldbetrages vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden sei“.

Diese beurkundete Erklärung der Tochter des Erblassers hat der 15. Zivilsenat des OLG Hamm als Verzicht der Tochter auf das gesetzliche Erbe nach ihrer Mutter ausgelegt (§ 2346 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Zwar sei der Begriff „Erbverzicht“ nicht verwendet worden. Das sei aber nicht erforderlich, wenn sich der Wille der Vertragsschließenden, dass der eine Vertragspartner auf sein gesetzliches Erbrecht nach dem anderen Vertragspartner verzichtet, aus dem Inhalt des Vertrages eindeutig ergebe und hier habe die Mutter die von ihrer Tochter abgegebenen Erklärung nach dem objektiven Erklärungswert, von dem zunächst bei der Ermittlung des von den Vertragspartnern erklärten übereinstimmenden Willens nach §§ 133, 157 BGB auszugehen sei, nur so verstehen können, dass diese auf das gesetzliche Erbrecht nach ihr verzichtet.

  • Dass der Begriff „elterliches Vermögen“ verwendet worden sei, spreche dagegen, dass sich die Erklärung nur auf die Regelung des väterlichen Nachlasses beschränken sollte und
  • die Formulierungen „unter Lebenden und von Todes wegen“ und „ein für alle mal abgefunden“ sprechen deutlich dafür, dass das Erbrecht nach Vater und Mutter mit dieser Abrede endgültig geregelt werden sollten.

Danach musste, angesichts dieser gewählten – eher laienhaften – Formulierungen gerade auch der Tochter als juristischer Laiin klar vor Augen stehen, dass sie bei Abgabe dieser Erklärung auch beim Tode der Mutter nichts mehr zu erwarten hatte.
Für ein anderes Auslegungsergebnis lagen nach dem weiteren Vertragsinhalt keine Anhaltspunkte vor.

 

Wenn ein Erblasser im Testament (lediglich) bestimmt, dass die Erbschaft gemäß dem „Berliner Testament einschließlich Wiederverheiratungsklausel“ erfolgen soll.

Die einzeltestamentarische Bestimmung eines Erblassers, nach der die “Erbschaft gemäß dem Berliner Testament erfolgen“ soll, ist keine wirksame Erbeinsetzung des überlebenden Ehegatten, wenn nicht festgestellt werden kann, welche inhaltlichen Vorstellungen der Erblasser mit einem “Berliner Testament“ verbunden hat.

Das hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 22.07.2014 – 15 W 98/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der verstorbene Erblasser, der in zweiter Ehe verheiratet war und eine Ehefrau sowie aus der geschiedenen ersten Ehe eine Tochter und einen Sohn hinterließ, ein handschriftlich geschriebenes und unterschriebenes Testament mit folgendem Wortlaut verfasst:

„Mein Testament

Nach meinem Ableben soll die Erbschaft gemäß dem “Berliner Testament“ erfolgen einschließlich Wiederverheiratungsklausel.“

Nach dem Tode des Erblassers hatte die überlebende Ehefrau aufgrund seines Testaments beantragt, ihr einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein auszustellen.
Die Kinder aus erster Ehe vertraten dagegen die Auffassung, das Testament enthalte keine Erbeinsetzung, so dass sie aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu je 1⁄4 Anteil und die Ehefrau zu 1⁄2 Anteil Erben des Erblassers geworden seien.

Der 15. Zivilsenat des OLG Hamm hat die amtsgerichtliche den Erbscheinantrag der Ehefrau zurückweisende Entscheidung bestätigt, weil das vom Erblasser hinterlassene Testament weder ausdrücklich eine Berufung seiner Ehefrau als Alleinerbin enthält, noch diese der letztwilligen Verfügung im Wege der Auslegung entnommen werden kann.
Zwar sei, wie der 15. Zivilsenat des OLG Hamm ausgeführte, bei der Auslegung eines jeden Testaments der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Vorliegend lasse sich aber nicht feststellen, was der Erblasser mit den von ihm gewählten Worten habe sagen wollen. Nach dem Wortlaut seines Testaments – „Nach meinem Ableben soll die Erbschaft gemäß dem „Berliner Testament“ erfolgen einschließlich der Wiederverheiratungsklausel“ – habe der Erblasser nur einen Wunsch ausgedrückt, nämlich den, dass sich die Erbfolge nach dem Berliner Testament richten und auch eine Wiederverheiratungsklausel gelten soll.
Was er unter einem „Berliner Testament“ verstand, erschließe sich aus diesem Text nicht, insbesondere kann ihm nicht entnommen werden, dass der Erblasser seine Ehefrau zu seiner Alleinerbin habe einsetzen wollen.
Da er offensichtlich nicht gewusst habe, dass ein „Berliner Testament“ nicht als Einzeltestament errichtet werden kann, sondern nur als gemeinschaftliches Testament, das abzuschließen Eheleuten nach § 2269 BGB vorbehalten sei, könne nicht festgestellt werden, welche Vorstellungen er inhaltlich mit einem „Berliner Testament“ verband, zumal er nicht andeutungsweise im Testament geschrieben habe, wer ihn beerben solle, geschweige denn, ob als Alleinerbe, Vorerbe, Miterbe, Schlusserbe oder Nacherbe, und was geschehen soll, wenn der Fall der Wiederverheiratung eintrete.

Der Fall zeigt, dass es empfehlenswert sein kann sich vor der Abfassung eines Testaments von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

 

Wenn ein gemeinschaftliches Testament wegen Testierunfähigkeit eines Ehegatten unwirksam ist – Was ist die Folge?

Auch wechselbezügliche Verfügungen eines wegen Testierunfähigkeit eines Ehegatten unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments können in ein Einzeltestament des anderen Ehegatten umgedeutet werden.

Darauf hat der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München mit Beschluss vom 23.07.2014 – 31 Wx 204/14 – hingewiesen.

Dass eine als gemeinschaftliches Testament (§ 2265 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) unwirksame letztwillige Verfügung im Wege der Umdeutung als einseitige letztwillige Verfügung aufrechterhalten werden kann gilt

  • nicht nur dann, wenn es an den formellen Voraussetzungen fehlt (wie etwa bei Nichtehegatten oder wegen des fehlenden Beitritts eines Ehegatten),
  • sondern auch, wenn wegen Testierunfähigkeit eines Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament nicht wirksam errichtet wurde (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.05.2010 – 31 WX 38/10 –).

 

Eine Umdeutung kann auch hinsichtlich solcher Verfügungen vorgenommen werden, die zu einer Verfügung des anderen Ehegatten wechselbezüglich im Sinne des § 2270 BGB sein können, wie die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten.
Maßgeblich ist auch hier, dass der Erblasser auch in Kenntnis der unwirksamen oder fehlenden entsprechenden Verfügung des anderen Testierenden seine eigene Verfügung zu dessen Gunsten treffen wollte (Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG), Beschluss vom 24.01.2003 – 1Z BR 14/02 –; OLG München, Beschluss vom 19.05.2010 – 31 Wx 38/10 –).
§ 2270 Abs. 1 BGB steht einer Umdeutung nicht entgegen. Danach hat bei wechselbezüglichen Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen zur Folge.
Diese Vorschrift ist jedoch nicht zwingend; es steht den Testierenden frei, die an die Nichtigkeit einer wechselbezüglichen Verfügung geknüpfte Rechtsfolge abzumildern oder auszuschließen.
Ein solcher Wille kann auch durch Auslegung ermittelt werden (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 12.01.2011 – IV ZR 230/09 – Rn. 16 zum Fall des Widerrufs) und ergeben, dass der Erblasser seinen Ehegatten durch einseitige letztwillige Verfügung zum Alleinerben eingesetzt hätte, wenn er gewusst hätte, dass wegen dessen Testierunfähigkeit eine gemeinschaftliche letztwillige Verfügung mit einer gegenseitigen Erbeinsetzung nicht wirksam getroffen werden kann.

 

Wenn ein Pflichtteilsberechtigter als Nacherbe eingesetzt ist – Wer hat wann Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses?

Ist ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling vom Erblasser als Nacherbe eingesetzt, steht ihm ein Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses gegen den Erben, bzw. gegen den Vorerben, erst dann zu, wenn er die Nacherbschaft ausgeschlagen hat.
Die bloße Absicht, die Nacherbschaft auszuschlagen, rechtfertigt einen Auskunftsanspruch nicht.

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 18.06.2014 – 9 U 147/13 – hingewiesen.

Zur Vorbereitung eines möglichen Zahlungsanspruchs steht einem Pflichtteilsberechtigten der nicht Erbe ist ein Auskunftsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zu.
Da die Einsetzung eines Pflichtteilsberechtigten zum Nacherben einem Ausschluss von der Erbfolge im Sinne von § 2303 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht gleichsteht, entsteht die Pflichtteilsberechtigung in einem solchen Fall erst durch eine den Anforderungen des § 1945 BGB entsprechende Ausschlagung der Nacherbschaft gemäß § 2306 Abs. 1, 2 BGB.

Einem Pflichtteilsberechtigten, der die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hat, hat der Erbe auf Verlangen Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers zu erteilen durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses, bezogen auf den Todestag des Erblassers, das folgende Positionen umfassen muss,

  • alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva),
  • alle beim Erbfall vorhandenen Verbindlichkeiten (Passiva),
  • im Hinblick auf mögliche Ansprüche gemäß § 2325 BGB (Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen) alle Schenkungen, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod getätigt hat.

Einen weitergehenden Auskunftsanspruch, beispielsweise zum „Kontoverlauf“ eines bestimmten Festgeldkontos des Erblassers in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod hat der Pflichtteilsberechtigte nicht. Soweit der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod Beträge von einem Konto abgehoben haben sollte zum Zwecke der Schenkung, ergibt sich die Auskunftspflicht des Erben bereits aus der Auskunftspflicht zu Schenkungen in dem angegebenen Zeitraum. Soweit hingegen Kontobewegungen auf dem Festgeldkonto nichts mit Schenkungen zu tun haben, gibt es auch keine rechtliche Grundlage für eine Auskunftspflicht.

Ein notarielles Verzeichnis, das der Pflichtteilsberechtige über die Auskünfte hinaus gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB verlangen kann, bietet für ihn in der Regel eine größere Richtigkeitsgewähr als ein privatschriftliches Verzeichnis.
Der Anspruch auf Vorlage eines notariellen Verzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB ist daher generell gegeben, ohne dass der Berechtigte ein besonderes Bedürfnis geltend machen muss und zwar in der Regel auch dann noch, wenn auf Verlangen des Pflichtteilberechtigten vom Erben bereits ein privatschriftliches Verzeichnis erstellt worden ist (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.08.2006 – 15 W 23/06 –).

Beachtet werden muss, dass Pflichtteilsansprüche nach § 195 BGB in 3 Jahren verjähren.

Im Wege der Stufenklage nach § 254 Zivilprozessordnung (ZPO) kann der Pflichtteilsberechtigte zunächst Auskunft über den Nachlass, und sodann in den weiteren Stufen Versicherung der Richtigkeit der Auskunft an Eides Statt sowie (zunächst unbeziffert) Zahlung des Pflichtteils verlangen.

 

Wenn nach dem Tod eines Erblassers über dessen Testierfähigkeit bei Abfassung des Testaments gestritten wird.

Gemäß § 2229 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) ist testierunfähig, wer wegen krankhafter Störungen der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörungen nicht dazu in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Maßgebend ist die Fähigkeit des Testierenden, die Bedeutung seiner letztwilligen Verfügung zu erkennen und sich bei seiner Willensentschließung von eigenständigen Erwägungen leiten zu lassen (Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Beschluss vom 01.06.2012 – I-3 Wx 273/11 –).

  • Entsprechend dem Grundsatz, dass die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet, ist ein Erblasser solange als testierfähig anzusehen, als nicht die Testierunfähigkeit zur Gewissheit des Gerichts nachgewiesen ist.
  • Die Feststellungslast für die Testierunfähigkeit eines Erblassers trifft deshalb grundsätzlich denjenigen, der sich auf die darauf beruhende Unwirksamkeit des Testaments beruft.
     

Im Erbscheinsverfahren verlangt die Klärung der im wesentlichen auf dem Gebiet des Tatsächlichen angesiedelten Frage, ob die Voraussetzungen der Testierunfähigkeit eines Erblassers gegeben waren, vom Gericht, die konkreten auffälligen Verhaltensweisen des Erblassers aufzuklären und sich Klarheit über den medizinischen Befund zu schaffen sowie die hieraus zu ziehenden Schlüsse zu überprüfen.
Ergeben sich aus objektivierbaren Tatsachen oder Hilfstatsachen herzuleitende Zweifel an der Testierfähigkeit bei Testamentserrichtung, sind diese regelmäßig durch Gutachten eines psychiatrischen oder nervenärztlichen Sachverständigen zu klären.

Darauf hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Beschluss vom 20.03.2014 – 3 W 62/13 – hingewiesen.